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Unberechtigte Mietvertragskündigung – Kenntnis der Unwirksamkeit der Kündigung

Ein unwirksames Widerrufsrecht führt nicht zu Schadensersatz für entgangene Umzugsbeihilfe, wenn die Kläger selbst die außerordentliche fristlose Kündigung des Mietvertrags aussprechen. Die eigenständige Entscheidung der Kläger ist kausal für die Nichtauszahlung der Umzugsbeihilfe, nicht die Pflichtverletzung der Beklagten.

[Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 2 S 16/23 >>>]

✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Eine offensichtlich unberechtigte Kündigung oder ein unberechtigter Widerruf durch den Vermieter stellen zwar eine Pflichtverletzung dar, für einen Schadensersatzanspruch des Mieters muss der Schaden aber kausal auf diese Pflichtverletzung zurückzuführen sein.
  • Wenn der Mieter selbst die Unwirksamkeit der Kündigung/des Widerrufs kennt und dennoch selber das Mietverhältnis kündigt, ist sein Schaden nicht mehr auf die Pflichtverletzung des Vermieters zurückzuführen.
  • Es lag kein übermäßiger Druck seitens der Vermieter vor, dem sich die Mieter durch Aussprache der eigenen Kündigung beugen mussten.
  • Die Mieter hätten aufgrund ihrer eindeutigen Rechtsposition ohne Weiteres auf Erfüllung des Mietvertrags bestehen können, haben dies aber unterlassen.
  • Die vorgerichtlichen Rechtsanwaltskosten der Vermieter zur Abwehr der unberechtigten Schadensersatzforderung waren erforderlich und müssen von den Mietern ersetzt werden.

Unberechtigte Mietvertragskündigung: Kein Schadensersatz für Mieter bei eigenem Verschulden

Der Abschluss eines Mietvertrages ist in den meisten Fällen der Beginn einer langjährigen Vertragsbeziehung zwischen Vermieter und Mieter. Dennoch kann es unter bestimmten Umständen vorkommen, dass eine Kündigung des Mietvertrages rechtlich nicht gerechtfertigt ist. In solchen Fällen können Mieter Anspruch auf Schadensersatz haben – vorausgesetzt, der Mieter war sich der Unwirksamkeit der Kündigung bewusst.

Welche rechtlichen Folgen eine unrechtmäßige Kündigung haben kann und wann Mieter Schadensersatz verlangen können, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab. Grundsätzlich stellt eine unberechtigte Kündigung durch den Vermieter eine Pflichtverletzung dar, die dem Mieter einen Anspruch auf Ersatz des entstandenen Schadens geben kann. Allerdings muss der Schaden auch tatsächlich auf diese Pflichtverletzung zurückzuführen sein.

Ob ein Mieter in einem solchen Fall tatsächlich Anspruch auf Schadensersatz hat, wird in der Rechtsprechung kontrovers diskutiert und hängt von den jeweiligen Details des Falls ab. Ein konkretes Urteil zu diesem Thema finden Sie in der folgenden Zusammenfassung.

Der Fall vor dem Landgericht Krefeld im Detail

Unwirksames Widerrufsrecht führt nicht zu Schadensersatz

In dem vorliegenden Fall streiten die Parteien über Schadensersatzansprüche im Zusammenhang mit einem gescheiterten Mietvertrag. Die Kläger, die als Mieter auftraten, hatten mit den Beklagten einen Mietvertrag abgeschlossen, doch nur kurze Zeit später erklärten die Beklagten den Widerruf des Mietvertrages und kündigten diesen hilfsweise wegen Eigenbedarf.

Die Kläger gingen davon aus, dass die Erklärungen der Beklagten als Angebot zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages zu verstehen seien und erklärten daraufhin ihrerseits die außerordentliche fristlose Kündigung des Mietvertrages, da sie dieses Angebot der Beklagten angenommen hätten. In der Folge verlangten die Kläger von den Beklagten Schadensersatz, da sie aufgrund des nicht zustande gekommenen Mietvertrages eine Umzugsbeihilfe ihrer Vormieterin nicht erhalten hatten. Die Beklagten wiederum erhoben Widerklage auf Erstattung der ihnen entstandenen Rechtsanwaltskosten.

