Monatelang versuchten Wohnungseigentümer, die Jahresabrechnung ihrer WEG anzufechten, weil ihnen die Einsicht in die Belege verwehrt blieb. Das Landgericht wies die Klage dennoch ab, denn ihr Einsichtsgesuch kam erst, als die Entscheidung bereits gefallen war.
Übersicht
- Das Urteil in 30 Sekunden
- Die Fakten im Blick
- Der Fall vor Gericht
- Warum scheiterte die Anfechtungsklage gegen eine WEG-Jahresabrechnung vor dem Landgericht?
- Was war der Auslöser für den Rechtsstreit um die Jahresabrechnung?
- Wie entschied das Amtsgericht und warum legten die Eigentümer Berufung ein?
- Mit welchen Argumenten begründeten die Kläger ihre Anfechtung in der Berufung?
- Wie verteidigte die Wohnungseigentümergemeinschaft die Gültigkeit des Beschlusses?
- Warum wies das Landgericht die Berufung der Wohnungseigentümer zurück?
- Wieso war die Bitte um Kopien kein gültiges Einsichtsverlangen?
- Welche Rolle spielte die nachträgliche Gewährung der Einsicht für das Verfahren?
- Wie endete das Verfahren und wer musste die Kosten tragen?
- Die Urteilslogik
- Benötigen Sie Hilfe?
- Das Urteil in der Praxis
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Zum vorliegenden Urteil Az.: 2-09 S 12/25 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Das Urteil in 30 Sekunden
- Das Problem: Wohnungseigentümer wollten die Genehmigung ihrer Jahresabrechnung anfechten. Sie hatten die Abrechnungsunterlagen nicht vor der Abstimmung eingesehen.
- Die Rechtsfrage: Kann ein Beschluss der Eigentümer ungültig sein, wenn die Unterlagen erst nach der Abstimmung zur Einsicht verlangt werden?
- Die Antwort: Nein. Das Gericht entschied, dass ein Beschluss nicht ungültig wird, wenn die Unterlagen erst nach der Abstimmung zur Einsicht verlangt werden.
- Die Bedeutung: Wer die Gültigkeit von Beschlüssen prüfen will, muss Unterlagen rechtzeitig vor der Abstimmung einsehen. Ein späteres Verlangen nach Einsicht macht einen gültigen Beschluss nicht unwirksam.
Die Fakten im Blick
- Gericht: Landgericht Frankfurt am Main
- Datum: 13.06.2025
- Aktenzeichen: 2-09 S 12/25
- Verfahren: Berufungsverfahren
- Rechtsbereiche: Wohnungseigentumsrecht, Zivilprozessrecht, Schuldrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Wohnungseigentümer, die eine Jahresabrechnung ihrer Gemeinschaft anfechten wollten. Sie forderten die Aufhebung oder Korrektur der Abrechnung.
- Beklagte: Die Wohnungseigentümergemeinschaft, deren Jahresabrechnung angefochten wurde. Sie verteidigte die Richtigkeit der Abrechnung.
Worum ging es genau?
- Sachverhalt: Wohnungseigentümer fochten die Jahresabrechnung ihrer Gemeinschaft an. Sie behaupteten, ihr Recht auf Einsicht in die Unterlagen sei verletzt worden.
Welche Rechtsfrage war entscheidend?
- Kernfrage: Kann ein Beschluss der Wohnungseigentümergemeinschaft über die Jahresabrechnung angefochten werden, wenn das Einsichtsrecht in die Unterlagen erst nach der Beschlussfassung oder nur durch eine Kopienanfrage geltend gemacht wurde?
Entscheidung des Gerichts:
- Urteil im Ergebnis: Die Berufung der Kläger wurde zurückgewiesen.
- Zentrale Begründung: Das Gericht wies die Klage ab, da das Einsichtsrecht der Kläger erst nach der Beschlussfassung und nicht in der korrekten Form geltend gemacht wurde.
