Rückwirkende Änderung des Verteilerschlüssels – Rechtslage unklar
Das Urteil des Landgerichts Düsseldorf (Az.: 25 S 34/22) befasst sich mit der rückwirkenden Änderung des Verteilerschlüssels in einer Wohnungseigentümergemeinschaft. Es legt fest, dass Beschlüsse über die Kostenverteilung, die auf frühere Zeiträume zurückwirken, unter bestimmten Umständen ungültig sein können. Das Urteil betont die Bedeutung ordnungsgemäßer Verwaltung und transparenter Abrechnungspraktiken in Wohnungseigentümergemeinschaften.
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✔ Das Wichtigste in Kürze
Die zentralen Punkte aus dem Urteil:
- Rückwirkende Änderungen des Kostenverteilungsschlüssels wurden in diesem Fall für ungültig erklärt.
- Das Gericht betont die Notwendigkeit einer ordnungsgemäßen Verwaltung innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft.
- Beschlüsse der Eigentümerversammlung müssen transparent und nachvollziehbar sein.
- Die Rechnungsabgrenzungsposten in den Jahresabrechnungen führten zur Anfechtbarkeit der Beschlüsse.
- Die Jahresabrechnungen müssen auf Ist-Beträgen basieren und dürfen keine intransparenten Abgrenzungsposten enthalten.
- Korrekte Anwendung der Umlageschlüssel ist essentiell für die Gültigkeit der Beschlüsse.
- Das Urteil klärt, dass Beschlüsse, die grob benachteiligend sind oder gegen ordnungsgemäße Verwaltung verstoßen, angefochten werden können.
- Das Urteil zeigt auf, dass Einwendungen gegen Jahresabrechnungen bedeutsam für die Rechtsstellung der Wohnungseigentümer sind.
Übersicht
- Rückwirkende Änderung des Verteilerschlüssels – Rechtslage unklar
- ✔ Das Wichtigste in Kürze
- Rückwirkende Änderungen im WEG-Recht: Ein juristischer Überblick
- Rückwirkende Anpassung des Kostenverteilungsschlüssels im WEG-Recht
- Die Auseinandersetzung um Jahresabrechnungen und Verwaltungspraktiken
- Kritik an Rückwirkenden Änderungen und deren Folgen
- Die Entscheidung des Gerichts und ihre Bedeutung für das WEG-Recht
- ✔ Wichtige Begriffe kurz erklärt
- Das vorliegende Urteil
Rückwirkende Änderungen im WEG-Recht: Ein juristischer Überblick
Das WEG-Recht, ein zentraler Bestandteil des deutschen Mietrechts, steht im Fokus aktueller juristischer Diskussionen. Es regelt die komplexen Beziehungen und Verantwortlichkeiten innerhalb von Wohnungseigentümergemeinschaften. Ein besonders heikles Thema hierbei ist die rückwirkende Änderung des Verteilerschlüssels. Diese Schlüssel sind grundlegend für die Verteilung von Kosten und Lasten unter den Eigentümern und können bei Änderungen zu erheblichen rechtlichen Auseinandersetzungen führen.
Im Mittelpunkt steht die Frage, inwieweit solche Änderungen zulässig sind und welche Auswirkungen sie auf Jahresabrechnungen, Anfechtungsklagen und die ordnungsgemäße Verwaltung einer Eigentümerversammlung haben. Dabei spielen Aspekte wie Verwaltungsverträge und Rechnungsabgrenzungsposten eine wesentliche Rolle. Wie ein solches Thema vor Gericht behandelt wird, offenbart ein spezifisches Urteil, das tiefgreifende Implikationen für das WEG-Recht und die Rechte der Wohnungseigentümer hat. Lassen Sie uns einen genaueren Blick auf diese juristische Herausforderung werfen und erfahren, wie das Gericht in einem konkreten Fall geurteilt hat.
Rückwirkende Anpassung des Kostenverteilungsschlüssels im WEG-Recht
In einem bemerkenswerten Urteil des Landgerichts Düsseldorf (Az.: 25 S 34/22) wurde die rückwirkende Änderung des Kostenverteilungsschlüssels einer Wohnungseigentümergemeinschaft einer kritischen Prüfung unterzogen. Der Fall dreht sich um die Entscheidungen einer Eigentümerversammlung bezüglich der Kostenverteilung für Kaltwasser, Abwasser und Kabel-TV/Rundfunk-Versorgung, die im Nachhinein geändert wurden. Die Beschlüsse betrafen die Jahre 2019 und 2020 und wurden auf einer Versammlung im September 2021 gefasst. Der Kläger, ein Mitglied der betroffenen Wohnungseigentümergemeinschaft, focht diese Beschlüsse mit einer Anfechtungsklage an, da sie seiner Meinung nach nicht ordnungsgemäßer Verwaltung entsprachen.
Die Auseinandersetzung um Jahresabrechnungen und Verwaltungspraktiken
Das Amtsgericht Mettmann hatte in erster Instanz die Beschlüsse der Eigentümerversammlung teilweise für ungültig erklärt. Das Gericht stellte fest, dass die Beschlussfassungen zu TOP 6b der Eigentümerversammlung, die sich auf die Änderung des Verteilungsschlüssels bezogen, ordnungsgemäßer Verwaltung entsprachen. Die Änderungen wurden als nicht grob benachteiligend und entsprechend jahrelanger Übung bewertet. Dagegen wurden die Beschlüsse zu TOP 7 und TOP 8, die sich auf Nachschüsse und Anpassungen der Vorschüsse aus den Jahreseinzelnabrechnungen 2019 und 2020 bezogen, für ungültig erklärt. Begründet wurde dies mit der unzulässigen Verwendung von Rechnungsabgrenzungsposten, die das Zufluss-/Abfluss-Prinzip verletzten und die Abrechnungen intransparent machten.
Kritik an Rückwirkenden Änderungen und deren Folgen
Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts wurde vom Landgericht Düsseldorf zurückgewiesen, die Anschlussberufung des Klägers hingegen für berechtigt erklärt. Das Landgericht bestätigte, dass die rückwirkende Änderung des Kostenverteilungsschlüssels für die abgelaufenen Wirtschaftsjahre 2019 und 2020 nicht haltbar sei. Die langjährige Praxis einer abweichenden Umlegung begründet kein hinreichendes Bewusstsein für eine Änderung der Kostenverteilung für künftige Abrechnungen. Zudem wurde betont, dass ein Eingriff in bereits vollständig abgeschlossene Abrechnungszeiträume regelmäßig unzulässig sei, es sei denn, der bisherige Kostenverteilungsschlüssel wäre unbrauchbar oder grob unbillig.
