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WEG – Nutzung von Teileigentum zu Wohnzwecken

Wohnnutzung des Teileigentums: Das Einverständnis des Gerichts und die Auswirkungen auf Eigentümergemeinschaften

Im Herzen des vorliegenden Falles liegt eine Kontroverse um das Recht einer Eigentümerin, ihr Teileigentum zu Wohnzwecken zu nutzen. Das Problem entstand, als sie begann, ihre Eigentumswohnung an täglich oder wöchentlich wechselnde Feriengäste zu vermieten, was die übrigen Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft zur Anfechtung veranlasste. Trotz der Tatsache, dass ihre Nutzung des Teileigentums von der ursprünglichen Absicht abwich, ging das Landgericht Hamburg davon aus, dass solch eine Nutzung zulässig sein könnte, solange sie die übrigen Eigentümer nicht über das erwartbare Maß hinaus stört.

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Die Feinheiten des Teileigentums

Das Gericht wies die Berufung der Klägerin zurück und betonte die Notwendigkeit, die Interessen aller Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft zu berücksichtigen. Insbesondere wurde darauf hingewiesen, dass die Vermietung zwar keine gewerbliche Nutzung darstelle, die generell gemäß der Gemeinschaftsordnung erlaubt sei, aber sie sei Teil der Wohnnutzung. Wenn eine Einheit der Teilungserklärung nicht zu Wohnzwecken dient, sollte sie grundsätzlich nur für Zwecke genutzt werden, die nicht dem Wohnen zuzuordnen sind.

Anderweitige Nutzung und ihre Grenzen

Eine vom vereinbarten Nutzungszweck abweichende Nutzung wurde jedoch vom Gericht als zulässig angesehen, wenn sie bei typisierender Betrachtungsweise nicht mehr stört als die vorgesehene Nutzung. Dabei ist es entscheidend, ob eine solche anderweitige Nutzung die übrigen Wohnungseigentümer nicht über das Maß hinaus beeinträchtigt, das bei einer Nutzung zu dem vereinbarten Zweck typischerweise zu erwarten wäre. Laut Gericht war dies in diesem Fall nicht der Fall.

Schlüsselurteil zur zukünftigen Nutzung von Teileigentum

Letztendlich hat dieses Urteil erhebliche Auswirkungen auf die Rechte von Wohnungseigentümern und die Nutzung von Teileigentum in der Praxis. Es verdeutlicht, dass eine Nutzung zu Wohnzwecken, auch wenn sie von der ursprünglichen Absicht abweicht, unter bestimmten Umständen zulässig sein kann. Diese Umstände schließen ein, dass sie die anderen Eigentümer nicht über das erwartbare Maß hinaus beeinträchtigt. In Anbetracht dieses Schlüsselurteils müssen sich Eigentümergemeinschaften möglicherweise mit neuen Anwendungsfällen und Interpretationen des WEG-Rechts auseinandersetzen.


Das vorliegende Urteil

LG Hamburg – Az.: 318 S 47/20 – Urteil vom 20.10.2021

1. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg-Altona vom 16.06.2020, Az. 303c C 11/19, wird zurückgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die angefochtene Entscheidung ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 10.000,00 € festgesetzt.

Gründe

I.

Die Parteien sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft R. Straße…,… H.. Die Klägerin nimmt den Beklagten auf Unterlassung der Nutzung dessen Teileigentums zu Wohnzwecken in Anspruch.

Wegen der weiteren tatsächlichen Feststellungen wird auf den Tatbestand des Urteils des Amtsgerichts Hamburg-Altona Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Satz 1 Ziff. 1 ZPO).

