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Mietvertragskündigungsausschluss über vier Jahre ist wirksam?

Das Amtsgericht Landsberg am Lech entschied, dass der Ausschluss des ordentlichen Kündigungsrechts für vier Jahre im Mietvertrag unwirksam ist. Das Gericht urteilte, dass das Mietverhältnis durch eine ordentliche Kündigung der Beklagten zum Ende 2021 beendet wurde. Die Klausel im Mietvertrag wurde als überraschend und daher als unwirksam angesehen. Die Klage auf Zahlung rückständiger Mieten wurde abgewiesen.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 1 C 242/22  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Unwirksamkeit der Klausel: Die Klausel im Mietvertrag zum Ausschluss der ordentlichen Kündigung für vier Jahre ist unwirksam.
  2. Beendigung des Mietverhältnisses: Das Mietverhältnis wurde durch ordentliche Kündigung der Beklagten zum 31.12.2021 beendet.
  3. Überraschende Klausel: Die Klausel wurde als überraschend eingestuft, da sie im Mietvertrag nicht deutlich hervorgehoben war.
  4. Keine wirksame Einigung: Es gab keine nachträgliche Einigung der Parteien zur Fortsetzung des Mietverhältnisses.
  5. Aufhebung der Urkundenvollstreckungsbescheide: Die Urkundenvollstreckungsbescheide wurden aufgehoben.
  6. Kein Anspruch auf Mietzahlungen: Die Kläger haben keinen Anspruch auf Zahlung der Mieten für Januar bis April 2022.
  7. Keine Einigung im Vergleichsverfahren: Die Parteien erzielten keine Einigung im außergerichtlichen Vergleich.
  8. Kosten des Rechtsstreits: Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger.

Mietverträge können verschiedene Klauseln enthalten, die die Kündigung des Mietverhältnisses durch den Mieter einschränken oder sogar ausschließen. Ein Kündigungsverzicht im Mietvertrag über vier Jahre kann wirksam sein, wenn die Fristsetzung von vier Jahren eingehalten wird. Allerdings gibt es Grenzen für die Wirksamkeit solcher Klauseln, die Vermieter beachten sollten. Wie ein aktuelles Urteil des Bundesgerichtshofs zeigt, ist ein formularmäßiger Kündigungsausschluss des Mieters höchstens für vier Jahre zulässig.

Der Streit um den Mietvertragskündigungsausschluss

In einem bemerkenswerten Fall, der vor dem Amtsgericht Landsberg am Lech verhandelt wurde, stand die Gültigkeit eines Mietvertragskündigungsausschlusses im Zentrum des Rechtsstreits. Die Parteien, Kläger und Beklagte, hatten einen Mietvertrag über eine Wohnung abgeschlossen, der eine Klausel enthielt, die eine Kündigung des Mietverhältnisses für vier Jahre ausschloss. Dieser Fall wurde zum Brennpunkt einer intensiven rechtlichen Auseinandersetzung.

Der Beginn des Rechtsstreits

Die juristische Kontroverse begann, als die Beklagten aufgrund eines familiären Pflegefalls das Mietverhältnis kündigten. Diese Kündigung erfolgte trotz einer Vereinbarung im Mietvertrag, die das ordentliche Kündigungsrecht beider Parteien für einen Zeitraum von vier Jahren ausschloss. Die Klägerseite erhob daraufhin Klage auf Zahlung rückständiger Mieten für die Monate Januar bis April 2022, gestützt auf die Annahme, dass die Kündigung aufgrund der vertraglichen Vereinbarung unwirksam sei.

Kern des rechtlichen Dilemmas

Das Herzstück des Rechtsstreits bildete die Frage nach der Wirksamkeit der Klausel im Mietvertrag, die das ordentliche Kündigungsrecht für vier Jahre ausschloss. Die Beklagtenseite argumentierte, dass diese Klausel unwirksam sei, was das Mietverhältnis mit ihrer Kündigung Ende 2021 beendete. Die Klägerseite hingegen behauptete, dass die Klausel wirksam sei und das Mietverhältnis folglich weiterhin Bestand habe.