Die Entscheidung des Gerichts und ihre Bedeutung für das WEG-Recht
Das Urteil des Landgerichts Düsseldorf bringt wichtige Klarstellungen im WEG-Recht, insbesondere in Bezug auf die Zulässigkeit rückwirkender Änderungen des Kostenverteilungsschlüssels. Es unterstreicht die Notwendigkeit einer ordnungsgemäßen und transparenten Verwaltung in Wohnungseigentümergemeinschaften. Die Entscheidung hat wesentliche Implikationen für die Praxis der Kostenverteilung und die Handhabung von Jahresabrechnungen, wodurch die Rechte der Wohnungseigentümer gestärkt werden. Das Urteil zeigt deutlich auf, dass Veränderungen im Verteilungsschlüssel sorgfältig überdacht und im Einklang mit den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung umgesetzt werden müssen.
Das konkrete Urteil des Landgerichts Düsseldorf veranschaulicht, wie im WEG-Recht mit der Komplexität von Kostenverteilungen und Jahresabrechnungen umgegangen wird und setzt Maßstäbe für zukünftige Fälle.
✔ Wichtige Begriffe kurz erklärt
Wie wird der Kostenverteilungsschlüssel in einer Wohnungseigentümergemeinschaft festgelegt?
Der Kostenverteilungsschlüssel in einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) wird in der Regel durch die Gemeinschaftsordnung oder die Teilungserklärung festgelegt. Grundsätzlich erfolgt die Verteilung der Kosten des gemeinschaftlichen Eigentums gemäß §16 Abs. 2 des Wohnungseigentumsgesetzes (WEG) nach dem gesetzlichen Verteilungsschlüssel der Miteigentumsanteile. Dieser Schlüssel kann jedoch durch einen Beschluss der WEG abgeändert werden, wenn die Mehrheit der Eigentümer dafür stimmt.
Es gibt verschiedene Möglichkeiten, wie der Kostenverteilungsschlüssel aussehen kann. Beispielsweise kann er auf der Wohn- und Nutzfläche, der Anzahl der Wohneinheiten, dem Verbrauch und der Verursachung, der Personenanzahl oder in einer Mehrhausanlage nach einzelnen Häusern basieren.
Es ist jedoch zu beachten, dass Vereinbarungen in der Gemeinschaftsordnung Wohnungseigentümer von bestimmten Kosten befreien können. In diesem Fall kann die WEG keinen Kostenverteilungsschlüssel beschließen, der eine Belastung der freigestellten Wohnungseigentümer vorsieht.
Darüber hinaus ist es wichtig zu wissen, dass der Kostenverteilungsschlüssel aus der Teilungserklärung bindend ist und die WEG von diesen Regelungen nicht durch einen Beschluss abweichen kann.
Seit der Reformierung des WEG zum 01.12.2022 kann der Kostenverteilungsschlüssel für sämtliche Kostenarten im Zusammenhang mit der Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums durch Beschluss dauerhaft abgeändert werden. Hierfür ist eine Beschlussfassung mit einfacher Mehrheit ausreichend.
Es ist jedoch zu beachten, dass eine Änderung des Kostenverteilungsschlüssels nur durch die Eigentümergemeinschaft vorgenommen werden kann. Eine Änderung durch den Verwalter ist rechtlich nicht möglich.
Welche Rolle spielt das Zufluss-/Abfluss-Prinzip bei Jahresabrechnungen im WEG-Recht?
Das Zufluss-/Abfluss-Prinzip spielt eine entscheidende Rolle bei den Jahresabrechnungen im WEG-Recht. Es besagt, dass nur die tatsächlich geflossenen Einnahmen und Ausgaben der jeweiligen Eigentümergemeinschaft verbucht und in der Jahresabrechnung abgebildet werden. Einnahmen dürfen erst dann erfasst und gebucht werden, wenn sie „zugeflossen“ sind, d.h., sobald über sie wirtschaftlich verfügt werden kann. Ausgaben dürfen erst nach „Abfluss“ vom Konto erfasst und gebucht werden.
Die Jahresabrechnung der Wohnungseigentümergemeinschaft hat nicht die Funktion, einen unternehmerischen Erfolg zu vermitteln, sondern dient der Kontrolle des Verwalters und der Feststellung der Beitragspflicht der einzelnen Wohnungseigentümer. Daher erfolgt die Jahresabrechnung nach dem Abflussprinzip, das heißt, es werden die Kosten abgerechnet, die im Abrechnungsjahr auch tatsächlich bezahlt wurden, unabhängig davon, ob diese für dieses Jahr oder für ein anderes angefallen sind.
Es ist zu erwähnen, dass die Eigentümergemeinschaft nicht die Kompetenz hat, vom Abflussprinzip abzuweichen. Ein entsprechender Beschluss wäre nichtig. Darüber hinaus ist die periodengerechte Rechnungsabgrenzung der Gesamtheizkosten unzulässig und führt zur Ungültigkeit der gesamten Jahresabrechnung.
Es gibt jedoch eine Ausnahme für die Heiz- und Wassererwärmungskosten. Diese müssen nach der Heizkostenverordnung in der Regel sowohl im Mietshaus als auch in der WEG nach dem Leistungsprinzip abgerechnet werden. Das Leistungsprinzip besagt, dass immer die Kosten abgerechnet werden, die das Abrechnungsjahr betreffen, unabhängig davon, wann diese tatsächlich bezahlt wurden.