Das Amtsgericht hat mit seinem am 16.06.2020 verkündeten Urteil die Klage abgewiesen. Zur Begründung seiner Entscheidung hat es im Wesentlichen ausgeführt, dass der Klägerin kein Unterlassungsanspruch zustehe. Die Vermietung stelle zwar keine gewerbliche Nutzung dar, die grundsätzlich nach der Gemeinschaftsordnung erlaubt sei. Die Vermietung einer Eigentumswohnung an täglich oder wöchentlich wechselnde Feriengäste sei vielmehr Teil der Wohnnutzung. Diene eine Einheit der Teilungserklärung nicht zu Wohnzwecken, dürfe sie grundsätzlich nur zu Zwecken genutzt werden, die nicht dem Wohnen zuzuordnen seien. Dies bedeute jedoch nicht, dass jede Wohnnutzung von vornherein unzulässig sei. Eine vom vereinbarten Nutzungszweck abweichende Nutzung sei zulässig, wenn sie bei typisierender Betrachtungsweise nicht mehr störe als die vorgesehene Nutzung. Entscheidend sei dabei, ob eine solche anderweitige Nutzung die übrigen Wohnungseigentümer nicht über das Maß hinaus beeinträchtigt, das bei einer Nutzung zu dem vereinbarten Zweck typischerweise zu erwarten sei. Dies sei vorliegend nicht der Fall. Insoweit sei zu berücksichtigen, dass § 1 Nr. 1 b) der Teilungserklärung lediglich bestimme, dass Teileigentum das Sondereigentum an nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen sei. Eine weitergehende Nutzungsbeschränkung sei nicht vorgenommen worden. Soweit in der Abgeschlossenheitsbescheinigung vom 04.05.2004 von „mit Nummer 10 (Lager) (…) bezeichneten, nicht zu Wohnzwecken dienenden Räume[n]“ die Rede sei, komme dieser Umschreibung keine Bedeutung im Hinblick auf den vereinbarten Nutzungszweck zu. Betrachte man die zulässigen Vergleichsmöglichkeiten, beeinträchtige die Wohnnutzung bei typisierender Betrachtungsweise die weiteren Wohnungseigentümer nicht mehr als beispielsweise die Nutzung als Musikstudio, als Büro, als Auslieferungslager, Küche usw. Darauf, ob die seitens des Beklagten betriebene Kurzzeitvermietung baurechtswidrig sei, komme es im Ergebnis nicht an. Jedenfalls könne sich die Klägerin nicht darauf berufen. Der zivilrechtliche Unterlassungsanspruch sei von der öffentlich-rechtlichen Seite unabhängig zu beurteilen. Dies sei nur anders, wenn die Normen, gegen deren Einhaltung verstoßen würde, drittschützenden Charakter hätten. Das sei hier jedoch nicht der Fall. Vorliegend stehe nicht der bauliche Zustand des Teileigentums des Beklagten zur Debatte, sondern ausschließlich die Nutzung zu Wohnzwecken. Soweit diese betroffen sei, sei jedoch eine Gefahrerhöhung nicht ersichtlich. Die alternativ möglichen Nutzungen der Räumlichkeiten setzten die Klägerin der Gefahr eines Brandschadens nicht weniger aus, als die Wohnnutzung. Soweit die Klägerin konkrete, einzelfallbezogene Störungen vortrage, rechtfertige dies den geltend gemachten Unterlassungsanspruch, der auf die grundsätzliche Art der Nutzung gerichtet sei, nicht. Ob die Vermietung der Verwaltung gegenüber angezeigt worden sei, sei ebenfalls unerheblich. Auch ein derartiger Verstoß gegen die Gemeinschaftsordnung rechtfertige den geltend gemachten Unterlassungsanspruch nicht.

Gegen das ihren Prozessbevollmächtigten am 18.06.2020 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 01.07.2020 Berufung eingelegt und ihr Rechtsmittel mit einem am 17.07.2020 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz begründet.