Urteilsfindung und Begründung

Das Amtsgericht Landsberg am Lech entschied zugunsten der Beklagten und erklärte die Klausel für unwirksam. Das Gericht begründete sein Urteil damit, dass die Klausel im Mietvertrag eine überraschende Regelung darstelle und somit nach § 305c BGB unwirksam sei. Zudem wurde festgestellt, dass keine nachträgliche Einigung zwischen den Parteien stattgefunden hatte. Folglich wurde das Mietverhältnis durch die ordentliche Kündigung der Beklagten zum 31. Dezember 2021 beendet.

In diesem Urteil spiegelt sich die Notwendigkeit wider, dass Klauseln in Mietverträgen klar und deutlich dargestellt werden müssen, um ihre Gültigkeit zu bewahren. Ebenso wird die Bedeutung des Transparenzgebots im Mietrecht hervorgehoben, das sicherstellt, dass Mieter und Vermieter gleichermaßen von den Bedingungen ihres Vertrages Kenntnis haben und diese verstehen. Dieses Urteil stellt eine wichtige Erinnerung an die Grenzen dar, die Vermieter bei der Gestaltung von Mietverträgen beachten müssen, und betont die Rechte der Mieter in Situationen, in denen sie sich unerwarteten und möglicherweise unfairen Vertragsbedingungen gegenübersehen.

Wichtige Fragen und Zusammenhänge kurz erklärt


Was bedeutet ein Mietvertragskündigungsausschluss und welche rechtlichen Konsequenzen hat er?

Ein Mietvertragskündigungsausschluss, auch Kündigungsverzicht genannt, ist eine Klausel in einem Mietvertrag, die das Recht zur ordentlichen Kündigung für einen bestimmten Zeitraum ausschließt. Dies bedeutet, dass die betreffende Mietvertragspartei das Mietverhältnis innerhalb dieses festgelegten Zeitraums nicht ordentlich kündigen kann. Ob dies für Mieter und Vermieter gilt oder nur für jeweils eine der Seiten, muss im Vertrag bestimmt sein.

Die maximale Dauer für einen solchen Kündigungsausschluss beträgt vier Jahre ab dem Tag des Vertragsschlusses. Es ist wichtig zu beachten, dass der Tag der Vertragsunterzeichnung und nicht der Beginn des Mietverhältnisses für den Beginn dieser Frist maßgeblich ist. Eine ordentliche Kündigung mit Einhaltung der gesetzlichen Kündigungsfrist ist erst nach Ablauf dieser Frist möglich.

Ein Kündigungsausschluss im Mietvertrag hat keinen Einfluss auf das Recht zur außerordentlichen Kündigung. Das bedeutet, dass sowohl Mieter als auch Vermieter das Mietverhältnis aus wichtigen Gründen, wie beispielsweise erhebliche Vertragsverletzungen, jederzeit außerordentlich kündigen können.

Einseitige Kündigungsausschlüsse, bei denen nur der Mieter auf sein Kündigungsrecht verzichtet, sind ebenfalls möglich, allerdings nur für eine Dauer von maximal vier Jahren. Es ist jedoch zu beachten, dass solche einseitigen Vereinbarungen in der Regel nur in individuell ausgehandelten Verträgen zulässig sind und nicht in Formularmietverträgen.

Die rechtlichen Konsequenzen eines Kündigungsausschlusses sind erheblich. Einmal vereinbart und im Mietvertrag festgehalten, kann eine wirksame Klausel zum Kündigungsausschluss nachträglich in der Regel nicht mehr geändert werden. Dies bedeutet, dass die betreffende Partei während der Dauer des Kündigungsausschlusses an den Mietvertrag gebunden ist und das Mietverhältnis nicht ordentlich kündigen kann. Dies kann sowohl für den Mieter als auch für den Vermieter erhebliche Einschränkungen der Flexibilität bedeuten. Daher sollte ein Kündigungsausschluss gut durchdacht und nur nach sorgfältiger Abwägung aller Vor- und Nachteile vereinbart werden.

