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Fristlose Mietvertragskündigung bei vertragswidriger Tierhaltung

Kündigung wegen unerlaubter Tierhaltung: Ein Blick auf die Rechtslage und die Entscheidung des LG Hanau

In einem komplexen Fall, der vor dem Landgericht Hanau verhandelt wurde, ging es um die fristlose Kündigung eines Mietverhältnisses aufgrund vertragswidriger Tierhaltung. Der Kläger, der auch der Vermieter ist, forderte die Räumung der Wohnung durch die Beklagten, die Mieter, und berief sich dabei auf eine unerlaubte Hundehaltung. Die Mieter widersprachen und verwiesen auf eine eigene außerordentliche Kündigung. Das Kernproblem des Rechtsstreits lag in der Frage, wer die Kosten des Verfahrens zu tragen hat, nachdem beide Parteien die Erledigung des Rechtsstreits erklärt hatten.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 8 T 29/20 >>>

Die Rolle der sofortigen Beschwerde

Die Mieter legten nach einem ersten Beschluss des Amtsgerichts Hanau, der die Kosten ihnen auferlegte, sofortige Beschwerde ein. Das Amtsgericht änderte daraufhin teilweise seinen Beschluss und legte die Angelegenheit dem Landgericht Hanau zur endgültigen Entscheidung vor. Der Vermieter legte ebenfalls sofortige Beschwerde ein, was zu einer weiteren Überprüfung durch das Landgericht führte.

Kostenverteilung und Ermessensspielraum

Das Landgericht Hanau entschied, dass die Kosten des Rechtsstreits allein vom Kläger, also dem Vermieter, zu tragen sind. Das Gericht betonte, dass es nicht nur eine Ermessenskontrolle durchführen, sondern auch ein eigenes Ermessen ausüben müsse. Es stellte fest, dass die ursprüngliche Kostenentscheidung des Amtsgerichts nicht dem „billigen Ermessen“ entsprach und änderte diese entsprechend ab.

Interessenabwägung und fristlose Kündigung

Im Mittelpunkt des Rechtsstreits stand die Frage, ob die fristlose Kündigung des Mietverhältnisses durch den Vermieter gerechtfertigt war. Das Gericht führte eine umfassende Interessenabwägung durch und kam zu dem Schluss, dass die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung nicht vorlagen. Obwohl die Mieter tatsächlich gegen die vertraglichen Vereinbarungen zur Tierhaltung verstoßen hatten, konnte dem Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zugemutet werden.

Keine akuten Beeinträchtigungen durch die Tierhaltung

Das Gericht stellte fest, dass keine konkreten und akuten Beeinträchtigungen durch die Hundehaltung der Mieter vorlagen. Es gab keine Beschwerden von Nachbarn oder andere Anzeichen, die eine sofortige Beendigung des Mietverhältnisses rechtfertigen würden. Daher wurde die fristlose Kündigung als nicht gerechtfertigt angesehen, und die Mieter kamen der fristgemäßen Beendigung des Mietverhältnisses nach.

Dieser Fall zeigt die Komplexität der Rechtslage im Bereich Mietrecht und Tierhaltung und wie wichtig eine genaue Prüfung der Umstände sowie eine umfassende Interessenabwägung sind.

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Das vorliegende Urteil

LG Hanau – Az.: 8 T 29/20 – Beschluss vom 28.12.2020

1. Auf die sofortige Beschwerde der Beschwerdeführer gegen den Beschluss des Amtsgerichts Hanau vom 21.02.2020 wird der Beschluss in der Fassung vom 30.03.2020 wie folgt abgeändert:

Der Kläger trägt die Kosten des Rechtsstreits.

2. Der Beschwerdegegner trägt die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Gründe

I.

Der Kläger und Beschwerdegegner forderte mit der Klageschrift vom 13.11.2019 (Bl.1 ff. der Akte), unter Berufung auf vertragswidrige Tierhaltung, von den Beklagten und Beschwerdeführern die Räumung von Wohnraum aufgrund einer fristlosen und hilfsweise ordentlichen Kündigung des Mietverhältnisses. Dem Widersprachen die Beklagten in der Klageerwiderung (Bl. 56 ff. der Akte) und bezogen sich auf eine eigene außerordentliche Kündigung mit Schreiben vom 21.11.2019 (Bl. 59 der Akte) „zum 31.01.2020“.

Nachdem die Beklagten die Wohnung am 27.01.2020 räumten, erklärten die Parteien übereinstimmend die Erledigung des Rechtsstreits. Das AG Hanau legte mit Beschluss vom 21.02.2020 die Kosten den Beklagten auf.

