LG Wiesbaden, Az.: 3 S 62/16, Urteil vom 23.09.2016
Die Berufung des Klägers gegen das am 06.04.2016 verkündete Urteil des Amtsgerichtes Wiesbaden wird zurückgewiesen.
Dem Kläger werden die Kosten des Berufungsverfahrens auferlegt.
Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Die Revision wird zugelassen.
Gründe
Auf den Tatbestand und die Entscheidungsgründe des erstinstanzlichen Urteils wird verwiesen.
Der Kläger rügt die Verletzung materiellen Rechtes. Er ist der Auffassung, dass die Mieterhöhung vom 13.02.2014 unwirksam sei, da die der Mieterhöhungserklärung zugrunde liegende Wirtschaftlichkeitsberechnung auch jährliche Kosten für Schönheitsreparaturen einrechne und auf dieser Basis die neue, erhöhte Nettomiete berechnet worden sei. Ein Kostenansatz für Schönheitsreparatur dürfe vorliegend gemäß § 242 BGB deshalb nicht erfolgen, da es bei Abschluss des Mietvertrages im Jahr 1988 der Wille der Parteien gewesen sei, dass der Kläger verpflichtet werde, die Schönheitsreparaturen auszuführen. Die Beklagten hätten ihm daher vor der Mieterhöhung zunächst eine wirksame Vertragsänderung anbieten müssen, ausweislich derer er die Schönheitsreparaturen hätte ausführen müssen. Dieses sei von der Rechtsprechung für den preisfreien Wohnraum zwischenzeitlich anerkannt. Es gebe auch keine Gründe, warum für den preisgebundenen Wohnraum etwas anders gelten solle. Diese Rechtsauffassung werde zudem durch den Beschluss des BGH vom 31.08.2010, Az.: VIII ZR 28/1, gestützt. Vorliegend sei darüber hinaus zu berücksichtigen, dass er sogar selbst den Beklagten mit Schreiben vom 11.03.2016 eine Vertragsänderung durch Aufnahme einer wirksamen Schönheitsreparaturregelung angeboten habe.
Der Kläger beantragt, das Urteil des Amtsgerichtes Wiesbaden vom 06.04.2016 aufzuheben und die Beklagten zu verurteilen, an den Kläger 670, 32 EUR nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz hieraus seit Rechtshängigkeit zu zahlen.
Die Beklagten beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Sie verteidigen die Erwägungen des Amtsgerichtes. Sie sind der Auffassung, dass die streitgegenständliche Mieterhöhung vom 13.02.2014 gemäß § 10 Wohnbindungsgesetz wirksam sei. Insbesondere stehe die Entscheidung im Einklang mit der Rechtsprechung des BGH, wonach der Vermieter öffentlich geförderten, preisgebundenen Wohnraums berechtigt sei, die Kostenmiete einseitig um den Zuschlag nach § 28 Abs. 4 der II. Berechnungsverordnung zu erhöhen, wenn die im Mietvertrag enthaltene Klausel über die Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter unwirksam sei ( BGH, Urteil vom 24.03.2010, Az.: VIII ZR 177/09). Nicht erforderlich sei es dabei, dass der Vermieter dem Mieter zuvor eine wirksame Vertragsänderung anbiete, welche die Übernahme der Schönheitsreparaturen durch den Mieter beinhalte.