Was versteht man unter einer überraschenden Klausel im Kontext des Mietrechts?

Eine überraschende Klausel im Kontext des Mietrechts bezieht sich auf Bestimmungen in allgemeinen Geschäftsbedingungen oder Formularverträgen, die nach den Umständen, insbesondere nach dem äußeren Erscheinungsbild so ungewöhnlich sind, dass der Vertragspartner des Verwenders mit ihnen nicht zu rechnen braucht. Solche Klauseln sind gemäß § 305c BGB unwirksam.

Die Ungewöhnlichkeit der Klausel kann sich aus verschiedenen Umständen ergeben. Sie kann objektiv inhaltlich ungewöhnlich sein, sie kann für den Kunden subjektiv ungewöhnlich sein und schließlich kann ein Überraschungseffekt sich aus der Stellung der Klausel im Gesamtwerk der AGB ergeben. Beispiele für überraschende Klauseln können die Erklärung der Teilnahme am Abbuchungsverfahren für die Miete, Betriebskosten und Heizkosten, die auf nicht vermietete Räume entfallen, oder die Klausel, wonach der Mieter sich verpflichtet, nach Ende der Mietzeit einen bestimmten Gegenstand zu erwerben, sein.

Die rechtlichen Konsequenzen einer überraschenden Klausel sind, dass sie nicht Vertragsbestandteil wird und somit unwirksam ist. Dies bedeutet, dass der Mieter nicht an diese Klausel gebunden ist und sie nicht beachten muss.


Das vorliegende Urteil

AG Landsberg – Az.: 1 C 242/22 – Urteil vom 14.02.2023

In dem Rechtsstreit wegen Forderung erlässt das Amtsgericht Landsberg am Lech am 14.02.2023 aufgrund des Sachstands vom 19.01.2023 ohne mündliche Verhandlung mit Zustimmung der Parteien gemäß § 128 Abs. 2 ZPO folgendes Endurteil

I.

Die Urkundenvollstreckungsbescheide vom 27.04.2022 des Amtsgerichts Coburg, Aktenzeichen 22-7256318-1-7 und Aktenzeichen 22-7256318-2-5 werden aufgehoben. Die Klage wird als im Urkundenprozess unstatthaft abgewiesen.

II.

Die Kosten des Rechtsstreits tragen die Kläger als Gesamtschuldner.

III.

Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Den Klägern wird nachgelassen, die Vollstreckung durch die Beklagten gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abzuwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages leisten.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 3.700,00 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerseite macht in einem Urkundenprozess einen Anspruch auf Zahlung rückständiger Mieten für die Monate Januar 2022 bis April 2022 geltend.

Der Kläger und die Beklagten schlossen am 20.03.2020 einen Mietvertrag über die Wohnung XXX im Vorderhaus, zweiter Stock. Das Mietverhältnis begann mit dem 01.04.2020. Die Übergabe der Mietsache erfolgte am 25.03.2020.

Der Mietvertrag trägt unter der Überschrift zu § 17 sonstige Vereinbarungen unter anderem folgenden Wortlaut:

Mieter und Vermieter vereinbaren, dass eine Beendigung des Mietverhältnisses erstmalig mit Ablauf von 4 Jahren ab Abschluss des Mietvertrages möglich ist.

Der für die Anmietung tätige Makler teilte den Beklagten mit E-Mail vom 02.03.2020 mit, dass der Vermieter an einer langfristigen Vermietung der Wohnung interessiert sei, weshalb beide Parteien für die Dauer von 48 Monaten auf deren Recht zur ordentlichen Kündigung des Mietvertrages verzichten. Von dem Verzicht bleibe das Recht der Parteien zur außerordentlichen Kündigung aus wichtigem Grund und zur außerordentlichen Kündigung mit gesetzlicher Frist unberührt.