Kein Schadensersatz für entgangene Umzugsbeihilfe

Das Amtsgericht Krefeld wies die Klage ab und gab der Widerklage statt. Es begründete seine Entscheidung damit, dass den Klägern kein Anspruch auf Schadensersatz zustehe, da der geltend gemachte Schaden nicht adäquat-kausal auf eine Pflichtverletzung der Beklagten zurückzuführen sei. Ein Widerrufsrecht habe den Beklagten nicht zugestanden, ebenso wenig wie ein Kündigungsrecht wegen Eigenbedarfs, da der Mietvertrag zusätzliche Anforderungen für eine Eigenbedarfskündigung beinhaltete, die unstreitig nicht erfüllt waren.

Dennoch habe für die Kläger kein unmittelbarer Kausalzusammenhang zwischen den Erklärungen der Beklagten und der Nichtdurchführung des Mietvertrages bestanden, da sie die Erklärungen als Angebot zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages verstanden und dieses Angebot angenommen hatten. Das Amtsgericht war zudem der Ansicht, dass die Kläger ohne Weiteres die Möglichkeit gehabt hätten, bis zum geplanten Auszugstermin eine andere Wohnung anzumieten. Die Widerklage der Beklagten war hingegen begründet, da die unberechtigte Geltendmachung des Schadensersatzanspruches eine von den Klägern zu vertretende Pflichtverletzung darstellte.

Berufungsgericht bestätigt Entscheidung des Amtsgerichts

Die Kläger legten gegen das Urteil des Amtsgerichts Berufung ein und argumentierten, dass das Amtsgericht die Grundsätze zum Schadensersatz bei rechtswidrigen Kündigungen verkannt habe. Sie hätten zwar den Mietvertrag durchführen können, aber nicht müssen. Insbesondere sei es unerheblich, ob die Kündigung wirksam gewesen sei oder nicht, da sie davon ausgehen durften, dass die Beklagten ihnen den Besitz nicht rechtzeitig übergeben würden.

Das Landgericht Krefeld wies die Berufung der Kläger zurück und bestätigte die Entscheidung des Amtsgerichts. Es führte aus, dass ein Anspruch der Kläger auf Schadensersatz nicht gegeben sei, da der Schaden in Form der entgangenen Umzugsbeihilfe nicht auf den rechtsunwirksamen Widerruf oder eine unberechtigte Kündigung der Beklagten zurückzuführen sei.

Fehlende Kausalität zwischen Pflichtverletzung und Schaden

Für die Kläger sei ohne Weiteres erkennbar gewesen, dass den Beklagten weder ein Widerrufsrecht noch ein Kündigungsrecht wegen Eigenbedarfs zugestanden habe, was sie den Beklagten auch so mitgeteilt hatten. Die Kläger seien zu diesem Zeitpunkt zudem bereits anwaltlich beraten gewesen und hätten mit ihrem Antwortschreiben deutlich gemacht, dass der Mietvertrag nicht aufgrund des Schreibens der Beklagten beendet werden könne. Ihre daraufhin selbst erklärte außerordentliche fristlose Kündigung stelle daher eine ungewöhnliche Reaktion dar, da die Kläger die Unwirksamkeit der Kündigung der Beklagten kannten.

Auch habe es keine Anhaltspunkte dafür gegeben, dass die Beklagten den Klägern das Mietobjekt nicht zum vereinbarten Termin übergeben würden. Es sei kein übermäßiger Druck seitens der Beklagten ersichtlich, dem sich die Kläger durch die Aussprache der eigenen Kündigung hätten beugen müssen.

Die Kläger hätten die Beklagten aufgrund ihrer eindeutigen Rechtsposition ohne Weiteres auf Erfüllung des Mietvertrags in Anspruch nehmen können. Wenn die Kläger aber eine eigene Kündigung aussprechen, sei ihre eigene Entscheidung für die Nichtauszahlung der Umzugsbeihilfe kausal geworden, nicht aber die Pflichtverletzung der Beklagten.

✔ FAQ zum Thema: Ungerechtfertigte Kündigung und Schadensersatz


Was sind die rechtlichen Voraussetzungen für eine wirksame Kündigung eines Mietvertrages?

