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Mietvertragskündigung wegen kritischen Äußerungen des Mieters

AG Augsburg – Az.: 17 C 1190/18 – Urteil vom 02.07.2018

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 Prozent des vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte zuvor in gleicher Höhe Sicherheit leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 3.974,64 € festgesetzt.

Tatbestand

Die Klägerin begehrt die Räumung und Herausgabe einer Wohnung aufgrund einer außerordentlichen, hilfsweise ordentlichen Kündigung vom 08.02.2018 sowie die Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten.

Die Beklagte ist Mieterin der gegenständlichen Wohnung in der … mit einer derzeitigen Monatskaltmiete von 331,22 €. Die Klägerin ist nach Erwerb des Mietobjekts im Jahr 2013 die Vermieterin. Mit anwaltlichem Schreiben vom 08.02.2018 erklärte die Klägerin der Beklagten die außerordentliche, hilfsweise ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses. Dem lag zugrunde, dass in vier Fernsehbeiträgen Anfang Januar 2018 über die Situation des gegenständlichen Mietverhältnisses berichtet worden war.

Im Einzelnen:

In einem Beitrag in der Fernsehsendung „…“ führte der Sprecher aus, dass nach Angabe der Beklagten die Klägerin die übrigen Mieter des Anwesens erfolgreich „rausgeekelt“ habe und dass ihr Gas und Wasser abgestellt worden seien. Die Beklagte selbst sagte im Interview, dass ihr der Teppich unter ihren Füßen weggezogen würde, sie aber festhalten würde.

In einem Beitrag in der Fernsehsendung „…“ führte die Moderatorin aus, dass die Beklagte vom Vermieter aus der Wohnung „rausgeekelt“ werden sollte, weil dort aus dem Haus ein Hostel werden solle und dass weder die Zuschauer noch die Moderatorin in so einer Wohnung leben wollen würden. Die Moderatorin führte weiter aus: „Schimmel, Kälte, eine einzige Baustelle“. Die Beklagte selbst sagte im Interview, dass sie kein Wasser und kein Gas habe, nur zwei elektrische Heizungen, was sehr viel Geld kosten würde. Sie habe Magenschmerzen, müsse Medikamente nehmen, was auf die Psyche gehe. Der Sprecher erwähnte, dass die Klägerin seit 2013 Eigentümerin des gegenständlichen Objekts sei und sie der Beklagten gekündigt habe. Die Beklagte sagte weiter im Interview, dass irgendwann mal Schluss sein müsse, man könne nicht „Existenzen vernichten wegen Geldgier“. Weiter sagte die Beklagte im Interview, dass man das nicht so lassen könne, denn wenn niemand was tun und jeder abhauen würde, dann würde … nochmal was machen und das wolle die Beklagte nicht.

In einem Beitrag in der Fernsehsendung „…“ sagte die Beklagte im Interview, dass die Menschen einfach „verjagt“ worden seien und es sei gedroht worden, Wasser und Heizung abzudrehen. Der Sprecher nannte dann den Namen der Klägerin als Vermieterin und führte aus, dass der Beklagten der Hahn abgedreht worden sei. Der Sprecher wies darauf hin, dass der Klägerin durch eine Entscheidung des Amtsgerichts Augsburg untersagt worden sei, die Heizungs- und Warmwasserversorgung für die gegenständliche Wohnung einzustellen. Frau Rechtsanwältin … führte sodann im Interview aus, dass die Klägerin 20 Tage nach Zugang dieser gerichtlichen Entscheidung dennoch Heizung und Warmwasser abgestellt hätte. Der unstreitige Umstand, dass die Klägerin gegen den vorgenannten Beschluss Beschwerde eingelegt hat und die Parteien in der mündlichen Verhandlung am 18.12.2017 eine Einigung über einen Reparaturablaufplan geschlossen hatten, wonach die Klägerin unter anderem zum Abschalten von Heizung und Wasser berechtigt worden war, fand in dem Beitrag keine Erwähnung.