Dieser E-Mail war des Weiteren ein Exposé beigefügt. Auf der dortigen Seite 6 findet sich folgender Hinweis unter der Überschrift „Wichtiges“:

Der Vermieter strebt ein langfristiges Mietverhältnis an, weshalb beide Parteien für die Dauer von maximal 48 Monaten (4 Jahren) auf deren Recht zur ordentlichen Kündigung des Mietvertrages verzichten.

Im Übrigen wird bezüglich des Mietvertrages auf den Wortlaut Anlage K1 Bezug genommen.

Ab 01.04.2022 beläuft sich laut Mietvertrag die Kaltmiete auf 750,00 Euro monatlich und die Bruttowarmmiete einschließlich der Vorauszahlungen auf die Betriebskosten in Höhe von 190,00 Euro auf insgesamt 940,00 Euro.

Vor dem 01.04.2022 belief sich die Bruttowarmmiete auf monatlich 920,00 Euro.

Mit Kündigungsschreiben vom 06.09.2021 erklärten die Beklagten die Kündigung des Mietverhältnisses aufgrund eines Pflegefalls in der Familie zum 31.10.2021.

Mit Schreiben vom 26.02.2022 der Klägerseite (Anlage K3) wurde ein Vergleichsvorschlag der Beklagtenseite unterbreitet mit der Mitteilung, dass sich an dieses Angebot die Kläger bis zum 20.03.2022 gebunden halten.

Mit Schreiben vom 05.03.2022 (Anlage K2) wurde dem Beklagtenvertreter im Zusammenhang mit dem bei dem Amtsgericht Landsberg am Lech unter dem dortigen Aktenzeichen 2 C 664/21 geführten Verfahren von dem Kläger angeboten, dass er dazu bereit wäre, sich um eine Neuvermietung auf eigene Kosten zu bemühen, dies jedoch unter der Voraussetzung, dass die Beklagten die Mietsache einschließlich Stellplatz in einen zur Neuvermietung geeigneten Zustand entsprechend Ziffer 1 des Schreibens der Klägerseite vom 26.02.2022 versetzen.

Mit Schreiben vom 08.03.2022, eingegangen bei der Klägerseite am 09.03.2022, teilte die Beklagtenseite mit, dass sie den von der Klägerseite unterbreiteten Vergleichsvorschlag annehmen würden. Hinsichtlich des Wortlauts wird auf Anlage K4 Bezug genommen.

Die Klägerseite behauptet, dass das Recht auf ordentliche Kündigung wirksam durch die Vereinbarung im Mietvertrag ausgeschlossen worden sei, sodass das Mietverhältnis nicht durch die Kündigung vom 06.09.2021 beendet worden sei. Dies sei ausgehandelt worden. Es würde sich hierbei auch nicht um eine überraschende Klausel handeln. Das Transparenzgebot sei eingehalten. Letztendlich würde es nicht darauf ankommen, da die Parteien sich nachträglich darauf geeinigt hätten, dass das Mietverhältnis fortbesteht.

Die Beklagtenseite habe den Vergleichsvorschlag vom 05.03.2022 angenommen. Zuvor sei der Vergleichsvorschlag vom 26.02.2022 von Beklagtenseite fernmündlich am 04.03.2022 abgelehnt worden, so dass sich die Annahmeerklärung der Beklagten auf den Vergleichsvorschlag vom 05.03.2022 bezogen habe. Das Mietverhältnis sei letztendlich durch die von Klägerseite erklärte Kündigung im August 2022 erst zum Oktober 2022 beendet gewesen.

Die Klägerseite hat im Rahmen des Urkundenprozesses einen Urkundenvollstreckungsbescheid jeweils gegen die Beklagte zu 1) und gegen den Beklagten zu 2) erwirkt. Diese wurden am 27.04.2022 zugestellt.

Als Hauptforderung ist in diesen Urkundenvollstreckungsbescheiden die Bruttomieten für Januar 2022 bis April 2022 in Höhe von insgesamt 3.700,00 Euro aufgeführt.