Für eine wirksame Kündigung eines Mietvertrags durch den Vermieter müssen sowohl formale als auch inhaltliche Voraussetzungen erfüllt sein.

Die Kündigung muss schriftlich erfolgen und eigenhändig unterschrieben sein. Eine gedruckte, eingescannte oder gefaxte Unterschrift reicht nicht aus. Bei einer Vermietermehrheit müssen alle Vermieter die Kündigung unterschreiben. Lässt sich der Vermieter vertreten, muss der Bevollmächtigte eine Originalvollmacht beilegen, sonst kann der Mieter die Kündigung zurückweisen.

Das Kündigungsschreiben muss eindeutig den Willen zur Beendigung des Mietverhältnisses zum Ausdruck bringen, die genaue Wohnung bezeichnen und darf nicht an Bedingungen geknüpft sein. Der Vermieter muss einen gesetzlich anerkannten Kündigungsgrund angeben, wie Eigenbedarf, Hinderung angemessener wirtschaftlicher Verwertung oder erhebliche Pflichtverletzungen des Mieters. Für eine ordentliche Kündigung muss die gesetzliche Kündigungsfrist eingehalten werden, die sich nach der Mietdauer richtet.

Eine fristlose außerordentliche Kündigung ist nur bei besonders schwerwiegenden Vertragsverletzungen des Mieters möglich, wie erheblichem Zahlungsverzug oder strafbarem Verhalten. Hier muss der wichtige Grund im Kündigungsschreiben genannt und in der Regel zuvor abgemahnt worden sein. Die Kündigung muss dann unverzüglich nach Kenntnis des Grundes erfolgen.

Hält die Kündigung diese Anforderungen nicht ein, ist sie formal unwirksam. Der Mieter kann sich dann erfolgreich gegen den Verlust der Wohnung wehren.


Welche Rechte haben Mieter, wenn eine Kündigung als unberechtigt angesehen wird?

Wenn ein Mieter eine Kündigung des Vermieters als unberechtigt ansieht, stehen ihm verschiedene Rechte und Handlungsoptionen zur Verfügung:

Der Mieter kann der Kündigung innerhalb von zwei Monaten schriftlich widersprechen und die Fortsetzung des Mietverhältnisses verlangen, wenn die Beendigung für ihn eine besondere Härte bedeuten würde. Mögliche Härtegründe sind z.B. hohes Alter, schwere Krankheit, Schwangerschaft oder fehlende Ersatzwohnung. Das Gericht nimmt dann eine Interessenabwägung zwischen Mieter und Vermieter vor.

Hält der Mieter die Kündigung aus formalen oder inhaltlichen Gründen für unwirksam, kann er deren gerichtliche Feststellung beantragen. Gründe für die Unwirksamkeit können z.B. fehlende Schriftform, fehlende Unterschriften aller Vermieter, Nichteinhaltung der Kündigungsfrist oder das Fehlen eines gesetzlichen Kündigungsgrundes sein.

Zieht der Mieter aufgrund einer unwirksamen Kündigung aus, kann er Schadensersatz vom Vermieter verlangen, z.B. für Umzugs- oder Maklerkosten sowie höhere Miete. Voraussetzung ist, dass den Vermieter ein Verschulden trifft, er also die Unwirksamkeit kannte oder kennen musste. Der Mieter muss aber auch die Unwirksamkeit nicht grob fahrlässig verkannt haben.

Wird die Kündigung gerichtlich für unberechtigt erklärt, kann der Mieter in der Wohnung bleiben. Das Mietverhältnis besteht dann unverändert fort, als hätte es keine Kündigung gegeben. Der Vermieter kann nicht einseitig durch eine unwirksame Kündigung den Vertrag beenden.

Mieter sollten eine als unberechtigt empfundene Kündigung daher nicht einfach hinnehmen, sondern anwaltlichen Rat einholen und ihre Rechte konsequent wahrnehmen. Nur so können sie sich wirksam gegen den ungewollten Verlust der Wohnung wehren.


Welche Rolle spielt die Kausalität zwischen Pflichtverletzung und entstandenem Schaden im Mietrecht?

