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Mieterhöhungserklärung bei Energiesparmaßnahmen – formelle Unwirksamkeit

Mieterhöhung bei Energiesparmaßnahmen: Gerichtsurteil erklärt Erhöhung für unwirksam

Das Landgericht Hamburg hat in seinem Urteil vom 13.12.2022 eine Mieterhöhungserklärung aufgrund von Energiesparmaßnahmen als formell unwirksam erklärt. Der Vermieter konnte weder eine plausible Darstellung des Energieeinspareffekts vorlegen noch die Aufgliederung der Modernisierungskosten nach einzelnen Gewerken und den Anteil der Instandhaltungskosten adäquat nachweisen. Dies führte zur Ablehnung der Mieterhöhung und zur Rückzahlung überzahlter Miete an den Kläger.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 316 S 16/22  >>>

Das Wichtigste in Kürze


Die zentralen Punkte aus dem Urteil:

  1. Formelle Unwirksamkeit der Mieterhöhungserklärung bei Energiesparmaßnahmen.
  2. Fehlende plausible Darstellung des Energieeinspareffekts durch den Vermieter.
  3. Unzureichende Aufgliederung der Modernisierungskosten nach einzelnen Gewerken.
  4. Mangelnde Darlegung des Anteils der Instandhaltungskosten.
  5. Rückzahlungsanspruch des Klägers aufgrund überzahlter Miete.
  6. Das Urteil bestätigt die Beweislast des Vermieters für die Voraussetzungen der Mieterhöhung.
  7. Wichtigkeit einer detaillierten und nachvollziehbaren Erklärung in Mieterhöhungsverlangen.
  8. Ablehnung der Berufung der Beklagten und Bestätigung der Entscheidung des Amtsgerichts.

Mieterhöhungen im Kontext von Energiesparmaßnahmen

Im Bereich des Mietrechts nehmen Mieterhöhungen infolge von Modernisierungsmaßnahmen eine zentrale Rolle ein. Insbesondere dann, wenn es um Maßnahmen zur Energieeinsparung geht, ergeben sich häufig rechtliche Fragestellungen hinsichtlich der formellen Unwirksamkeit solcher Erhöhungen. Die korrekte Erläuterung und Begründung einer Mieterhöhung, einschließlich der Darlegung des Energieeinspareffekts und der angemessenen Aufteilung der Kosten für verschiedene Baumaßnahmen, stehen hierbei oft im Mittelpunkt. Die Plausibilitätskontrolle der angegebenen Werte, wie zum Beispiel der Wärmedurchgangskoeffizienten, und der Anteil von Instandhaltungskosten spielen eine wesentliche Rolle bei der Beurteilung der Rechtmäßigkeit einer Mieterhöhung.

Ein aktuelles Urteil des Landgerichts Hamburg hebt die Bedeutung dieser Aspekte hervor und bietet spannende Einblicke in die praktische Handhabung dieser Thematik. Der folgende Beitrag wird die Details dieses Falles beleuchten, wobei insbesondere auf die Gründe für die Unwirksamkeit der Mieterhöhung und die damit verbundenen rechtlichen Feinheiten eingegangen wird. Tauchen Sie ein in die Welt des Mietrechts, wo komplexe Fälle oft zu wegweisenden Urteilen führen.

Unwirksamkeit der Mieterhöhungserklärung bei Energiesparmaßnahmen

Das Landgericht Hamburg hat in einem richtungsweisenden Urteil vom 13. Dezember 2022 eine Mieterhöhungserklärung aufgrund von Energiesparmaßnahmen für formell unwirksam erklärt. Dieses Urteil ist das Ergebnis einer rechtlichen Auseinandersetzung, die durch das Erhöhungsverlangen des Vermieters entstanden ist. Im Kern ging es dabei um die Frage, ob die vom Vermieter geforderte Mieterhöhung aufgrund von Modernisierungsmaßnahmen, die eine Energieeinsparung zum Ziel hatten, rechtlich haltbar ist.