Am 28.04.2022 hat die Beklagtenseite Einspruch gegen die Vollstreckungsbescheide eingelegt.

Die Klägerseite stellt im Rahmen des Urkundenprozesses folgenden Klageantrag:

Die Vollstreckungsbescheide des Amtsgerichts Coburg vom 27. April 2022, Aktenzeichen 22-7256318-2-5 und 22-7256318-1-7, bleiben aufrecht zu erhalten.

Von Beklagtenseite wird der Antrag gestellt, die Vollstreckungsbescheide aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Die Beklagtenseite meint, dass die in dem Mietvertrag aufgeführte Klausel, welche das ordentliche Kündigungsrecht für 4 Jahre ausschließt, unwirksam sei. Deswegen sei das Mietverhältnis wirksam mit Kündigung vom September 2021 spätestens Ende 2021 beendet worden. Eine Einigung auf Fortsetzung des Mietverhältnisses hätte es nicht gegeben.

Zur Ergänzung des Sach- und Streitstandes wird auf die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.

Das Gericht hat mit Einverständnis der Parteien im schriftlichen Verfahren gemäß § 128 Abs. 2 ZPO entschieden.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist geführt in einem Urkundenprozess gemäß § 592 ZPO zulässig.

Es handelt sich um einen Anspruch auf Zahlung einer bestimmten Geldsumme. Durch Vorlage des Mietvertrages ergeben sich die eingeklagten monatlichen Mieten, sodass der Beweis grundsätzlich durch Urkunden geführt werden kann.

Die Klage ist im Urkundenprozess unbegründet, so dass die Urkundenvollstreckungsbescheide gemäß §§ 700 Abs. 1, 343 Satz 2 ZPO aufzuheben waren.

Die Kläger haben keinen Anspruch auf Zahlung von Mieten für die Monate Januar 2022 bis April 2022 gemäß § 535 Abs. 1 BGB, da das Mietverhältnis durch Kündigung der Beklagten am 06.09.2021 in jedem Fall ordentlich zum 31.12.2021 beendet wurde.

Durch Vorlage des Mietvertrags hat die Klägerseite grundsätzlich den Anspruch auf Mietzahlungen in geltender gemachter Höhe und im geltend gemachten Zeitraum nachgewiesen. Unabhängig hiervon ist der Vortrag hierzu unstrittig. Unbestrittene Tatsachen müssen jedoch nicht mit den im Rahmen eines Urkundenprozesses eingeschränkten Beweismitteln nachgewiesen werden. Soweit die Klägerseite einwendet, dass das Mietverhältnis durch Kündigung der Beklagtenseite zum Ende 2021 nicht beendet worden sei, da die Klausel im Mietvertrag wirksam sei und zudem sich die Parteien nachträglich auf eine Fortsetzung des Mietverhältnisses geeinigt hätten, trifft dies nicht zu.

Gemäß § 598 ZPO sind Einwendungen des Beklagten, wenn er sie nicht mit den im Urkundenprozess zulässigen Beweismitteln antreten kann, als im Urkundenprozess unstatthaft zurückzuweisen. Gemäß § 595 Abs. 3 ZPO kann der Urkundenbeweis nur durch Vorlage der Urkunde angetreten werden.

Die Berufung auf Gerichtsakten ist ausgeschlossen, wenn diese einem anderen Gericht vorliegen (Musielak/Voit, ZPO, § 595, 19. Aufl. 2022, Rn. 11). Hier befinden sich die Akten bei dem Amtsgericht Landsberg am Lech, Zivilgericht. Damit ist die Urkunde mit Einlieferungsbeleg als Anlage B1 zu dem Verfahren 2 C 664/21 im Rahmen des Urkundenprozesses wirksam vorgelegt worden. Zwar ist zu berücksichtigen, dass die Kündigung nicht im Original, beziehungsweise als beglaubigte Abschrift vorgelegt wurde. Die Klägerseite hat dahingehend jedoch nicht bestritten, dass die Kopie der Kündigung nicht mit dem Original übereinstimmt.