Das vorliegende Urteil
LG Düsseldorf – Az.: 25 S 34/22 – Urteil vom 19.04.2023
Auf die Anschlussberufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Mettmann vom 14.03.2022 (Az. 26 C 29/21) unter gleichzeitiger Zurückweisung der Berufung der Beklagten wie folgt abgeändert und neu gefasst:
Die Beschlüsse der Wohnungseigentümergemeinschaft Z.-straße, V.-straße, J., aus der Eigentümerversammlung vom 21.09.2021 zu den Tagesordnungspunkten 6b) (Ziffer 1-5) „Vorsorgliche Beschlussfassung über die Änderung der Kostenverteilungsschlüssel“, 7 „Beschlussfassung über die sich aus den Jahreseinzelabrechnungen 2019 vom 20.08.2021 ergebenden Nachschüsse bzw. Anpassungen beschlossener Vorschüsse“ und 8 „Beschlussfassung über die sich aus den Jahreseinzelabrechnungen 2020 vom 20.08.2021 ergebenden Nachschüsse bzw. Anpassungen beschlossener Vorschüsse“ werden für ungültig erklärt.
Die Kosten des Rechtsstreits erster und zweiter Instanz trägt die Beklagte.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Gründe
I.
Der Kläger ist Mitglied der Beklagten, der Wohnungseigentümergemeinschaft Z.-straße, V.-straße in J., deren Verwalterin die Firma N. aus C. ist. Der Miteigentumsanteil des Klägers beträgt insgesamt 708,44/100.0000 Miteigentumsanteilen (MEA), wovon 615,51 MEA auf seine Wohneinheit und 92,93 MEA auf den Tiefgaragenstellplatz entfallen.
Mit seiner Anfechtungsklage wendet sich der Kläger gegen die Beschlussfassungen zu TOP 6b (Ziffer 1-5), TOP 7 und TOP 8 der Eigentümerversammlung vom 21.09.2021. Hierzu heißt es ausweislich des Protokolls der Eigentümerversammlung vom 21.09.2021 (Anlage K2, Bl. 35 ff. e-Akte des Amtsgerichts):
„(…) 6. Vorsorgliche Beschlussfassung über die Änderung der Kostenverteilerschlüssel (…)
b) Beschlussanträge zur Sache:
Die Eigentümerversammlung beschließt, da nicht mit einer zeitnahen evtl. Entscheidung der Frage der korrekten Anwendung der Kostenverteilerschlüssel im o.g. Rechtsstreit zu rechnen ist, insbesondere die Handhabung der bisher angewandten Kostenverteilerschlüssel vorsorglich weiterem Streit zu entziehen, indem durch Beschluss der Eigentümerversammlung die Anwendung der streitigen Kostenverteilerschlüssel ab dem 1.1.2019 geregelt wird. Hierzu beschließt die Eigentümerversammlung, dass
1) mit Blick auf die seit Jahrzehnten aufgrund Beschlusses der Eigentümersammlung in den Wohnungseigentumseinheiten installierten Kaltwasserzähler sowie mit Blick auf den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 27.6.1996 zu TOP 6, wonach die Kosten für Wasser und Abwasser seit dem 1.1.1997 zu 100% verbrauchsabhängig nach den Ablesewerten der Wasseruhren zu verteilen waren, mit Wirkung ab dem 1.1.2019 die Kosten für Kaltwasser und Abwasser verbrauchsabhängig nach dem Verhältnis der abgelesenen Verbrauchswerte der Kaltwasserzähler auf die Wohnungseigentumseinheiten (Wohnungseinheiten) umzulegen,
2) mit Wirkung ab dem 1.1.2019 die Kosten für den Betrieb der gemeinschaftlichen Kabel-TV/Rundfunk-Versorgung (Kostenposition „Kabelfernsehen“) nach der Anzahl der angeschlossenen Wohnungseigentumseinheiten (181) auf die Wohnungseigentumseinheiten (Wohnungen) jeweils pro Einheit umgelegt werden,
3) mit Wirkung ab dem 1.1.2019 mit Blick auf die seit Jahrzehnten geübte Praxis die Kosten für die im jeweiligen Verwaltervertrag jeweils getrennt pro Einheit für die Wohnungseigentumseinheiten (Wohnungen) sowie für die Teileigentumseinheiten (TG-Stellplätze) vereinbarte Grundvergütung des Verwalters nach der Anzahl der Einheiten, getrennt nach Wohnungen und TG-Stellplätzen, jeweils nach der Anzahl der Einheiten pro Einheit umgelegt werden,
4) mit Wirkung ab dem 1.1.2019 mit Blick auf den Beschluss der Eigentümerversammlung vom 23.5.2017 zu TOP 4, wonach dem Verwalter ab 2017 für die jährliche Erstellung von Steuerbescheinigungen nach § 35a EstG eine besondere Vergütung (derzeit 4,00 EUR zzgl. Umsatzsteuer) pro Wohnungseinheit zusteht, die hierdurch entstehenden Kosten mit Wirkung ab dem 1.1.2019 nach der Anzahl der Wohnungseinheiten auf diese pro Einheit umgelegt werden,
5) mit Wirkung ab dem 1.1.2019, soweit dem Verwalter gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft gemäß dem jeweiligen Verwaltervertrag besondere Vergütungen über die vereinbarte Grundvergütung hinaus sowie diesbezüglich Aufwendungsersatzansprüche (hier: Ersatz der dem Verwalter für die Beglaubigung der Verwalterzustimmung zur Veräußerung des Wohnungseigentums entstehenden Notarkosten) zustehen, die hierdurch entstehenden Kosten unter Freistellung der übrigen Sondereigentumseinheiten nach dem Verursachungsprinzip auf die einzelnen Sondereigentumseinheiten pro Einheit umgelegt werden; d.h. nur derjenigen Sondereigentumseinheit im Rahmen der Jahresabrechnung belastet werden, in Ansehung derer bzw. deren Eigentümer(s) die besonders zu vergütenden Tätigkeiten des Verwalters erbracht bzw. hierdurch entstehenden vorgenannten Kosten zurechenbar veranlasst und/oder verursacht wurden. Dies betrifft gem. dem derzeit geltenden Verwaltervertrag insbesondere die dort zugunsten des Verwalters vereinbarten besonderen Vergütungen für die Mahnung zahlungssäumiger Wohnungseigentümer (Mahngebühren), für die Nicht-Teilnahme von Wohnungseigentümern am SEPA-Lastschrifteinzugsverfahren (Nichtteilnahme Lastschriftverfahren) sowie für die Erteilung der Verwalterzustimmung zur Veräußerung des Wohnungseigentums (inkl. Beglaubigungskosten des Notars).
