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WEG – unwirksamer Umlaufbeschluss ist nur anfechtbar

Kontroverse um Jahresabrechnung und Wirtschaftsplan in einer Wohnungseigentümergemeinschaft

In der Wohnungseigentümergemeinschaft entbrannte eine heftige Debatte um die Rechtmäßigkeit von Umlaufbeschlüssen, insbesondere im Hinblick auf die Jahresabrechnung 2021 und den Wirtschaftsplan 2023. Die Kontroverse führte zu einem Prozess vor dem Amtsgericht Charlottenburg, in dem eine Eigentümerin zahlreiche Mängel an den Beschlüssen bemängelte. Die kritischen Punkte umfassten insbesondere die Zustimmungsregeln für die Umlaufbeschlüsse und Unklarheiten in der Aufschlüsselung der Einheiten in der Energieabrechnung.

Direkt zum Urteil Az: 75 C 10/23 springen.

Bedenken gegen die Umlaufbeschlüsse und die Jahresabrechnung 2021

Die Klägerin, Mitglied der Wohnungseigentümergemeinschaft, machte geltend, dass die Umlaufbeschlüsse fehlerhaft waren. Besonders bei der Jahresabrechnung 2021 kritisierte sie, dass zwar beschlossen wurde, weitere Punkte per Umlaufbeschluss zu regeln, jedoch ohne Festlegung, dass die Mehrheit der abgegebenen Stimmen genügt. Darüber hinaus war die Erhöhung der Einheiten der Energieabrechnung für die Klägerin nicht nachvollziehbar. Auch die Ausbuchung eines Heizölbestandes des Vorjahres und die Gesamtkosten unter Berücksichtigung der Rechnungsabgrenzung wurden von ihr in Frage gestellt.

Ungereimtheiten im Wirtschaftsplan 2023

Im Wirtschaftsplan 2023 stieß die Klägerin auf ähnliche Probleme. Es gab eine Reihe von Aspekten, die sie in Frage stellte und für ungerecht hielt. Ihre Bedenken wurden jedoch von der Mehrheit der Wohnungseigentümergemeinschaft ignoriert und der Plan wurde trotz ihrer Einwände verabschiedet.

Das Urteil: Ungültiger Umlaufbeschluss und Kostenverteilung

Das Amtsgericht Charlottenburg erklärte den Umlaufbeschluss zur Jahresabrechnung 2021 für ungültig. Diese Entscheidung bedeutet einen wichtigen Sieg für die Klägerin. Allerdings wurde der Rest ihrer Klage abgewiesen. Hinsichtlich der Kosten des Rechtsstreits entschied das Gericht, dass die Klägerin 60% und die Beklagte 40% zu tragen haben. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages zzgl. 10% vorläufig vollstreckbar.

Dieses Urteil zeigt die Komplexität und Bedeutung von korrekten und transparenten Umlaufbeschlüssen in Wohnungseigentümergemeinschaften. Es unterstreicht die Notwendigkeit klarer Abstimmungsregeln und vollständiger, nachvollziehbarer Finanzberichte, um rechtliche Auseinandersetzungen zu vermeiden.


Das vorliegende Urteil

AG Charlottenburg – Az.: 75 C 10/23 – Urteil vom 10.05.2023

1. Der mit Schreiben vom 2. Dezember 2022 initiierte und mit Schreiben vom 12. Januar 2023 verkündete Umlaufbeschluss der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer … … in … B. zum „TOP 01 – Beschluss über die Jahresabrechnung 2021“ wird für ungültig erklärt.

2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

3. Von den Kosten des Rechtsstreits hat die Klägerin 60% und die Beklagte 40% zu tragen.

4. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe des beizutreibenden Betrages zzgl. 10% vorläufig vollstreckbar.

Tatbestand:

Die Klägerin ist als Eigentümer Mitglied der Beklagten.