Rechtliche Grundlagen und Herausforderungen des Falls

Der Fall befasst sich mit komplexen rechtlichen Herausforderungen im Mietrecht, insbesondere mit der korrekten Anwendung der §§ 559, 559b Abs. 1 S. 2 BGB. Die rechtlichen Probleme entstanden, als der Vermieter eine Mieterhöhung ankündigte, ohne dabei die Kosten der einzelnen baulichen Maßnahmen adäquat nach Gewerken aufzuschlüsseln und den Energieeinsparungseffekt plausibel darzulegen. Es mangelte an einer transparenten Darstellung, insbesondere fehlte es an konkreten Angaben zu den Wärmedurchgangskoeffizienten der renovierten Bauteile, was für die Beurteilung des Energieeinspareffekts essenziell ist.

Urteil des Landgerichts Hamburg und seine Begründung

Das Landgericht Hamburg wies die Berufung der Beklagten zurück und bestätigte damit das Urteil des Amtsgerichts Hamburg. Das Gericht urteilte, dass die Mieterhöhungserklärung formell unwirksam sei, da sie nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprach. Besonders kritisiert wurde die unzureichende Erläuterung der Kosten und des Energieeinspareffekts. Das Gericht betonte, dass bei umfangreichen Modernisierungsmaßnahmen eine detaillierte Aufschlüsselung der Kosten nach einzelnen Gewerken erforderlich ist. Ebenso wichtig ist die plausible Darlegung des Energieeinspareffekts, was in diesem Fall nicht gegeben war.

Schlussfolgerungen und Bedeutung des Urteils

Dieses Urteil unterstreicht die Wichtigkeit der genauen und detaillierten Begründung von Mieterhöhungen, insbesondere im Kontext von Modernisierungsmaßnahmen zur Energieeinsparung. Für Vermieter bedeutet dies, dass sie bei der Ankündigung von Mieterhöhungen aufgrund von Modernisierungsmaßnahmen detaillierte Informationen liefern müssen, um die rechtlichen Anforderungen zu erfüllen. Für Mieter bietet das Urteil eine wichtige Orientierungshilfe, um die Rechtmäßigkeit von Mieterhöhungen besser beurteilen zu können. Das Urteil des Landgerichts Hamburg wird somit zu einem wichtigen Referenzpunkt für zukünftige Fälle ähnlicher Art.

Wichtige Begriffe kurz erklärt


Was bedeutet die „formelle Unwirksamkeit“ einer Mieterhöhungserklärung?

Die „formelle Unwirksamkeit“ einer Mieterhöhungserklärung bezieht sich auf die Nichteinhaltung bestimmter formaler Anforderungen, die das Gesetz für eine wirksame Mieterhöhung vorschreibt. Wenn diese Anforderungen nicht erfüllt sind, ist die Mieterhöhungserklärung formell unwirksam und kann vom Mieter zurückgewiesen werden.

Einige der formellen Anforderungen für eine wirksame Mieterhöhungserklärung sind:

– Die Erklärung muss in Textform erfolgen und begründet sein.
– Die Erklärung muss an alle im Mietvertrag genannten Personen gerichtet sein.
– Die Erklärung muss die Zustimmung des Mieters zur Mieterhöhung verlangen.
– Die Erklärung muss den Grund für die Mieterhöhung angeben.

Wenn diese Anforderungen nicht erfüllt sind, kann die Mieterhöhungserklärung formell unwirksam sein. Dies bedeutet, dass die Mieterhöhung nicht wirksam wird und der Mieter nicht verpflichtet ist, die erhöhte Miete zu zahlen. Darüber hinaus kann der Mieter die bereits gezahlten Erhöhungsbeträge zurückfordern.

Es ist zu erwähnen, dass eine formell unwirksame Mieterhöhungserklärung durch die Zustimmung des Mieters wirksam werden kann. Wenn der Mieter einer formell unwirksamen Mieterhöhung zustimmt, kann dies dazu führen, dass die Mietstruktur für die Zukunft verbindlich geändert wird.


