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WEG – Fahrräder dürfen auf Tiefgaragenstellplätzen abgestellt werden

Klärung der WEG-Frage: Abstellen von Fahrrädern in Tiefgaragen

In der Eigentumsverwaltung gibt es oft Diskussionen darüber, wie gemeinschaftliche und private Flächen genutzt werden dürfen. Ein zentrales Thema im WEG-Recht ist die Frage, welche Gegenstände auf Tiefgaragenstellplätzen abgestellt werden dürfen. Hierbei spielen sowohl die Hausordnung als auch Beschlüsse der Eigentümerversammlung eine entscheidende Rolle. Während einige Wohnungseigentümergemeinschaften klare Regelungen in ihrer Hausordnung haben, können andere durch Mehrheitsentscheidungen in der Eigentümerversammlung Änderungen vornehmen. Das Abstellen von Fahrrädern in Tiefgaragen kann dabei sowohl aus praktischen als auch aus rechtlichen Gründen kontrovers diskutiert werden. Es stellt sich die Frage, inwieweit solche Entscheidungen mit dem WEG-Recht und anderen gesetzlichen Vorgaben vereinbar sind und ob Klagen von Mitgliedern der Gemeinschaft in solchen Fällen Aussicht auf Erfolg haben.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 31 C 37/17  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Das Gericht hat entschieden, dass Fahrräder, Kajaks und SUP-Bretter auf Tiefgaragenstellplätzen abgestellt werden dürfen, und die Klage gegen diese Entscheidung wurde abgewiesen.

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Wohnungseigentümergemeinschaft in Potsdam: Die Parteien sind Mitglieder dieser Gemeinschaft.
  2. Hausordnung: Ursprünglich besagte die Hausordnung, dass Fahrräder nur im Fahrradraum oder in den eigenen Kellerräumen abgestellt werden dürfen.
  3. Kein Fahrradkeller: In der Wohnungseigentümergemeinschaft gibt es keinen speziellen Raum zum Abstellen von Fahrrädern.
  4. Eigentümerversammlung: Es wurde beschlossen, ein Angebot des Bauträgers anzunehmen und auf den Bau von drei Abstellräumen zu verzichten.
  5. Beschluss zur Änderung der Hausordnung: Es wurde beschlossen, dass Fahrräder nicht nurim Fahrradraum und in eigenen Kellern, sondern auch auf Tiefgaragenstellplätzen abgestellt werden dürfen.
  6. Klage der Kläger: Die Kläger waren der Meinung, dass die Beschlüsse gegen verschiedene Vorschriften verstoßen und wollten sie für ungültig erklären lassen.
  7. Entscheidung des Gerichts: Das Gericht fand die Klage zulässig, aber unbegründet. Es wurde entschieden, dass das Abstellen von Fahrrädern, Kajaks und SUP-Brettern auf Tiefgaragenplätzen zulässig ist.
  8. Unterscheidung zwischen Kfz- und Fahrradstellflächen: Das Gericht stellte fest, dass private Stellflächen nicht nur für Kraftfahrzeuge genutzt werden dürfen, auch wenn öffentlich-rechtlich zwischen Kfz- und Fahrradstellflächen unterschieden wird.

Mitgliedschaft und Konflikte in Potsdam

Die Parteien sind Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft in Potsdam. Im Kern des Falles geht es um die Frage, ob Fahrräder auf Tiefgaragenstellplätzen abgestellt werden dürfen. Die rechtliche Auseinandersetzung wurde durch eine Änderung in der Hausordnung ausgelöst, die besagte, dass Fahrräder im Fahrradraum oder in den eigenen Kellerräumen unterzubringen sind. Eine Veränderung dieser Hausordnung war nur durch einen Mehrheitsbeschluss der Eigentümerversammlung möglich. Es ist wichtig zu beachten, dass es in der Wohnungseigentümergemeinschaft keinen Fahrradkeller gibt.