In einem Beitrag in der Fernsehsendung „…“ führte die Beklagte im Interview aus, dass Menschen „verjagt“ worden seien. Frau Rechtsanwältin … erklärte im Interview, dass die Klägerin 20 Tage nach Zugang der oben genannten gerichtlichen Entscheidung Heizung und Wasser abgestellt hätte. Frau Rechtsanwältin … erklärte weiter, dass es völlig unmenschlich sei, wie mit Mietern umgegangen werde, nicht nur mit der Beklagten, sondern mit allen anderen auch. Die Klägerin wurde in diesem Beitrag namentlich erwähnt.

In den vorgenannten Fernsehbeiträgen nahm auch der Geschäftsführer der Klägerin Stellung.

Dem anwaltlichen Kündigungsschreiben der Klägerin vom 08.02.2018 lag keine Vollmacht bei. Dort wurde Bezug genommen auf eine angeblich bereits erteilte Vollmacht, die angeblich zusammen mit einem anwaltlichen Schreiben der Klägerin vom 30.11.2016 der Beklagtenseite vorgelegt worden sein soll, was jedoch streitig ist. Mit anwaltlichem Schreiben vom 23.02.2018 wies die Beklagte die Kündigung mangels Vorlage einer Vollmacht zurück.

Unstreitig ist schließlich, dass der Klägerin die oben genannte gerichtliche Entscheidung des Amtsgerichts Augsburg vom 19.10.2017 (Az. 16 C 4312/17 eV) am 24.10.2017 zugestellt worden war und die Klägerin dennoch Anfang November 2017 bei der Beklagten zunächst ohne deren Zustimmung die Heizung abgestellt und am 20.11.2017 die Wasserversorgung eingestellt hatte.

Die Klägerin behauptet, die Beklagte habe es aktiv gefördert, dass die Klägerin in den oben genannten Fernsehbeiträgen als skrupellose Bauträgerin dargestellt worden sei, die Menschen wegen „Geldgier“ aus Wohnungen „verjagen“ und „rausekeln“ und rechtswidrig handeln würde. Die Beklagte habe die Fernsehaufnahmen geduldet, habe die Redaktionen mit gezielten Fehlinformationen versorgt und so insgesamt dafür gesorgt, dass die Klägerin in der Öffentlichkeit in ein vollkommen falsches Licht gestellt worden sei. Es sei unzutreffend, dass die Klägerin die anderen 15 Mieter „verjagt“ oder „rausgeekelt“ hätte. Die Beklagte habe bewusst nicht erwähnt, dass die Klägerin der Beklagten mindestens zehn Alternativwohnungen angeboten hätte und sie diese durchweg abgelehnt hätte, was jeweils auch in der Sache streitig ist. Die Beklagte habe außerdem bewusst nicht erwähnt, dass die Klägerin ihr „Umzugskostenbeihilfe“ und einen kostenlosen Aufenthalt in einer Pension für die Dauer der Reparaturarbeiten angeboten habe. Sämtliche vorgenannten Fernsehbeiträge seien sowohl für sich betrachtet als auch in ihrer Gesamtheit geeignet und darauf ausgerichtet gewesen, das Ansehen der Klägerin in der Öffentlichkeit nachhaltig herabzuwürdigen. Damit habe die Beklagte außerdem das Recht der Klägerin am eingerichteten und ausgeübten Gewerbebetrieb massiv und nachhaltig verletzt.

Die Klägerin ist der Ansicht, dass die Beklagte derart gegen die sich aus dem Mietverhältnis ergebenden gegenseitigen Treuepflichten verstoßen habe, dass ihr ein Festhalten am Mietvertrag nicht mehr zugemutet werden könne.

Die Klägerin beantragt:

I. Die Beklagte wird verurteilt, die Wohnung im 2. OG rechts des Anwesens …, bestehend aus drei Zimmern, WC, Küche, Bad und Diele, zu räumen und im geräumten Zustand an die Klägerin herauszugeben.

Hilfsweise: Die Beklagte wird verurteilt, die Wohnung im 2. OG rechts des Anwesens …, bestehend aus drei Zimmern, WC, Küche, Bad und Diele, zum 30.11.2018 zu räumen und im geräumten Zustand an die Klägerin herauszugeben.

II. Die Beklagte wird verurteilt, der Klägerin vorgerichtliche Anwaltskosten in Höhe von 413,64 € zu erstatten.

Die Beklagte beantragt: Klageabweisung und hilfsweise die Bewilligung von Räumungsschutz.