- Konsequenzen für die Parteien: Die Kläger mussten die Kosten des Berufungsverfahrens tragen und konnten die Jahresabrechnung nicht erfolgreich anfechten.
Der Fall vor Gericht
Warum scheiterte die Anfechtungsklage gegen eine WEG-Jahresabrechnung vor dem Landgericht?
Die Anfechtungsklage scheiterte, weil die klagenden Wohnungseigentümer ihr Recht auf Einsicht in die Abrechnungsunterlagen erst nach der gültigen Beschlussfassung geltend machten. Das Landgericht Frankfurt am Main entschied, dass ein zu spät gestelltes Einsichtsgesuch einen bereits gefassten Beschluss nicht mehr ungültig machen kann und wies die Berufung der Eigentümer mit Beschluss vom 13. Juni 2025 (Az. 2-09 S 12/25) zurück.
Was war der Auslöser für den Rechtsstreit um die Jahresabrechnung?

Am Anfang des Konflikts stand eine alltägliche Situation in einer Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG). In einer Eigentümerversammlung am 19. September 2023 wurde entschieden, die Genehmigung der Jahresabrechnung nicht direkt vor Ort, sondern in einem Umlaufverfahren zu beschließen. Ein Umlaufverfahren ist eine schriftliche Abstimmung, die es den Eigentümern ermöglicht, ohne eine weitere Versammlung ihre Stimme abzugeben.
Daraufhin wurden die Abrechnungsunterlagen an alle Eigentümer versandt. Am 7. Dezember 2023 schickten die späteren Kläger eine E-Mail an die Verwaltung, in der sie um die Übersendung von Kopien der Belege baten, die der Abrechnung zugrunde lagen. Die Frist zur Stimmabgabe lief weiter, und am 19. Dezember 2023 wurde das Ergebnis des Umlaufverfahrens offiziell verkündet: Die Jahresabrechnung war von der Mehrheit der Eigentümer genehmigt worden. Erst einen Tag später, am 20. Dezember 2023, stellten dieselben Eigentümer ein schriftliches und ausdrückliches Gesuch auf Einsicht in die Originalunterlagen.
Da sie Zweifel an der Korrektheit bestimmter Kostenpunkte hatten, erhoben die Eigentümer eine Anfechtungsklage. Mit dieser Klageart können Wohnungseigentümer gerichtlich überprüfen lassen, ob ein Beschluss der Gemeinschaft ordnungsgemäß zustande gekommen ist und dem Gesetz entspricht. Sie argumentierten, dass ihnen die Prüfung der Abrechnung verwehrt worden sei, da sie die Belege nicht einsehen konnten.
Wie entschied das Amtsgericht und warum legten die Eigentümer Berufung ein?
Das Amtsgericht Frankfurt am Main wies die Anfechtungsklage in erster Instanz mit Urteil vom 21. Februar 2025 ab. Die klagenden Eigentümer waren mit dieser Entscheidung nicht einverstanden und legten Berufung beim Landgericht Frankfurt am Main ein. Mit der Berufung wollten sie erreichen, dass die nächsthöhere gerichtliche Instanz das Urteil des Amtsgerichts aufhebt und dem ursprünglichen Klageziel – der Ungültigerklärung des Abrechnungsbeschlusses – doch noch stattgibt.
Mit welchen Argumenten begründeten die Kläger ihre Anfechtung in der Berufung?
Im Berufungsverfahren wiederholten und vertieften die Kläger ihre Argumentation. Ihr zentraler Vorwurf war die Verletzung ihres Rechts auf Einsichtnahme in die Verwaltungsunterlagen. Sie argumentierten, dass dieses Recht eine wesentliche Grundlage für eine informierte Entscheidung sei. Ohne die Möglichkeit, die Belege zu prüfen, sei eine ordnungsgemäße Mitwirkung am Umlaufverfahren nicht möglich gewesen.