Auf der Versammlung vom 26. September 2022 nahm die Gemeinschaft unter anderem folgende Beschlussanträge an:

Unter dem Tagesordnungspunkt 1:

„Die Wohnungseigentümergemeinschaft beschließt, dass über die Nachschüsse bzw. Anpassungen der beschlossenen Vorschüsse aus den Einzelabrechnungen für das Jahr 2021 im Rahmen eines Umlaufbeschlusses beschlossen werden kann.“

Unter dem Tagesordnungspunkt 5:

„Die Wohnungseigentümergemeinschaft beschließt, dass über die Gesamt- und Einzelwirtschaftspläne für das Jahr 2021 im Rahmen eines Umlaufbeschlusses beschlossen werden kann.“

Mit Schreiben vom 2. Dezember 2022, wegen dessen genauen Inhalts auf Blatt 16 f. der Gerichtsakten verwiesen wird, übersandt die Verwalterin zu „TOP 1 Beschluss über die Jahresabrechnung 2021“ und zu „TOP 5 Beschluss über den Wirtschaftsplan 2023“ Beschlussanträge für Umlaufbeschlüsse.

Mit Schreiben vom 12. Januar 2023 teilte die Verwalterin mit, dass unter „TOP 1 – Beschluss über die Jahresabrechnung 2021“ und zu „TOP 02 (TOP 5) – Beschluss über den Wirtschaftsplan 2023“ jeweils der Beschluss angenommen wurde. Dabei wurde festgehalten, dass es jeweils 3 Stimmenenthaltungen und zudem auch Nein-Stimmen gab. Wegen des genauen Inhalts der Beschlüsse wird auf Blatt 38 f. der Gerichtsakten verwiesen. Wegen des Inhalts der auf die Einheit der Klägerin entfallenden Hausgeldeinzelabrechnungen 2021 wird auf Blatt 20 bis Blatt 32 der Gerichtsakten und wegen des genauen Inhalts des auf die Einheit der Klägerin entfallenden Wirtschaftsplan 2023 auf Blatt 34 bis Blatt 35 der Gerichtsakten verwiesen.

Die Klägerin rügt bis einschließlich 13. März 2023 insbesondere folgende Beschlussmängel, wobei wegen der genauen und weiteren Rügen auf die bei Gericht am 13. März 2023 eingegangene Klagebegründung (Blatt 54 bis Blatt 58 der Gerichtsakten) verwiesen wird:

„TOP 1 – Beschluss über die Jahresabrechnung 2021“:

– Es sei lediglich beschlossen worden, dass weiteres im Rahmen eines Umlaufbeschlusses beschlossen werde, ohne zu beschließen, dass die Mehrheit der abgegebenen Stimmen genüge.

– Die Erhöhung der Einheiten der Energieabrechnung von 3.085,80 auf 3.950,63 Einheiten sei unplausibel, zumal die Summe der Verbrauchswerte nicht der Summe der Verbrauchseinheiten entspricht.

– Zudem seien die Gesamtkosten unter Berücksichtigung der Rechnungsabgrenzung nicht nachzuvollziehen. Insbesondere müssen die Kosten für … 107 und … 112 in der Energiekostenabrechnung enthalten und nachvollziehbar sein. Auch die Ausbuchung eines Heizölbestandes des Vorjahres sei nicht nachzuvollziehen. Dies gelte insbesondere vor dem Hintergrund das diese Kosten auf sämtliche Eigentümer belastet werden.

„TOP 02 (TOP 5) – Beschluss über den Wirtschaftsplan 2023“

– Es sei nicht nachvollziehbar, weshalb für die Position Heizkosten ein Betrag von 200.611,18 Euro zugrunde gelegt werde, und wie sich der auf die Einheit der Klägerin entfallende Betrag von 1529,40 Euro ergebe. Die offenbar erfolgte anteilige Hochrechnung sei nicht statthaft, da die Energiekostenabrechnung nicht passe.

