AG Eutin – Az.: 29 C 43/21 – Urteil vom 17.01.2023
In dem Rechtsstreit hat das Amtsgericht Eutin durch XX auf Grund der mündlichen Verhandlung vom 07.12.2022 für Recht erkannt:
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits als Gesamtschuldner zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger dürfen die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Kläger wenden sich im Wege der Beschlussanfechtungsklage gegen den von der Eigentümerversammlung der Beklagten am 03.11.2021 zu TOP 12 gefassten Beschluss, soweit dieser die Terrassenrückbaupflicht der Kläger für die Einheit XX betrifft.
Die Kläger sind Mitglieder der beklagten Wohnungseigentümergemeinschaft und Sondereigentümer der Einheit XX, verbunden mit dem Sondernutzungsrecht an der dazugehörenden Terrasse und dem dazugehörenden Gartenanteil. Für das Gemeinschaftsverhältnis gilt die Teilungserklärung vom XX, wegen deren Inhalt im Einzelnen auf die Anlage Bezug genommen wird. Im Frühjahr 2021 ließen die Kläger die ihrem Sondernutzungsrecht unterliegende Terrasse, die bis dahin mit Steinplatten belegt war, mit einem Holzdeck ausstatten, wegen dessen Aussehen im Einzelnen auf das Foto (Anlage B 1 – Blatt 56 der Akte) Bezug genommen wird.
Der Verwalter lud die Wohnungseigentümer mit Schreiben vom 28.09.2021, wegen dessen Inhalt im Einzelnen auf die Anlage K 2 (Blatt 27 f. der Akte) Bezug genommen wird, zur Wohnungseigentümerversammlung am 03.11.2021 im Hotel und Restaurant XX in XX ein und wies im Einladungsschreiben darauf hin, dass aufgrund der Corona-Pandemie auf die aktuell bestehende „3-G-Regel“ (geimpft, genesen oder getestet) einzuhalten sei. Ein entsprechender Nachweis sei von jedem Teilnehmer vor Beginn der Versammlung vorzulegen. Im Restaurant sei eine Mund-Nasen-Abdeckung Pflicht. Es gälten die Bestimmungen und Hygienevorschriften des Veranstalters bzw. des Restaurants. Die Eigentümerversammlung beschloss zu TOP 12 mehrheitlich, die von den Klägern ohne vorherige Genehmigung der Beklagten durchgeführte bauliche Veränderung, nämlich die Erweiterung und Erhöhung der Terrasse der Wohneinheit XX in Holzbauweise auf eigene Kosten zurückzubauen sowie für den Fall, dass dies nicht binnen 8 Wochen nach Beschlussfassung erfolge, den Rückbauanspruch der WEG gerichtlich geltend zu machen.
Die Kläger behaupten, die Umgestaltung der Terrasse im Rahmen von Instandhaltungsarbeiten an der Terrasse ausgeführt zu haben. Dabei sei die Fläche der Terrasse nicht deutlich vergrößert worden, sondern sei „im Wesentlichen wie zuvor“. Die Kläger meinen, durch den Hinweis auf die angeblich bestehende 3-G-Regel und auf den vor Beginn der Versammlung vorzulegenden Nachweis handle es sich um eine unzulässige Zugangsbeschränkung zu der Eigentümerversammlung, weil gesetzlich für solche Versammlungen zum Zeitpunkt der Versammlung am 03.11.2021 die Einhaltung der 3-G-Regel nicht vorgeschrieben gewesen sei. Gemäß § 6 der zum Zeitpunkt der Versammlung geltenden Corona-Bekämpfungs-Verordnung vom 15.09.2021 sei gesetzlich nur eine Höchstteilnehmerzahl, die Einhaltung von Hygienestandards und des Abstandsgebots vorgeschrieben gewesen. § 5 der Corona-Bekämpfungs-Verordnung vom 15.09.2021 habe nicht für Wohnungseigentümerversammlungen gegolten, dies ergebe sich aus § 5 a Ziffer 2 der Verordnung. Durch die rechtswidrige Beschränkung der Teilnahme- und Mitgliedschaftsrechte sei in den Kernbereich der elementaren Mitgliedschaftsrechte der Kläger eingegriffen worden. Ohne die Einschränkung sei ein anderes Ergebnis zu erwarten gewesen, weil mehr Eigentümer teilgenommen hätten. Außerdem habe der Verwalter den Tag der Versammlung gezielt und bewusst auf den Tag der Feier eines runden Geburtstages der Klägerin zu 2. gelegt, um die Kläger von der Versammlung auszuschließen.
Die Kläger beantragen, den in der Versammlung vom 03.11.2021 unter TOP 12 gefassten Beschluss, soweit er die Terrassenrückbaupflicht der Kläger für ihre Einheit XX betrifft, für ungültig zu erklären.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie behauptet, bei der Umgestaltung der dem Sondernutzungsrecht der Kläger unterliegenden Terrassenfläche sei die Fläche vergrößert und auf die dem Sondernutzungsrecht des Nachbarn unterliegende Fläche überbaut worden und zudem mit Folie und Kieselsteinen belegt worden. Es handle sich nicht um eine Instandsetzung der vorhandenen Terrasse, sondern um eine bauliche Veränderung. Da die Versammlung in einer Gaststätte / Hotel stattgefunden habe, habe die für Innengastronomie ab dem 23.08.2021 geltende 3-G-Regel beachtet werden müssen.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Klage war nicht begründet, denn der von den Klägern angefochtene Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vom 03.11.2021 zu TOP 12 ist in ordnungsgemäßer Weise zustande gekommen und verletzt die Kläger nicht in ihren Rechten.