Besonderes Gewicht legten sie auf ihre E-Mail vom 7. Dezember 2023, mit der sie Kopien der Unterlagen angefordert hatten. Ihrer Ansicht nach bewies diese E-Mail, dass sie ihr Interesse an einer Prüfung bereits vor dem Abschluss des Umlaufverfahrens am 19. Dezember deutlich gemacht hatten. Die Anfechtungsklage sei daher das richtige Mittel, um den fehlerhaften Beschluss zu kippen.
Zudem brachten die Kläger eine sogenannte Erledigungserklärung ins Spiel. Nachdem sie Klage eingereicht hatten, hatte die Verwaltung ihnen die Einsicht in die Unterlagen nachträglich gewährt. Die Kläger meinten, dass sich der Streitpunkt – die verweigerte Einsicht – damit erledigt habe und die Klage deshalb erfolgreich sein müsse, zumindest was die Kosten des Verfahrens angehe.
Wie verteidigte die Wohnungseigentümergemeinschaft die Gültigkeit des Beschlusses?
Die beklagte Wohnungseigentümergemeinschaft verteidigte den Beschluss über die Jahresabrechnung. Sie betonte, dass die Abrechnung inhaltlich und rechnerisch korrekt sei und dies im Prozess auch nachgewiesen wurde. Die Hauptverteidigungslinie zielte jedoch auf die formalen Fehler der Kläger.
Die Gemeinschaft stellte klar, dass ein Wohnungseigentümer grundsätzlich keinen Anspruch auf die Zusendung von Kopien hat. Das Recht auf Einsichtnahme bedeutet, dass der Eigentümer die Unterlagen in den Räumen der Verwaltung persönlich prüfen darf. Die E-Mail vom 7. Dezember 2023 sei daher rechtlich unbeachtlich gewesen, da sie lediglich eine Bitte um Kopien darstellte, nicht aber ein formales Gesuch um Einsichtnahme vor Ort.
Entscheidend sei der Zeitablauf: Das formale Einsichtsgesuch der Kläger datiert vom 20. Dezember 2023. Zu diesem Zeitpunkt war der Beschluss aber bereits am 19. Dezember 2023 gültig zustande gekommen und verkündet worden. Ein nachträgliches Einsichtsverlangen könne einen bereits gefassten Beschluss nicht mehr angreifbar machen. Der Erledigungserklärung der Kläger schloss sich die Gemeinschaft nicht an, da sie die Klage von Anfang an für unbegründet hielt.
Warum wies das Landgericht die Berufung der Wohnungseigentümer zurück?
Das Landgericht Frankfurt am Main schloss sich der Argumentation der Wohnungseigentümergemeinschaft an und wies die Berufung als offensichtlich aussichtslos zurück. Die Richter stellten fest, dass eine Anfechtungsklage wegen verweigerter Einsicht nur dann Erfolg haben kann, wenn das Einsichtsrecht vor der Beschlussfassung verletzt wurde.
Der entscheidende Punkt war die strenge chronologische Prüfung der Ereignisse.
- Ankündigung: Bereits am 19. September 2023 wussten die Eigentümer, dass über die Jahresabrechnung im Umlaufverfahren abgestimmt wird. Sie hatten also ausreichend Zeit, Einsicht zu beantragen.
- Beschlussfassung: Der Beschluss wurde am 19. Dezember 2023 wirksam.
- Einsichtsgesuch: Das rechtlich relevante Einsichtsgesuch stellten die Kläger erst am 20. Dezember 2023 – und damit einen Tag zu spät.
Das Gericht stellte zudem fest, dass die Kläger in ihrer Klagebegründung keine konkreten rechnerischen Fehler in der Abrechnung benannt hatten. Sie hatten lediglich pauschal Kostenpositionen bestritten. Für die Gültigkeit einer Jahresabrechnung ist aber laut gefestigter Rechtsprechung primär entscheidend, dass die tatsächlich getätigten Ausgaben rechnerisch korrekt erfasst und verteilt wurden. Ob für jede einzelne Ausgabe ein gesonderter Beschluss vorlag, ist für die Genehmigung der Abrechnung selbst unerheblich.