Für einen Schadensersatzanspruch des Mieters gegen den Vermieter wegen einer unberechtigten Kündigung ist die Kausalität zwischen der Pflichtverletzung und dem entstandenen Schaden von zentraler Bedeutung. Nur Schäden, die adäquat-kausal auf die Vertragsverletzung des Vermieters zurückzuführen sind, muss dieser ersetzen.

Der Vermieter haftet aus schuldhafter Vertragsverletzung nach §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB, wenn er eine fristlose Kündigung erklärt, ohne dass tatsächlich ein wichtiger Grund vorliegt. Er muss dann dem Mieter die Schäden ersetzen, die diesem durch die unberechtigte Kündigung entstanden sind und die in einem inneren Zusammenhang mit der Pflichtverletzung stehen.

Zu den typischen ersatzfähigen Kündigungsfolgeschäden zählen z.B. Umzugskosten, Maklerkosten für eine Ersatzwohnung, Kosten einer Übergangsunterkunft oder für den Küchenaus- und -umbau. Voraussetzung ist aber stets, dass diese Kosten kausal auf die unberechtigte Kündigung zurückgehen. Hätte der Mieter die Aufwendungen also auch ohne die Pflichtverletzung des Vermieters gehabt, scheidet ein Ersatz aus.

Nicht ersatzfähig sind dagegen nach der Rechtsprechung des BGH Maklerkosten, die dem Mieter durch den Erwerb von Wohneigentum entstehen, wenn er nach der Kündigung keine neue Mietwohnung anmietet. Hier fehlt es am erforderlichen Zurechnungszusammenhang, da der Mieter mit dem Immobilienkauf ein über den bisherigen Mietvertrag hinausgehendes Interesse verfolgt.

Der Mieter trägt für den Kausalzusammenhang zwischen Pflichtverletzung und Schaden die Darlegungs- und Beweislast. Er muss darlegen und beweisen, dass der geltend gemachte Schaden gerade durch die unberechtigte Kündigung verursacht wurde und nicht ohnehin entstanden wäre.

Gelingt ihm dies nicht, ist der Schadensersatzanspruch unbegründet, selbst wenn die Kündigung an sich unrechtmäßig war. Die Kausalität stellt somit eine eigenständige Hürde und Voraussetzung des Anspruchs dar, die nicht mit der Pflichtverletzung gleichzusetzen ist.


§ Relevante Rechtsgrundlagen des Urteils

  • § 280 Abs. 1 BGB (Schadensersatz wegen Pflichtverletzung): Der Paragraph regelt, dass Schadensersatz verlangt werden kann, wenn eine vertragliche Pflicht verletzt wird. Im vorliegenden Fall ist relevant, ob die Beklagten durch den Widerruf oder die Kündigung des Mietvertrages eine Pflichtverletzung begangen haben, die zu einem Schaden der Kläger geführt hat. Das Gericht verneinte dies jedoch, da kein Kausalzusammenhang zwischen der Pflichtverletzung und dem Schaden bestand.
  • § 241 Abs. 2 BGB (Nebenpflichten): Dieser Paragraph bezieht sich auf die Pflichten, die sich aus dem Schuldverhältnis ergeben, um Rechte, Rechtsgüter und Interessen der anderen Partei nicht zu verletzen. Die Widerklage der Beklagten stützt sich darauf, dass die Kläger mit der Geltendmachung eines unberechtigten Schadensersatzanspruchs eine solche Nebenpflicht verletzt haben.
  • § 542 BGB (Kündigung von Mietverhältnissen über Wohnraum): Obwohl nicht direkt zitiert, ist dieser Paragraph im Kontext einer Kündigung des Mietverhältnisses wesentlich. Er regelt die Beendigung von Mietverhältnissen durch Kündigung und die Voraussetzungen, unter denen Kündigungen zulässig sind. Das Gericht musste bewerten, ob die Kündigung durch die Beklagten rechtmäßig war.
  • § 543 BGB (Außerordentliche fristlose Kündigung aus wichtigem Grund): Dieser Paragraph ist relevant für die Entscheidung der Kläger, das Mietverhältnis außerordentlich fristlos zu kündigen. Sie nahmen an, dass das Verhalten der Beklagten einen wichtigen Grund darstellte, was das Gericht letztendlich nicht unterstützte.
  • § 529 ZPO (Berücksichtigung von Tatsachen im Berufungsverfahren): Diese Vorschrift spielt eine Rolle im Berufungsverfahren, indem sie festlegt, welche Tatsachen das Berufungsgericht bei seiner Entscheidungsfindung berücksichtigen muss. Das Landgericht fand, dass die Tatsachen des erstinstanzlichen Urteils keinen Anlass gaben, zu einer anderen Entscheidung zu kommen.
  • § 513 ZPO (Zulässigkeit der Berufung): Dieser Paragraph bestimmt die Voraussetzungen, unter denen eine Berufung gegen ein Urteil zulässig ist. Im gegebenen Fall war die Berufung form- und fristgerecht eingelegt, führte jedoch inhaltlich nicht zu einem Erfolg.