Die Klägerseite hat nicht bestritten, dass die Kündigung vom 06.09.2021 ihr nicht zugegangen sei bzw. nicht rechtzeitig für eine Beendigung des Mietverhältnisses zum 31.12.2021 zugegangen sei.

Die erklärte fristlose Kündigung ist jedenfalls in eine ordentliche Kündigung umzudeuten, da aus der Kündigungserklärung hervorgeht, dass die Beklagten aufgrund eines Pflegefalls die Beendigung des Mietverhältnisses so schnell wie möglich bewirken wollen.

Die in dem beigezogenen Verfahren ausgesprochene Kündigung hat als ordentliche Kündigung das Mietverhältnis mit Ablauf des Dezembers 2021 gemäß § 573 c BGB beendet.

Auf die Frage, ob es sich hierbei um eine wirksame fristlose Kündigung handelt, kommt es nicht an. Eingeklagt sind Mieten erst ab Januar 2022.

Soweit die Klägerseite sich auf eine Klausel im Mietvertrag beruft, ist diese Klausel gemäß § 307 BGB unwirksam.

Grundsätzlich hat die Partei, die sich auf einen Formularvertrag beruft, die Voraussetzungen hierfür zu beweisen. Aus der Gestaltung des Vertrages ergibt sich für das Gericht, dass es sich hierbei um einen Formularmietvertrag handelt, dies auch unter Berücksichtigung der Mail des Maklers und den Angaben im Exposé. Diese Klausel beruht auf der Initiative der Klägerseite. Dass auch der Beklagtenseite an einem langen Mietverhältnis gelegen war, ergibt sich nicht und wird auch nicht vorgetragen. Vielmehr hat die Klägerseite diese Klausel vorgegeben. Es ergibt sich auch nicht, dass diese zur Disposition oder Verhandlung zwischen den Parteien stand. Eine Parteieinvernahme, welche im Rahmen des Urkundenprozesses ein zulässiges Beweismittel ist, war nicht vorzunehmen. Schon allein das Beweisthema, dass die Klausel ausgehandelt worden sei, stellt kein zulässiges Beweisthema dar. Dies ist letztendlich eine rechtliche Wertung. Anhaltspunkte, beziehungsweise Tatsachen, woraus sich schließen lassen würde, dass diese Klausel ausgehandelt worden wäre, ergeben sich nicht. Allein ein Hinweis, dass die Klauseln besprochen und akzeptiert wurden, führt nicht dazu, dass von einem Aushandeln auszugehen ist.

Zu berücksichtigen ist auch, dass in den als sonstige Vereinbarungen bezeichneten Klauseln grundsätzlich nur Pflichten der Mieter aufgeführt werden, sodass davon auszugehen ist, dass diese allein von Vermieterseite vorgegeben wurden und nicht zur Disposition standen. Eine Individualvereinbarung lag nicht vor.

Die Klausel hält einer Inhaltskontrolle nicht stand. Nach dem Gesamtbild des Mietvertrages brauchte die Mieterseite mit dieser Klausel nicht zu rechnen. Insoweit stellt dies auch eine überraschende Klausel im Sinne von § 305 c BGB dar.

Die Vereinbarung findet sich unter sonstige Vereinbarungen und ist drucktechnisch nicht hervorgehoben. Die anderen sonstigen Vereinbarungen betreffen nicht die Mietdauer bzw. die Form der Kündigungen. Hauptsächlich betreffen diese Klauseln die Art der Nutzung des Mietobjekts. Aufgrund des Aufbaus des Mietvertrages mussten die Mieter nicht damit rechnen, dass unter sonstige Vereinbarungen eine derart wichtige Klausel aufgeführt ist, die das Kündigungsrecht für 4 Jahre ab Abschluss des Mietvertrages ausschließt.

Die Tatsache, dass per E-Mail des Maklers und im Exposé dies von Vermieterseite bereits aufgeführt wurde, führt zu keiner anderen Beurteilung. Entscheidend ist das Mietvertragsformular, da erst mit Unterzeichnung wirksam ein Mietvertrag geschlossen wurde.

