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Verstoß gegen vorvertragliche Informationsobliegenheit nach § 556g Abs. 1a BGB

Die Auswirkungen von § 556g Abs. 1a BGB: Was Vermieter wissen müssen

Im Mietrecht gibt es zahlreiche Regelungen, die sowohl für Vermieter als auch für Mieter von Bedeutung sind. Eine dieser Regelungen betrifft die vorvertragliche Informationsobliegenheit gemäß § 556g Abs. 1a BGB. Hierbei geht es um die Pflicht des Vermieters, bestimmte Informationen vor Vertragsabschluss an den Mieter weiterzugeben. Insbesondere wenn Vermieter eine Miete vereinbaren möchten, die über der ortsüblichen Vergleichsmiete liegt, sind sie dazu verpflichtet, entsprechende Auskünfte zu erteilen. Ein Nichtbeachten dieser Auskunftspflicht kann erhebliche rechtliche Konsequenzen nach sich ziehen, die bis zum Rechtsverlust des Vermieters reichen können. Es ist daher für alle Beteiligten von größter Bedeutung, sich über diese Regelung und ihre Implikationen im Klaren zu sein.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 64 S 254/22 >>>

Das Wichtigste in Kürze


Vermieter, die gegen die vorvertragliche Informationsobliegenheit gemäß § 556g Abs. 1a BGB verstoßen, verlieren ihre Rechte und können die höhere Miete nicht verlangen.

Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Verstoß gegen vorvertragliche Informationsobliegenheit nach § 556g Abs. 1a BGB stand im Mittelpunkt des Falles.
  2. Das Landgericht Berlin hat die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg zurückgewiesen.
  3. Die Beklagte muss die Kosten des Berufungsverfahrens tragen.
  4. Das Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg ist vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung.
  5. Ein Verstoß gegen die Auskunftspflicht führt zum Rechtsverlust des Vermieters.
  6. Die Regelung wurde als Strafvorschrift gegen Vermieter interpretiert.
  7. Die Beklagte argumentierte, dass die Regelung wie eineVerjährungseinrede funktioniert, was das Gericht zurückwies.
  8. Das Gericht betonte, dass Vermieter, die die Auskunftspflicht verletzen, automatisch ihre Rechte verlieren.

Kernpunkt des Falles: Vorvertragliche Informationsobliegenheit im Mietrecht

Im Zentrum des vorliegenden Falles steht ein Verstoß gegen die vorvertragliche Informationsobliegenheit gemäß § 556g Abs. 1a BGB. Es handelt sich hierbei um eine Regelung im Mietrecht, die Vermieter dazu verpflichtet, bestimmte Informationen vor Vertragsabschluss an den Mieter weiterzugeben. Der konkrete Fall wurde vor dem Landgericht Berlin unter dem Aktenzeichen 64 S 254/22 verhandelt und am 29.12.2022 entschieden.

Chronologie der rechtlichen Auseinandersetzung

Verstoß vorvertragliche Informationsobliegenheit § 556g Abs. 1a BGB
(Symbolfoto: CrizzyStudio /Shutterstock.com)

Die rechtliche Auseinandersetzung begann mit einem Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg vom 09.08.2022, gegen welches die Beklagte Berufung eingelegt hatte. Die Beklagte wurde jedoch in der Berufungsinstanz zurückgewiesen und musste die Kosten des Berufungsverfahrens tragen. Das ursprüngliche Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg wurdeals vorläufig vollstreckbar ohne Sicherheitsleistung erklärt, wobei der Streitwert für das Berufungsverfahren auf 850,08 Euro festgesetzt wurde.

Interpretation und Anwendung des § 556g Abs. 1a BGB

Das rechtliche Problem und die Herausforderung in diesem Fall liegen in der Interpretation und Anwendung des § 556g Abs. 1a BGB. Die Regelung sieht vor, dass Vermieter, die mehr als 110 % der ortsüblichen Vergleichsmiete als Miete vereinbaren, eine entsprechende Auskunft erteilen müssen. Ein Verstoß gegen diese Auskunftspflicht kann zu einem Rechtsverlust des Vermieters führen. Das bedeutet, dass der Vermieter in einem solchen Fall nicht das Recht hat, die höhere Miete für den gesetzlich bestimmten Zeitraum zu verlangen und den überschießenden Teil zurückzahlen muss.