Die Beklagte ist der Ansicht, dass die Kündigung vom 08.02.2018 unwirksam ist, da deren Zurückweisung mangels Vorlage einer Vollmacht gemäß § 174 BGB zu Recht erfolgt sei. Darüber hinaus bestehe kein Kündigungsgrund, da die beanstandeten Äußerungen der Beklagten weder beleidigend noch wahrheitswidrig gewesen seien und überdies von der Meinungsfreiheit gedeckt seien. Außerdem habe die Beklagte es nicht zu verschulden, wenn Reporter ihnen mitgeteilte Informationen nicht verwerten.

Hinsichtlich des weiteren Sachvortrags der Parteien wird auf die wechselseitigen Schriftsätze sowie auf das Protokoll zur Hauptverhandlung vom 18.06.2018 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet.

I.

Es kann dahinstehen, ob die gegenständliche Kündigung gem. § 174 BGB zurückgewiesen werden durfte und bereits aus diesem Grund unwirksam ist, da es jedenfalls an einem außerordentlichen und ordentlichen Kündigungsgrund fehlte.

1.

Die außerordentliche Kündigung ist unwirksam, da kein wichtiger Grund gemäß § 543 Abs. 1 BGB bestand.

Ein wichtiger Grund liegt gemäß § 543 Abs. 1 S. 2 BGB vor, wenn dem Kündigenden unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, insbesondere eines Verschuldens der Vertragsparteien, und unter Abwägung der beiderseitigen Interessen die Fortsetzung des Mietverhältnisses bis zum Ablauf der Kündigungsfrist oder bis zur sonstigen Beendigung des Mietverhältnisses nicht zugemutet werden kann. Im Rahmen der für den konkreten Einzelfall vorzunehmenden Interessenabwägung sind die Interessen des Kündigenden an der Vertragsbeendigung und die Interessen der anderen Vertragspartei an der Fortdauer des Mietverhältnisses zu ermitteln und zu bewerten (BGH, Urteil vom 15.09.2010, Az. XII ZR 188/08, Rn. 10). In diesem Zusammenhang ist von maßgeblicher Bedeutung, inwieweit die von der Klägerin beanstandete Berichterstattung und die dortigen Äußerungen Dritter der Beklagten zuzurechnen sind und ob es sich bei den eigenen Äußerungen der Beklagten um zulässige Tatsachenbehauptungen bzw. von der Meinungsfreiheit gedeckte Meinungsäußerungen handelt.

1.1

Die Äußerungen der Sprecher und Moderatoren in den gegenständlichen Fernsehbeiträgen sind der Beklagten nicht zuzurechnen, soweit diese Personen die Beklagte nicht wörtlich zitieren oder Äußerungen der Beklagten sinngemäß wiedergeben. Insoweit hat die Beklagte die Gestaltung des jeweiligen Fernsehbeitrags nicht in der Hand.

Gleiches gilt auch für Äußerungen von Frau Rechtsanwältin … in den gegenständlichen Fernsehbeiträgen.

Darüber hinaus hat es die Beklagte nicht in der Hand, welche Teile eines Interviews die Redakteure in den jeweiligen Beitrag aufnehmen und ob gegebenenfalls ein Interview verkürzt wiedergegeben wird. Dies verdeutlichen auch die Ausführungen des Geschäftsführers der Klägerin im Rahmen der Hauptverhandlung, dass die mit ihm geführten Interviews zusammengeschnitten worden seien und dadurch seine Argumentation nicht zur Geltung gekommen sei.

In diesem Zusammenhang ist auszuführen, dass es zur Überzeugung des Gerichts nicht feststeht, dass die Beklagte wesentliche Tatsachen im Zuge der Erstellung der gegenständlichen Beiträge bewusst nicht erwähnt hätte und auf diese Weise Einfluss auf die erfolgte Berichterstattung genommen hätte. Die insoweit beweisbelastete Klägerin hat hierzu keinerlei Beweis angeboten.

1.2

Die Äußerungen der Beklagten, die in den gegenständlichen Beiträgen unmittelbar durch die Beklagte oder mittelbar durch Sprecher und Moderatoren wiedergegeben wurden, entsprechen entweder der Wahrheit oder sind nach Auffassung des Gerichts von der Meinungsfreiheit gedeckt und vermögen jedenfalls keinen außerordentlichen oder ordentlichen Kündigungsgrund zu begründen.