Die Berufung ist unbegründet. Zutreffend ist das Amtsgericht von der Wirksamkeit der Mieterhöhung ausgegangen. Bei öffentlich geförderten, preisgebundenen Wohnraum ist der Vermieter berechtigt, die Kostenmiete einseitig um den Zuschlag nach § 28 Abs. 4 BV 2 zu erhöhen, wenn die im Mietvertrag enthaltene Klausel über die Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf den Mieter unwirksam ist (vgl. BGH, Urteil vom 24.03.2010, VIII ZR 177/09). Aufgrund der Unwirksamkeit der Formularklausel über die Abwälzung der Schönheitsreparaturen ist der Vermieter zur Durchführung von Schönheitsreparaturen verpflichtet, weswegen die Voraussetzungen des § 28 Abs. 4 II. Berechnungsforderung vorliegen. Die Berechtigung des Vermieters zur Geltendmachung eines Zuschlages entfällt nur dann, wenn die Vornahme der Schönheitsreparaturen wirksam auf den Mieter abgewälzt wurde. Bei Unwirksamkeit der Schönheitsreparaturklausel entspricht die Miete von Anfang an nicht der zulässigen Kostenmiete, so dass eine Mieterhöhung gemäß § 10 Wohnbindungsgesetz zulässig ist. Soweit der Kläger sich auf Rechtsprechung beruft, welche die Wirksamkeit einer Mieterhöhung für den frei finanzierten Wohnraum in entsprechenden Fällen anders beurteilt, ist diese für den vorliegenden Fall nicht einschlägig, da für den frei finanzierten Wohnraum entsprechende Regelungen wie §§ 8, 10 Wohnbindungsgesetz, 28 Abs. 4 der II. Berechnungsverordnung fehlen. Nach Auffassung des Berufungsgerichtes verstößt die Mieterhöhung vorliegend auch nicht etwa deshalb gegen Treu und Glauben gemäß § 242 BGB, weil dem Kläger nicht zuvor eine Vertragsänderung angeboten wurde. Die Sanktion für die Verwendung unwirksamer Klauseln geht nicht soweit, dass dem Verwender die Berufung auf das dispositive Gesetzesrecht verwehrt wird. Der Kläger hat keinen Anspruch darauf, so gestellt zu werden, wie wenn die Beklagten eine wirksame Schönheitsreparaturklausel verwendet hätten, denn die Pflicht des Verwenders allgemeiner Geschäftsbedingungen geht dahin, die Verwendung unwirksamer Klauseln zu unterlassen. Eine positive Pflicht zur Verwendung wirksamer allgemeiner Geschäftsbedingungen trifft den Verwender nicht. Der Kläger kann daher nur verlangen, so gestellt zu werden, wie wenn die Beklagten die Verwendung der unwirksamen Renovierungsklausel im Mietvertrag unterlassen hätten. Auch in diesem Fall wären die Beklagten berechtigt gewesen, einen Zuschlag für Schönheitsreparaturen zu fordern.
Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 97 Abs. 1 ZPO. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit hat ihre Rechtsgrundlage in den §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.
Die Revision war zuzulassen, da die Frage, ob eine Mieterhöhung im preisgebundenen Wohnraum bei unwirksamer Schönheitsreparaturklausel dann gegen § 242 BGB verstößt, wenn der Mieter bereit ist, einer Vertragsänderung durch Aufnahme einer wirksamen Schönheitsreparaturklausel zuzustimmen, grundsätzliche Bedeutung gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 1 ZPO hat. Insbesondere ist diese Rechtsfrage nicht abschließend durch die Entscheidung des BGH vom 24.03.2010 geklärt (VIII ZR 177/09), da vorliegend der Einwand der Unwirksamkeit der Mieterhöhung gemäß § 242 BGB vom Mieter nicht erhoben wurde und demzufolge eine Auseinandersetzung mit dieser Thematik nicht stattfand. Auch in dem Beschluss des BGH vom 31.08.2010 (Az.: VIII ZR 28/10) wurde diese Frage nicht entschieden, da der Vermieter in diesem Fall vergeblich die Aufrechterhaltung der Schönheitsreparaturklausel unter Streichung des zu beanstandeten Teiles der Klausel angeboten hatte, so dass der Einwand des § 242 BGB schon aus diesem Grund nicht in Betracht kam.
Diese Entscheidung kann mit der Revision angefochten werden. Sie ist einzulegen innerhalb einer Notfrist von einem Monat bei dem Bundesgerichtshof, Herrenstraße 45a, 76133 Karlsruhe.
Die Frist beginnt mit der Zustellung der in vollständiger Form abgefassten Entscheidung. Zur Einlegung der Revision ist berechtigt, wer durch diese Entscheidung in seinen Rechten beeinträchtigt ist. Die Revision wird durch Einreichung einer Revisionsschrift eingelegt. Die Revision kann nur durch einen Rechtsanwalt eingelegt werden.