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WEG – Kostentragungspflicht für Instandsetzungsarbeiten an Balkonen

AG Hamburg, Az.: 22a C 288/16, Urteil vom 13.10.2017

1. Der Beschluss vom 20.9.16 zu TOP 4 wird für ungültig erklärt, soweit die Kläger an den Kosten der Balkonsanierung beteiligt werden und hierfür eine Sonderumlage zu leisten haben, die den Betrag in Höhe von 11.800,– € übersteigt.

2. Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Beklagten.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagten dürfen die Vollstreckung der Kläger durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Kläger vor der Vollstreckung in gleicher Höhe Sicherheit leisten.

4. Der Streitwert wird im Wege des Beschlusses auf 2.600,– € bestimmt.

5. Das Protokoll vom 26.4.2017 wird dahingehend berichtigt, dass der Teil, der sich offenbar auf ein anderes Verfahren bezieht und aus ungeklärten technischen Gründen in dieses Protokoll geraten ist ersatzlos entfällt. Es handelt sich dabei um den Text von Seite 4 oben beginnend, im Anschluss an den Antrag der Beklagtenvertreterin, die Klage abzuweisen (“Die Klägerin führt zunächst…), bis zum Text von Seite 5 in der Mitte (“Die Beklagte beantragt…“)

Tatbestand

Die Parteien sind Eigentümer der Wohnungseigentümergemeinschaft … in Hamburg. Sie streiten über die Gültigkeit eines Beschlusses vom 20.09.2016 und zwar zu TOP 4 im Hinblick auf die dort vorgenommene Beteiligung der Kläger an den Kosten einer Balkonsanierung und im Hinblick auf eine entsprechende Kostenbeteiligung im Rahmen einer Sonderumlage.

Die Kläger verfügen über eine Wohnung in der Wohnungseigentümergemeinschaft im Erdgeschoss, die über keinen Balkon, sondern nur über eine Terrasse verfügt. Die Terrasse im Erdgeschoss ist nicht Gegenstand der Sanierungsentscheidung. Saniert werden allein die Balkone.

Die Teilungserklärung enthält folgende Regelung: In § 2 Abs. 3 heißt es:

„Jeder Wohnungseigentümer hat das alleinige und ausschließliche Sondernutzungsrecht an dem gesamten Gebäudeteil, in dem sich seine Wohnung befindet und zwar auch, soweit der Gebäudeteil im Gemeinschaftseigentum steht, d. h. auch soweit es sich um konstruktive und tragende Teile, um das Dach, den Außenputz u. ä. kraft Gesetzes im Gemeinschaftseigentum stehende Gebäudeteile handelt.“

In § 2 Abs. 6 heißt es:

„Jeder Wohnungseigentümer trägt alle mit seiner Wohnung verbundenen Kosten der Unterhaltung, Instandsetzung und Wiederherstellung. Zudem ist jede Vertragspartei für die ihr zur Sondernutzung zugeteilte Fläche unterhaltungspflichtig.“

Zu den weiteren Einzelheiten der Teilungserklärung wird auf die Anlage K 3 Bezug genommen. Die Klägerseite folgert aus diesen Regelungen, dass sie im Hinblick auf einen ihnen fehlenden Balkon nicht verpflichtet sind, die mit der Balkonsanierung entstehenden Kosten mitzutragen. Die Kläger sehen § 16 Abs. 2 WEG durch die Regeln der Teilungserklärung verdrängt.

Zu den weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Kläger wird auf die von ihrer Prozessbevollmächtigten eingereichten Schriftsätze Bezug genommen.

Die Kläger beantragen, den Beschluss zu TOP 4 (Finanzierung) der Eigentümerversammlung vom 20.09.2016 für ungültig zu erklären, soweit die Kläger an den Kosten der Balkonsanierung beteiligt werden und hierfür eine Sonderumlage zu leisten haben, die einen Betrag in Höhe von 11.800,00 € übersteigt.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Sie halten den angefochtenen Beschluss für rechtmäßig und verneinen die von den Klägern vorgenommenen Schlussfolgerungen aus den Regelungen der Teilungserklärung. Für die Beklagten ist für die Kostenverteilung allein § 16 Abs. 2 WEG maßgeblich. Ausdrückliche Zuweisungen der Instandsetzungskosten im Hinblick auf Balkonsanierungen an die Wohnungseigentümer mit Balkonen enthalte die Teilungserklärung nicht. Den Schlussfolgerungen der Kläger aus § 2 Abs. 6 und Abs. 1 sowie aus § 2 Abs. 2 Satz 1 der Teilungserklärung könne nicht gefolgt werden.