Die Beklagten legten mit Schriftsatz vom 03.03.2020 sofortige Beschwerde ein, eingegangen bei Gericht am 04.03., nach Zustellung des Beschlusses am 26.02.2020.

Das Amtsgericht half der Beschwerde mit Beschluss vom 30.03.2020 teilweise ab und hob die Kosten gegeneinander auf, weiterhin legte es das Verfahren dem LG Hanau zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde im Übrigen vor.

Der Kläger legte mit Schriftsatz vom 15.04.2020 selbst sofortige Beschwerde ein, eingegangen bei Gericht am gleichen Tag, nach Zustellung des Beschlusses am 01.04.2020.

Das Amtsgericht half der Beschwerde mit Beschluss vom 16.04.2020 nicht ab und legte auch dieses Verfahren dem LG Hanau zur Entscheidung über die sofortige Beschwerde vor.

II.

Die sofortige Beschwerde der Beklagten gegen die Kostenentscheidung des Amtsgerichts Hanau gem. § 91a ZPO ist zulässig und begründet.

Der Beschluss wurde am 26.02.2020 zugestellt, daher liegt eine fristgemäß eingelegte sofortige Beschwerde vor. Die sofortige Beschwerde ist zulässig, da der Streitwert in der Hauptsache die Berufungssumme von 600,00 EUR übersteigt (§ 91a Abs. 2 S. 2 ZPO).

Die sofortige Beschwerde ist auch begründet.

Das erstinstanzliche Gericht hat die Kosten des Rechtsstreits gegeneinander aufgehoben, nachdem anfänglich die Beklagten die Kosten tragen sollten. Den Beschwerdeführern ist zu folgen, dass das Amtsgericht die Kosten fehlerhaft verteilt hat und die Kosten allein von der Klägerseite zu tragen sind.

Aufgrund der eingelegten sofortigen Beschwerde hat das Beschwerdegericht die angefochtene Entscheidung in tatsächlicher und rechtlicher Hinsicht voll zu überprüfen. Insbesondere hat es sich trotz einer Ermessensentscheidung nicht auf eine bloße Ermessenskontrolle zu beschränken, sondern muss ein eigenes pflichtgemäßes Ermessen ausüben (Baumbach/Lauterbach, ZPO, zu § 572 Rz. 13 mit weiteren Nachweisen).

Die seitens des Amtsgerichts mit dem ursprünglichen Beschluss getroffene Kostenentscheidung entspricht dem billigen Ermessen nach dem Sach- und Streitstand zur Zeit der Beendigung des Rechtsstreits durch die Erledigung.

Auch für die Kostenentscheidung nach § 91a ZPO gelten im Grundsatz die allgemeinen Kostentragungsregeln. Es ist also darauf abzustellen, wer die Kosten hätte tragen müssen, wenn die Hauptsache nicht übereinstimmend für erledigt erklärt worden wäre.

Gemäß §§ 91, 92 ZPO ist mithin entscheidend, ob und in welchem Umfang die Klage bei Abgabe der Erledigungserklärungen Erfolg versprach; maßgeblich ist der Eingang der letzten Erklärung bei Gericht.

Auch die Rechtsgedanken der § 93, 93b und § 96 können im Rahmen der Kostenentscheidung nach § 91a berücksichtigt werden (MüKoZPO/Schulz ZPO § 91a Rn. 44, m. w. N., beck-online).

Insofern entspricht die Kostenpflicht des Klägers dem Rechtsgedanken des § 91 Abs. 1 und 93 ZPO. Der Kläger wäre mit einem sofortigen Räumungsverlangen voraussichtlich unterlegen, im Übrigen wäre bei der vollzogenen Räumung von einem sofortigen Anerkenntnis auszugehen gewesen, ohne dass die Beklagten Anlass zur Klage gegeben hätten.

Im vorliegenden Fall stützte der Kläger den Anspruch auf Räumung von Wohnraum auf vertragswidrige Tierhaltung, und das damit verbundene Vorlegen eines Schreibens mit falscher Unterschrift gegenüber dem Tierheim, wobei dies zwischen den Parteien dem Grunde nach nicht streitig war.

Die Beklagten haben lediglich behauptet, ohne dies unter Beweis zu stellen, dass der Kläger am 12.08.2019 mündlich die Zusage erteilt habe, sie könnten auch einen Hund halten. Dies ist weder unter Beweis gestellt, noch wiederspricht dies dem weiteren Verlauf, wonach den Beklagten durch eine Maklerin, die der Kläger für entsprechende Verhandlungen beizog, schon am 20.08.2019 ausdrücklich erklärt wurde, dass zwar eine nachträgliche Genehmigung anderer Tiere erfolgen könne, nicht jedoch die Genehmigung des Haltens eines Hundes (E-Mail vom 20.08.2020).