Zwar ist grundsätzlich ein beiderseitig befristeter Kündigungsausschluss in einem Formularmietvertrag möglich und kann wirksam vereinbart werden. Zu berücksichtigen ist jedoch, dass in dem Kündigungsausschluss gerade nicht aufgeführt ist, dass das Recht zur außerordentlichen Kündigung bestehen bleibt. Dieses kann jedoch nicht wirksam ausgeschlossen werden. Eine geltungserhaltende Reduktion ist insoweit nicht möglich, sodass auch aus diesem Grund die Klausel unwirksam ist. Damit lag ein unbefristetes Mietverhältnis vor, welches jederzeit von Mieterseite ordentlich kündbar war.

Die Parteien haben auch nicht nachträglich eine anderweitige Vereinbarung geschlossen.

Hierfür ist die Klägerseite darlegungs- und beweisbelastet.

Dass zwei übereinstimmende Willenserklärungen vorlagen dergestalt, dass das Vergleichsangebot vom 05.03.2022 der Klägerseite von Beklagtenseite angenommen worden ist, ergibt sich für das Gericht nicht.

Soweit die Parteien auf Schriftsätze der Gerichtsakte 2 C 664/21 Bezug nehmen, ergibt sich hieraus gerade keine Einigung.

Aus dem Gerichtsverfahren 2 C 664/21 ergibt sich allein, dass die Zustimmung zu einem Vergleichsvorschlag mit Schreiben vom 08.03.2022 seitens der Beklagten erklärt wurde.

Ein Vergleichsvorschlag zu diesem Zeitpunkt ist dem Gericht nicht vorgelegt worden.

Mit Schreiben vom 17.03.2022 teilte insoweit die Klägerseite mit, dass ein Vergleich außergerichtlich nicht abgeschlossen worden sei und auch nicht abgeschlossen werde.

Mit Schriftsatz vom 26.04.2022 erklärte die Beklagtenseite erneut, dass die Parteien sich außergerichtlich geeinigt hätten, wobei diesbezüglich das Einigungsangebot von Klägerseite vom 26.02.2022 und die Annahmeerklärung vom 08.03.2022 übersandt wurde.

Die Klägerseite trägt vor, dass eine Einigung zu dem Vergleichsvorschlag vom 26.0.2022 nicht erfolgt sei.

In dem Verfahren 2 C 664/21 ist von Klägerseite eine vergleichsweise Einigung nicht bestätigt worden.

Soweit die Klägerseite behauptet, dass eine endgültige Ablehnung des Vergleichsvorschlages vom 26.02.2022 bereits telefonisch am 04.03.2022 erfolgt sei, ist das hierfür benannte Beweismittel im Rahmen des Urkundenprozesses nicht zulässig. Unstrittig fand zwischen den Prozessbevollmächtigten ein Telefonat statt. Wegen des Inhalts des Telefonats wird widersprüchlich vorgetragen. Die Beweisaufnahme von Zeugen ist kein zulässiges Beweismittel im Urkundenverfahren.

Dass dem Beklagtenvertreter tatsächlich ein Vergleichsvorschlag vom 05.03.2022 bekannt gewesen war, ergibt sich nicht aus den vorgelegten Beweismitteln. Ein Empfangsbekenntnis ist nicht abgegeben worden. Insoweit ist auch nicht ein Nachweis dahingehend erfolgt, dass dem Beklagten tatsächlich der Vergleichsvorschlag bekannt war und seine Annahmeerklärung sich hierauf bezog.

Mangels Vorliegens des Hauptanspruches war die Klage auch hinsichtlich der geltend gemachten Verzugszinsen als Nebenforderung abzuweisen.

Die Urkundenvollstreckungsbescheide waren aufzuheben und die Klage gemäß § 597 Abs. 2 ZPO abzuweisen.

Die prozessualen Nebenentscheidungen ergeben sich gemäß §§ 91, 708 Nr. 4, 711 ZPO.

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