Zu den zahlreichen weiteren Einzelheiten des Vorbringens der Beklagten wird auf die von ihrer Prozessbevollmächtigten schriftsätzlich eingereichten Ausführungen Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist begründet.

Der angefochtene Beschluss ist ungültig. Die in ihm enthaltene Kostenregelung widerspricht der Teilungserklärung, soweit darin die Kläger an den Kosten der Balkonsanierung beteiligt werden und eine Sonderumlage für die Kläger bestimmt wurde, die den Betrag in Höhe von 11.800,- Euro übersteigt.

Die Beteiligung der Kläger an den Kosten der Balkonsanierung widerspricht den Regelungen der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung, da sich ihnen bei verständiger Auslegung entnehmen lässt, dass die Kosten einer Balkonsanierung lediglich von denjenigen Wohnungseigentümern zu tragen sind, die über Balkone verfügen, die saniert werden, nicht jedoch auch die Wohnungseigentümer, die über keine Balkone verfügen, die Gegenstand der Sanierung sind. Die diesbezüglichen Regeln der Teilungserklärung, zu denen sogleich näher ausgeführt wird, verdrängen den Grundsatz der Kostenverteilung aus § 16 II WEG und gehen ihm vor. Diesen Regelungen hätte der Beschluss Rechnung tragen müssen, was er nicht getan hat, soweit er den Klägern, die über keinen Balkon verfügen, ebenfalls Kostenlasten aus der Sanierung der Balkone auferlegte und sie insoweit in die Finanzierung der Instandsetzung der Balkone einbezog.