7. Beschlussfassung über die sich aus den Jahreseinzelabrechnungen 2019 vom 20.08.2021 ergebenden Nachschüsse bzw. Anpassungen beschlossener Vorschüsse
Da nicht mit einer zeitnahen evtl. Entscheidung über die weiteren Einwendungen des Klägers im o.g. Rechtsstreit gegen die Jahresabrechnung 2019 zu rechnen ist, soll diese vorsorglich weiterem Streit entzogen werden, indem erneut Beschluss zur Jahresabrechnung 2019 gefasst wird.
Beschlussantrag:
Die sich aus den von der Verwaltung mit Druckdatum vom 20.8.2021 vorgelegten Jahreseinzelabrechnungen jeweils ergebenden Nachschüsse (Nachzahlungen) bzw. die Anpassungen beschlossener Vorschüsse (Guthaben) für das Jahr 2019 werden genehmigt und zum 5.10.2021 fällig gestellt. Etwaige Guthaben der Eigentümer, hat der Verwalter zu diesem Termin auszukehren. Nachschüsse sind fristgerecht auszugleichen. Die Verwaltung ist berechtigt, Guthaben eines Eigentümers mit seinen Verbindlichkeiten gegenüber der Gemeinschaft zu verrechnen und/oder die Auskehrung von Guthaben davon abhängig zu machen, dass Verbindlichkeiten des jeweiligen Eigentümers gegenüber der Gemeinschaft ausgeglichen werden.
8. Beschlussfassung über die sich aus den Jahreseinzelabrechnungen 2020 vom 23.8.2021 ergebenden Nachschüsse bzw. Anpassungen beschlossener Vorschüsse
Beschlussantrag:
Die sich aus den von der Verwaltung mit Druckdatum vom 23.8.2021 vorgelegten Jahreseinzelabrechnungen jeweils ergebenden Nachschüsse (Nachzahlungen) bzw. die Anpassungen beschlossener Vorschüsse (Guthaben) für das Jahr 2020 werden genehmigt und zum 05.10.2021 fällig gestellt. Etwaige Guthaben der Eigentümer, hat der Verwalter zu diesem Termin auszukehren. Nachschüsse sind fristgerecht auszugleichen. Die Verwaltung ist berechtigt, Guthaben eines Eigentümers mit seinen Verbindlichkeiten gegenüber der Gemeinschaft zu verrechnen und/oder die Auskehrung von Guthaben davon abhängig zu machen. (…)“
Wegen des tatsächlichen Vorbringens der Parteien wird im Übrigen auf den Tatbestand des angefochtenen Urteils Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.
Das Amtsgericht Mettmann hat mit Urteil vom 14.03.2022 (Az. 26 C 29/21) die Beschlüsse zu TOP 7 und TOP 8 der Eigentümerversammlung vom 21.09.2021 für ungültig erklärt und im Übrigen die Klage abgewiesen.
Hierzu hat das Amtsgericht im Wesentlichen ausgeführt, dass die Beschlussfassungen zu TOP 6b (Ziffer 1-5) der Eigentümerversammlung über die Änderung des Verteilungsschlüssels ordnungsgemäßer Verwaltung entsprechen würden. Insbesondere würden die Umlageschlüssel jahrelanger Übung entsprechen und seien nicht grob benachteiligend. Die Beschlussfassungen zu TOP 7 und TOP 8 der Eigentümerversammlung vom 21.09.2021 über die sich aus den Jahreseinzelabrechnungen 2019 und 2020 ergebenden Vorschüsse und Nachschüsse würden dagegen ordnungsgemäßer Verwaltung widersprechen. Denn die Rechnungsabgrenzungsposten würden zur Anfechtbarkeit der Beschlussfassungen führen. Die Abrechnung habe nach Ist- und nicht nach Sollbeträgen sowie ohne Rechnungsabgrenzungsposten zu erfolgen. Zwar möge es sein, dass das Zufluss-/ Abflussprinzip zu Schwierigkeiten führe, wenn nach gesetzlichen Vorgaben eine periodengenaue Zuordnung/ Abrechnung erforderlich sei, wie z.B. bei Heiz- und Warmwasser gemäß § 6 Heizkosten VO. Allerdings habe der Kläger unwidersprochen vorgetragen, dass nur Kalt- und Abwasserkosten abgerechnet würden. Auch wenn die Abrechnung hierfür wirksam nach Verbrauch erfolgt sei, sei nicht erkennbar, warum hier Rechnungsabgrenzungen vorgenommen werden müssten. Die Abgrenzungen würden sich auch auf das rechnerische Ergebnis der Vor- und Nachschüsse auswirken. Dies gelte für beide Jahresabrechnungen. Bei der Jahresabrechnung 2019 würden die Korrekturen aus 2018 hinzukommen. Die Rechnungsabgrenzungen widersprächen dem Zufluss-/ Abfluss-Prinzip und würden die Positionen überdies intransparent machen. Hinsichtlich des Betrages in Höhe von 272,71 EUR in der Jahresabrechnung 2019 sei zwar nachvollziehbar, dass, wenn für die ehemalige Miteigentümerin K. kein Konto mehr bestehe, weil diese ausgeschieden sei, dieser Betrag verteilt werde. Warum diese Einnahme allerdings nicht in den Abrechnungen verteilt worden sei, sei nicht nachvollziehbar. Darüber hinaus müssten, wenn eine Hausmeisterkasse geführt würde, die in die Kasse erfolgten Einzahlungen ebenso eingestellt werden wie etwaige Auskehrungen.
Gegen die Ungültigerklärung der Beschlussfassungen zu TOP 7 und TOP 8 der Eigentümerversammlung vom 21.09.2021 wendet sich die Beklagte mit der Berufung und beantragt,
das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Mettmann insoweit aufzuheben, als dass die Beschlüsse zu TOP 7 und TOP 8 der Eigentümerversammlung vom 21.09.2021 für ungültig erklärt wurden, und die Klage insgesamt abzuweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen; sowie im Wege der Anschlussberufung die Beschlüsse zu TOP 6b (Ziffer 1-5) der Eigentümerversammlung vom 21.09.2021 für ungültig zu erklären.
Die Beklagte beantragt, die Anschlussberufung zurückzuweisen.