Diese Paragraphen und ihre Auslegung sind zentral, um die rechtlichen Rahmenbedingungen des Falles zu verstehen und wie die Gerichte zu ihren Entscheidungen gelangt sind.


➜ Das vorliegende Urteil vom Landgericht Krefeld

LG Krefeld – Az.: 2 S 16/23 – Urteil vom 25.10.2023

Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Amtsgerichts Krefeld vom 28.04.2023 (Az.: 2 C 355/22) wird zurückgewiesen.

Den Klägern werden die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.

Das Urteil ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar.

Gründe:

I.

Die Kläger nehmen die Beklagten auf Schadensersatz für eine entgangene Umzugsbeihilfe im Zusammenhang mit einem zwischen den Parteien letztlich gescheiterten Mietvertragsverhältnis in Anspruch, die Beklagten verlangen im Rahmen der Widerklage die Erstattung außergerichtlicher Anwaltskosten.

Wegen des Tatbestandes und der erstinstanzlich gestellten Anträge wird gem. § 540 ZPO auf das erstinstanzliche Urteil verwiesen.

Das Amtsgericht hat die Klage abgewiesen und der Widerklage stattgegeben. Zur Begründung hat das Amtsgerichts ausgeführt, ein Anspruch auf Schadensersatz scheitere daran, dass ein adäquat-kausal auf eine Pflichtverletzung der Beklagten zurückzuführender Schaden nicht vorliege. Ein Widerrufsrecht der Beklagten habe nicht bestanden, sodass die Kläger darauf hätten bestehen können, den rechtsverbindlich geschlossenen Mietvertrag durchzuführen. Es bestehe daher kein unmittelbarer Kausalzusammenhang zwischen der Erklärung der Beklagten und der Nichtdurchführung des Mietvertrages. Vielmehr seien die Kläger davon ausgegangen, die Widerrufserklärung sei als ein Angebot zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages zu verstehen, welches sie auch angenommen hätten. Die unterbliebene Durchführung des Mietvertrages sei demnach nicht auf die rechtswirkungslose Widerrufserklärung der Beklagten zurückzuführen, sodass der für die Annahme einer Schadensersatzpflicht notwendige Kausalzusammenhang nicht gegeben sei. Es sei insbesondere auch nicht davon auszugehen, dass die Kläger nicht die Möglichkeit gehabt hätten, bis zum angestrebten Auszugstermin zum 30.11.2021 eine Wohnung von dritter Seite anzumieten. Die Widerklage der Beklagten sei hingegen begründet, weil die unberechtigte Geltendmachung des Schadensersatzanspruches eine von den Klägern zu vertretene Pflichtverletzung darstelle. Sie hätten erkennen können, dass die Nichtdurchführung des Mietvertrages aufgrund der einvernehmlichen Vertragsaufhebung zumindest auch ihrem Verantwortungsbereich zuzuordnen sei. Die Einschaltung eines Rechtsanwaltes zur Prüfung und Abwehr der Forderung durch die Beklagten sei unter dem Gesichtspunkt der Waffengleichheit objektiv gerechtfertigt gewesen.

Gegen das Urteil wenden sich die Kläger mit ihrer Berufung. Dazu führen sie aus, das Amtsgericht habe die Grundsätze zum Schadensersatz bei rechtswidrig ausgesprochenen Kündigungen verkannt. Die Kläger hätten zwar den rechtsverbindlich geschlossenen Mietvertrag durchführen können, aber nicht müssen.