Zwar teilt das Gericht zunächst die Position der Beklagtenseite, dass § 16 Abs. 2 WEG in der Tat zunächst diejenige rechtliche Norm ist von der im Rahmen der Verteilung von Instandsetzungskosten auszugehen ist und in der Tat hier auch keine gesetzliche Öffnungsklausel der §§ 16 Abs. 3 und 16 Abs. 4 WEG in Frage kommt und in der Tat insoweit nach der gesetzlichen Regelung zunächst eine Kostentragung sämtlicher Wohnungseigentümer bezüglich der Balkonsanierung die Rechtsfolge wäre. Dies gilt aber nur dann, wenn es in der Teilungserklärung nicht eine Regelung gibt, die zu einem anderen Ergebnis führt, da die gesetzliche Kostenverteilung des § 16 Abs. 2 WEG durch Vereinbarung abgeändert werden kann. Das Gericht konzediert der Beklagtenseite auch, dass in der hier vorliegenden Teilungserklärung es weniger eindeutig formuliert ist als in der von der Klägerseite zitierten Entscheidung des BGH, denn dort sind in der Tat die Balkone auch explizit benannt worden. Gleichwohl endet damit noch nicht die juristische Arbeit an der hier streitbefangenen Rechtsfrage, ob durch die Regelung der Teilungserklärung eine andere Kostenverteilung vorzunehmen ist als sie sich aus § 16 Abs. 2 WEG ergibt. Vielmehr beginnt nunmehr gleichwohl die Mühsal der Auslegung der Teilungserklärung in der vorliegenden Form. Aus dem Zusammenspiel der §§ 2 Abs. 3 der Teilungserklärung und des § 2 Abs. 6 der Teilungserklärung folgert das Gericht eine letztendlich doch hinreichend deutliche Regelung dahingehend, dass für die Instandsetzung der Balkone nur diejenigen Wohnungseigentümer zuständig sind, innerhalb deren Wohnungsbereiches auch ein Balkon liegt. Dies ergibt sich zunächst daraus, dass § 2 Abs. 3 den Wohnungsbegriff sehr weit fasst, in dem er jedem Wohnungseigentümer das alleinige und ausschließliche Sondernutzungsrecht an dem gesamten Gebäudeteil, in dem sich seine Wohnung befindet und zwar auch, soweit der Gebäudeteil im Gemeinschaftseigentum steht, zuweist. D. h. auch, soweit es sich, so die Regelung, um konstruktive und tragende Teile, um das Dach, den Außenputz u. ä. Kraft Gesetzes im Gemeinschaftseigentum stehende Gebäudeteile handelt. Mit dieser Regelung ist zunächst eindeutig der Balkon dem alleinigen und ausschließlichen Sondernutzungsrecht und insoweit der Wohnung des jeweiligen Sondereigentümers zugeordnet. Vor dem Hintergrund dieser eindeutigen Zuordnung ergibt sich für das Gericht sodann aus der Kostenklausel des § 2 Abs. 6, die besagt, dass jeder Wohnungseigentümer alle mit seiner Wohnung verbundenen Kosten der Unterhaltung, Instandsetzung und Wiederherstellung zu tragen habe, auch der Balkon erfasst ist, der zuvor in § 2 Abs. 3 mit dem weiten Wohnungs- und Sondernutzungsbegriff erfasst wurde. Dies führt im hiesigen Streitfall sodann dazu, dass die Kläger, die über keinen Balkon verfügen, auch nach der Teilungserklärung nicht an den Kosten der Sanierung der Balkone zu beteiligen sind. Dieser Gedanke der Kostenverortung dort, wo die konkrete Nutzung stattfindet, ergibt sich schließlich auch noch aus § 2 Abs. 6 2. Satz, in dem die Instandhaltungsverpflichtung der Sondernutzungsberechtigten an Flächen zugeordnet ist. Diese Regelung umfasst selbstverständlich nicht Balkone unmittelbar, denn es handelt sich nicht um Flächen im Sinne dieser Regelung. Der Grundgedanke wird aber erneut deutlich, dass die Kostentragung dort stattfinden soll, wo die konkrete Nutzung erfolgt und wo Sondernutzungsrechte bestehen. Soweit in dieser Klausel nur von Unterhaltungspflichtigkeit und nicht von Instandsetzungspflichtigkeit gesprochen wurde, ergibt sich das aus der Natur der Sache, weil Flächen verkehrstypischerweise nur unterhalten werden, nicht jedoch in Stand gesetzt werden, im Gegensatz zu G. Aus diesem Aspekt ergibt sich daher kein tragfähiger gegenläufiger Aspekt der Auslegung.

Vor diesem Hintergrund widerspricht die von den Klägern angefochtene Beschlussfassung den Regeln der Teilungserklärung/Gemeinschaftsordnung und war insoweit auf Antrag für ungültig zu erklären.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO. Für eine ausnahmsweise Übertragung der Kostenlast auf den Verwalter bestand kein hinreichender Anlass.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit ergibt sich aus den §§ 708 Ziff. 11, 711 ZPO.

Die Kläger haben schlüssig dargetan, ohne dass die Beklagten dem entgegengetreten sind, dass die Sonderumlage im Hinblick auf die Kläger um 2.600,00 € zu hoch ausgefallen ist. Dieser Betrag bestimmt zunächst das Interesse der Kläger an der hiesigen Anfechtung. Ein darüber hinausgehendes hälftiges Interesse der übrigen Beteiligten besteht nicht. Auch das Interesse der übrigen Beteiligten wird durch die Kostenzuweisung im Hinblick auf diesen Teilbetrag von 2.600,00 € bestimmt. Auf die übrigen Kosten der Gesamtmaßnahme kommt es im Kontext der hiesigen Anfechtung nicht an. Die übrigen Kosten der Instandsetzung sind hier nicht streitbefangen. Es bestimmt das Klägerinteresse als Untergrenze der Streitwertbestimmung den Streitwert.

Schließlich war das Protokoll auf einen nicht mehr aufklärbaren technischen Fehler im Rahmen der Übernahme vom digitalen Diktiergerät zu korrigieren. Die näher benannten Inhalte betreffen offenkundig ein anderes Verfahren und nicht den hiesigen Rechtsstreit und nicht den hiesigen Inhalt des Ablaufes der mündlichen Verhandlung.

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