Entscheidungen und Diskussionen der Eigentümerversammlung

Klärung der WEG-Frage: Abstellen von Fahrrädern in Tiefgaragen
(Symbolfoto: Kekyalyaynen /Shutterstock.com)

Die Eigentümerversammlung beschloss, ein Angebot des Bauträgers anzunehmen, das vorsah, auf den Bau von drei nicht gebauten Abstellräumen zu verzichten und stattdessen eine Zahlung von 3500 EUR sowie die Zuweisung von Außenstellplätzen zu erhalten. Über die Verwendung dieses Geldes und der Außenstellplätze sollte in einer späteren Versammlung entschieden werden. Es gab auch Diskussionen über den Bau eines Fahrradhauses, aber dieser Vorschlag wurde mehrheitlich abgelehnt.

Argumente der Kläger und rechtliche Bedenken

Die Kläger argumentierten, dass Fahrräder nur in Fahrradräumen und eigenen Kellern und nicht auf Tiefgaragenstellplätzen abgestellt werden sollten. Sie behaupteten, dass dies gegen die Brandenburgische Garagen- und Stellplatzverordnung verstoßen würde und dass es nicht in der Kompetenz der Eigentümerversammlung liege, die Teilungserklärung und die Gemeinschaftsordnung durch einen Mehrheitsbeschluss zu ändern.

Gerichtsurteil und seine Auswirkungen

Das Gericht entschied, dass die Klage zulässig, aber unbegründet sei. Es wurde festgestellt, dass es keine Verletzung des Öffentlichkeitsverbots gab und dass der Beschluss zur Kaminrauchbelästigung nicht zu beanstanden war. Das Gericht stellte auch fest, dass die Wohnungseigentümer die Befugnis hatten, die Hausordnung zu ändern, um das Abstellen von Fahrrädern auf Tiefgaragenplätzen zu erlauben. Es wurde argumentiert, dass solch eineNutzung grundsätzlich zulässig sei, sofern sie nicht ausdrücklich ausgeschlossen wurde.

Das Fazit des Urteils ist, dass die Klage der Kläger abgewiesen wurde und dass Fahrräder auf Tiefgaragenstellplätzen abgestellt werden dürfen. Es wurde klargestellt, dass die Wohnungseigentümergemeinschaft die Befugnis hat, die Hausordnung zu ändern, und dass das Abstellen von Fahrrädern auf Tiefgaragenplätzen nicht gegen geltende Vorschriften verstößt.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Teilungserklärung und Sondereigentumsanteile

Die Teilungserklärung ist eine einseitige, empfangsbedürftige Willenserklärung gegenüber dem Grundbuchamt. Sie ist notwendig, um ein Grundstück in verschiedene Teile, sogenannte Miteigentumsanteile, aufzuteilen. Durch die Teilungserklärung wird mit jedem Anteil das Sondereigentum an einer bestimmten Wohnung oder an nicht zu Wohnzwecken dienenden bestimmten Räumen (Teileigentum) in einem auf dem Grundstück errichteten oder zu errichtenden Gebäude verbunden. Die Teilungserklärung ist Voraussetzung für die Anlage der Wohnungsgrundbücher: Aufgrund der Teilungserklärung und des darin enthaltenen Aufteilungsplans wird durch das Grundbuchamt von Amts wegen das bisherige Grundbuch in Wohnungs- und Teileigentumsgrundbücher aufgeteilt.

Sondereigentum ist Teil des Wohnungseigentums und umfasst alle Teile eines Gebäudes und Grundstücks, die nicht zum Gemeinschaftseigentum gehören. Das Sondereigentum bei einer Eigentumswohnung umfasst in der Regel folgende Bestandteile: Alle Räume der Wohnung, Deckenverkleidungen, Wandverkleidungen, Fußbodenbeläge aller Art, Innentüren, Nicht tragende Innenwände, Sanitäre Installationen. Jedem Sondereigentumsanteil wird ein Miteigentumsanteil zugeordnet, dies ist vor allem für die Kostentragung der Gemeinschaftskosten relevant.

Die Miteigentumsanteile, die mit einem Sondereigentum verknüpft sind, entscheiden letztlich auch darüber, wie viele Stimmen ein Eigentümer auf der Eigentümerversammlung hat. Außerdem spielt dieser Anteil eine Rolle bei der Kostenverteilung. Im Rahmen der Teilungserklärung können Eigentümer von Sondereigentum auch zur Kostenübernahme bei Reparaturen oder Änderungen am Gemeinschaftseigentum verpflichtet werden.