Wieso war die Bitte um Kopien kein gültiges Einsichtsverlangen?
Das Landgericht erklärte detailliert den rechtlichen Unterschied zwischen dem Recht auf Einsichtnahme und einer Bitte um Kopien. Das Gericht stützte sich dabei auf etablierte Rechtsprechung, unter anderem des Bundesgerichtshofs (BGH, NJW 2011, 1137).
Das Recht auf Einsichtnahme ist ein persönliches Prüfungsrecht. Der Eigentümer muss aktiv werden und einen Termin zur Einsicht in den Geschäftsräumen der Verwaltung vereinbaren. Demgegenüber gibt es keinen allgemeinen gesetzlichen Anspruch darauf, dass die Verwaltung auf ihre Kosten und Mühen Unterlagen kopiert und versendet. Die E-Mail der Kläger vom 7. Dezember war daher rechtlich nicht als Ausübung ihres Einsichtsrechts zu werten. Sie war lediglich eine unverbindliche Bitte. Da die Kläger bis zum Ende der Abstimmungsfrist kein formales Einsichtsgesuch gestellt hatten, konnten sie sich später nicht darauf berufen, an der Prüfung gehindert worden zu sein.
Welche Rolle spielte die nachträgliche Gewährung der Einsicht für das Verfahren?
Die Kläger hofften, dass die nachträgliche Gewährung der Einsicht durch die Verwaltung ihre Position stärken würde. Sie erklärten den ursprünglichen Streitpunkt für erledigt. Das Gericht sah das jedoch anders. Eine einseitige Erledigungserklärung kann nur dann zur Folge haben, dass die Gegenseite die Kosten tragen muss, wenn die Klage ursprünglich zulässig und begründet war.
Da die Anfechtungsklage der Eigentümer aber von Anfang an unbegründet war – wegen des verspäteten Einsichtsgesuchs und der fehlenden konkreten Rüge von Rechenfehlern –, konnte die spätere Einsichtgewährung diesen Mangel nicht heilen. Die Klage war und blieb aussichtslos. Das Gericht merkte an, dass die Kläger ihre Klage hätten ändern und stattdessen einen reinen Kostenerstattungsanspruch wegen einer möglichen Pflichtverletzung der Verwaltung geltend machen können. Dies hatten sie aber nicht getan. Eine Pflicht des Gerichts, sie auf diese alternative prozessuale Möglichkeit hinzuweisen (§ 139 ZPO), bestand nicht, da die Parteien für ihre Prozessstrategie selbst verantwortlich sind.
Wie endete das Verfahren und wer musste die Kosten tragen?
Das Landgericht entschied, dass die Berufung der Kläger keine Aussicht auf Erfolg hatte. In solchen Fällen sieht die Zivilprozessordnung ein vereinfachtes Verfahren vor: Die Berufung wird durch einen einstimmigen Beschluss zurückgewiesen (§ 522 Abs. 2 ZPO), ohne dass eine mündliche Verhandlung stattfinden muss.
Die Konsequenzen für die klagenden Wohnungseigentümer waren:
- Zurückweisung der Berufung: Die Entscheidung des Amtsgerichts, das die Klage abgewiesen hatte, wurde bestätigt.
- Kostentragung: Die Kläger müssen die gesamten Kosten des Berufungsverfahrens tragen (§ 97 ZPO).
- Vorläufige Vollstreckbarkeit: Das ursprüngliche Urteil des Amtsgerichts ist damit rechtskräftig und vollstreckbar.
- Streitwert: Der Streitwert für das Verfahren wurde auf 7.080 Euro festgesetzt.
Die Urteilslogik
Wer gegen Beschlüsse der Wohnungseigentümergemeinschaft vorgehen will, muss seine Rechte zeitlich korrekt und formell präzise einfordern.