Wegen der Anträge erster Instanz und des ergänzenden Vorbringens der Parteien im Berufungsverfahren wird auf die gewechselten Schriftsätze Bezug genommen.
II.
1. Die Berufung der Beklagten ist zulässig. Sie wurde form- und fristgerecht eingelegt und begründet. Die Berufungsbegründung entspricht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 ZPO. Die Beklagte rügt eine Rechtsverletzung des Amtsgerichts, die – als zutreffend unterstellt – rechtserheblich wäre.
2. Die Anschlussberufung des Klägers ist zulässig.
Da die Anschlussberufung nicht als Rechtsmittel angesehen wird, wird allgemein das Erreichen der Berufungssumme nicht als Zulassungsvoraussetzung gefordert (BGHZ 4, 234; BGH, NJW 1980, 702; Zöller/Heßler, 34. Aufl. 2022, § 524 ZPO Rn. 29). Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs ist allerdings Voraussetzung, dass der Anschlussrechtsmittelkläger eine Abänderung des angefochtenen Urteils zu seinen Gunsten erstreben muss. Dies setzt voraus, dass eine Abänderung der angefochtenen Entscheidung zugunsten des Anschlussrechtsmittelklägers möglich ist, ihn also aus dem angefochtenen Urteil eine Beschwer trifft (BGHZ 80, 146, 149; BGH, Urteil vom 31.05.1995 – VIII ZR 267/94; Zöller/Heßler, 34. Aufl. 2022, § 524 ZPO Rn. 29).
Vorliegend hat das Amtsgericht Mettmann im Rahmen der angefochtenen Entscheidung die Beschlüsse zu TOP 7 und TOP 8 der Eigentümerversammlung vom 21.09.2021 für ungültig erklärt und im Übrigen die Klage abgewiesen.
Ausweislich des Schriftsatzes vom 26.07.2022 (Bl. 79 ff. e-Akte des Landgerichts) begehrt der Kläger im Wege der Anschlussberufung die Beschlüsse zu TOP 6b (Ziffer 1-5) der Eigentümerversammlung vom 21.09.2021 für ungültig zu erklären und insoweit eine Abänderung der angefochtenen erstinstanzlichen Entscheidung zu seinen Gunsten.
Darauf, ob der Kläger – wie die Beklagtenseite im Rahmen ihres Schriftsatzes vom 15.12.2022 (Bl. 175 ff. e-Akte des Landgerichts) ausführt – im Falle des Erfolges seiner Anschlussberufung und damit unter Anwendung des in der Teilungserklärung vorgesehenen Kostenverteilungsschlüssels im Rahmen der Abrechnung kostenmäßig schlechter gestellt wird, kommt es nach der soeben zitierten Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs gerade nicht an.
Abgesehen davon beziehen sich die von der Beklagten im Rahmen ihres Schriftsatzes vom 15.12.2022 (Bl. 175 ff. e-Akte des Landgerichts) durchgeführten Berechnungen alleine auf einen Vergleich der Abrechnungsergebnisse berechnet anhand der im Rahmen der korrigierten Hausgeldabrechnung für das Jahr 2019 vom 20.08.2021 mitgeteilten Werte (Anlage K3, Bl. 55 ff. e-Akte des Amtsgerichts) unter Anwendung des geänderten Kostenverteilungsschlüssels unter TOP 6b (Ziffer 1-5) der Eigentümerversammlung vom 21.09.2021 sowie des in der Teilungserklärung vom 05.10.1984 (Anlage K1, Bl. 8 ff. e-Akte des Amtsgerichts) festgelegten Kostenverteilungsschlüssels. Denn insbesondere die unter TOP 6b zu Ziffer 1 und Ziffer 5 beschlossene geänderte Kostenverteilung im Rahmen der Eigentümerversammlung vom 21.09.2021 nach Verbrauch (Ziffer 1) bzw. nach dem „Verursachungsprinzip“ (Ziffer 5) statt wie nach der Teilungserklärung vom 05.10.1984 (Anlage K1, Bl. 8 ff. e-Akte des Amtsgerichts) unter Ziffer 15.3 i.V.m. 15.1 eine Kostenverteilung im Verhältnis der Größe der Miteigentumsanteile, dürfte je nach Verbrauch bzw. „Verursachung“ im jeweiligen Abrechnungsjahr unter Umständen auch zu einer Mehrbelastung im Verhältnis zur Verteilung der Kosten nach Miteigentumsanteilen führen. Insoweit lässt sich alleine unter Anwendung des unter TOP 6b (Ziffer 1-5) geänderten Kostenverteilungsschlüssels nicht pauschal eine Besserstellung des Klägers verglichen mit der Anwendung des in der Teilungserklärung vom 05.10.1984 vorgeschriebenen Kostenverteilungsschlüssels für alle zukünftig zu erstellenden Abrechnungen prognostizieren.
Die Anschlussberufung des Klägers wurde form- und fristgerecht eingelegt und begründet. Die Begründung entspricht den Anforderungen des § 520 Abs. 3 S. 2 Nr. 1 ZPO. Der Kläger rügt eine Rechtsverletzung des Amtsgerichts, die – als zutreffend unterstellt – rechtserheblich wäre.
III.
Die Anschlussberufung des Klägers hat Erfolg, die Berufung der Beklagten hingegen nicht.
1. In der Sache hat das Amtsgericht Mettmann zu Unrecht die Beschlussfassungen zu TOP 6b (Ziffer 1-5) der Eigentümerversammlung vom 21.09.2021 nicht für unwirksam erklärt, da diese ordnungsgemäßer Verwaltung widersprechen, vgl. § 18 Abs. 2 WEG n.F..
Nach § 18 Abs. 2 WEG n.F. kann jeder Eigentümer von der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer eine Verwaltung des gemeinschaftlichen Eigentums (Nr. 1) sowie eine Benutzung des gemeinschaftlichen Eigentums und des Sondereigentums (Nr. 2) verlangen, die dem Interesse der Gesamtheit der Wohnungseigentümer nach billigem Ermessen entspricht, d.h. den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung und Benutzung, und soweit solche bestehen, den gesetzlichen Regelungen, Vereinbarungen und Beschlüssen entsprechen. Ordnungsgemäß sind alle Maßnahmen, die im Interesse aller Wohnungseigentümer – nicht nur Einzelner – auf die Erhaltung, Verbesserung oder einen der Zweckbestimmung des gemeinschaftlichen Eigentums entsprechenden Gebrauch gerichtet sind.
