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Modernisierungsmieterhöhung bei Wohnraummiete

AG Charlottenburg – Az.: 202 C 374/17 – Urteil vom 11.01.2018

1. Die Beklagte wird verurteilt, an die Klägerin 279,07 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 228,33 € seit dem 28.9.2017 sowie aus 50,74 € seit dem 10.11.2017 zu zahlen.

2. Es wird festgestellt, dass die Klägerin keine Erhöhung der Grundmiete gemäß der Mieterhöhungserklärung vom 27.7.2016 um monatlich 25,37 € ab dem 1.10.2017 gegenüber der Beklagten für die in dem Haus … Berlin im 3. Obergeschoss links gelegene Wohnung schuldet.

3. Die Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.

4. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils zu vollstreckenden Betrags abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leistet.

Tatbestand

Die Klägerin ist Mieterin, die Beklagte ist Vermieterin der im Tenor bezeichneten Wohnung.

Die Beklagte führte Dämmarbeiten auf dem Fußboden des Dachraumes aus und tauschte in der Küche und im Bad mit der daneben liegenden Kammer zwei einfachverglaste Holzfenster gegen isolierverglaste Holzfenster aus.

Das Fenster im Bad mit der daneben liegenden Kammer befindet sich mittig zwischen Badezimmer und Kammer. Einen Fensterflügel kann man vom Badezimmer aus öffnen, den anderen von der Kammer aus. Die Trennwand zwischen Kammer und Badezimmer schließt allerdings bis zur Außenwand vollständig ab.

Der Flügel dieses Fensters, der sich im Bereich der Kammer befindet, lässt sich lediglich einen Spalt von 18-20 cm weit öffnen, während man das zuvor vorhandene Fenster noch vollständig öffnen konnte.

Die Ritzen zwischen den neuen Fenstern und der Außenwand wurden bislang noch nicht geschlossen. Insoweit wird auf die mit der Anlage K7 vorgelegten Fotos verwiesen.

Mit Schreiben vom 27.7.2016, wegen dem auf Anlage K2 Bezug genommen wird, erklärte die Beklagte die Erhöhung der Miete um monatlich 25,37 € wegen der durchgeführten und oben beschriebenen Maßnahmen.

Die Klägerin widersprach dieser Erhöhung und zahlte in der Zeit von November 2016 bis September 2017 die erhöhte Miete unter Vorbehalt.

Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe im Dachbereich die ursprüngliche Dachkonstruktion von einem überdachten Dachboden, der ringsum geschlossen war, in eine sogenannte Kaltdachkonstruktion geändert, die ringsum Öffnungen hat. Dadurch dringe vermehrt Kaltluft auf den Dachboden. Die Änderungen hätte zur Folge, dass keine Energie in den Wohnungen eingespart werde.

Die Klägerin ist der Ansicht, sie schulde die erhöhte Miete nicht, weil die Dacharbeiten zu keiner Energieeinsparung geführt hätten. Im Bezug auf das Fenster im Bad und der daneben liegenden Kammer würden die Vorteile die Nachteile überwiegen.

Die Klägerin hat zunächst beantragt, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 228,33 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz Zustellung der Klage zu zahlen.

Festzustellen, dass die Klägerin keine Erhöhung der Grundmiete gemäß der Mieterhöhungserklärung vom 27.7.2016 um monatlich 25,37 € ab dem 1.8.2017 gegenüber der Beklagten für die in dem Haus … in … Berlin im 3. Obergeschoss links gelegene Wohnung schuldet.

Die Klägerin beantragt nunmehr, die Beklagte zu verurteilen, an die Klägerin 279,07 € nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 228,33 € seit dem 28.9.2017 sowie aus 50,74 € seit Zustellung der Klage zu zahlen.

Festzustellen, dass die Klägerin keine Erhöhung der Grundmiete gemäß der Mieterhöhungserklärung vom 27.7.2016 um monatlich 25,37 € ab dem 1.10.2017 gegenüber der Beklagten für die in dem Haus … Berlin im 3. Obergeschoss links gelegene Wohnung schuldet.

Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.

Die Beklagte behauptet, sie habe die Dämmung im Bereich des Daches fachgerecht und unter Einhaltung der jeweils geltenden Normen ausgeführt. Die Konstruktion der eingebauten Fenster sei aufgrund denkmalschutzrechtlicher Bestimmungen nicht anders möglich gewesen.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Klägerin die erhöhte Miete gemäß der Erhöhungserklärung vom 27.7.2016 schulde.

Für den Tatbestand im Übrigen wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze sowie auf das Sitzungsprotokoll verwiesen.

Entscheidungsgründe

I. Die zulässige Klage ist begründet. Die Klägerin hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung von 279,07 €. Ferner war festzustellen, dass die Klägerin keine Erhöhung der Grundmiete aufgrund der Mieterhöhungserklärung vom 27.7.2016 schuldet.

1. Die Klage ist zulässig, insbesondere ist das für die Feststellungsklage gemäß § 256 ZPO erforderliche Feststellungsinteresse gegeben. Dieses ergibt sich im Fall der hier vorliegenden negativen Feststellungsklage bereits daraus, dass die Beklagte einen Anspruch auf Zahlung der erhöhten Miete für sich in Anspruch nimmt. Die Klageänderung war gemäß § 264 Nr. 2 ZPO ebenfalls zulässig.