(1) Maßgeblich ist hierbei zunächst, ob es sich bei der jeweiligen Äußerung um eine Tatsachenbehauptung oder eine Meinungsäußerung handelt, da Meinungsäußerungen aufgrund der grundrechtlich verankerten Meinungsfreiheit einen weitgehenden, wenn auch nicht unbeschränkten Schutz genießen. Bei Äußerungen, die sowohl Tatsachenbehauptungen als auch Meinungsäußerungen oder Werturteile enthalten, kommt es auf den Kern bzw. auf die Prägung der Aussage an, insbesondere ob die Äußerung insgesamt durch ein Werturteil geprägt ist und ihr Tatsachengehalt gegenüber der subjektiven Wertung in den Hintergrund tritt (BGH, Urteil vom 24.01.2006, Az. XI ZR 384/03, Rn. 63). Der grundrechtliche Schutz der Meinungsfreiheit greift unabhängig davon ein, ob eine Meinungsäußerung zugleich einen tatsächlichen Kern aufweist (BGH, Urteil vom 23.06.2009, Az. VI ZR 196/08, Rn. 33). Vor diesem Hintergrund kann es bei öffentlichen Äußerungen auch hinzunehmen sein, dass diese in scharfer und abwertender Kritik bestehen, mit übersteigerter Polemik vorgetragen werden oder in ironischer Weise formuliert sind (BGH, Urteil vom 05.12.2006, Az. VI ZR 45/05, Rn. 18). Erst wenn bei einer solchen Äußerung nicht mehr die Auseinandersetzung in der Sache, sondern die Herabsetzung der Person im Vordergrund steht, die jenseits polemischer und überspitzter Kritik herabgesetzt und gleichsam an den Pranger gestellt werden soll, hat die Äußerung regelmäßig hinter dem Persönlichkeitsrecht des Betroffenen zurückzutreten (BGH, Urteil vom 05.12.2006, Az. VI ZR 45/05, Rn. 18).

(2) Bei der vorzunehmenden Abwägung zwischen dem allgemeinen Persönlichkeitsrecht bzw. dem unternehmerischen Ansehen der Klägerin und ihres Geschäftsführers auf der einen Seite und der Meinungsfreiheit der Beklagten auf der anderen Seite sind sämtliche Umstände des Einzelfalles zu berücksichtigen. Insbesondere ist dabei der Kontext zu berücksichtigen, in dem die Äußerungen und die darauf beruhende Berichterstattung erfolgt ist.

Die Parteien verbindet ein Mietverhältnis, aus dem sich die Pflicht zu einer gewissen gegenseitigen Rücksichtnahme ergibt. Das Verhältnis der beiden Parteien ist allerdings durch mehrere Rechtsstreitigkeiten in der Vergangenheit stark belastet, insbesondere durch ein anderweitiges Räumungsverfahren und ein Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz. Hintergrund dieser rechtlichen Auseinandersetzungen ist der Umstand, dass die Klägerin das Objekt, in dem sich die gegenständliche Wohnung befindet, zu einem Hostel umbauen möchte und damit ein sehr hoher Aufwand auf Klägerseite verbunden ist. Dabei ist aber auch zu sehen, dass die Klägerin das gegenständliche Objekt in dem Wissen erworben hat, dass sich dort noch rechtmäßig wohnende Mietparteien befinden – so eben auch die Beklagte -, was jedoch für das geplante Vorhaben der Klägerin hinderlich ist. Auf Seiten der Beklagten ist zu berücksichtigen, dass die gegenständliche Wohnung für sie ein existenzielles Gut darstellt. Die daraus resultierenden Spannungen zwischen den Parteien traten auch im Rahmen der Hauptverhandlung zu Tage, als der Geschäftsführer der Klägerin mit Nachdruck erklärt hat – ohne dass dies in der Sache zu beanstanden wäre -, er werde alle erdenklichen rechtlichen Schritte unternehmen, um die Beklagte aus der Wohnung zu bekommen.