Es ist zu beachten, dass spätere Änderungen der Teilungserklärung stets der Einstimmigkeit in der Wohnungseigentümerversammlung bedürfen. Eine notarielle Beglaubigung und offizielle Änderung der Teilungserklärung ist dann fällig, wenn sich durch eine bauliche Änderung die Eigentumsverhältnisse verschieben.


Das vorliegende Urteil

AG Potsdam – Az.: 31 C 37/17 – Urteil vom 04.10.2018

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Kläger haben die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Kläger können die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten zuvor Sicherheit in derselben Höhe leisten.

4. Der Streitwert wird auf 6.150,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien sind die Mitglieder der Wohnungseigentümergemeinschaft in Potsdam.

Gemäß § 2 der Teilungserklärung vom 11.11.2010 hieß es, das Grundstück werde dergestalt geteilt, dass mit jedem Miteigentumsanteil der Sondereigentumsanteil an einer bestimmten Wohnung mit einem dazugehörigen Kellerraum oder einem bestimmten Tiefgaragenstellplatz verbunden sei.

In der Hausordnung der Gemeinschaft heißt es:

9. Kraftfahrzeuge, Krafträder und Mopeds sind grundsätzlich nur auf den dafür vorgesehenen Flächen abzustellen.

10. Fahrräder sind im Fahrradraum bzw. in den eigenen Kellerräumen unterzubringen.

Eine Veränderung der Hausordnung ist mit mehrheitlicher Beschlussfassung der Eigentümerversammlung nach D der Hausordnung möglich.

In der Wohnungseigentümergemeinschaft gibt es keinen Fahrradkeller.

In der Eigentümerversammlung vom 22.09.2016 beschlossen die Wohnungseigentümer, ein Kompensationsangebot des Bauträgers anzunehmen, wonach unter Verzicht auf den Bau von drei nicht gebauten Abstellräumen eine Zahlung von 3500 EUR nebst kostenfreier Zuweisung der Außenstellplätze D und E seitens der Wohnungseigentümergemeinschaft vereinbart wurde. Über die Verwendung des Geldes und der Außenstellplätze sollte in der folgenden Eigentümerversammlung entschieden werden.

Nachdem sämtliche Kamine beanstandungsfrei abgenommen worden waren, es aber eine Kaminrauchbelästigung gab, wurde empfohlen, Ansaugleitungen zu verziehen. In der vorgenannten Wohnungseigentümerversammlung beschlossen die Wohnungseigentümer zudem, den Verwalter zu bevollmächtigen, das Angebot der Firma vom 12.04.2016 anzunehmen. Aus diesem Angebot sollte zunächst testweise ein Außenluftstrang am Haus verzogen werden, und zwar nicht auf die Wasser- sondern auf die Hofseite.

Das Angebot der lautete insbesondere auf Lieferung und Montage von 8 Außenluftsträngen in den Bereich der Wasserseite mittels 10 m verzinkten Wickelpfalzrohres zum Preis von 2.798,88 EUR.

Das Angebot wurde über die Verwalterin nicht beauftragt.

Am 10.07.2017 fand eine Wohnungseigentümerversammlung statt. An dieser nahm insbesondere die Mutter des Miteigentümers teil.

Zu Tagesordnungspunkt 9 – Kaminrauchbelästigung – heißt es im Protokoll:

Der Verwalter wird bevollmächtigt, das Angebot der Firma vom 04.07.2017 über das Verziehen von 5 Lüftungsrohren zum Preis von 4301,83 EUR und einer Erweiterung auf 7 Rohre auf dann knapp 6.100 EUR brutto anzunehmen. Der Verwalter wird gebeten, mit der Firma Kontakt aufzunehmen, inwieweit es möglich ist, den Angebotspreis auf Basis des Erstangebotes vom 12.04.2016 i.H.v. 2.800 EUR brutto für 8 Rohre zu ermäßigen. Falls keine Einigung möglich ist, wird der Verwalter sich mit dem Beirat bezüglich einer endgültigen Auftragsvergabe abstimmen.