Das vorliegende Urteil

LG Hamburg – Az.: 316 S 16/22 – Urteil vom 13.12.2022

1. Die Berufung der Beklagten gegen das Urteil des Amtsgerichts Hamburg vom 27.01.2022,  Az. 40a C 88/21, wird zurückgewiesen.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Die angefochtene Entscheidung ist ohne Sicherheitsleistung vorläufig vollstreckbar. Die Beklagte kann die Vollstreckung des Klägers durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird für das Berufungsverfahren auf 9.738,48 € festgesetzt.

Gründe

I.

1. Hinsichtlich der tatsächlichen Feststellungen wird zunächst auf das angefochtene Urteil des Amtsgerichts Hamburg vollumfänglich Bezug genommen, § 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO.

Das Amtsgericht Hamburg hat die Beklagte mit am 31.01.2022 zugestellten Urteil vom 27.01.2022 verurteilt, an den Kläger 4.869,24 € nebst Zinsen zu zahlen und festgestellt, dass der Beklagten ein Anspruch auf Zahlung einer Mieterhöhung aufgrund von mit Schreiben vom 28.08.2018 angekündigter Modernisierungsmaßnahmen in Höhe von monatlich 405,77 € gegen den Kläger nicht zusteht.

Der Kläger habe gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückerstattung von monatlich überzahlter Miete von 405,77 € ab November 2020 bis Oktober 2021 gemäß § 812 Abs. 1 S. 1 Alt. 1 BGB, weil die Modernisierungsmieterhöhung formell unwirksam sei, § 559b Abs. 1 S. 2 BGB.

Im Rahmen der Erläuterungspflicht gem. § 559b Abs. 1 S. 2 BGB genüge es bei umfangreichen Modernisierungsmaßnahmen, die wie vorliegend mehrere unterschiedliche Maßnahmen umfassen, nicht, die Gesamtkosten auf die einzelnen Modernisierungsmaßnahmen aufzuteilen, vielmehr sei auch erforderlich, die Kosten innerhalb der einzelnen baulichen Maßnahme nochmals nach einzelnen Gewerken zu untergliedern.

Ferner habe der Vermieter im Rahmen seiner Erläuterungen die für die Bestimmung oder ggf. Schätzung des von den umlegbaren Kosten abzuziehenden Instandhaltungsanteils (§ 559 Abs. 2 BGB) zu Grunde liegenden Tatsachen dem Mieter im Rahmen des Erhöhungsverlangens nachvollziehbar darzulegen. Bei Maßnahmen zur Energieeinsparung habe der Vermieter zudem den Energieeinsparungseffekt plausibel darzulegen, wobei es nicht ausreichend sei, die Primärenergieverbräuche vor und nach Durchführung der Maßnahme gegenüberzustellen. Nach diesen Maßstäben fehle es dem Erhöhungsschreiben, auch in der Gesamtschau mit der Modernisierungsankündigung, an einer hinreichenden Erläuterung. Zum einen erschienen die angesetzten Abzüge für Instandhaltungen für den Mieter völlig aus der Luft gegriffen, so dass er nicht im Ansatz in die Lage versetzt worden sei, diese auf ihre Berechtigung zu überprüfen. Es fehle an Angaben dazu, welchen Zustand des Gebäudes die Beklagte den Abzügen zu Grunde lege und auf Grund welcher Annahmen, insbesondere in Bezug auf das Alter und die voraussichtliche Lebensdauer der Bauteile, sie die angesetzten Abzüge der Höhe nach für richtig hält. Auch fehle es an einer Untergliederung nach Gewerken.