Gemäß § 16 Abs. 2 Satz 1 WEG n.F. (und a.F.) hat die Kosten der Gemeinschaft der Wohnungseigentümer, insbesondere der Verwaltung und des gemeinschaftlichen Gebrauchs des gemeinschaftlichen Eigentums, jeder Wohnungseigentümer nach dem Verhältnis seines Anteils (§ 16 Abs. 1 Satz 2 WEG n.F. und a.F.) zu tragen. Die Wohnungseigentümer können für einzelne Kosten oder bestimmte Arten von Kosten eine von § 16 Abs. 2 Satz 1 WEG n.F. (und a.F.) oder von einer Vereinbarung abweichende Verteilung beschließen (§ 16 Abs. 2 Satz 2 WEG n.F. und a.F.).
Der Beschluss über eine abweichende Kostenverteilung muss billigem Ermessen entsprechen; ein sachlicher Grund für die Änderung ist indes nicht erforderlich (BGH, NZM 2012, 28). Den Wohnungseigentümern steht aufgrund ihres Selbstorganisationsrechts sowohl für das „Ob“ einer neuen Regelung als zugleich für das „Wie“ ihrer Ausführung ein weiter Gestaltungsspielraum zu (BGH, NZM 2021, 481 Rn. 13; NZM 2012, 28).
Die Veränderung des geltenden Kostenverteilungsschlüssels setzt nicht voraus, dass einzelne Wohnungseigentümer benachteiligt sind oder dass aufgrund sonstiger Umstände eine Neuregelung erforderlich ist. Mangels abweichender gesetzlicher Vorgaben hat ein wohnungseigentumsrechtlicher Beschluss nämlich nur dem Gebot der ordnungsmäßigen Verwaltung zu entsprechen und darf damit nicht willkürlich sein (BGH, NZM 2021, 481 Rn. 13; NZM 2012, 28; NJW 2011, 2202; 2010, 3298). Er ist aus diesem Grund auch nur begrenzt gerichtlich überprüfbar (statt vieler OLG Düsseldorf, ZWE 2001, 37).
Zulässig ist jeder Maßstab, der den Interessen der Gemeinschaft und der einzelnen Wohnungseigentümer angemessen ist und insbesondere nicht zu einer ungerechtfertigten Benachteiligung Einzelner führt (BGH, NZM 2021, 481 Rn. 13; NZM 2012, 28). Zu strenge Anforderungen verbieten sich aber, weil jede Änderung des Verteilungsmaßstabs sich zwangsläufig auf die Kostenlast eines oder mehrerer Wohnungseigentümer auswirkt (BGH, NZM 2021, 481 Rn. 13; NJW 2011, 2202; 2010, 3298). Die Umstände des konkreten Einzelfalls können auch zu einer Reduktion der Entscheidungsfreiheit auf null führen (BeckOK BGB/Hügel, 63. Ed. 1.8.2022, WEG, § 16 Rn. 20). Entscheidend sind letztendlich immer die Umstände des Einzelfalls.
Ausweislich der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, NJW 2010, 2654) besteht auch eine Beschlusskompetenz der Wohnungseigentümer für eine rückwirkende Änderung des Kostenverteilungsschlüssels, selbst soweit bereits abgeschlossene Abrechnungszeiträume betroffen sind. § 6 Abs. 4 S. 3 HeizkostenV, der für die von der HeizkostenV erfassten Kosten Änderungen des Verteilungsmaßstabes nur mit Wirkung zum Beginn eines Abrechnungszeitraums für zulässig erklärt (und zur Nichtigkeit eines dennoch rückwirkenden Änderungsbeschluss führte), ist eine auf diese Kostenpositionen beschränkte Ausnahmevorschrift, die mangels ersichtlicher Regelungslücke nicht auf weitere Kostenpositionen außerhalb des Anwendungsbereichs der HeizkostenV herangezogen werden kann (MüKoBGB/Scheller, 8. Aufl. 2021, WEG, § 16 Rn. 50). Der darin enthaltene Rechtsgedanke des Schutzes vor überraschenden Änderungen des Verteilungsmaßstabs inmitten einer laufenden Abrechnungsperiode ist im Lichte des einschränkungslos formulierten § 16 Abs. 2 Satz 2 WEG n.F. zwar nicht zur Statuierung einer zwingenden Beschlussgrenze übertragbar, wohl aber fließt er in die Bewertung einer rückwirkenden Änderung als ordnungsgemäßes Verwaltungshandeln ein, insbesondere dort, wo verbrauchsabhängig abgerechnet wird und sich damit bei rückwirkender Änderung gegebenenfalls Kosteneinsparungsbemühungen einzelner Wohnungseigentümer nachträglich als frustriert erweisen könnten.
Vertrauensschutz und die Herstellung von Kostengerechtigkeit sind insoweit gegeneinander abzuwägen (MüKoBGB/Scheller, 8. Aufl. 2021, WEG, § 16 Rn. 50).
Insoweit wird es danach regelmäßig unzulässig sein, in bereits vollständig abgeschlossene Abrechnungszeiträume einzugreifen (LG Itzehoe, ZMR 2014, 909, 910; Hügel/Elzer, 3. Aufl. 2021, WEG, § 16 Rn. 64; MüKoBGB/Scheller, 8. Aufl. 2021, WEG, § 16 Rn. 51). Anders liegt es nur, wenn der bisherige Kostenverteilungsschlüssel unbrauchbar, in hohem Maße unpraktikabel oder grob unbillig ist (BGH, NJW 2010, 2654) – hier kommt dem Ziel gerechter Abrechnungen Vorrang vor Vertrauensschutzgesichtspunkten zu, zumal sich bei Verteilungsschlüsseln, die zu grob unbilligen Ergebnissen führten, ohnehin kein schutzwürdiges Vertrauen hat herausbilden dürfen. Ähnliches (kein Herausbilden schutzwürdigen Vertrauens) wird man annehmen können, wenn das Wirtschaftsjahr ohne (gültigen) Wirtschaftsplan (bzw. Einzelwirtschaftspläne) verstrichen ist (BGH, NJW 2011, 2202; LG Berlin, ZWE 2014, 269). In laufende Abrechnungszeiträume wird zudem ordnungsgemäß rückwirkend eingegriffen werden können, selbst dann, wenn die Vorschüsse auf Basis für sich genommen nicht zu beanstandender Einzelwirtschaftspläne beschlossen wurden (BGH, NJW 2011, 2202 Rn. 11; LG Berlin, ZWE 2017, 33, 34).