- Zeitliche Wirksamkeit von Rechten: Wer einen Beschluss aufgrund mangelnder Einsichtnahme anfechten will, muss sein Prüfrecht vor der Beschlussfassung ausüben.
- Formale Anforderungen an die Rechtsausübung: Eigentümer üben ihr Einsichtsrecht in Verwaltungsunterlagen aus, indem sie die Belege persönlich vor Ort prüfen, nicht indem sie die Zusendung von Kopien verlangen.
- Beständigkeit unbegründeter Klagen: Eine Klage bleibt unbegründet, wenn ihr von Beginn an die rechtliche Grundlage fehlt, auch wenn sich der ursprüngliche Streitpunkt später erledigt.
Für den Erfolg im Rechtsstreit kommt es darauf an, Rechte rechtzeitig und formal korrekt geltend zu machen.
Benötigen Sie Hilfe?
Ist Ihr Einsichtsrecht in WEG-Unterlagen ebenfalls erst nach Beschlussfassung relevant geworden? Erhalten Sie eine unverbindliche Ersteinschätzung Ihrer individuellen Situation.
Das Urteil in der Praxis
Für jeden, der seine Rechte in einer Wohnungseigentümergemeinschaft wahren will, ist dieses Urteil eine knallharte Lektion in Sachen Timing und Formalitäten. Es unterstreicht brutal klar: Wer seine Einsichtsrechte erst nach einem gültigen Beschluss geltend macht, läuft ins Leere und verliert seine Anfechtungschancen. Die Gerichte pochen konsequent auf eine proaktive Prüfung vor der Abstimmung – eine simple E-Mail-Anfrage auf Kopien reicht da eben nicht aus, um später formal nachlegen zu können. Hier zeigt sich: Präzise Rechtsausübung ist kein optionaler Luxus, sondern die unverzichtbare Basis für den Erfolg im WEG-Recht.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Warum scheiterte meine Anfechtungsklage gegen die WEG-Abrechnung?
Ihre Anfechtungsklage gegen die WEG-Abrechnung scheiterte am Timing. Das Landgericht Frankfurt am Main stellte klar: Das Recht auf Einsicht in die Abrechnungsunterlagen muss vor der Beschlussfassung über die Jahresabrechnung formell korrekt geltend gemacht werden, nicht erst danach. Ein einmal gültig gefasster Beschluss lässt sich mit nachträglichen Einsichtsforderungen kaum noch kippen.
Stellen Sie sich vor, Sie können ein Produkt nur reklamieren, wenn Sie den Mangel vor dem Kauf überprüft haben. Ähnlich ist es bei der WEG-Abrechnung: Juristen nennen das Präklusion. Wurde der Beschluss über die Abrechnung bereits im Umlaufverfahren gefasst, gilt er – selbst wenn Sie später feststellen, dass Ihnen Unterlagen fehlten. Der Grund: Die Gemeinschaft muss sich auf ihre Beschlüsse verlassen können.
Ein konkreter Fall aus Frankfurt zeigt das Dilemma. Eigentümer baten per E-Mail um Kopien der Belege, bevor der Beschluss gefasst wurde. Doch der entscheidende, formelle Antrag auf Einsichtnahme in die Originalunterlagen erfolgte erst, nachdem die Abrechnung per Mehrheit genehmigt war. Das Gericht entschied: Eine bloße E-Mail-Bitte um Kopien zählt nicht als formelles Einsichtsgesuch. Nur der aktive Gang in die Verwaltung zur Prüfung der Originale zählt. Das Landgericht wies die Klage ab.
Kontrollieren Sie daher Ihre Rechte rechtzeitig und formgerecht. Ein verspätetes Einsichtsgesuch kann teuer werden.
Kann ich meine WEG-Unterlagen auch nach dem Beschluss einsehen?