Die Klägerin trägt vor, das Amtsgericht habe die Klage zu Unrecht abgewiesen. Das Amtsgericht habe verkannt, dass die Ausübung eines Gewerbes nach § 2 Ziff. 3 der Gemeinschaftsordnung unter einem Genehmigungsvorbehalt stehe. Eine Genehmigung sei unstreitig nicht erteilt worden. Der Beklagte habe die Vermietung der Teileigentumseinheit entgegen der Regelung in § 2 Ziff. 4 der Gemeinschaftsordnung auch nicht dem Verwalter gegenüber angezeigt. Auch ergebe sich aus der Regelung in § 2 Ziff. 6 c) der Gemeinschaftsordnung, dass die Zulässigkeit der Nutzung nach öffentlichem Recht zur Bedingung bzw. materiellen Voraussetzung für die nach der Teilungserklärung zulässige Nutzung sei. Die Einheit des Beklagten sei zum Aufenthalt von Personen baurechtlich ungeeignet. Der erforderliche Brand- und Schallschutz sei nicht gewährleistet, was dazu führe, dass der Feuerversicherungsschutz entfalle. Dies gelte auch für eine gewerbliche Nutzung. Unabhängig hiervon dürfe die Teileigentumseinheit nur als Lager benutzt werden. Dies habe das Amtsgericht bei der „typisierenden Betrachtungsweise“ nicht berücksichtigt. Die Nutzung der Teileigentumseinheit als Wohnung sei bei typisierender Betrachtungsweise störender als die vorgesehene Nutzung als Lager. Dies sei auch dann der Fall, wenn keine einschränkende Zweckbestimmung für das Teileigentum des Beklagten gegeben sei. Ferner lägen aufgrund der derzeitigen Nutzung der Teileigentumseinheit konkrete nicht hinnehmbare Störungen vor.

Die Klägerin beantragt, unter Abänderung des Urteils des Amtsgerichtes Hamburg-Altona vom 16.06.2020, Az. 303c C 11/19, den Beklagten zu verurteilen, die Nutzung seines Sondereigentums an den nicht zu Wohnzwecken dienenden Räumen, im Aufteilungsplan bezeichnet mit der Nr. 10, Grundbuch von O., Blatt… bei dem Amtsgericht H.- A., zu Wohnzwecken und zum Aufenthalt von Personen insbesondere zum Aufenthalt an wechselnde Feriengäste zu unterlassen und im Falle der Überlassung der Einheit an dritte Personen für eine solche Unterlassung Sorge zu tragen.

Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Er trägt vor, dass das Urteil des Amtsgerichts nicht zu beanstanden sei.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der wechselseitigen Schriftsätze im Berufungsverfahren nebst Anlagen Bezug genommen. Die Klägerin nach Schluss der mündlichen Verhandlungen von einen Schriftsatz vom 18.06.20210 eingereicht, der ihr nicht nachgelassen war. Die Kammer hat diesen berücksichtigt, soweit darin rechtliche Ausführungen enthalten sind.

II.

Die Berufung der Klägerin ist zulässig, insbesondere form- und fristgerecht eingelegt und begründet worden. Sie hat in der Sache aber keinen Erfolg.

1.

Zu Recht hat das Amtsgericht die Klage abgewiesen.

1.1

Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs die diesbezügliche Aktivlegitimation/Prozessführungsbefugnis nicht mit Inkrafttreten der WEG-Reform entfallen (BGH, Urteil vom 07.05.2021 – V ZR 299/19). In vor dem 01.12.2020 bei Gericht anhängigen Verfahren besteht die Prozessführungsbefugnis eines Wohnungseigentümers, der sich aus dem gemeinschaftlichen Eigentum ergebende Rechte geltend macht, über diesen Zeitpunkt hinaus in Anwendung des Rechtsgedankens des § 48 Abs. 5 WEG fort, bis dem Gericht eine schriftliche Äußerung des nach § 9b WEG vertretungsberechtigten Organs (z.B. Verwalter) über einen entgegenstehenden Willen der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer zur Kenntnis gebracht wird.

1.2

Die Klage ist aber unbegründet.

Die Klägerin hat keinen Anspruch gegen den Beklagten auf generelle Unterlassung der Nutzung der im Eigentum des Beklagten stehenden „Teileigentumseinheit Nr. 10“ zu Wohnzwecken gemäß §§ 1004 Abs. 1 S. 1 BGB, 14 Abs. 1 S. 1 WEG (n.F.).