Die Kläger beantragen mit der bei Gericht am 13. Februar 2023 eingegangenen und der Beklagten über die Verwalterin am 10. März 2023 zugestellten Klage,

1. den Umlaufbeschlusses vom 02.12.2022 zu TOP 1 (Beschluss über die Jahresabrechnung 2023), verkündet mit Schreiben vom 12.01.2023, für ungültig zu erklären.

2. den Umlaufbeschlusses vom 02.12.2022 zu TOP 2 (Beschluss über den Wirtschaftsplan 2023), verkündet mit Schreiben vom 12.01.2023, für ungültig zu erklären.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte meint, die Angabe des zu erreichenden Quorums sei für das Zustandekommen des schriftlichen Umlaufbeschlusses nicht erforderlich. Hinsichtlich der Jahresabrechnung sei auf das Verbraucherverhalten abzustellen und müsse der Umrechnungsfaktor berücksichtigt werden. Zudem müsse berücksichtig werden, dass die zwei Heizungsanlagen (… … = … 107 und … 112 = … 112) hinsichtlich der Gesamtheizkosten zu addieren seien. Zudem sei nicht erkennbar, inwieweit die Beanstandungen Auswirkungen auf den Nachschussbetrag haben sollen. Hinsichtlich des Wirtschaftsplans sei zu berücksichtigen, dass die Energiepreise stark angestiegen seien.

Die am 22. Februar 2023 abgeforderten Gerichtskosten wurden am 24. Februar 2023 eingezahlt.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die eingereichten Schriftsätze nebst Anlagen sowie auf das Protokoll der mündlichen Verhandlung vom 10. Mai 2023 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe:

Die zulässige Klage ist nur teilweise wie aus dem Tenor ersichtlich begründet, im Übrigen unbegründet.

I.

Die Klage ist zulässig. Es handelt sich insoweit um Rechtsstreitigkeiten im Sinne des § 43 Abs. 2 Nr. 4 WEG, über die das Amtsgericht Charlottenburg als Gericht, in dessen Bezirk das Grundstück liegt, ausschließlich zu entscheiden hat.

II.

Die Klage ist im aus dem Tenor ersichtlichen Umfang begründet, im Übrigen unbegründet.

1. Die Klage ist begründet, soweit die Klägerin eine Ungültigerklärung des mit Schreiben vom 2. Dezember 2022 initiierten und mit Schreiben vom 12. Januar 2023 verkündeten Umlaufbeschlusses „TOP 01 – Beschluss über die Jahresabrechnung 2021“ begehrt.

a) Die Klägerin hat die Klagefrist i.S.v. § 45 Abs. 1 Var. 1 WEG gewahrt, da diese die Klage nach § 193 BGB ausreichend am 13. Februar 2023 fristwahrend eingereicht hat, was durch „demnächste“ Zustellung i.S.v. § 167 ZPO zu einer rechtzeitig erhobenen Klage führt. Für die Frage, ob eine Zustellung „demnächst“ erfolgt, darf nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes nicht auf eine rein zeitliche Betrachtungsweise abgestellt werden (vgl. nur BGH, Urt. v. 12. Juli 2006 – IV ZR 23/05, NJW 2006, 3206, 3207, m.w.N.). Nur sofern die klagende Partei eine länger verzögerte Zustellung zu vertreten hat, scheidet eine derartige Rückwirkung aus. Geht es um von der klagenden Partei zu vertretende Zustellungsverzögerungen, ist das Merkmal „demnächst“ nur erfüllt, wenn sich die Verzögerung in einem hinnehmbaren Rahmen hält. Relevante Verzögerungen liegen danach dann vor, wenn der Zeitraum von „um zwei Wochen“ oder nur geringfügig darüber liegend überschritten wird (vgl. nur: BGH, Urt. v. 26. Februar 2016 – V ZR 131/15). Hier liegt keine Überschreitung dieses Zeitraums vor. Die Gerichtskosten wurden am 21. Februar 2023 abgefordert. Die Gutschrift erfolgte am 24. Februar 2023, was auch unter Berücksichtigung aller Umstände und der Postlaufzeit keine Verzögerung darstellt. Anderweitige erhebliche Verzögerungen, die der Klägerin zuzurechnen sein könnten, sind nicht ersichtlich.