Insbesondere komme es nicht darauf an, ob die ausgesprochene Kündigung wirksam gewesen sei oder nicht, die Kläger hätten jedenfalls davon ausgehen dürfen, dass die Beklagten ihnen den Besitz nicht rechtzeitig überlassen würden. Diesem Druck hätten die Kläger sich gebeugt und daher ihrerseits zu Recht das Mietverhältnis außerordentlich fristlos kündigen können, da es sich um eine schwerwiegende Vertragsverletzung gehandelt habe. Es könne den Klägern auch nicht zum Nachteil gereichen, dass sie das Angebot zum Abschluss eines Aufhebungsvertrages angenommen hätten, da sie sich ausdrücklich Schadensersatzansprüche vorbehalten hätten. Hinsichtlich der Pflichtverletzung sei insbesondere zu berücksichtigen, dass die Mietsache noch nicht übergeben worden sei, sodass die Ausgangslage der Kläger schlechter gewesen sei als bei einer bereits übergegebenen Mietsache. Die Kläger hätten nicht das Risiko eingehen wollen, das Angebot der Vormieterin ohne eine Wohnung in der Hinterhand zu haben, annehmen zu müssen. Auch ein Prozess von ungewisser Dauer zur Besitzeinräumung sei ihnen daher nicht zuzumuten gewesen. Es sei weiterhin eine reine Spekulation des Amtsgerichts, dass sie die Möglichkeit gehabt hätten, von dritter Seite eine Wohnung anzumieten. Schließlich sei auch die Widerklage unbegründet, da das Schuldverhältnis alleine aufgrund einer Pflichtverletzung und auf damit Veranlassung der Beklagten verletzt worden sei. Alleine die Beklagten hätten sich vertragswidrig verhalten.

Die Kläger beantragen unter Aufhebung des am 28.04.2023 verkündeten Urteils des Amtsgerichts Krefeld, Aktenzeichen 2 C 355/22, die Beklagten zu verurteilen, an die Kläger 3.000,00 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszins seit dem 07.05.2022 zu zahlen; die Beklagten als Gesamtschuldner zu verurteilen, die Kläger von den außergerichtlichen Rechtsverfolgungskosten der A. Fachanwälte GbR, T.-straße, N., in Höhe von 446,49 Euro freizustellen; die Widerklage abzuweisen.

Die Beklagten beantragen, die Berufung zurückzuweisen.

Die Beklagten stützen sich auf die Ausführungen des Amtsgerichts und tragen ergänzend vor, es sei durch den offensichtlich rechtsunwirksamen Widerruf schon kein ernsthafter Druck auf die Kläger entstanden.

Insbesondere hätten die bereits zu diesem Zeitpunkt anwaltlich beratenen Kläger in ihrem Schreiben vom 09.10.2022 selbst darauf hingewiesen, ihnen sei klar gewesen, dass ein Widerruf oder eine Eigenbedarfskündigung nicht rechtens gewesen sei. Sie hätten dennoch weder außergerichtlich noch gerichtlich versucht, ihre gesicherte Rechtsposition zu verteidigen oder durchzusetzen. Schließlich sei von den Klägern nicht einmal im Ansatz vorgetragen worden, dass sie sich zeitnah um eine Ersatzwohnung bemüht hätten.

II.

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

1. Die Berufung ist zulässig. Die Kläger haben sie form- und fristwahrend mit dem am 27.06.2023 beim Berufungsgericht eingegangenen Schriftsatz eingelegt und mit dem am 01.08.2023 eingegangen Schriftsatz fristwahrend begründet.