Entgegen der Auffassung der Kläger ist die Einladung vom 28.09.2021 wegen des Hinweises auf die Geltung der zum Zeitpunkt der Einladung bestehenden 3-G-Regel gemäß der am Versammlungsort geltenden Corona-Bekämpfungs-Verordnung Schleswig-Holstein nicht geeignet, die zum Kernbereich des Wohnungseigentums der Kläger gehörenden Teilnahmerechte an der Eigentümerversammlung zu verletzen. Gemäß § 24 WEG obliegt die Einberufung der Wohnungseigentümerversammlung einschließlich der Festlegung des Datums, der Uhrzeit und des Ortes der Ermessensentscheidung des Verwalters. Im Hinblick darauf, dass die Wohnungseigentümerversammlungen der Beklagten auch in den vorangegangenen Jahren stets in Hotel- und Gaststättenräumen stattgefunden haben, ist nicht ersichtlich, dass der Verwalter mit der Festlegung des Versammlungsorts im Hotel und Restaurant XXX in XXX das ihm zustehende Ermessen fehlgebraucht hätte. Das Ansinnen der Kläger, der Verwalter hätte irgend einen anderen geeigneten Ort finden müssen, der zu erschwinglichen Bedingungen ohne Einhaltung der 3-G-Regel hätte genutzt werden können, scheitert schon daran, dass die Kläger selbst einen solchen Ort nicht benannt haben. Die Geltung der 3-G-Regel für in Gaststätten bewirtete Personen ergibt sich aus § 7 Abs. 1 Nr. 2 a der Corona-Bekämpfungs-Verordnung Schleswig-Holstein vom 15.09.2021. Unannehmlichkeiten, die sich aus der Einhaltung der 3-G-Regelung zum Zeitpunkt der Versammlung für die Versammlungsteilnehmer, insbesondere für die Kläger, ergeben, sind nicht der Eigenmächtigkeit der Verwaltung, sondern der pandemiebedingten Sondersituation geschuldet, die sich aufgrund der zum Herbst / Winter 2021 angestiegenen Infektionszahlen ergeben hat. Ein unzulässiger Ausschluss von Wohnungseigentümern, die keines der drei Merkmale geimpft, genesen oder getestet erfüllten, war damit nicht verbunden. Insoweit folgt das Gericht der Entscheidung des Amtsgerichts München vom 06.12.2021 (1293 C 19127/21 EVWEG), wonach derjenige, der sich eigenverantwortlich gegen eine Impfung entscheidet, die sich aus dieser Entscheidung ergebenden Konsequenzen tragen muss, vorliegend die Konsequenz, dass er statt eines Impfnachweises einen aktuellen Corona-Schnelltest vorweisen muss.
Die Behauptung der Kläger, der Verwalter habe den Tag der Versammlung bewusst auf die Feier eines runden Geburtstags der Klägerin zu 2. gelegt, um die Kläger von der Teilnahme an der Versammlung abzuhalten, war auch im Hinblick auf die Äußerung der Klägerin zu 2., irgendwelche Tatsachen als Anhaltspunkt für diese Behauptung könne sie nicht nennen, ins Blaue hinein und unerheblich. Ein Ermessensfehlgebrauch des Verwalters, auch wenn diesem der Geburtstag der Klägerin zu 2. bekannt war, ist nicht festzustellen.
Der Beschluss vom 03.11.2021 zu TOP 12 entspricht auch ordnungsgemäßer Verwaltung, denn die Beklagte kann von den Klägern den Rückbau der Terrassenumgestaltung verlangen, weil es sich bei dieser Maßnahme der Kläger um eine gemäß § 20 WEG unzulässige bauliche Veränderung handelt. Unstreitig hatten die Kläger den zuvor vorhandenen Steinplattenbelag der ihrem Sondernutzungsrecht unterliegenden Terrassenfläche ausgetauscht gegen das Holzdeck, das auf der Anlage abgebildet ist, und in das eine Sitzbank integriert ist. Unstreitig war auch, dass die Kläger dabei eine größere Fläche mit Holz belegt haben, als vorher mit Steinen belegt war. Ob es sich hierbei um eine wesentliche Vergrößerung oder nur um eine unwesentliche Vergrößerung handelt, war deshalb unbeachtlich, weil die Kläger nicht dargelegt haben, welche Fläche vorher von dem Steinbelag belegt war und welche Fläche nun durch das Holzpodest überbaut wird. Entgegen der Auffassung der Kläger ist es auch nicht unerheblich, ob eine Terrasse mit einem Holzdeck belegt ist oder mit Steinplatten. Beides wirkt sich unterschiedlich akustisch aus, wobei zusätzlich zu beachten ist, dass es sich bei der von den Klägern gewählten Terrassengestaltung um eine Art Holzmulde handelt, die sowohl ästhetisch als auch akustisch andere Wirkungen hat, als eine mit Steinplatten belegte Terrassenfläche. Da diese bauliche Veränderung im Sinne des § 20 Abs. 1 WEG von den Klägern ohne gestattenden Beschluss der Wohnungseigentümerversammlung vorgenommen worden ist, konnte die Beklagte von den Klägern verlangen, diese Maßnahme rückgängig zu machen.
Hinsichtlich der Kosten beruht die Entscheidung auf § 91 Abs. 1 ZPO, hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit auf §§ 708 Ziffer 11, 711 ZPO.