Im Rahmen der vorzunehmenden Gesamtbetrachtung ist außerdem der unstreitige Umstand zu berücksichtigen, dass der Klägerin mit gerichtlicher Entscheidung des Amtsgerichts Augsburg vom 19.10.2017 (Az. 16 C 4312/17 eV) untersagt worden war, die Heizungs- und Warmwasserversorgung für die gegenständliche Wohnung einzustellen. Diese Entscheidung wurde der Klägerin am 24.10.2017 zugestellt. Gleichwohl hat die Klägerin Anfang November 2017 bei der Beklagten ohne deren Zustimmung die Heizung abgestellt und am 20.11.2017 die Wasserversorgung eingestellt, noch bevor am 18.12.2017 eine Vereinbarung über Reparaturarbeiten erfolgt ist. Vor diesem Hintergrund verwundert es nicht, wenn sich in der Folge die Rhetorik auf Beklagtenseite verschärft.

Zu berücksichtigen ist weiter, dass der Klägerin im Rahmen der gegenständlichen Beiträge selbst Gelegenheit zur Stellungnahme eingeräumt wurde und der Geschäftsführer durch persönliche Interviews hiervon auch Gebrauch gemacht hat. Die Klägerin hatte also die Möglichkeit, den Äußerungen der Beklagten entgegenzutreten.

Maßgeblich ist daneben das Ausmaß einer etwaigen Herabwürdigung und geschäftlichen Beeinträchtigung der Klägerin aufgrund der gegenständlichen Äußerungen der Beklagten. Soweit der Geschäftsführer der Klägerin hierzu im Rahmen der Hauptverhandlung ausgeführt hat, dass die gegenständliche Berichterstattung einem guten Leumund nicht zuträglich gewesen sei und er von Kunden und Kollegen auf die Berichterstattung angesprochen worden sei, erschöpft sich dieser Vortrag in bloßen vagen Behauptungen, die – auch schriftsätzlich – nicht näher konkretisiert wurden. Soweit der Geschäftsführer der Klägerin erläutert hat, dass gegenwärtig bei der Bank, die das gegenständliche Bauprojekt finanziert, die Entscheidung über die Anschlussfinanzierung fällig sei und aufgrund der gegenständlichen Berichterstattung die letztendliche Entscheidung über die Gewährung der Anschlussfinanzierung der Vorstand treffen werde, ist dies ebenfalls noch keine hinreichend greifbare nachteilige Auswirkung auf Seiten der Klägerin. Im Übrigen dürfte auch der finanzierenden Bank klar sein, dass mit dem geschäftlichen Vorhaben, wie es die Klägerin in der … umzusetzen versucht, Probleme und Auseinandersetzungen mit den dortigen Mietern einhergehen können.

Nicht zuletzt ist auf Seiten der Beklagten zu berücksichtigen, dass es ihr nach eigenem Bekunden nicht darauf angekommen sei, mit ihren Äußerungen die Klägerin zu schädigen, sondern aufzuzeigen, dass sie selbst die Geschädigte sei.

(3) Vor diesem Hintergrund sind die gegenständlichen Äußerungen im Einzelnen wie folgt zu bewerten:

In dem Beitrag bei „…“ nimmt der Sprecher Bezug darauf, dass die Beklagte gesagt habe, die übrigen Mieter des Anwesens seien durch die Vermieterin erfolgreich „rausgeekelt“ worden. Eine entsprechende Äußerung der Beklagten gegenüber dem zuständigen Redakteur ist als Tatsachenäußerung zu werten, die von einem Werturteil der Beklagten geprägt ist und deren Tatsachengehalt gegenüber der subjektiven Wertung in den Hintergrund tritt. Nach Auffassung des Gerichts liegt der Schwerpunkt dieser Äußerung darauf, dass die Beklagte ihrer subjektiven Empfindung hinsichtlich des Umgangs der Klägerin mit anderen (ehemaligen) Mietern vor dem Hintergrund ihrer eigenen spannungsgeladenen Situation mit der Klägerin Ausdruck verleiht, ohne jedoch dass die Herabwürdigung oder geschäftliche Schädigung der Klägerin oder ihres Geschäftsführers im Vordergrund steht. Unter Berücksichtigung der unter Ziffer 1.2 (2) aufgeführten Aspekte ist diese Äußerung von der Klägerin hinzunehmen.