Ja, Sie können Ihre WEG-Unterlagen auch nach einem Beschluss einsehen. Doch Vorsicht: Ein nachträgliches Einsichtsgesuch entzieht einem bereits gültigen Beschluss nicht die rechtliche Grundlage. Der Grund? Das Einsichtsrecht muss rechtzeitig vor der Beschlussfassung ausgeübt werden, um eine mögliche spätere Anfechtungsklage zu begründen.
Gerichte machen hier klare Vorgaben: Das Landgericht Frankfurt am Main stellte unmissverständlich klar, dass eine Anfechtungsklage gegen einen WEG-Beschluss nur dann Erfolg hat, wenn die Einsichtnahme vor dessen Gültigkeit verwehrt wurde. Warum? Eigentümer müssen ihre Entscheidungsgrundlagen prüfen können, bevor sie verbindlich werden. Eine nachträgliche Prüfung ändert nichts mehr an der Rechtsgültigkeit.
Im konkreten Fall versuchten Kläger, einen Beschluss zur Jahresabrechnung anzufechten. Sie forderten Kopien vor der Abstimmung. Das formale Einsichtsgesuch stellten sie jedoch erst nach der Beschlussfassung. Eine E-Mail mit einer reinen Bitte um Kopien reicht dafür nicht aus, urteilte das Gericht. Entscheidend ist die persönliche Einsichtnahme in den Verwaltungsräumen – und die muss rechtzeitig erfolgen.
Wer also einen WEG-Beschluss anfechten will, muss sein Recht auf Einsichtnahme vor der Beschlussfassung nachweislich und formal ausüben. Sonst wird es teuer.
Muss ich meine Einsicht in WEG-Unterlagen formell beantragen?
Ja, Sie müssen Ihr Recht auf Einsicht in WEG-Unterlagen formell beantragen. Eine einfache E-Mail mit der Bitte um Belegkopien reicht dafür nicht aus – sie ist rechtlich völlig bedeutungslos. Juristen nennen das ein persönliches Prüfungsrecht, das aktiv in den Räumen der Verwaltung ausgeübt werden muss. Klingt kompliziert? Ein Landgerichtsurteil macht es kristallklar.
Warum diese Strenge? Das Gesetz macht klare Vorgaben: Wohnungseigentümer haben ein Recht auf Einsicht, aber keinen Anspruch auf zugesandte Belege. Die Frankfurter Richter entschieden einen Fall, in dem Eigentümer erst nach dem Beschluss über die Jahresabrechnung ein förmliches Einsichtsgesuch stellten. Zu spät. Der Beschluss war bereits gefasst.
Stellen Sie sich vor: Eine WEG beschließt eine Jahresabrechnung per Umlaufverfahren. Zwei Eigentümer mailen zwar um Kopien, doch das offizielle Einsichtsgesuch in die Originale folgt erst nach der Verkündung des Beschlussergebnisses. Das Landgericht Frankfurt am Main (Az. 2-09 S 12/25) wies die Klage ab. Der Grund: Das Einsichtsrecht war vor der Beschlussfassung nicht ordnungsgemäß ausgeübt worden. Eine bloße Bitte um Kopien ersetzt den förmlichen Antrag auf Einsichtnahme eben nicht. Wollten die Eigentümer die Abrechnung anfechten, hätten sie die Einsicht in die Unterlagen zwingend vor der Abstimmung einfordern und wahrnehmen müssen. Nach der Beschlussfassung ist der Zug meist abgefahren.
Dokumentieren Sie Ihr Einsichtsbegehren immer schriftlich und vereinbaren Sie aktiv einen Termin bei der Verwaltung.
Wann muss ich die Anfechtungsklage gegen eine WEG-Abrechnung erheben?
Eine Anfechtungsklage gegen eine WEG-Abrechnung müssen Sie innerhalb einer knappen Monatsfrist erheben und begründen, nachdem der Beschluss über die Abrechnung gefasst und bekannt gegeben wurde. Der Clou: Um sich erfolgreich auf eine fehlende Prüfungsmöglichkeit zu berufen, muss Ihr Einsichtsrecht in die Verwaltungsunterlagen bereits vor der Beschlussfassung geltend gemacht worden sein.