Es existierten Angebote der Firma vom 11.07.2016 sowie der Firma vom 13.03.2016 für den Bau eines Fahrradhauses. Ausweislich des Protokolls gab es einen zeichnerischen Alternativvorschlag für ein nicht abschließbares Rondell mittig der Anlage. Nach Diskussionen kam es unter Tagesordnungspunkt 11 zu einer namentlichen Probeabstimmung über den Antrag, der Verwalter werde bevollmächtigt, den Auftrag zur Errichtung eines Fahrradhauses auf Basis der vorliegenden Angebote zu erteilen. Als Abstimmungsergebnis wurden 1.916/10.000 Ja-Stimmen notiert, 4005/10.000 Nein-Stimmen und 2.764/10.000 Enthaltungen.

Als Beschlussergebnis wurde notiert, der Antrag sei mehrheitlich abgelehnt worden.

Unter Tagesordnungspunkt 12 wurde mit 6.578/10.000 beschlossen, dass die Hausordnung insoweit geändert werde, als Fahrräder nicht nur im Fahrradraum und in eigenen Kellern untergebracht werden dürfen sondern auch auf dem jeweiligen Sondereigentum/Tiefgaragenstellplatz.

In der Klagebegründung haben die Kläger behauptet, während der Eigentümerversammlung sei Frau …, die Lebensgefährtin des Miteigentümers anwesend gewesen. Sie habe lautstark Stimmung gegen die Errichtung des Fahrradhauses gemacht und hierdurch jegliche sachliche Diskussion im Keim erstickt.

Die Kläger behaupten, bei der Eigentümerversammlung sei unberechtigt … anwesend gewesen, der nicht Wohnungseigentümer war.

Die Kläger meinen, nur aufgrund der Tatsache, dass die Firma … nicht zeitnah beauftragt worden sei, sei die Einholung eines neuen, deutlich teureren Angebots erforderlich geworden. Die Darlegungs- und Beweislast, dass das geänderte Angebot nicht angenommen werde, liege bei den Beklagten.

Die Kläger meinen, die Beschlüsse seien wegen Verstoßes gegen den Grundsatz der Nichtöffentlichkeit zustande gekommen und deshalb aufzuheben. Es sei unerheblich, wenn zunächst gerügt worden sei, Frau … sei unberechtigt anwesend gewesen, obwohl tatsächlich … unter Verstoß gegen den Nicht-Öffentlichkeitsgrundsatz an der Versammlung teilgenommen habe. Der spätere Vortrag habe lediglich den früheren, rechtzeitigen Vortrag konkretisiert.

Durch die Entscheidung, das Fahrradhaus entgegen der Kompensationsvereinbarung nicht zu bauen, seien die Kläger im Rahmen ihrer Mängelbeseitigungsrechte einseitig belastet. Weil für sie allein sinnvoll gewesen sei, auf den Bau des Fahrradkellers zu verzichten, wenn stattdessen ein Fahrradhaus gebaut werde, habe der Bau beschlossen werden müssen.

Die Kläger sind der Auffassung, auf Tiefgaragenstellplätzen dürften allein Kraftfahrzeuge abgestellt werden. Anderenfalls liege ein Verstoß gegen § 1 Abs.2 Brandenburgische Garagen- und Stellplatzverordnung vor. So dienten Stellplätze dem Abstellen von Kraftfahrzeugen außerhalb der öffentlichen Verkehrsflächen. Zudem unterscheide § 2 Abs. 1 Nr. 6 Brandenburgische Bauordnung explizit zwischen Stellplätzen für Kraftfahrzeuge und Abstellplätzen für Fahrräder. Es liege nicht in der Beschlusskompetenz der Eigentümerversammlung, Festlegungen der Teilungserklärung und Gemeinschaftsordnung durch einen Mehrheitsbeschluss und im Widerspruch zu gesetzlichen Vorgaben einseitig zu verändern. Da aufgrund fehlender seitlicher Begrenzungen Gegenstände wiederholt in das Gemeinschaftseigentum hineinragten, sei ein Einhalten des notwendigen Brandschutzkonzepts fragwürdig.