2. Der Anspruch auf Zahlung von 279,07 € ergibt sich aus § 812 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1 BGB. Die Klägerin hat in dem Zeitraum November 2016 bis September 2016 monatlich 25,37 € ohne Rechtsgrund bezahlt. Entgegen der Auffassung der Beklagten war die Mieterhöhungserklärung vom 27.7.2016 unwirksam.

a. Im Bezug auf die Dämmung der obersten Geschossdecke hat die Beklagte trotz eines entsprechenden Hinweises nicht konkret zu dem Vortrag der Klägerin Stellung genommen, wonach die Beklagte im Dachbereich Änderungen vorgenommen habe, die bewirkt hätten, dass im Ergebnis eine Energieeinsparung nicht eingetreten sei. Ohne einen vollständigen Vortrag der Beklagten, welche Arbeiten im Bereich des Daches ausgeführt worden sind und warum dies als energetische Modernisierung betrachtet werden kann, kann nicht geprüft werden, ob die Voraussetzungen der §§ 559 ff. BGB gegeben sind.

Eine isolierte Betrachtung der Dämmung der obersten Geschossdecke ohne Berücksichtigung weiterer Arbeiten im Dachbereich ist angesichts des Zwecks der Vorschriften über die energetische Modernisierung nicht ausreichend. Die §§ 555b BGB sollen Maßnahmen fördern, die der Verbesserung und Modernisierung von Wohnraum dienen (Eisenschmid in Schmidt/Futterer, 13. Auflage, Vorbem. §§ 555b bis 555f, Rn. 7). Von einer solchen Maßnahme kann im Bezug auf eine Dämmung nicht gesprochen werden, wenn gleichzeitig Maßnahmen ausgeführt werden, die die energetische Wirkung der Dämmung neutralisieren.

b. Im Hinblick auf den Einbau eines neuen Fensters im Bereich des Bades und der Abstellkammer war die Beklagte ebenfalls nicht berechtigt, die Miete zu erhöhen. Das Gericht geht davon aus, dass eine Mieterhöhung dann unwirksam ist, wenn möglicherweise bestehende energetische Vorteile durch Nachteile für die Nutzung der Mietwohnung überwogen werden (so bereits für die nicht bestehende Duldungspflicht: LG Berlin, Urteil vom 15.2.2016, Az. 67 S 193/15, Rn. 14, juris).

Dies ist vorliegend der Fall. Unstreitig lässt sich in der Kammer der eine Fensterflügel des neu eingebauten Fensters nur noch einen Spalt von ca. 18-20 cm weit öffnen. Dadurch ist die Nutzung dieses Fensterflügels erheblich eingeschränkt. Das Fenster kann beim Lüften nicht mehr vollständig geöffnet werden und eine Reinigung des Fensters von außen ist kaum noch möglich. Dass diese Nachteile die etwaig bestehenden Vorteile des neuen Fensters überwiegen, ergibt sich bereits daraus, dass nach Angaben der Beklagten in der Ankündigung der Modernisierungsmaßnahmen insgesamt eine Einsparung in Bezug auf die Heizkosten von 0,05 € pro m² und Monat erzielt werden soll. Dies entspricht bei einer beheizten Fläche von 55,52 m² einer monatlichen Einsparungen von 2,78 €. Dieser Betrag entspricht etwa 0,5 % der geschuldeten Gesamtmiete von 512,77 €. Ein Fenster, welches lediglich einen kleinen Spalt geöffnet werden kann, würde jedoch eine Minderung von jedenfalls deutlich mehr als 0,5 % rechtfertigen.

Unerheblich ist, inwieweit die Beklagte aus denkmalschutzrechtlichen Gründen gezwungen war, eine derartige Konstruktion zu wählen. Denn selbst wenn eine andere Konstruktion tatsächlich rechtlich nicht möglich gewesen ist, würde dies nichts daran ändern, dass die Nachteile dieser Maßnahme die Vorteile überwiegen. Aber auch eine andere Beurteilung dieser Rechtsfrage würde vorliegend zu keinem anderen Ergebnis führen. Die Beklagte hat nicht ansatzweise substantiiert vorgetragen, warum nur diese Konstruktion rechtlich möglich gewesen sein soll. Die Einschätzung der Beklagten ist insbesondere aufgrund des Umstandes, dass die zuvor vorhandenen Fenster sich vollständig öffnen ließen, nicht nachvollziehbar.

c. Schließlich rechtfertigt auch der Einbau eines neuen Fensters in der Küche keine Mieterhöhung. Eine Mieterhöhung nach den §§ 559 ff. BGB setzt voraus, dass die Modernisierungsmaßnahme abgeschlossen ist (LG Berlin, Urteil vom 10.3.2015, Az. 63 S 330/14, 1. Leitsatz, juris). Das ist vorliegend nicht der Fall. Unstreitig sind die Ritzen zwischen dem neuen Fenster in der Küche und der Außenwand noch nicht abgedichtet bzw. verputzt worden. Der Einbau des Küchenfensters ist daher gegenwärtig noch nicht vollständig abgeschlossen. Es kann vorliegend dahinstehen, ob Bagatellfälle denkbar sind, in denen eine Mieterhöhung bereits wirksam ist, obwohl die betreffende Modernisierungsmaßnahme noch nicht abgeschlossen ist. Jedenfalls handelt es sich vorliegend nicht um einen derartigen Bagatellfall. Es kann nicht ausgeschlossen werden, dass durch die Ritzen Kaltluft in die Wohnung eindringt und dass auf diese Weise eine Energieeinsparung durch das neue Fenster gemindert wird.

Der Zinsanspruch folgt aus den §§ 291, 288 BGB.

3. Aufgrund des Umstandes, dass die Mieterhöhungserklärung vom 27.7.2016 unwirksam war, war auch den Feststellungsantrag stattzugeben.

II. Die Nebenentscheidungen ergeben sich aus den §§ 91, 708 Nr. 11, 709, 711 ZPO.

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