(a)

Nach § 14 Abs. 1 S. 1 WEG (n.F.) ist jeder Wohnungseigentümer gegenüber der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer u.a. verpflichtet, Vereinbarungen einzuhalten. Vereinbarungscharakter kommt insoweit auch der in der Teilungserklärung im weiteren Sinne (der Gemeinschaftsordnung) enthaltenen Bestimmung zu, ob es sich bei dem jeweiligen Sondereigentum um Wohnungseigentum (§1 Abs.1 WEG) oder um Teileigentum (§1 Abs.3 WEG) handelt. Hiermit wird festgelegt, ob die Einheit zu Wohnzwecken oder aber nicht zu Wohnzwecken genutzt werden darf. Nutzt ein Eigentümer seine ihm als Teileigentum zugewiesene Einheit zu Wohnzwecken oder umgekehrt eine ihm als Wohnungseigentum zugewiesene Einheit zu anderen Zwecken, kann von ihm grundsätzlich Unterlassung dieser Nutzung verlangt werden (BGH, Urteil vom 16.07.2021 – V ZR 284/19, Rn. 19, zitiert nach juris).

Das Amtsgericht geht zutreffend davon aus, dass die Vermietung an wechselnde Feriengäste/Mieter eine Wohnnutzung darstellt, die der nach der Teilungserklärung gestatteten Nutzung widerspricht. Nach Ziffer II. der Teilungserklärung vom 26.03.2004 i.V.m. der Anlage 1 handelt es sich bei der dem Beklagten gehörenden Einheit um Teileigentum, so dass nur eine Nutzung zu anderen als zu Wohnzwecken zulässig ist. Das Teileigentum wurde auch unstreitig nicht wirksam in Wohnungseigentum umgewandelt.

Zu Recht nimmt das Amtsgericht jedoch sodann an, dass die Wohnnutzung vorliegend ausnahmsweise deshalb zulässig ist, weil sie nicht mehr stört als die zulässige Nutzung des Teileigentums.

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundesgerichtshofes kann eine nach dem vereinbarten Zweck nicht gestattete Nutzung nicht untersagt werden, wenn diese bei typisierender Betrachtungsweise nicht mehr stört als die vorgesehene Nutzung. Diese Einschränkung des Unterlassungsanspruchs ist nach den Grundsätzen einer ergänzenden Vertragsauslegung gerechtfertigt. Der hypothetische Wille des teilenden Eigentümers geht bei einer Zweckbestimmung grundsätzlich nicht dahin, den Wohnungs- und Teileigentümern eine bestimmte Gestaltung ihres Privat- oder Berufslebens vorzugeben und das ihnen gemäß Art.14 GG i.V.m. §13 WEG a.F. bzw. §13, §16 Abs.1 WEG n.F. zustehende Recht zur Nutzung ihres Eigentums über Gebühr einzuschränken. Vielmehr soll in erster Linie das Maß der hinzunehmenden Störungen festgelegt werden. Solange dieses Maß eingehalten wird, fehlt es in der Regel ebenso wie bei einer der Zweckbestimmung entsprechenden Nutzung an einem schutzwürdigen Abwehrinteresse der anderen Wohnungseigentümer bzw. des Verbands (BGH, a.a.O., Rn. 27, zitiert nach juris).

Für die Prüfung, ob die tatsächliche Nutzung bei typisierender Betrachtung mehr stört als die in der Gemeinschaftsordnung vorgesehene, ist im Ausgangspunkt maßgeblich, welche Nutzung der Einheit nach der Gemeinschaftsordnung zulässig ist (BGH, a.a.O., Rn. 29, zitiert nach juris).

Entgegen der Auffassung der Klägerin lässt sich vorliegend der Teilungserklärung nicht entnehmen, dass die Einheit des Beklagten nur als Lagerraum genutzt werden darf. Zutreffend geht das Amtsgericht davon aus, dass auch die Bezeichnung des Teileigentums als „Lager“ im Aufteilungsplan bzw. der Abgeschlossenheitsbescheinigung keine weitere Nutzungsbeschränkung beinhaltet (vgl. hierzu LG Frankfurt, Urteil vom 14.03.2019 – 2-13 S 108/18, Rn. 14; LG Berlin, Urteil vom 14.09.2018 – 55 S 201/13, Rn. 28 ff., zitiert jeweils nach juris). Hiergegen spricht insbesondere die nach § 2 Ziff. 6 b) der Gemeinschaftsordnung dem Inhaber des Sondereigentumsrechts umfassend eingeräumte Ausbauberechtigung. Das Ausbaurecht würde aber weitgehend leerlaufen, wenn die streitgegenständliche Einheit nach einer baulichen Veränderung weiterhin die Eigenschaft eines Lagerraums aufweisen müsste und nur in diesem eingeschränkten Umfang genutzt werden könnte (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 29, zitiert nach juris).