b) Die seitens der Klägerin innerhalb der Klagebegründungsfrist des § 45 Satz 1 Var. 2 WEG iVm § 193 BGB vorgetragenen und damit allein der Entscheidung zugrunde zu legenden Anfechtungsgründe (vgl. dazu BGH, Urt. v. 16. Sept. 2016 – V ZR 3/16, NZM 2017, 147, 148; Urt. v. 16. Jan. 2009 – V ZR 74/08, NJW 2009, 999; Urt. v. 27. März 2009 – V ZR 196/08, NJW 2009, 2132) rechtfertigen auch die Ungültigerklärung des mit Schreiben vom 2. Dezember 2022 initiierten und mit Schreiben vom 12. Januar 2023 verkündeten Umlaufbeschlusses „TOP 01 – Beschluss über die Jahresabrechnung 2021“.

Dabei kann dahingestellt bleiben, ob die seitens der Klägerin gerügten inhaltlichen Mängel der Jahresabrechnung eine Ungültigerklärung der Beschlussfassung über die Nachschüsse bzw. Anpassung der beschlossenen Vorschüsse überhaupt dem Grunde nach rechtfertigen können.

Denn die Klägerin rügt zu Recht, dass der Beschluss nicht mit der erforderlichen Mehrheit zustande gekommen ist. Der im Umlaufverfahren gefasste bloße Mehrheitsbeschluss genügt nicht den Anforderungen des § 23 Abs. 3 Satz 1 WEG. Nach dieser Regelung ist ein Beschluss auch ohne Versammlung gültig, wenn alle Wohnungseigentümer ihre Zustimmung zu diesem Beschluss in Textform erklären.

Hieran fehlt es. Der angefochtene Beschluss ist lediglich mehrheitlich bei Nein-Stimmen und Enthaltungen zustande gekommen. Zwar können die Wohnungseigentümer ausnahmsweise beschließen, dass für einen einzelnen Gegenstand die Mehrheit der abgegebenen Stimmen genügt (§ 23 Abs. 3 Satz 2 WEG). Ein solcher vorgelagerter Absenkungsbeschluss fehlt hier allerdings. Zwar hat die Gemeinschaft in der Eigentümerversammlung vom 26. September 2022 beschlossen, dass über die Nachschüsse bzw. Anpassungen der beschlossenen Vorschüsse im Rahmen eines Umlaufbeschlusses beschlossen werden kann. Aus dieser Beschlussfassung ergibt sich aber bei der allein gebotenen objektiv-normativen Auslegung (vgl. dazu: BGH, Urt. v. 15. Jan. 2010 – V ZR 72/09) in keiner Weise, dass die Mehrheit der abgegebenen Stimmen genügt. Dass der Absenkungsbeschluss eine solche Beschlussfassung, wonach die Mehrheit ausnahmsweise genügt, ausdrücklich enthalten muss, ergibt sich nicht nur aus dem klaren Wortlaut des § 23 Abs. 3 Satz 2 WEG („können beschließen, dass … die Mehrheit der abgegebenen Stimmen genügt“), sondern entspricht insoweit auch der Rechtsprechung und überwiegenden Meinung (vgl. etwa: AG Stuttgart, Urt. v. 5. Aug. 2022 – 59 C 616/22 .WEG, BeckRS 2022, 29588; Bartholome in BeckOK WEG, 52. Ed. 03.04.2023, § 23 Rn. 102; Wicke in Grüneberg, BGB, 82. Aufl., § 23 WEG, Rn. 6a). Soweit teilweise vertreten wird, dass das zu erreichende Quorum in dem Absenkungsbeschluss nicht anzugeben sei (Dötsch in Bärmann, 15. Aufl. 2023, WEG § 23 Rn. 234), kann dem nicht gefolgt werden. Denn ohne Angabe, dass die Mehrheit der Stimmen ausnahmsweise genügt, verbleibt es nach der Gesetzessystematik bei dem Grundsatz des § 23 Abs. 3 Satz 1 WEG (Zustimmung aller Wohnungseigentümer). Dabei kann hier dahingestellt bleiben, ob dieser Beschlussmangel zur Nichtigkeit des Beschlusses führt. Denn sind die Fristen des § 45 Satz 1 WEG gewahrt, muss das Gericht lediglich prüfen, ob der vorgetragene Sachverhalt die Annahme eines Rechtsfehlers rechtfertigt, der den Bestand des angegriffenen Beschlusses berührt. Sofern dies der Fall ist, kann das Gericht den Beschluss auch für ungültig erklären; zwischen Anfechtungs- und Nichtigkeitsgründen braucht insoweit nicht zwingend unterschieden zu werden (BGH, Urt. v. 2. Okt. 2009 – V ZR 235/08).