Die Kläger meinen, sie hätten die Nichtöffentlichkeit nicht während der Versammlung rügen müssen, da ihnen aufgrund der Größe der Wohnungseigentumsanlage mit 32 Wohneinheiten gar nicht bewusst gewesen sei, dass Nichtberechtigte anwesend waren. Da sich auf Nachfrage des Verwalters niemand gemeldet habe, hätten sie davon ausgehen dürfen, dass nur Miteigentümer anwesend seien.

Mit Schriftsatz vom 1.2.2018 vertreten die Kläger die Auffassung, eine erforderliche Mehrheit von 3/4 für die Änderung der Hausordnung sei nicht erreicht worden.

Als Sondereigentumseinheiten seien die Tiefgaragenstellplätze der Regelungskompetenz durch Hausordnung entzogen.

Die Kläger meinen, es bestehe weiterhin ein Anspruch auf mangelfreie Herstellung der Wohnanlage entsprechend der Teilungserklärung.

Die Kläger beantragen,

1. die Beschlüsse der Wohnungseigentümerversammlung vom 10.07.2017 zu den Tagesordnungspunkten 9,11 und 12 für ungültig zu erklären

sowie

2.) nach Erklärung der Unwirksamkeit des Negativbeschlusses gemäß § 21 Abs. 8 WEG den Negativbeschluss zu Tagesordnungspunkt 11 der Eigentümerversammlung vom 10.07.2017 durch Ermessensentscheidungen dahingehend zu ersetzen, dass der Antrag angenommen wird.

Die Beklagten beantragen, die Klage abzuweisen.

Die Beklagten sind der Auffassung, dass eine Beauftragung des Unternehmens … nach dem früheren Angebot ausscheide, da dieses entgegen § 147 Abs.2 BGB nicht zeitnah angenommen worden sei. Insbesondere sei dies auch gar nicht möglich gewesen, da die Strangführung auf der Wasserseite statt der Hofseite angeboten worden sei.

Sie meinen, eine Anfechtung des Tagesordnungspunktes 11 – Errichtung eines Fahrradhauses – könne schon deswegen keinen Erfolg haben, da ein Beschluss nicht gefasst sei, sondern allein eine Probeabstimmung stattgefunden habe.

Hinsichtlich Tagesordnungspunkt 12 – Tiefgaragenstellplätze – fehle in der Teilungserklärung eine Angabe, dass dort ausschließlich Kraftfahrzeuge abgestellt werden könnten. Brandenburgische Bauordnung und Stellplatzverordnung fänden insoweit keine Anwendung. Eine Erweiterung der Nutzungsmöglichkeiten für Sportgeräte wie Kajaks und SUP-Bretter sowie Fahrräder sei zulässig.

Die Klage ist bei Gericht eingegangen am 11.08.2017. Nach Kostenanforderung beim Klägervertreter am 11.08.2017, eingegangen in der klägerischen Rechtsanwaltskanzlei, am 24.08.2017, weitergeleitet am selben Tag, zahlten die Kläger den Gerichtskostenvorschuss mit Eingang bei Gericht am 13.09.2017.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, jedoch unbegründet.

Insbesondere ist die Anfechtungsklage auch zulässig, soweit sie sich auf Anfechtung der Entscheidung zu Tagesordnungspunkt 11 richtet. Denn zumindest fasste die Wohnungseigentümergemeinschaft einen Scheinbeschluss (vgl. hierzu z.B. Köhler, Anwaltshandbuch Wohnungseigentumsrecht, 3. Auflage, 5 Rn. 260). Aufgrund der Protokollniederschrift, in der es als Beschlussergebnis hieß, der Antrag sei mehrheitlich abgelehnt worden, bestand zumindest der Anschein, dass ein Beschluss gefasst worden sein könnte. Klarstellend war deswegen eine Klage hiergegen zulässig, da ein Rechtsschutzbedürfnis besteht.