Schlussfolgerungen und Bedeutung des Urteils

Das Gericht hat in seiner Entscheidung klargestellt, dass ein Verstoß gegen die vorvertragliche Informationsobliegenheit zu einem Anspruchsverlust des Vermieters führt und nicht lediglich zu einer vorübergehenden Anspruchshemmung. Diese Regelung wurde als Strafvorschrift gegen Vermieter interpretiert. Die Beklagte hatte argumentiert, dass die Regelung ähnlich wie eine auf zwei Jahre befristete Verjährungseinrede funktioniert. Das Gericht wies diese Ansicht jedoch zurück und betonte, dass es sich hierbei nicht um eine Verjährungseinrede, sondern um einen Anspruchsverlust handelt.

Ein weiterer wichtiger Aspekt des Urteils ist die Betonung, dass die Regelung des § 556g Abs. 1a BGB als Strafvorschrift gegen Vermieter zu verstehen ist. Dies bedeutet, dass Vermieter, die die Auskunftspflicht verletzen, automatisch ihre Rechte verlieren. Das Gericht wies darauf hin, dass die Regelung nicht wie eine Verjährungseinrede funktioniert und dass der Gesetzgeber, wenn er eine Stundung des Mietanspruchs bei nachträglicher Auskunftserteilung hätte einführen wollen, dies klar formuliert hätte.

Das Fazit des Urteils ist, dass Vermieter, die gegen die vorvertragliche Informationsobliegenheit verstoßen, ihre Rechte verlieren und die höhere Miete nicht verlangen können. Dies unterstreicht die Bedeutung der Auskunftspflicht im Mietrecht und die Konsequenzen, die ein Verstoß gegen diese Pflicht für Vermieter haben kann. Es ist daher für Vermieter von größter Bedeutung, sich über ihre Pflichten im Klaren zu sein und sicherzustellen, dass sie diese erfüllen, um rechtliche Konsequenzen zu vermeiden.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was ist die vorvertragliche Informationsobliegenheit gemäß § 556g Abs. 1a BGB?

Die vorvertragliche Informationsobliegenheit gemäß § 556g Abs. 1a BGB bezieht sich auf die Pflicht des Vermieters, dem Mieter vor Abgabe der Vertragserklärung bestimmte Informationen unaufgefordert mitzuteilen. Diese Informationen betreffen insbesondere die Höhe der Miete, die ein Jahr vor Beendigung des Vormietverhältnisses galt. Wenn der Vermieter diese Auskunft nicht erteilt, kann er sich nicht auf eine nach § 556e oder § 556f BGB zulässige Miete berufen.

Es gibt verschiedene Situationen, in denen diese Informationspflicht relevant wird. Eine davon ist, wenn es sich bei dem Abschluss des Mietvertrags um die erste Vermietung nach umfassender Modernisierung der Wohnung handelt. In diesem Fall muss der Vermieter dem Mieter vor der Abgabe von dessen Vertragserklärung unaufgefordert die Auskunft erteilen, dass es sich um die erste Vermietung nach umfassender Modernisierung handelt.

Es ist jedoch zu beachten, dass der Vermieter nach der Bestimmung des § 556g Abs. 1a S. 1 Nr. 4 BGB nicht gehalten ist, bereits vor Abgabe der Vertragserklärung des Mieters über Umfang und Details der Modernisierung Auskunft zu erteilen. Es reicht aus, wenn der Vermieter mitteilt, dass es sich um die erste Vermietung nach umfassender Modernisierung handelt. Der Mieter kann mittels Auskunftsverlangens nach § 556g Abs. 3 BGB weitere Einzelheiten und Nachweise erfragen.

Ein Verstoß gegen diese vorvertragliche Informationsobliegenheit kann zu einem Anspruchsverlust des Vermieters führen. Es ist daher für Vermieter von großer Bedeutung, diese Informationspflichten zu erfüllen, um ihre Rechte im Mietverhältnis vollumfänglich wahren zu können.