Der Grund für diese strenge Chronologie liegt auf der Hand: Eine Eigentümergemeinschaft muss sich auf ihre Beschlüsse verlassen können. Juristen nennen das Rechtssicherheit. Wer die Abrechnung anfechten will, weil ihm die Einsicht verwehrt wurde, muss diesen Mangel bereits vor dem Beschluss rügen. Stellen Sie sich vor, Sie absolvieren eine Prüfung, müssen aber die Unterlagen vorher studieren, um danach Erfolg zu haben.
Genau das erlebten klagende Eigentümer vor dem Landgericht Frankfurt am Main. Sie forderten Kopien von Belegen und stellten ihr formales Einsichtsgesuch erst, nachdem die Jahresabrechnung im Umlaufverfahren bereits genehmigt worden war. Das Gericht stellte klar: Ein nachträgliches Einsichtsverlangen kann einen bereits gültig gefassten Beschluss nicht mehr angreifbar machen. Pech gehabt.
Handeln Sie proaktiv: Prüfen Sie die Abrechnungsunterlagen vor jeder Abstimmung.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Anfechtungsklage
Eine Anfechtungsklage dient Wohnungseigentümern dazu, einen ihrer Ansicht nach fehlerhaften Beschluss der Eigentümergemeinschaft gerichtlich überprüfen und möglicherweise ungültig machen zu lassen. Mit dieser Klageart sichert das Gesetz die Rechte einzelner Eigentümer, Entscheidungen der Mehrheit auf ihre Rechtmäßigkeit hin zu überprüfen. Die gesetzlich vorgesehene Monatsfrist gewährleistet zugleich, dass Rechtsfrieden in der WEG einkehrt und Beschlüsse nicht ewig angegriffen werden können.
Beispiel: Die Eigentümer erhoben eine Anfechtungsklage gegen die Jahresabrechnung, weil sie diese wegen verweigerter Einsicht in die Belege für fehlerhaft hielten.
Erledigungserklärung
Juristen nutzen eine Erledigungserklärung, wenn ein Rechtsstreit seine Grundlage im Laufe des Verfahrens verloren hat und sich der ursprüngliche Konflikt in der Sache überflüssig geworden ist. Die Parteien können damit dem Gericht mitteilen, dass der Kern des Streits gelöst ist, und fortan geht es oft nur noch um die Verteilung der Verfahrenskosten. Das Ziel ist es, das Gericht zu entlasten und Prozesse zu beenden, sobald der ursprüngliche Anlass entfällt.
Beispiel: Nachdem die Verwaltung den Klägern nachträglich Einsicht gewährte, gaben diese eine Erledigungserklärung ab, in der Hoffnung, die Verfahrenskosten nicht tragen zu müssen.
Präklusion
Juristen sprechen von Präklusion, wenn ein Recht oder eine Einwendung aufgrund von Fristablauf oder Verstreichenlassen einer gesetzlichen Gelegenheit nicht mehr geltend gemacht werden kann. Dieser Rechtsgrundsatz dient der Rechtssicherheit und der Verfahrensökonomie, indem er sicherstellt, dass Prozesse nicht unendlich in die Länge gezogen werden und Beschlüsse nach einer gewissen Zeit Bestandskraft erlangen. Das Gesetz will damit klare Verhältnisse schaffen und verhindern, dass Argumente auf Vorrat gehalten werden.
Beispiel: Da das formelle Einsichtsgesuch erst nach der Beschlussfassung erfolgte, unterlagen die Kläger der Präklusion und konnten ihr Recht auf Einsichtnahme nicht mehr erfolgreich als Anfechtungsgrund vorbringen.