Die Wohnnutzung ist im Vergleich zu einer gewerblichen Nutzung bei typisierender Betrachtung auch nicht regelmäßig als störender anzusehen. Es gibt keinen allgemeinen Erfahrungssatz des Inhalts, dass die Wohnnutzung die intensivste Form des Gebrauchs einer Sondereigentumseinheit ist. Vielmehr kann eine Nutzung zu anderen als Wohnzwecken genauso störend oder störender als eine Wohnnutzung sein. Insbesondere muss die Nutzung einer Teileigentumseinheit bei typisierender Betrachtung nicht zwingend als auf die üblichen Geschäfts- oder Bürozeiten beschränkt anzusehen sein, sondern kann außerhalb dieser Zeiten und auch am Wochenende erfolgen, wie es etwa bei einer Gaststätte, einem Beherbergungsbetrieb, einem Call-Center, einem SB-Waschsalon, einem Sportstudio oder sog. Co-Working Spaces nicht untypisch ist. Zugleich werden der Publikumsverkehr und die Geruchs- und Lärmimmissionen bei einigen der genannten Nutzungen typischerweise nicht geringer sein als bei einer Wohnnutzung (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 31, zitiert nach juris).

Erforderlich ist daher stets der Vergleich der mit der erlaubten und der tatsächlichen Nutzung in der konkreten Anlage typischerweise verbundenen Störungen. Dabei ist der Gebrauch nach dessen Art und den damit verbundenen Folgen (z.B. die zu erwartende Besucherfrequenz und Besucherstruktur) zu konkretisieren und zu den örtlichen Gegebenheiten (Umfeld, Lage der Räume im Gebäude, Nutzungszweck der übrigen Einheiten) und den zeitlichen Verhältnissen (z.B. Öffnungszeiten) in Bezug zu setzen (BGH, a.a.O., Rn. 32, zitiert nach juris).

Nach der in der Gemeinschaftsordnung nicht weiter eingeschränkten Zweckbestimmung ist der Beklagte vorliegend grundsätzlich zu jeder Nutzung berechtigt, die in einer Teileigentumseinheit zulässig ist. Hierzu gehören auch solche Nutzungen, die rund um die Uhr, also auch am Wochenende oder aber nachts ausgeübt werden, wie dies beispielsweise bei einem Call-Center oder SB-Waschsalon der Fall sein kann (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 34, zitiert nach juris). Setzt man die derzeitige Wohnnutzung in Bezug zu der einer solcher Nutzung und den hiermit üblicherweise verbundenen Beeinträchtigungen für die übrigen Wohnungseigentümer, ist sie bei typisierender Betrachtungsweise insbesondere unter Berücksichtigung der gewöhnlicherweise zu erwartenden Lärm- und Geruchsimmissionen, der Besucherfrequenz und der Nutzungszeiten nicht als störender anzusehen.

Soweit der Bundesgerichtshof in der zitierten Entscheidung ausführt, dass als Vergleichsmaßstab bei der Bestimmung der zulässigen Nutzung, solche Nutzungen der Teileigentumseinheit, die öffentlich-rechtlich ausgeschlossen sind, nicht herangezogen werden dürfen (vgl. BGH, a.a.O., Rn. 32, zitiert nach juris), versteht die Kammer dies dahingehend, dass hiervon allein ein grundsätzlicher Nutzungsausschluss (z.B. Handwerksbetrieb im reinen Wohngebiet) erfasst ist. Die Klägerin kann sich daher nicht mit Erfolg darauf berufen, dass vorliegend der erforderliche Brand- und Schallschutz (derzeit) nicht gewährleistet sei. Dies mag (ggfs.) einen Anspruch der Klägerin auf Beseitigung eines bestehenden bauordnungsrechtswidrigen Zustands begründen, rechtfertigt aber keinen Anspruch auf Unterlassung der generellen Nutzung der Teileigentumseinheit zu Wohnzwecken, weil die Beurteilung, welcher Gebrauch zulässig ist, sich nach den zwischen den Eigentümern getroffenen Vereinbarungen und den wirksam gefassten Beschlüssen richtet und nicht nach bauordnungsrechtlichen Vorschriften.