Gemessen an den soeben dargelegten Grundsätzen kann eine rückwirkende Änderung des Umlageschlüssels für die bereits abgelaufenen Wirtschaftsjahre 2019 und 2020 keinen Bestand haben. Besondere Umstände, die eine solche Rückwirkung ausnahmsweise zulassen würden, sind nicht ersichtlich. Insbesondere führt die von der Beklagten angeführte jahrelang praktizierte – von den Wohnungseigentümern beanstandungsfrei akzeptierte – Umlegung anhand des nunmehr im Rahmen der Eigentümerversammlung vom 21.09.2021 unter TOP 6b (Ziffer 1-5) geänderten Kostenverteilungsschlüssels nicht zu einem gegenteiligen Ergebnis. Denn eine wirksame Änderung des bisher geltenden Verteilungsschlüssels kann allein durch Mehrheitsbeschluss erfolgen, wobei aus dem Beschluss hinreichend konkret hervorgehen muss, dass die Wohnungseigentümer das Bewusstsein hatten, eine Änderung der bisherigen Kostenverteilung für künftige Abrechnungen zu beschließen (BGH, ZWE 2012, 86; NZM 2010, 622). Nur so ist die erforderliche Transparenz gewährleistet und die Neuregelung der Kostenverteilung insbesondere für einen Sonderrechtsnachfolger, der an Beschlüsse gebunden ist, durch Einsicht in die Beschlusssammlung klar ersichtlich (BeckOG WEG/Falkner, Stand: 01.03.2018, § 16 WEG Rn. 163). Dieses erforderliche Bewusstsein kann allerdings vorliegend nicht allein in einer jahrelang beanstandungslosen Hinnahme eines von der Teilungserklärung abweichenden Verteilungsschlüssels gesehen werden.
2. Zu Recht hat das Amtsgericht Mettmann die Beschlüsse zu TOP 7 und TOP 8 der Eigentümerversammlung vom 21.09.2021 für unwirksam erklärt, da sie ordnungsgemäßer Verwaltung widersprechen, vgl. § 18 Abs. 2 WEG n.F..
a) Gemessen an den Ausführungen zu Ziffer III.1. widersprachen die beschlossenen Jahresabrechnungen für die Jahre 2019 und 2020 bereits aufgrund der Anwendung eines von dem in der Teilungserklärung vom 05.10.1984 (Anlage K1, Bl. 8 ff. e-Akte des Amtsgerichts) unter Ziffer 15.3 i.V.m. 15.1 abweichenden Kostenverteilungsschlüssel (danach Verteilung im Verhältnis der Größe der Miteigentumsanteile) den Grundsätzen ordnungsgemäßer Verwaltung.
b) Abgesehen davon widersprechen die Rechnungsabgrenzungen in Übereinstimmungen mit den Ausführungen des Amtsgerichts im Rahmen der angefochtenen Entscheidung – insbesondere hinsichtlich der Kalt- und Abwasserkosten – dem Zufluss-/ Abfluss-Prinzip.
Die Jahresabrechnung erfasst tatsächliche Einnahmen und Ausgaben im entsprechenden Kalenderjahr, nicht aber Zahlungen, die in diesem Kalenderjahr hätten eingenommen oder getätigt werden müssen, tatsächlich aber im darauffolgenden Kalenderjahr eingehen bzw. getätigt werden. Wird zum Beispiel der im Dezember fällige Vorschuss zur Kostentragung erst im Januar des Folgejahres bezahlt, ist diese Einnahme erst im Folgejahr als Einnahme aufzuführen, obwohl sie schuldrechtlich auf das Vorjahr entfällt. Wird umgekehrt eine im Januar des Folgejahres fällige Zahlung schon im vorangegangenen Dezember geleistet, erhöhen sich die Einnahmen des Vorjahres (BGH, NJW 2014, 145).
Da in der von dem Verwalter nach Ablauf des Kalenderjahres aufzustellenden Jahresabrechnung sämtliche Einnahmen und Ausgaben einander gegenüberzustellen sind, ist auch bei den Heiz- und Warmwasserkosten in der Jahresabrechnung ausnahmslos am Einnahmen-Ausgaben-Prinzip festzuhalten (BGH, NJW 2012, 1434). Dem stehen die Bestimmungen der HeizkostenV nicht entgegen, weil sie lediglich eine Verteilung der tatsächlich angefallenen Heiz- und Warmwasserkosten auf der Grundlage des gemessenen Verbrauchs erfordert. Den Vorgaben der HeizkostenV wird daher bereits dann Genüge getan, wenn zwar nicht in der Jahresabrechnung, aber bei der Abrechnung der einzelnen Einheiten eine verbrauchsabhängige Abrechnung vorgenommen wird. Hier sind also nicht die in der Abrechnungsperiode bezahlten Rechnungen anzugeben, sondern die Kosten für den in diesem Zeitraum tatsächlich verbrauchten Brennstoff durch das jeweilige Wohnungseigentum. Der Umstand, dass sich insoweit ausnahmsweise diese Abrechnung nicht unmittelbar aus der Jahresabrechnung herleitet, ist hinzunehmen, sofern die in der Abrechnung enthaltene Abweichung deutlich ersichtlich und mit einer verständlichen Erläuterung versehen ist (siehe hierzu insgesamt: BGH, NJW 2012, 1434).
Ausweislich der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH, Urteil vom 17.02.2012 – V ZR 251/10, NJW 2012, 1434) ist somit eine Durchbrechung des Jährlichkeitsprinzips nur hinsichtlich der Heiz- und Warmwasserkosten möglich. Hinsichtlich sämtlicher anderer Abrechnungspositionen verbleibt es hingegen – insbesondere hinsichtlich der Kalt- und Abwasserkosten – bei der Abrechnung nach dem Zufluss-/ Abfluss-Prinzip.
c) Darüber hinaus ist die Berücksichtigung des Abrechnungsguthabens der ehemaligen Miteigentümerin K. in der Jahresabrechnung 2019 zu beanstanden.