2. Die Berufung hat in der Sache jedoch keinen Erfolg. Das am 28.04.2023 verkündete Urteil des Amtsgerichts Krefeld beruht weder auf einer Rechtsverletzung, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrundeliegenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§ 513 Abs. 1 ZPO).

a) Soweit das Amtsgericht Krefeld die seitens der Kläger geltend gemachte Schadensersatzforderung mangels eines adäquat-kausal auf eine Pflichtverletzung der Beklagten zurückzuführenden Schaden abgelehnt hat, lässt dies keine Rechtsfehler erkennen. Ein Anspruch der Kläger auf Schadensersatz ergibt sich nicht aus § 280 Abs. 1 BGB, da der Schaden der Kläger in Form der fehlenden Auszahlung einer Umzugsbeihilfe durch die Vormieterin nicht auf den rechtsunwirksamen Widerruf oder eine unberechtigte Kündigung seitens der Beklagten zurückzuführen ist.

Dem Amtsgericht ist zunächst darin zuzustimmen, dass den Beklagten ein Widerrufsrecht, welches sie im Rahmen des Schreibens vom 28.09.2021 (Anlage K2, Bl. 21 d. AG-A.) als bestehend reklamiert haben, offensichtlich nicht zugestanden hat. Auch bestand kein Recht der Beklagten, das Mietverhältnis wegen des Vorliegens von Eigenbedarf zu kündigen, da in dem streitgegenständlichen Mietvertrag zusätzliche Anforderungen für eine Eigenbedarfskündigung vereinbart wurden, die unstreitig nicht erfüllt waren.

Eine unberechtigte Kündigung (ebenso ein Widerruf) stellt dabei grundsätzlich eine Pflichtverletzung aus dem Mietverhältnis dar, sodass der Kündigungsempfänger den durch die Kündigung entstandenen Schaden ersetzt verlangen kann. Bei einer unberechtigten Kündigung durch den Vermieter macht dieser dem Mieter nämlich den Gebrauch der Mietsache streitig und verletzt damit seine Vertragstreuepflicht. Allerdings muss der Schaden nach den allgemeinen Kausalitätsgrundsätzen auch ursächlich auf die unberechtigte Kündigung zurückzuführen sein. Dies ist dann der Fall, wenn das Verhalten des Gekündigten hierdurch herausgefordert wurde und keine ungewöhnliche oder gänzlich unangemessene Reaktion darstellt. Diese Voraussetzung ist jedenfalls dann gegeben, wenn der Kündigende die Kündigungsvoraussetzungen schlüssig dargetan hat und der Kündigungsempfänger keine Veranlassung hat, daran zu zweifeln; außerdem ist diese Voraussetzung erfüllt, wenn der Kündigungsempfänger sich dem Druck des Kündigenden beugt, sofern dieser Druck ein gewisses Maß an Ernsthaftigkeit übersteigt (vgl. zum vorstehenden: Schmidt-Futterer, Mietrecht, 15. Auflage 2022, § 542 Rn. 106-108 m.w.N.).

Hier war für die Kläger aber ohne weiteres erkennbar, dass für die Beklagten kein Recht dazu bestanden hat, die verbindlich abgegebene Erklärung zum Mietvertragsschluss zu widerrufen. Auch die zusätzlich ausgesprochene Kündigung wegen Eigenbedarfs war mit Blick auf die gerade dazu vertraglich vereinbarten Einschränkungen ebenfalls offensichtlich nicht wirksam. Die Kläger haben das auch tatsächlich erkannt und in ihrem Antwortschreiben vom 09.10.2021 (Anlage K3, Bl. 22 d. AG-A.) den Beklagten so mitgeteilt.

Zu diesem Zeitpunkt waren die Kläger wegen der Eigenbedarfskündigung ihres früheren Mietvertrages zudem unstreitig bereits anwaltlich vertreten. Die Kläger haben mit dem Antwortschreiben eindeutig zu verstehen gegeben, dass alleine aufgrund des Schreibens vom 28.09.2021 der Mietvertrag nicht beendet werden konnte. Die von ihnen selbst erklärte außerordentliche fristlose Kündigung bzw. die Annahme eines von ihnen unterstellten Angebots der Beklagten auf Abschluss eines Aufhebungsvertrages stellt nach den oben dargelegten Grundsätzen daher eine ungewöhnliche Reaktion dar, weil die Kläger als Kündigungsempfänger nicht nur Zweifel an der Wirksamkeit der Kündigung bzw. des Widerrufs hatten, sondern vielmehr positiv die Unwirksamkeit kannten.