Schließlich sei die Erhöhungserklärung auch deshalb unwirksam, weil es an einer plausiblen Darlegung eines Energieeinsparungseffektes fehle, für den es mindestens die Angabe der alten und neuen Wärmedurchgangskoeffizienten der renovierten Außenbauteile gebraucht hätte. Die Gegenüberstellung der Primärenergieverbräuche vor und nach der Maßnahme reiche nicht aus, woran auch die Angabe in der Modernisierungsankündigung nichts ändere, wonach die Beklagte davon ausgehe, dass durch die Maßnahmen eine Energieeinsparung in Höhe von 28 % erfolge. Es sei nicht ersichtlich, auf welchen Annahmen und Berechnungen dieser Wert beruhe.

Gegen das amtsgerichtliche Urteil wendet sich die Beklagte mit ihrer am 28.02.2022 eingelegten Berufung. Nach Auffassung der Beklagten sei keine zwingende Voraussetzung für eine Modernisierungsmieterhöhung und für ein Erhöhungsverlangen, dass eine Darlegung der Energieeinsparung erfolgt. Ungeachtet dessen sei auch in der Modernisierungsankündigung vom 28.08.2018 auf der Seite 2 eine Darlegung der Energieeinsparung erfolgt, nachdem es dort wörtlich heiße: „Durch die Maßnahme erreichen wir eine nachhaltige Verbesserung der energetischen Eigenschaften des Gebäudes. Wir gehen davon aus, dass hierdurch eine Energieeinsparung in Höhe rund 28 % eintreten wird.“ und „Die entsprechende Prognose zur Energieeinsparung durch den beauftragten Energieberater, welcher auch das Lüftungskonzept entwickelt hat, fügen wir diesem Schreiben bei“ (Anlage K 2). Auch die Auffassung des Amtsgerichts, dass die fiktiven Instandsetzungskosten nicht hinreichend dargelegt worden seien, sei nicht haltbar. In der Modernisierungsankündigung vom 28.08.2018 sei auf der Seite 4 im Einzelnen angegeben worden, dass folgende fiktive Instandsetzungskosten in Abzug gebracht worden seien: Fenster 20 %, 18.800,00 €; Dach, Reparaturanteil 20 %, 11.660,00 €; Anteile alte Putzschäden an der Vorderfront an Malerkosten 5 %, 2.310,00 €; Anteil Altanstrich erneuern an der Vorderfront 5 %, 2.310.00 €; insgesamt: 35.080,00 €.

Ferner seien in dem Mieterhöhungsschreiben vom 14.02.2020 auf der Seite 2 – und zwar getrennt nach den einzelnen Gewerken – Gesamtkosten in Höhe von € 618.954,93 angegeben worden. Insoweit heiße es auf der Seite 1 des Mieterhöhungsschreibens vom 14.02.2020 im dritten Absatz: „Die Rechnungen wurden durch Architekten und Energieberater dahingehend untersucht, inwieweit es sich hier um umlagefähige Kosten handelt oder nicht umlagefähige Instandhaltungskosten. Danach verbleiben zunächst € 397.743,53. Die zweite Zahlungspalte enthält also die Summen, welche nach Würdigung durch den Energieberater und Architekten verbleiben, soweit man alle Kosten minimiert, die nicht unzweideutig einer Modernisierung im Sinne des Gesetzes zuzurechnen sind.“ Im gleichen Absatz des Schreibens werde dann noch einmal im Einzelnen dargelegt, dass und welche fiktiven Instandsetzungskosten ansonsten noch in Abzug gebracht würden, und dass dann nach weiteren in Abzug zu bringenden Instandsetzungsanteilen an den Fenstern mit weiteren 20 % mithin € 34.030,67 in Abzug gebracht würden und hiernach lediglich umlegbare Kosten in Höhe von € 363.712,86 verblieben. Aus welchen Gründen eine hinreichende Aufgliederung der Kosten nach den Gewerken und der in Abzug gebrachten fiktiven Instandsetzungskosten nicht vorliegen solle, sei nicht nachvollziehbar.

Die Beklagte beantragt, unter Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts Hamburg vom 27.01.2022, Az. 40a C 88/21, die Klage abzuweisen.

Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.

Der Kläger verteidigt im Wesentlichen das angefochtene Urteil.

Hinsichtlich des weiteren Vortrags der Parteien in der Berufungsinstanz wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen verwiesen.

II.

1. Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Das angefochtene Urteil beruht im Ergebnis weder auf einer Rechtsverletzung gemäß § 546 ZPO, noch rechtfertigen die nach § 529 ZPO zugrunde zu legenden Tatsachen eine abweichende Entscheidung, § 513 ZPO.

Das Amtsgericht hat die Beklagte zu Recht verurteilt, an den Kläger 4.869,24 € nebst Zinsen zu zahlen und festgestellt, dass der Beklagten ein Anspruch auf Zahlung einer Mieterhöhung aufgrund von mit Schreiben vom 28.08.2018 angekündigter Modernisierungsmaßnahmen in Höhe von monatlich 405,77 € gegen den Kläger nicht zusteht.

Der Kläger hat gegen die Beklagte einen Anspruch auf Rückzahlung überzahlten Mietzinses für die Monate November 2020 bis Oktober 2021 i. H. v. 4.869,24 € gem. § 812 Abs. 1 S. 1. Alt. 1 BGB und der Beklagten steht ein Anspruch auf Zahlung einer Mieterhöhung aufgrund von mit Schreiben vom 28.08.2018 angekündigter Modernisierungsmaßnahmen in Höhe von monatlich 405,77 € gegen den Kläger nicht zu, da das streitgegenständliche Mieterhöhungsverlangen unwirksam ist.

Nach § 559 Abs. 1 BGB in der hier gemäß Art. 229 § 49 EGBGB anzuwendenden bis zum 31.12.2018 geltenden Fassung (im Folgenden: aF) kann der Vermieter nach der Durchführung bestimmter Modernisierungsmaßnahmen im Sinne des § 555b BGB die jährliche Miete um 11 Prozent der für die Wohnung aufgewendeten Kosten erhöhen; dabei gehören Kosten, die für Erhaltungsmaßnahmen erforderlich gewesen wären, nicht zu den aufgewendeten Kosten (§ 559 Abs. 2 BGB). Gemäß § 559b Abs. 1 BGB ist die Mieterhöhung dem Mieter in Textform zu erklären, wobei die Erhöhung aufgrund der entstandenen Kosten zu berechnen und entsprechend den Voraussetzungen der § 559 BGB aF, § 559a BGB zu erläutern ist.

Der Vermieter hat daher in der Erhöhungserklärung darzulegen, inwiefern die durchgeführten baulichen Maßnahmen eine nachhaltige Einsparung von Energie bewirken (BGH, Urteil vom 20.07.2022 – VIII ZR 339/21, BeckRS 2022, 20582).

Die Mieterhöhungserklärung ist insoweit bereits formell unwirksam, da es an einer plausiblen Darstellung eines Energieeinspareffekts der Maßnahmen fehlt.

Bei Baumaßnahmen, für deren Beurteilung es – wie vorliegend – umfangreicher technischer Darlegungen bedürfte, ist es nach ständiger Rechtsprechung des BGH (BGH, Urteil vom 20.07.2022 – VIII ZR 361/21, NZM 2022, 795 Rn. 24; BGH, Versäumnisurteil vom 17.06.2020 – VIII ZR 81/19, NZM 2020, 795 Rn. 52; BGH, Beschluss vom 12.06.2018 – VIII ZR 121/17, BeckRS 2018, 25387 Rn. 18 f.; BGH, Urteil vom 25.01.2006 – VIII ZR 47/05, NJW 2006, 1126 Rn. 9 f.) ausreichend, wenn der Vermieter die durchgeführte bauliche Maßnahme so genau beschreibt, dass der Mieter allein anhand dessen, wenn auch unter Zuhilfenahme einer bautechnisch oder juristisch sachkundigen Person, beurteilen kann, ob die Baumaßnahme die Anforderungen des § 559 Abs. 1 BGB aF erfüllt; für Maßnahmen zur Einsparung von Heizenergie ergibt sich daraus, dass der Vermieter neben einer schlagwortartigen Bezeichnung der Maßnahme und einer Zuordnung zu den Positionen der Berechnung diejenigen Tatsachen darzulegen hat, anhand derer überschlägig beurteilt werden kann, ob die bauliche Maßnahme eine nachhaltige Einsparung von Energie bewirkt. Für die plausible Darstellung eines Energieeinspareffekts ist eine gegenständliche Beschreibung der betreffenden Maßnahme oder die Angabe der alten und neuen Wärmedurchgangskoeffizienten (k-Wert bzw. u-Wert) der renovierten Bauteile ausreichend.