Hinsichtlich des rücküberwiesenen Betrages in Höhe von 272,71 EUR wird aus der Anlage K5 (Bl. 213 ff. e-Akte des Amtsgerichts) unter „4900 Sonstige Kosten“ deutlich, dass es sich um ein Abrechnungsguthaben der ehemaligen Miteigentümerin K. handelt, welches mangels Kenntnis der aktuellen Kontodaten nicht an diese ausgezahlt werden konnte („Umb. K Uberz. Konto erloschen“). Der insoweit in der Anlage K5 ausgewiesene Gesamtbetrag betreffend die sonstigen Kosten in Höhe von 2.036,06 EUR, welcher dieses Abrechnungsguthaben berücksichtigt, ist auch in der Jahresabrechnung 2019 (Anlage K3, Bl. 55 ff. e-Akte des Amtsgerichts) unter „sonstige Kosten“ in Höhe von 2.036,06 EUR aufgeführt. Folglich hat das Abrechnungsguthaben der ehemaligen Eigentümerin sich insgesamt positiv auf die Abrechnung der „sonstigen Kosten“, da das Guthaben auf sämtliche Eigentümer verteilt worden ist, und damit auch auf die Höhe der Abrechnungsspitze eines jeden einzelnen Wohnungseigentümers ausgewirkt (siehe hierzu auch: Anlage B10, Bl. 48 e-Akte des Landgerichts).
Ausweislich der Anlage K7 (Bl. 230 ff. e-Akte des Amtsgerichts) verfügte die ehemalige Miteigentümerin K. bis zum 31.08.2019 über ein Abrechnungskonto bei der hiesigen Wohnungseigentümergemeinschaft. Insoweit steht es dieser grundsätzlich frei bis zum Ablauf des 31.12.2022 etwaige Auszahlungsansprüche gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft geltend zu machen.
Grundsätzlich können Einwendungen, welche das formelle Zustandekommen eines Beschlusses oder die Höhe der in der Jahresabrechnung ausgewiesenen Zahlungen und Ausgaben sowie deren Verteilung auf die einzelnen Wohnungseigentümer betreffen, nur durch Anfechtung des Beschlusses nicht aber im Zahlungsverfahren geltend gemacht werden. Typischer Anfechtungsgrund kann eine überhöhte Zahlungspflicht, etwa aufgrund eines unrichtigen Kostenverteilungsschlüssels sein. Auch die zu geringe Zahlungspflicht stellt einen Anfechtungsgrund dar, da dann die voraussichtlichen Ausgaben nicht gedeckt werden können, was nicht ordnungsmäßiger Verwaltung entspricht. Entscheidend für die Anfechtung ist, dass der im Beschluss genannte Betrag falsch ist. Das heißt allerdings auch, dass eine Anfechtungsklage unbegründet ist, wenn die Zahlungspflicht nur deshalb im Ergebnis richtig ist, weil sich bestimmte Fehler im vorbereitenden Zahlenwerk ausgleichen bzw. fehlerhafte Rechenoperationen neutralisieren (MüKoBGB/Skauradszun, 8. Aufl. 2021, WEG, § 28 Rn. 17).
Gemessen hieran wird deutlich, dass die Berücksichtigung des Abrechnungsguthabens der ehemaligen Miteigentümerin in der Jahresabrechnung 2019 zu beanstanden ist. Denn möglicherweise hat diese noch ihren Auszahlungsbetrag gegenüber der Wohnungseigentümergemeinschaft geltend gemacht. Insoweit darf das Guthaben erst, wenn zweifelsfrei feststeht, dass die ehemalige Miteigentümerin ihren Auszahlungsanspruch nicht mehr geltend machen kann – insbesondere nach Ablauf etwaiger Verjährungsfristen – an die übrigen Wohnungseigentümer verteilt werden, und dies auch nur nach einem entsprechenden Beschluss.
d) Da insoweit die Beschlussfassungen zu TOP 7 und TOP 8 der Eigentümerversammlung vom 21.09.2021 bereits aus den soeben dargestellten Erwägungen ordnungsgemäßer Verwaltung widersprechen, kann es vorliegend dahinstehen, ob der Einwand des Klägers im Rahmen seiner Klageschrift vom 19.10.2021 (Bl. 1 ff. e-Akte des Amtsgerichts) auf Seite 3 (Bl. 7 e-Akte des Amtsgerichts), dass im Zeitpunkt der Beschlussfassung den Eigentümern keine Übersicht über die Nachschüsse und Guthaben sämtlicher Eigentümer vorlag, verfängt.
Hinsichtlich des Wohnungseigentumsrechts in der bis zum 01.12.2020 gültigen Fassung führte der Bundesgerichtshof bereits im Rahmen einer Entscheidung vom 27.10.2017 (Az. V ZR 189/16) aus, dass „eine Übersicht über die Abrechnungsergebnisse aller Wohnungen und die den Abrechnungszeitraum betreffenden Hausgeldrückstände […] nicht notwendiger Bestandteil der Jahresabrechnung im Sinne des § 28 Abs. 3 WEG [a.F.] [ist]. Die Anfertigung und Übersendung einer solchen Übersicht ist eine freiwillige Leistung des Verwalters.“
Ob die Erwägungen des Bundesgerichtshofs auch trotz des zum 01.12.2020 in Kraft getretenen neuen Wohnungseigentumsrechts, wonach die Wohnungseigentümer gemäß § 28 Abs. 2 Satz 1 WEG (n.F.) nach Ablauf des Kalenderjahres über die Einforderung von Nachschüssen oder die Anpassung der beschlossenen Vorschüsse beschließen, Anwendung finden, kann daher im Rahmen des hiesigen Verfahrens dahinstehen.
IV.
Die prozessualen Nebenentscheidungen folgen aus §§ 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 713 ZPO.
Die Revision war nicht zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung hat und die Fortbildung des Rechts oder die Sicherung einer einheitlichen Rechtsprechung eine Entscheidung des Revisionsgerichts nicht erfordert.
Streitwert für die Berufungsinstanz: 7.577,83 EUR.