Die Klage ist nicht begründet. Insbesondere ist die Klage entgegen §§ 46 Abs.1 S2 WEG nicht rechtzeitig erhoben. Nach § 46 Absatz 1 S. 2 WEG muss die Klage innerhalb eines Monats nach Beschlussfassung erhoben werden. Klageerhebung ist gemäß § 253 ZPO die Zustellung der Klageschrift. Dabei genügt nach §167 ZPO die demnächstige Zustellung. D.h. grundsätzlich genügt es, wenn die Klage innerhalb eines Monats nach der Eigentümerversammlung bei Gericht eingeht, und der Gerichtskostenvorschuss ohne eine 14-tägige Verzögerung bei Gericht eingeht. Diese Frist hat die Klägerseite überschritten. So ging die Klage zwar nach Beschlussfassung vom 10.07.2017 am 10.08.2017 bei Gericht ein. Nach Kostenanforderung am 11.08.2017, eingegangen beim Klägervertreter am 24.08.2017, gingen die Gerichtskosten jedoch erst am 13.09.2017, und damit verspätet ein. Durch die Kostenanforderung bei der Rechtsanwaltskanzlei am 24. 8. 2017, mag es zu einem oder zwei Tagen Verzögerung gekommen sein. Aber auch unter Berücksichtigung dieser Zeit vergingen mehr als 14 weitere Tage, bis die Gerichtskosten bei Gericht eingingen. Auch unter Berücksichtigung von Wochenenden und einer Verzögerung von 3 Arbeitstagen zuzüglich 14 Tagen hätte der Gerichtskostenvorschuss spätestens am 12.9.2017 gezahlt sein müssen. Daran fehlte es. Aus Gründen der Rechtsklarheit ist es nach Auffassung des Gerichts unzulässig, die 14-Tage-Regelung weitergehend auszuweiten. Wer eine Anfechtungsklage am letzten Tag einer Frist bei Gericht einreicht, weiß, dass er bei Kostenanforderung ggf. zügig agieren muss. Die Gewährung einer weiteren Kulanzfrist, ist aus Gründen der Rechtssicherheit nicht akzeptabel.

Auch im Übrigen wäre die Klage jedoch aus weiteren Gründen unbegründet.

Soweit sich die Kläger gegen den Beschluss zur Kaminrauchbelästigung – Tagesordnungspunkt 9 – wenden, war ein Verstoß gegen das Öffentlichkeitsverbot nicht gegeben. Zum Einen haben sie bereits nicht geltend gemacht, dass sie ihre Stimme in anderer Weise abgegeben hätten, wenn Herr … nicht anwesend gewesen wäre (vgl. Niedenführ, Kümmel, Vandenhouten, WEG, 11. Auflage, §24 Rn. 58). Dass und wie er sich geäußert hat, ist entgegen § 138 Absatz 1 ZPO nicht vorgetragen. Damit fehlt aber auch jeder Anhaltspunkt dafür, dass es in der Sache eine andere Entscheidung hätte geben können.

Im Übrigen ist auch dieser Vortrag entgegen § 46 Absatz 1 S. 2 WEG verspätet eingegangen. Es macht einen maßgeblichen Unterschied, ob gerügt wird, dass eine Frau ihr Wort erhoben habe und damit die Meinung geprägt habe, oder ein Mann. Dass ein Mann unberechtigt teilgenommen habe, ist innerhalb der Klagebegründungsfrist nicht behauptet worden. Entscheidend ist, dass es sich nicht um denselben Sachverhalt in seinem wesentlichen Kern handelte (s. hierzu z.B. Niedenführ/Kümmel/Vandenhouten, a.a.O., § 46 Rn. 69). Soweit die Kläger geltend machen, aufgrund der Größe der Gemeinschaft sei ihnen eine frühere Rüge nicht möglich gewesen, haben sie auch keine Wiedereinsetzung in den vorigen Stand nach § 46 Abs.1 S3 WEG, §§ 233 ff ZPO für ihren Vortrag beantragt. Zumindest dies wäre erforderlich gewesen.