An einer derartigen Darlegung, die es dem Mieter ermöglicht, die zur Begründung der Mieterhöhung behaupteten Einsparungen von Energie nachzuvollziehen, fehlt es vorliegend.

Nach diesen Grundsätzen sind, auch auf den Hinweis des Amtsgerichts, dass es an einer nachvollziehbaren Darlegung der Energieeinsparungen fehlen dürfte, keine hinreichenden Tatsachen dargelegt worden, anhand derer überschlägig beurteilt werden kann, ob die bauliche Maßnahme eine nachhaltige Einsparung von Energie bewirkt. Auch Wärmedurchgangskoeffizienten sind nicht angegeben worden. Vielmehr wird in der Modernisierungsankündigung vom 28.08.2018 lediglich ausgeführt, dass eine energetische Ertüchtigung durch Anbringung eines WDVS Rückfront/Giebel, Dämmung des Daches und Erneuerung der Fenster erfolgen werde und durch die Maßnahme eine nachhaltige Verbesserung der energetischen Eigenschaften des Gebäudes erreicht werde, es werde davon ausgegangen, dass hierdurch eine Energieeinsparung in Höhe von rund 28 % eintreten werde, ohne Tatsachen anzugeben, die eine Plausibilitätskontrolle ermöglichen würden. Die in dem Schreiben vom 28.08.2018 in Bezug genommene und diesem beigefügte Prognose zur Energieeinsparung durch den Energieberater gibt nur eine Senkung des Primärenergiebedarfs im sanierten Zustand an, ohne diese zu begründen oder die behauptete Energieeinsparung nachvollziehbar darzulegen. Es ist nicht ersichtlich, wie die behauptete Energieeinsparung von rund 28 % berechnet wird.

Zudem ist die Mieterhöhung auch materiell unwirksam, da die Beklagte nicht substantiiert dargelegt hat, wie hoch der Anteil der fälligen und zukünftigen Instandhaltungskosten für die Modernisierungsmaßnahmen ist.