Das vorliegende Urteil

LG Berlin – Az.: 64 S 254/22 – Beschluss vom 29.12.2022

Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg vom 09.08.2022, Aktenzeichen 214 C 7/22, wird zurückgewiesen.

Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

Das in Ziffer 1 genannte Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 850,08 Euro festgesetzt.

Gründe:

Die Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg vom 09.08.2022, Aktenzeichen 214 C 7/22, ist gemäß § 522 Abs. 2 ZPO zurückzuweisen, weil nach einstimmiger Auffassung der Kammer das Rechtsmittel offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, der Rechtssache auch keine grundsätzliche Bedeutung zukommt, weder die Fortbildung des Rechts noch die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Berufungsgerichts erfordert und die Durchführung einer mündlichen Verhandlung über die Berufung nicht geboten ist.

Zur Begründung wird auf den vorausgegangenen Hinweis der Kammer vom 16.11.2022 Bezug genommen.

Die dazu erfolgte schriftsätzliche Stellungnahme der Beklagten vom 30.11.2022 rechtfertigt keine abweichende Beurteilung. Entgegen der Ansicht der Beklagten führt ein Verstoß gegen die vorvertragliche Informationsobliegenheit nach § 556g Abs. 1a BGB zu einem Anspruchsverlust des Vermieters und nicht lediglich zu einer vorübergehenden Anspruchshemmung. Die Regelung ist als Strafvorschrift gegen Vermieter zu verstehen, die zulässigerweise mehr als 110 % der ortsüblichen Vergleichsmiete als Miete vereinbaren, die Auskunft aber nicht oder erst später erteilen. Ein Verstoß gegen die Auskunftspflicht führt automatisch zum Rechtsverlust des Vermieters. Dieser kann sich auf die höhere Miete für den gesetzlich bestimmten Zeitraum nicht berufen und muss nach Rüge den überschießenden Teil zurückzahlen (Schmidt/Futterer-Börstinghaus, Mietrecht, 14. Aufl., § 556g BGB Rn. 27a, 27b m.w.N.). Entgegen der Ansicht der Beklagten funktioniert die gesetzliche Regelung des § 556g Absatz 1a Satz 3 BGB nicht wie eine auf zwei Jahre befristete Verjährungseinrede. Bei der Verjährungseinrede handelt es sich um einen Einwand des Schuldners. Vorliegend ist jedoch der Anspruch des Vermieters als Gläubiger betroffen, sodass schon von vornherein keine mit der Verjährung vergleichbare Konstellation gegeben ist. Die Ansicht der Beklagten würde vielmehr im Ergebnis auf eine Stundung der Ansprüche des Vermieters hinauslaufen. Hätte der Gesetzgeber statt eines Anspruchsverlusts eine Stundung des Mietanspruchs bei nachträglicher Auskunftserteilung einführen wollen, wäre zu erwarten gewesen, dass er dies dementsprechend klarstellend formuliert hätte, wie er dies auch in anderen Fällen gesetzlicher Stundung – vgl. etwa §§ 1382, 1613 Abs. 3 und 2331a BGB – getan hat. Schließlich wäre die Zulassung einer rückwirkenden Geltendmachung von Vermieteransprüchen vor dem Hintergrund des Strafcharakters der Vorschrift auch gänzlich sinnlos. Es erschließt sich nicht, welchem Zweck ein solches Normverständnis dann noch dienen sollte. Da die hier zugrundeliegende Rechtsfrage nicht klärungsbedürftig, sondern eindeutig in dem dargelegten Sinne zu beantworten ist, sind auch keine Revisionszulassungsgründe im Sinne von § 543 Abs. 2 ZPO gegeben.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Feststellung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit des angefochtenen Urteils erfolgte gemäß § 708 Nr. 10 ZPO.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde in Anwendung der §§ 47, 48 GKG bestimmt. Der Streitwert entspricht dem Zahlungsbegehren i.H.v. 850,08 Euro. Das Feststellungsbegehren betrifft den gleichen Streitgegenstand, so dass es nicht werterhöhend wirkt.

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