Es anderes ergibt sich auch nicht aus der Reglung in § 2 Nr. 6 b) der Gemeinschaftsordnung, wonach jeder Wohnungseigentümer berechtigt ist, sein Wohnungseigentum in ein Teileigentumsrecht bzw. sein Teileigentumsrecht in ein Wohnungseigentumsrecht umzuwandeln, soweit dies baurechtlich zulässig ist. Diese Regelung betrifft nach dem eindeutigen Wortlaut allein eine Umwandlung, besagt aber nichts darüber, welche Nutzung in einer Teileigentumseinheit und mithin welches Maß der damit verbundenen Störungen zulässig sein soll.

Wie die Einheit des Beklagten konkret genutzt, ist für die Vergleichsbetrachtung unerheblich, da es um die Auslegung einer im Grundbuch eingetragenen Erklärung geht, die eine generalisierende Betrachtungsweise gebietet (BGH, a.a.O., Rn. 37, zitiert nach juris). Das bedeutet aber nicht, dass jede von einer zulässigen Nutzung von Wohn- und Teileigentum ausgehenden Beeinträchtigung von den anderen Wohnungseigentümern hingenommen werden muss. Begrenzt wird die der Zweckbestimmung entsprechenden Nutzung vielmehr durch die Verpflichtung jedes Wohnungs- und Teileigentümers, von den in seinem Sondereigentum stehenden Gebäudeteilen nur in solcher Weise Gebrauch zu machen, dass dadurch keinem der anderen Wohnungseigentümer über das bei einem geordneten Zusammenleben unvermeidliche Maß hinaus ein Nachteil erwächst (BGH, Urteil vom 08.03.2019 – V ZR 330/17, Rn. 25, zitiert nach juris). Der Beklagte ist daher gehalten, dafür Sorge zu tragen, dass im Rahmen der Vermietung seiner Teileigentumseinheit an wechselnde Feriengäste/Mieter nicht hinzunehmende Störungen unterbleiben.

(b)

Die Klägerin kann sich auch nicht mit Erfolg auf die Regelung in § 2 Ziffer 3 der Gemeinschaftsordnung berufen, wonach zur Ausübung eines Gewerbes oder Berufes in der Eigentumswohnung jeder Wohnungseigentümer der schriftlichen Einwilligung des Verwalters bedarf. Nach der nächstliegenden Bedeutung der Regelung gilt der dort geregelte Zustimmungsvorbehalt nicht für Teileigentum.

(c)

Der Unterlassungsanspruch ergibt sich auch nicht deshalb, weil der Beklagte die Gebrauchsüberlassung der Teileigentumseinheit an Dritte nicht entsprechend der Vorgabe in § 2 Ziffer 4 der Gemeinschaftsordnung dem Verwalter mitgeteilt hat. Hierdurch wird das Recht des Beklagten auf Vermietung der Teileigentumseinheit nicht eingeschränkt. Es handelt sich nicht um eine konstitutive Voraussetzung zur Nutzung des Sondereigentums im Wege der Vermietung.

2.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist §§ 708 Ziff. 10, 711, 713 ZPO zu entnehmen.

Die Revision gegen dieses Urteil ist nicht zuzulassen, da die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 ZPO nicht vorliegen.

Die Festsetzung des Streitwerts für das Berufungsverfahren ist gemäß § 49a Abs. 1 GKG a.F. erfolgt und entspricht der amtsgerichtlichen Streitwertfestsetzung, gegen die sich die Parteien nicht gewendet haben.

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