In dem Beitrag bei „…“ führt der Sprecher weiter aus, dass Gas und Wasser abgesperrt worden seien. Dies entspricht unstreitig der Wahrheit, hat doch die Klägerin nach Zugang der oben genannten gerichtlichen Entscheidung vom 19.10.2017 am 24.10.2017 und vor dem 18.12.2017 die Heizungs- und Wasserversorgung der Wohnung der Beklagten ohne deren Zustimmung eingestellt. Der Beklagten ist dabei nicht zuzurechnen, dass in dem Beitrag nicht erwähnt wird, dass die Parteien am 18.12.2017 eine Reparaturvereinbarung getroffen haben, wonach die Wasser- und Heizungsversorgung eingestellt werden durfte. Zum einen steht zur Überzeugung des Gerichts nicht fest, das die Beklagte diesen Umstand gegenüber den jeweils zuständigen Redakteuren vorsätzlich verschwiegen hat. Die insoweit beweisbelastete Klägerin hat hierzu keinerlei Beweis angeboten. Zum anderen hatte der Geschäftsführer der Klägerin selbst hinreichend Gelegenheit im Rahmen seines eigenen Interviews die Redakteure auf diesen Umstand hinzuweisen, ohne jedoch sicherstellen zu können, ob dieser Umstand in dem Beitrag letztlich Erwähnung findet. Im Ergebnis hat die Klägerin diese Äußerung hinzunehmen.

Soweit die Beklagte im Interview bei „…“ ausgeführt hat, dass ihr der Teppich unter ihren Füßen weggezogen werde, sie aber festhalte, stellt dies eine Äußerung dar, die von einem Werturteil der Beklagten geprägt ist und deren Tatsachengehalt gegenüber der subjektiven Wertung in den Hintergrund tritt. Die Beklagte bringt hiermit zum Ausdruck, wie sich die gegenwärtige Situation für sie anfühlt. Eine Herabwürdigung der Klägerin vermag das Gericht hierin nicht zu erkennen, so dass die Äußerung von der Klägerin hinzunehmen ist.

In dem Beitrag bei „…“ führte die Moderatorin aus, dass die Beklagte vom Vermieter aus der Wohnung „rausgeekelt“ werden sollte, weil dort aus dem Haus ein Hostel werden solle und dass weder die Zuschauer noch die Moderatorin in so einer Wohnung leben wollen würden. Die Moderatorin führte weiter aus: „Schimmel, Kälte, eine einzige Baustelle“. Diese Äußerungen können der Beklagten nicht zugerechnet werden. Es ist nicht ersichtlich, dass die Moderatorin die Beklagte wörtlich oder sinngemäß zitiert. Vielmehr scheint es sich um die eigene Wortwahl der Moderatorin bzw. der zuständigen Redakteure zu handeln, für die die Beklagte nicht die Verantwortung trägt. Auf die Ausführungen unter Ziffer 1.1 wird Bezug genommen. Jedenfalls wäre eine etwaige entsprechende Äußerung der Beklagten gegenüber dem zuständigen Redakteur als Tatsachenäußerung zu werten, die von einem Werturteil der Beklagten geprägt wäre und deren Tatsachengehalt gegenüber der subjektiven Wertung in den Hintergrund treten würde. Nach Auffassung des Gerichts würde der Schwerpunkt dieser Äußerung darauf liegen, dass die Beklagte zum Ausdruck bringt, wie sich der Umgang der Klägerin mit ihr aus ihrer Sicht anfühlt, ohne dass dabei die Herabwürdigung oder geschäftliche Schädigung der Klägerin oder ihres Geschäftsführers im Vordergrund stehen würde. Unter Berücksichtigung der unter Ziffer 1.2 (2) aufgeführten Aspekte ist diese (etwaige) Äußerung von der Klägerin hinzunehmen.

Die Beklagte führte im Interview bei „…“ aus, dass sie kein Wasser und kein Gas habe, nur zwei elektrische Heizungen, was sehr viel Geld kosten würde. Hierbei handelt es sich – wie bereits ausgeführt – um eine wahre Tatsachenbehauptung. Der Beklagten ist dabei aus den oben genannten Gründen wiederum nicht zuzurechnen, dass in dem Betrag die Reparaturvereinbarung der Parteien vom 18.12.2017 nicht erwähnt wird. Die Klägerin hat diese Äußerung daher hinzunehmen.