2. Die Klage ist jedoch unbegründet, soweit die Klägerin eine Ungültigerklärung des mit Schreiben vom 2. Dezember 2022 initiierten und mit Schreiben vom 12. Januar 2023 verkündeten Umlaufbeschlusses „TOP 02 (TOP 5) – Beschluss über den Wirtschaftsplan 2023“ begehrt.

Die seitens der Klägerin innerhalb der Klagebegründungsfrist des § 45 Satz 1 Var. 2 WEG iVm § 193 BGB vorgetragenen Anfechtungsgründe rechtfertigen keine Ungültigerklärung dieser Beschlussfassung. Soweit die Klägerin die Klage in der Begründung darauf stützt, dass die in der Jahresabrechnung angesetzten Werte unzutreffend seien, hat das Vorbringen keinen Erfolg. Abgesehen davon, dass die Einwendungen der Klägerin übersehen, dass die Ablesewerte mit dem entsprechenden Umrechnungsfaktor die Verbrauchswerte zutreffend berechnen, dass ein gestiegener Verbrauch nicht im Ansatz einen Mangel begründet, sondern ausschließlich eine Veränderung des Verbrauchsverhaltens, kann dahingestellt bleiben, ob die übrigen Einwendungen durchgreifen. Denn Beschlüsse über die Festsetzung von Vorschüssen sind mit Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes allein am Maßstab der ordnungsmäßigen Verwaltung zu messen. Insbesondere schreibt das Gesetz gerade nicht mehr vor, dass die Höhe der nach § 28 Abs. 1 WEG festzusetzenden Vorschüsse zwingend den im Wirtschaftsplan ermittelten anteiligen Beträgen entsprechen muss (vgl. zuletzt nur: LG Berlin, Urt. v. 31. Jan. 2023 – 55 S 28/22, BeckRS 2023, 2505; LG Berlin, Urt. v. 30. Aug. 2022 – 55 S 7/22 . WEG, BeckRS 2022, 24278); erst Recht damit nicht der Jahresabrechnung. Ein Beschluss, mit dem zur Deckung voraussichtlich anfallender Kosten Vorschüsse festgelegt werden, genügt vor diesem Hintergrund daher auch dann noch den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung, wenn die Höhe der Beiträge für einzelne Wohnungseigentümer etwa wegen des Ansatzes eines möglicherweise fehlerhaften Verteilungsschlüssels geringfügig höher oder niedriger ausfällt als bei Ansatz eines zutreffenden Verteilungsschlüssels (LG Berlin, a.a.O.). Auch im vorliegenden Fall genügt insoweit der ermittelte Ansatz der Kosten diesen Anforderungen an die Grundsätze ordnungsmäßigen Verwaltungshandeln. Insbesondere die Berücksichtigung deutlich höherer Energiekosten im Rahmen der ermittelten Vorschüsse ist angesichts der gestiegenen Energiepreise sachgerecht.