Recht auf Einsichtnahme
Das Recht auf Einsichtnahme ermöglicht es Wohnungseigentümern, die der Gemeinschaft zugrunde liegenden Verwaltungsunterlagen und Belege persönlich einzusehen und zu prüfen. Dieses Recht stellt ein wichtiges Kontrollinstrument dar, mit dem Eigentümer die Arbeit der Verwaltung überprüfen und sich eine informierte Meinung über Beschlussvorlagen bilden können. Der Gesetzgeber sorgt damit für Transparenz und Teilhabe innerhalb der Wohnungseigentümergemeinschaft.
Beispiel: Das Landgericht stellte klar, dass eine bloße E-Mail-Bitte um Kopien nicht die Ausübung des Recht auf Einsichtnahme darstellt, welches eine persönliche Prüfung vor Ort erfordert.
Umlaufverfahren
Ein Umlaufverfahren ist eine spezielle Art der Beschlussfassung in einer Wohnungseigentümergemeinschaft, bei der Eigentümer ihre Stimme schriftlich oder elektronisch abgeben, ohne persönlich bei einer Versammlung anwesend sein zu müssen. Dieses Verfahren soll die Beschlussfassung flexibler gestalten und erleichtert es, Entscheidungen auch dann zu treffen, wenn eine persönliche Versammlung nicht praktikabel ist oder zu viele Eigentümer verhindert sind. Das Gesetz ermöglicht so eine effiziente Verwaltung der Gemeinschaft, insbesondere für unstrittige Angelegenheiten.
Beispiel: Die Jahresabrechnung wurde nicht in einer Eigentümerversammlung, sondern durch ein Umlaufverfahren genehmigt, bei dem die Eigentümer ihre Stimmen per Post oder E-Mail abgaben.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- Anfechtungsklage (Wohnungseigentumsgesetz)
Mit einer Anfechtungsklage können Wohnungseigentümer Beschlüsse ihrer Gemeinschaft gerichtlich auf ihre Gültigkeit hin überprüfen lassen, um festzustellen, ob sie ordnungsgemäß zustande gekommen und rechtmäßig sind.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Die klagenden Eigentümer nutzten dieses rechtliche Mittel um die Genehmigung der Jahresabrechnung durch die WEG für ungültig erklären zu lassen.
- Recht auf Einsichtnahme (BGH-Rechtsprechung)
Wohnungseigentümer haben das Recht, die Verwaltungsunterlagen und Belege persönlich vor Ort in den Geschäftsräumen der Verwaltung einzusehen, um sich über Vorgänge in der Gemeinschaft zu informieren.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Kläger beriefen sich auf eine Verletzung dieses Rechts; das Gericht stellte jedoch klar, dass ihre E-Mail mit der Bitte um Kopien kein formales Einsichtsverlangen darstellte, da kein gesetzlicher Anspruch auf Zusendung von Kopien besteht.
- Zeitpunkt der Rechtsverletzung (Grundsatz der Präklusion im WEG)
Eine Anfechtungsklage wegen der Verletzung eines Rechts, wie des Einsichtsrechts, kann nur dann erfolgreich sein, wenn die Verletzung dieses Rechts vor dem Zustandekommen des angefochtenen Beschlusses erfolgte.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Kläger stellten ihr formales Einsichtsgesuch erst einen Tag nach der wirksamen Beschlussfassung über die Jahresabrechnung, wodurch ihr Recht auf Anfechtung wegen verweigerter Einsicht verwirkt war.
- Zurückweisung der Berufung durch Beschluss (§ 522 Abs. 2 ZPO)
Wenn eine Berufung nach Einschätzung des Gerichts offensichtlich keine Aussicht auf Erfolg hat, kann sie ohne mündliche Verhandlung durch einen einstimmigen Beschluss der Richterkammer zurückgewiesen werden.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Landgericht wies die Berufung der Kläger auf diese Weise zurück, da deren Argumentation von Anfang an als juristisch aussichtslos galt.
Das vorliegende Urteil
LG Frankfurt/Main – Az.: 2-09 S 12/25 – Beschluss vom 13.06.2025
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