Soweit die Beklagte im Interview bei „…“ auf ihre gesundheitlichen Probleme hinweist, handelt es sich um eine Tatsachenbehauptung. Der Zuschauer kann diese Äußerung im konkreten Kontext so verstehen, dass die angeblichen gesundheitlichen Probleme der Beklagten aus den Auseinandersetzungen mit der Klägerin resultieren. Dies ist allerdings vor dem Hintergrund zu sehen, dass es durchaus nachvollziehbar erscheint, wenn mehrjährige (Rechts-)Streitigkeiten, die eigene existenzielle Güter zum Gegenstand haben, wie etwa Wohnung, Wasser und Heizung, zu körperlichen und psychischen Beeinträchtigungen einer Partei führen. Ungeachtet der Richtigkeit dieser Äußerung ist daher nicht ersichtlich, dass hierdurch die Klägerin in unzulässiger Weise herabgewürdigt worden wäre. Jedenfalls vermag diese Äußerung unter Abwägung der unter Ziffer 1.2 (2) genannten Umstände des konkreten Falles keinen außerordentlichen Kündigungsgrund zu begründen.

Die Beklagte führte im Interview bei „…“ aus, dass irgendwann mal Schluss sein müsse und man nicht „Existenzen vernichten“ könne wegen „Geldgier“ und man das nicht so lassen könne, und dass, wenn niemand etwas tue und jeder abhauen würde, … dann nochmal was machen würde und die Beklagte das nicht wolle. Diese Äußerung ist als Tatsachenäußerung zu werten, die von einem Werturteil der Beklagten geprägt ist und deren Tatsachengehalt gegenüber der subjektiven Wertung in den Hintergrund tritt. Der Schwerpunkt dieser Äußerung liegt nach Auffassung des Gerichts darauf, dass die Beklagte ihrer subjektiven Empfindung hinsichtlich des Umgangs der Klägerin mit anderen (ehemaligen) Mietern und hinsichtlich des Umgangs der Klägerin mit der Beklagten Ausdruck verleiht. Zwar handelt es sich bei der Phrase „Existenzen vernichten“ und bei dem Wort „Geldgier“ um scharfe Formulierungen, ohne aber dass die Herabwürdigung oder geschäftliche Schädigung der Klägerin oder ihres Geschäftsführers im Vordergrund stehen. Unter Berücksichtigung der unter Ziffer 1.2 (2) aufgeführten Aspekte, ist diese Äußerung von der Klägerin hinzunehmen.

Soweit die Beklagte im Interview bei „…“ sagte, dass Menschen „verjagt“ worden seien, handelt es sich um eine Tatsachenäußerung, die von einem Werturteil der Beklagten geprägt ist und deren Tatsachengehalt gegenüber der subjektiven Wertung in den Hintergrund tritt. Nach Auffassung des Gerichts liegt der Schwerpunkt dieser Äußerung – wie schon bei dem Begriff „rausgeekelt“ – darauf, dass die Beklagte ihrer subjektiven Empfindung hinsichtlich des Umgangs der Klägerin mit anderen (ehemaligen) Mietern vor dem Hintergrund ihrer eigenen spannungsgeladenen Situation mit der Klägerin Ausdruck verleiht, ohne jedoch dass die Herabwürdigung oder geschäftliche Schädigung der Klägerin oder ihres Geschäftsführers im Vordergrund stehen. Unter Berücksichtigung der unter Ziffer 1.2 (2) aufgeführten Aspekte, ist diese Äußerung von der Klägerin in der konkreten Situation hinzunehmen.