Der Beschluss ist auch nicht deshalb für ungültig zu erklären, weil (auch) im vorliegenden Fall der angefochtene Umlaufbeschluss als bloßer Mehrheitsbeschluss nicht den Anforderungen des § 23 Abs. 3 Satz 1 WEG genügt und ein wirksamer Absenkungsbeschluss nach § 23 Abs. 3 Satz 2 WEG nicht vorliegt. Im Rahmen der Klagebegründungsfrist hat die Klägerin diesen Umstand lediglich hinsichtlich des Umlaufbeschlusses über die Nachschüsse bzw. Anpassungen der beschlossenen Vorschüsse aus den Einzelabrechnungen, nicht aber hinsichtlich des hier streitigen Umlaufbeschlusses „TOP 02 (TOP 5) – Beschluss über den Wirtschaftsplan 2023“ gerügt. Dieser Beschlussmangel ist auch nicht im Rahmen einer Nichtigkeitsprüfung von Amts wegen (BGH, Urt. v. 13. Jan. 2023 – V ZR 43/22, NZM 2023, 288, 290) zu beachten. Zwar wird teilweise vertreten, dass bei einem Verstoß gegen das Allstimmigkeitserfordernis des § 23 Abs. 3 Satz 1 WEG ein dennoch bloß mehrheitlich gefasster Umlaufbeschluss in Ermangelung einer Beschlusskompetenz grundsätzlich nichtig sei (so etwa: LG München I, Schlussurt. v. 18. Juli 2013 − 36 S 20429/12 WEG, ZWE 2014, 18; Hügel/Elzer, 3. Aufl. 2021, WEG § 23 Rn. 110).

Spätestens mit Inkrafttreten des Wohnungseigentumsmodernisierungsgesetzes kann hieran allerdings nicht festgehalten werden. Denn nach § 23 Abs. 4 WEG ist ein Beschluss nichtig, der gegen eine Rechtsvorschrift verstößt, auf deren Einhaltung rechtswirksam nicht verzichtet werden kann. Bereits vor der Reform des WEG wurde vertreten, dass es sich bei der Regelung der Allsstimmigkeit im Umlaufbeschlussverfahren um eine abdingbare Vorschrift handele, so dass eine Nichtigkeit bei Verkündung trotz fehlender Zustimmung aller Eigentümer ausscheide (so etwa: LG Hamburg, Urt. v. 12. Juli 2017 – 318 S 31/16, ZWE 2018, 28, 32). Angesichts der nunmehr geregelten Öffnungsklausel des § 23 Abs. 3 Satz 2 WEG kann aber nunmehr erst Recht ohne weiteres auf die Einhaltung rechtswirksam verzichtet werden, so dass auch ohne wirksamen Absenkungsbeschluss iSv § 23 Abs. 3 Satz 2 WEG ein verkündeter mehrheitlicher Sachbeschluss im Umlaufverfahren nicht nichtig, sondern lediglich anfechtbar ist (so auch: Dötsch in Bärmann, 15. Aufl. 2023, WEG § 23, Rn. 249; Dötsch/Schultzky/Zschieschack WEG-Recht 2021, Kap. 8, Rn. 39; Lehmann-Richter/Wobst WEG-Reform 2020 Rn. 650 f.).

III.

Die Nebenentscheidungen beruhen auf §§ 92 Abs. 1, 709 Satz 1, Satz 2 ZPO. Dabei berücksichtigt das Gericht, dass im Hinblick auf den Gestaltungscharakter des Urteils lediglich eine Vollstreckung der Kosten aus dem Urteil möglich ist.

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