Die Beklagten konnten somit gerade nicht von einer Genehmigung ausgehen und wurden mit Schreiben des Klägervertreters vom 09.09.2019 abgemahnt, nachdem sie sich offensichtlich am 20.08.2019 mit einer Genehmigung der Tierhaltung an das Tierheim wendeten, das nicht von dem Kläger unterzeichnet wurde. Auch aus dem vorgelegten Mietvertrag ergibt sich, dass lediglich die Haltung eines Chamäleons und von Kleintieren gestattet war. Trotzdem setzten sie die Hundehaltung nach eigenen Angaben bis 12.10.2019 fort, trotz ausdrücklicher Untersagung mit Schreiben vom 09.09.2019.

Allerdings liegen die Voraussetzungen einer fristlosen Kündigung nicht vor. Der fristgemäßen Beendigung des Mietverhältnisses sind die Beklagten jedoch nachgekommen.

Mit außerordentlicher fristloser Kündigung aus wichtigem Grund gemäß § 543 Abs. 1 S. 1 BGB kann jede Vertragspartei das Mietverhältnis aus wichtigem Grund kündigen.

Der Begriff des wichtigen Grundes wird in § 543 Abs. 1 S. 2 BGB definiert. Aus dieser Definition ergibt sich, dass über die Wirksamkeit einer fristlosen Kündigung auf Grund einer umfassenden Interessenabwägung („unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls‟) zu entscheiden ist. Die Interessen des Vermieters an der Vertragsbeendigung und die Interessen des Mieters an der Fortdauer des Mietverhältnisses sind also zu ermitteln und zu bewerten. Das in der Vorschrift besonders aufgezählte Kriterium des „Verschuldens der Vertragsparteien‟ hat nicht zur Folge, dass eine fristlose Kündigung nur im Falle eines Verschuldens der Gegenpartei möglich wäre. Anderseits ergibt sich aus dem Begriff „insbesondere‟, dass dem Verschuldenskriterium eine herausragende Bedeutung zukommt. Weiter erfordert die Vorschrift, dass die Vertragsverletzung so schwer sein muss, dass dem Kündigungsberechtigten die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Frühere Vertragsverletzungen des Kündigungsgegners können berücksichtigt werden, selbst wenn diese für sich genommen eine Kündigung nicht rechtfertigen würden (Schmidt-Futterer/Blank, 14. Aufl. 2019, BGB § 543 Rn. 164)

Zwar liegt ein Verschulden der Beklagten vor, die nicht von einer Zustimmung des Klägers zur Hundehaltung ausgehen konnten, Es lässt sich im vorliegenden Fall jedoch nicht feststellen, dass dem kündigungsberechtigten Kläger die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist – hier 3 Monate – nicht zugemutet werden konnte.

Insbesondere sind keine konkreten und akuten Beeinträchtigungen durch den Hund ersichtlich, der schon vor der Kündigung mit der Klageschrift nicht mehr in der Mietwohnung war. Solche Beeinträchtigungen, wie z. B. Beschwerden von Nachbarn, etwa über Geruchsbelästigung, oder dass die Belange von Mitbewohnern ignoriert wurden, oder fortgesetzte Uneinsichtigkeit, wurden auch nicht dargelegt. So ist auch eine Störung des Hausfriedens gem. § 569 BGB (vergl. dazu zB. Häublein in Münchener Kommentar zum BGB 8. Auflage 2020 Rn. 20, 21) nicht ersichtlich.

Nach Auffassung des Gerichts hätte dem Kläger somit – unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere des Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen – die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist zugemutet werden können (§ 543 Abs. 1 Satz 2 BGB).

Insofern ist von einer Beendigung des Mietverhältnisses, aufgrund jedoch erst in der Klageschrift erklärten ordentlichen Kündigung im November, zum Ende des folgenden Januars auszugehen.

Der Fristablauf liegt somit nicht vor dem Auszug der Beklagten am 27.Januar. Insoweit haben die Beklagten auch keinen Anlass zur Klage gegeben. Vielmehr haben sie durch eine eigene Kündigung, unmittelbar nach der Kündigung der Klägerseite gleichzeitig mit der Räumungsklage, zu erkennen gegeben, dass sie nicht an einem Fortbestand des Mietverhältnisses festhalten wollen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

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