Nach Auffassung der Kammer lagen hier auch keine hinreichenden Anhaltspunkte dafür vor, dass die Beklagten den Klägern das Mietobjekt aufgrund eines ernsthaften und endgültigen Beendigungswillens nicht fristgerecht bis zum 01.12.2021 übergeben würden. Es ergibt sich nicht aus der Tatsache, dass die Beklagten mit dem Schreiben vom 28.09.2021 bereits vier Tage nach dem Abschluss des Mietvertrages eine unberechtigte Kündigung ausgesprochen haben. Denn die Beklagten haben bereits erstinstanzlich vorgetragen, dass sie den Widerruf bzw. die Eigenbedarfskündigung umgehend nach dem Schreiben zurückgenommen hätten und den Klägern sowohl schriftlich als auch persönlich angeboten hätten, das Mietverhältnis zu erfüllen, was von den Klägern nicht hinreichend bestritten worden ist. Ein übermäßiger Druck seitens der Beklagten, dem sich die Kläger durch die Aussprache der eigenen Kündigung gebeugt haben, ist angesichts dessen für die Kammer nicht ersichtlich.

Die Kläger hätten die Beklagten zudem aufgrund ihrer eindeutigen Rechtsposition ohne weiteres auf eine ordnungsgemäße Erfüllung des Mietvertrages in Anspruch nehmen können und zwar sowohl außergerichtlich als auch gerichtlich, was unstreitig nicht erfolgt ist, es gab ihrerseits nicht einmal eine außergerichtliche Aufforderung. Zwar ist den Klägern insoweit zuzustimmen, dass sie nicht verpflichtet waren, an dem Vertrag festzuhalten und vielmehr aufgrund einer unzweifelhaft rechtsunwirksamen Kündigung das Mietverhältnis selber (hilfsweise) fristlos kündigen konnten. Wenn die Kläger aber eine solche Kündigung aussprechen, ist ihre eigene Entscheidung für die Nichtauszahlung der Umzugsbeihilfe kausal geworden, nicht aber die Pflichtverletzung der Beklagten.

b) Das Amtsgericht Krefeld hat die Kläger auf die Widerklage hin auch rechtsfehlerfrei dazu verurteilt, der Beklagten die für die vorgerichtliche Rechtsverteidigung entstandenen Kosten zu erstatten. Der Anspruch der Beklagten folgt aus §§ 280 Abs. 1, 241 Abs. 2 BGB, da sich die unberechtigte Geltendmachung eines Schadensersatzanspruches (vgl. oben) als eine Pflichtverletzung seitens der Kläger darstellt.

Zwar begründet eine Geltendmachung unbegründeter Ansprüche nicht ohne weiteres einen Anspruch auf Ersatz der zur außergerichtlichen Abwehr des Anspruchs entstandenen Rechtsanwaltskosten. Besteht zwischen den Parteien aber ein Vertragsverhältnis oder eine sonstige Verbindung kann die Geltendmachung eines unberechtigten Anspruchs eine Pflichtverletzung im Sinne des § 280 Abs. 1 BGB darstellen (vgl. BGH, Urteil vom 16.01.2009 – V ZR 133/08). Darüber hinaus muss sich die Einschaltung eines Rechtsanwalts zur Rechtsverteidigung auch als vernünftig und zweckmäßig darstellen (vgl. Grüneberg in Grüneberg, BGB Kommentar, 82. Auflage 2022, § 280 Rn. 27). Das Amtsgericht ist hier zu Recht davon ausgegangen, dass die Beklagten sich vor dem Hintergrund einer Waffengleichheit zur Prüfung und Abwehr der anwaltlich geltend gemachten Forderung ebenfalls anwaltlichen Rat einholen durften, zumal zwischen den Parteien unstreitig ein Vertragsverhältnis bestanden hatte. Dies gilt insbesondere auch deshalb, weil es sich bei der Abwehr der vermeintlichen Schadensersatzforderung nach Auffassung der Kammer nicht um einen einfach gelagerten Fall gehandelt hat und auf Seiten der Beklagten Sprachschwierigkeiten bestanden.

3. Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 ZPO. Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 544 Abs. 2, 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

Der Streitwert wird auf 3.446,49 EUR festgesetzt.

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