Nach der Rechtsprechung des BGH (Versäumnisurteil vom 17.06.2020 – VIII ZR 81/19, NZM 2020, 795 Rn. 41) gebietet es der Sinn und Zweck der Vorschriften über die Modernisierung und die anschließende Mieterhöhung, nicht nur in der Fallgestaltung, dass der Vermieter sich durch die Modernisierung bereits „fällige“ Instandsetzungsmaßnahmen erspart oder solche anlässlich der Modernisierung miterledigt werden, einen Abzug des Instandhaltungsanteils vorzunehmen, sondern auch bei der modernisierenden Erneuerung von Bauteilen und Einrichtungen, die bereits über einen nicht unerheblichen Zeitraum ihrer Nutzungsdauer (ab-)genutzt worden sind, so dass der Vermieter durch die Modernisierung in erheblichem Umfang (fiktive) Instandhaltungskosten erspart. Erklärt der Vermieter gem. §§ 559 Abs. 1, 559b Abs. 1 S. 1 BGB eine Erhöhung der Miete, so trifft ihn nach allgemeinen Regeln grundsätzlich die Darlegungs- und Beweislast dafür, dass die Voraussetzungen für die Erhöhung der Miete vorliegen (BGH, Versäumnisurteil vom 17.06.2020 – VIII ZR 81/19, a. a. O. Rn. 49). Hiernach hat der Vermieter insbesondere darzulegen und im Bestreitensfall zu beweisen, dass es sich bei den baulichen Maßnahmen, aufgrund derer die Mieterhöhung erfolgen soll, um Modernisierungs- (§ 555 b BGB) und nicht um Erhaltungsmaßnahmen (§ 555a Abs. 1 BGB) handelt (BGH, Versäumnisurteil vom 17.06.2020 – VIII ZR 81/19, a. a. O. Rn. 49). Da den Vermieter zudem die Darlegungs- und Beweislast für die Höhe der umlagefähigen Kosten trifft, ist es im Streitfall ebenfalls seine Sache darzulegen und zu beweisen, dass die der Mieterhöhung zugrunde gelegten Kosten nicht (teilweise) auf der Erhaltung dienende Maßnahmen (§ 555a Abs. 1 BGB) entfallen sind (BGH, Versäumnisurteil vom 17.06.2020 – VIII ZR 81/19, a. a. O. Rn. 49). An dieser Verteilung der Darlegungs- und Beweislast ändert auch die Umkehr der prozessualen Parteirollen nichts, die mit einer negativen Feststellungsklage verbunden ist (vgl. BGH, Versäumnisurteil vom 17.06.2020 – VIII ZR 81/19, a. a. O. Rn. 49).

Diesen Anforderungen ist vorliegend hinsichtlich sämtlicher Maßnahmen betreffend das streitgegenständliche Gebäude nicht genügt. Es fehlt auch auf den Hinweis des Amtsgerichts, die Höhe des Abzugs von Instandsetzungskosten sei nicht nachvollziehbar dargelegt worden, an konkretem Vortrag zum Zustand der Bauteile vor den streitgegenständlichen Baumaßnahmen, insbesondere zu Alter und Erhaltungszustand sowie zur Gesamtlebensdauer der erneuerten Bauteile. Es wurden lediglich pauschal (fiktive) Instandsetzungskosten in Abzug gebracht, ohne dass hierzu konkreter Vortrag erfolgt wäre.

Soweit sich die Beklagte darauf beruft, in der Modernisierungsankündigung vom 28.08.2018 sei auf der Seite 4 im Einzelnen angegeben worden, welche fiktiven Instandsetzungskosten in Abzug gebracht worden seien, dass ferner in dem Mieterhöhungsschreiben vom 14.02.2020 auf der Seite 2 Gesamtkosten angegeben worden seien und es dort auf Seite 1 im dritten Absatz heiße, die Rechnungen seien durch Architekten und Energieberater dahingehend untersucht worden, inwieweit es sich hier um umlagefähige Kosten oder um nicht umlagefähige Instandhaltungskosten handele, und noch einmal im Einzelnen dargelegt worden sei, dass und welche fiktiven Instandsetzungskosten ansonsten noch in Abzug gebracht würden, sowie dass dann nach in Abzug zu bringenden Instandsetzungsanteilen an den Fenstern weitere 20 % in Abzug gebracht würden, ist diese bloße Angabe, ein bestimmter Prozentsatz bzw. Anteil der Gesamtkosten entfalle auf Instandhaltungskosten, gerade nicht ausreichend. Hiermit erfolgen keinerlei Angaben zum Zustand der Bauteile, vielmehr wird lediglich das Ergebnis einer nicht nachvollziehbaren Prüfung durch Energieberater und Architekten der Beklagten genannt.

Damit fehlt es auch an hinreichenden Anknüpfungstatsachen für die Einholung eines Sachverständigengutachtens bzw. an einer hinreichenden Grundlage für eine Schätzung durch das Gericht.

2. Die Kostenentscheidung folgt aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung hinsichtlich der vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

 

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