Soweit die Beklagte im Interview bei „…“ ausführte, es sei „gedroht“ worden, Wasser und Heizung abzudrehen, handelt es sich um eine Tatsachenbehauptung mit einem Wertungselement. Bei einer Betrachtung dieser Äußerung in der juristischen Laiensphäre ist nicht davon auszugehen, dass die Beklagte eine Drohung im strafrechtlichen Sinne beschreiben wollte. Vielmehr kann die Formulierung so verstanden werden, dass seitens der Klägerin angeblich angekündigt wurde, Wasser und Heizung abzudrehen und dass die Beklagte dies als einen Angriff auf ihre existenzielle Lebensgrundlage empfunden hat. Letztlich ist diese Äußerung ungeachtet ihrer Richtigkeit vor dem Hintergrund zu sehen, dass die Klägerin – wie bereits ausgeführt – bei der Beklagten tatsächlich die Wasser- und Heizungsversorgung zunächst ohne deren Zustimmung abgestellt hatte. Jedenfalls vermag diese Äußerung unter Abwägung der unter Ziffer 1.2 (2) genannten Umstände des konkreten Falles keinen außerordentlichen Kündigungsgrund zu begründen.

Soweit der Sprecher im Beitrag bei „…“ ausführte, der Beklagten sei der Hahn abgedreht worden, handelt es sich entsprechend den obigen Ausführungen um eine der Wahrheit entsprechende Tatsache. Darüber hinaus ist diese Äußerung des Sprechers der Beklagten nicht zuzurechnen. Auf die Ausführungen unter Ziffer 1.1 wird Bezug genommen. Außerdem ist der Beklagten aus den oben genannten Gründen nicht zuzurechnen, dass in dem Betrag die Reparaturvereinbarung der Parteien vom 18.12.2017 nicht erwähnt wird. Die Klägerin hat diese Äußerung daher hinzunehmen.

Soweit sich Frau Rechtsanwältin … im Interview bei „…“ zu Wort meldet, kann dies der Beklagten unter Bezugnahme auf die Ausführungen unter Ziffer 1.1 nicht zugerechnet werden. Davon abgesehen handelt es sich entsprechend den obigen Ausführungen um wahre Tatsachenbehauptungen. Der Beklagten ist aus den genannten Gründen wiederum nicht zuzurechnen, dass in dem Betrag die Reparaturvereinbarung der Parteien vom 18.12.2017 nicht erwähnt wird. Die Klägerin hat diese Äußerung daher hinzunehmen.

Soweit die Beklagte im Interview bei „…“ ausführte, dass Menschen „verjagt“ worden seien, hat die Klägerin dies aus den oben genannten Gründen hinzunehmen.

Soweit sich Frau Rechtsanwältin … im Interview bei „…“ zu Wort meldet, kann dies aus den obigen Gründen der Beklagten nicht zugerechnet werden.

1.3

Es steht daher nicht fest, dass die Beklagte es in unzulässiger Weise gefördert hätte – insbesondere nicht durch Versorgung der Redaktionen mit gezielten Fehlinformationen -, dass die Klägerin in den gegenständlichen Fernsehbeiträgen als skrupellose Bauträgerin dargestellt wurde, die Menschen wegen Geldgier aus Wohnungen verjagen und rausekeln würde sowie rechtswidrig handeln würde.

Im Ergebnis sind die beanstandeten Äußerungen, die der Beklagten zugerechnet werden können, weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit geeignet, die Vertrauensgrundlage des zwischen der Klägerin und der Beklagten bestehenden Mietverhältnisses derart zu gefährden, dass der Klägerin die Fortsetzung des Mietverhältnisses unzumutbar ist.

2.

Es liegt keine wirksame ordentliche Kündigung vor, da die Klägerin kein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietvertrages gemäß § 573 Abs. 1 S. 1 BGB hat.

Ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses liegt gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 1 BGB insbesondere vor, wenn der Mieter seine vertraglichen Pflichten schuldhaft nicht unerheblich verletzt hat.

Eine schuldhafte nicht unerhebliche Pflichtverletzung liegt seitens der Beklagten jedoch nicht vor. Wie bereits ausgeführt, sind die beanstandeten Äußerungen, die der Beklagten zugerechnet werden können, weder einzeln noch in ihrer Gesamtheit geeignet, die Vertrauensgrundlage des zwischen der Klägerin und der Beklagten bestehenden Mietverhältnisses derart zu gefährden, dass der Klägerin die Fortsetzung des Mietverhältnisses auch nach Ablauf einer ordentlichen Kündigungsfrist unzumutbar ist.

II.

Da ein Hauptanspruch nicht besteht, besteht auch kein Anspruch auf Erstattung vorgerichtlicher Rechtsanwaltskosten nebst Zinsen.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 ZPO.

IV.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 BGB.

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