Auch in der Sache ist der Beschluss nicht zu monieren. Insbesondere ist kein Verstoß gegen den Grundsatz ordnungsgemäßer Verwaltung nach § 21 Abs.4 WEG erkennbar. Die Kläger machen allein geltend, es habe ein Angebot, wie es früher bereits vorhanden gewesen war, Grundlage der Auftragserteilung sein sollen. Dieses ist jedoch gemäß § 147 BGB erloschen. Dabei oblag es den Beklagten nicht darzutun, dass … das alte Angebot nicht mehr annehmen wollte. Diese Tatsache war den Klägern günstig, und mithin von ihnen konkret vorzutragen und zu beweisen.

Auch soweit die Kläger sich gegen den Negativbeschluss zur Errichtung eines Fahrradhauses – Tagesordnungspunkt 11- wenden, war die Klage unbegründet. So war der Beschlussantrag so unzureichend und unkonkret formuliert, dass eine Beschlussfassung ordnungsgemäßer Verwaltung widersprochen hätte. Grundsätzlich bedarf es bei Baumaßnahmen dreier Angebote, die den Eigentümern zur Auswahl vorgelegt werden. Schon hieran fehlte es. Zudem ist unklar, ob sich die Angebote auf verschiedene Leistungen bezogen oder Alternativangebote darstellten. Ferner ist offen, wie die Gemeinschaft ein mögliches Fahrradhaus gestalten möchte. Insoweit gab es noch Diskussionen während der Versammlung.

(Einer Entscheidung über den Antrag auf Beschlussersetzung insoweit bedurfte es nicht, da der Negativ-Beschluss fortbesteht.)

Ebenso widerspricht der Beschluss zu Tagesordnungspunkt 12 nicht ordnungsgemäßer Verwaltung nach § 21 Abs.4 WEG, wonach die Hausordnung dahingehend erweitert wurde, dass auf den Tiefgaragenplätzen auch SUP-Bretter bzw Kajaks und Fahrräder untergebracht werden dürfen.

Insoweit bestand eine Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer gemäß § 15 Abs.2 WEG. Nach Buchstabe D der Hausordnung war eine Änderung der Hausordnung insoweit mit Stimmenmehrheit zulässig. Dass die Stimmenmehrheit nicht erreicht sei, haben die Kläger innerhalb der Klagebegründungsfrist nicht geltend gemacht, so dass ihre dahingehende Rüge nach § 46 Abs.1 S2 WEG verspätet und damit nicht zu berücksichtigen war.

Soweit sich aus der Teilungserklärung ergibt, dass es sich bei den Tiefgaragenplätzen um Pkw-Stellplätze handelt, führt auch dies nicht zu einer fehlenden Beschlusskompetenz. Denn typischerweise werden Kajaks, Fahrräder und SUP-Bretter auch in Garagen untergebracht. Dabei erscheint es zweckmäßig, wenn keine Garage vorhanden ist, diese dennoch im Innenbereich außerhalb von Wohnungen lagern zu dürfen. Denn in Kellerräumen ist oftmals zu wenig Platz – zumal Treppenhäuser zum Transport derart großer Gegenstände regelmäßig ungeeignet sind. Anders als in der Entscheidung des Landgerichts Hamburg (Urteil vom 17.6.2015 318 S 167/14), wo zur Herstellung des Fahrradstellplatzes ein Bügel montiert und damit eine bauliche Veränderung vorgenommen werden sollte, geht es hier allein um die Frage, ob anstatt von Kraftfahrzeugen Fahrräder, Kajaks oder SUPs abgestellt werden dürfen. Eine solche Nutzung ist nach Auffassung des Gerichts grundsätzlich, sofern nicht ausdrücklich ausgeschlossen, zulässig. So entspricht diese Nutzung dem, was für Kraftfahrzeugstellplätze auf Privatgrund typisch ist.

Unerheblich ist, dass öffentlich-rechtlich zwischen Kfz- und Fahrradstellflächen unterschieden wird. Diese Gesetze bezwecken, dem öffentlichen Bedürfnis nach ausreichenden Stellflächen für Pkw und Rädern gerecht zu werden. Dies bedeutet jedoch nicht, dass private Stellflächen nur auf diese Weise genützt werden dürften.

Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 91 Abs.1, 709 S2 ZPO.

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