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Grundstückveräußerung – Nutzungsentgelt gegen weiterbewohnenden Verkäufer

LG Mannheim – Az.: 6 O 209/21 – Urteil vom 09.06.2022

In dem Rechtsstreit wegen Nutzungsentgelt und Räumung hat das Landgericht Mannheim – 6. Zivilkammer – aufgrund der mündlichen Verhandlung vom 09.06.2022 für Recht erkannt:

1. Das Versäumnisurteil vom 03.03.2022 wird aufrechterhalten.

2. Die Beklagten tragen die weiteren Kosten des Rechtsstreits jeweils zur Hälfte

3. Das Urteil ist gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrags vorläufig vollstreckbar. Die Vollstreckung aus dem Versäumnisurteil darf nur gegen Leistung dieser Sicherheit fortgesetzt werden.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 42.794,83 Euro festgesetzt.

Tatbestand

Die Parteien streiten um Zahlung von Nutzungsentgelt und Räumung.

Mit notarieller Urkunde vom 18.03.2020 verkaufte der Beklagte zu 1 die als Erbbaurecht eingetragene und im Aufteilungsplan mit Nr. 1 bezeichnete Wohnung im ### nebst Garage, Kellerraum und Sondernutzungsrecht an zwei Teilen des Gartens und der Terrasse zum Preis von 225.000,- Euro an die Klägerin.

In § 5.4 des notariellen Kaufvertrags wurde unter anderem vereinbart:

„Der Kaufgegenstand wird derzeit noch von dem Verkäufer bewohnt. Die Vertragsschließenden sind sich darüber einig, dass der Verkäufer den Kaufgegenstand bis zum 18.03.2021 weiterhin bewohnen darf. Die Nutzungsentschädigung in Höhe der ortsüblichen Miete ist nicht monatlich zu zahlen, sondern kann in einer Summe nach Ablauf der 12 Monate gezahlt werden.“

Der Beklagte zu 1 unterwarf sich im Kaufvertrag der sofortigen Zwangsvollstreckung hinsichtlich der Räumung. Die Klägerin zahlte den Kaufpreis am 30.05.2020. Nach Ablauf der vertraglich vereinbarten Räumungsfrist bewohnt der Beklagte zu 1 die Wohnung weiterhin. Die Beklagte zu 1 betrieb deswegen die Zwangsvollstreckung aus dem notariellen Kaufvertrag. Die Zwangsvollstreckung scheiterte daran, dass der Beklagte zu 1 seine Ehefrau – die Beklagte zu 2 – sowie die gemeinsamen minderjährigen Kinder in die Wohnung aufnahm.

Die Klägerin ließ das Erbbaurecht an der streitgegenständlichen Wohnung am 19.05.2021 an die ### auf, welche am 05.01.2022 in das Grundbuch eingetragen wurde.

Mit ihrer Klage macht die Klägerin Nutzungsentgelt seit dem 01.06.2020 gegenüber dem Beklagten zu 1 sowie einen Anspruch auf Herausgabe und Räumung der Wohnung gegenüber der Beklagten zu 2 geltend.

Sie behauptet, die ortsübliche Vergleichsmiete betrage 1.157,50 Euro. Dies ergebe sich insbesondere aus dem bereits bei Vertragsschluss vorliegenden gerichtlichen Sachverständigengutachten, welches zuvor in anderer Sache eingeholt worden sei.

Die Klägerin hat zunächst Nutzungsentgelt bis einschließlich August 2021 nebst Zinsen sowie Räumung und Herausgabe an sich selbst beantragt. Mit Schriftsatz vom 01.12.2021, den Beklagten zugestellt am 05.01.2022, hat die Klägerin die Klage hinsichtlich des Nutzungsersatzes erweitert auf den Zeitraum bis einschließlich 16.11.2021. Mit Schriftsatz vom 12.01.2022, den Beklagten zugestellt am 19.01.2022, hat die Klägerin die Klage hinsichtlich der Räumung umgestellt auf Leistung an die ###.

Nachdem die Beklagten in der mündlichen Verhandlung vom 10.02.2022 nicht verhandelt haben, erging am 03.03.2022 auf Antrag der Klägerin Versäumnisurteil gegen die Beklagten.

Hierin ist der Beklagte zu 1 verurteilt worden, an die Klägerin 20.294,83 Euro nebst Zinsen aus 11.575,75 Euro in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit 26.03.2021, sowie jeweils aus weiteren 1.157,00 Euro seit 30.04.2021, seit 31.05.2021, seit 30.06.2021, seit 31.07.2021, seit 30.08.2021, seit 30.09.2021 und seit 31.10.2021 zu zahlen.

Die Beklagte zu 2 wurde mit dem Versäumnisurteil verurteilt, das von ihr im Mitbesitz gehaltene Anwesen ### Anteil an dem Erbbaurecht des im Grundbuch von Mannheim Nr. ### unter der Nr. 1 verzeichneten Grundstücks, ###, Gebäude- und Freifläche, Stadtteil ### verbundenen Sondereigentums an der im Aufteilungsplan mit Nr. 1 bezeichneten Wohnung, der mit Nr. 1 bezeichneten, im Gebäude integrierten Garage nebst Kellerraum einschließlich der Sondernutzung an zwei Teilen des Gartens mit der Terrasse im Freiflächenplan, jeweils mit der Nr. 1 bezeichnet, zu räumen und an die #### GmbH herauszugeben.

Gegen das den Beklagten am 14.03.2022 zugestellte Versäumnisurteil haben diese mit anwaltlichem Schriftsatz vom 28.03.2022, am gleichen Tag bei Gericht eingegangen, Einspruch eingelegt.

Die Klägerin beantragt nunmehr, das Versäumnisurteil vom 03.03.2022 aufrechtzuerhalten.

Die Beklagten beantragen, das Versäumnisurteil vom 03.03.2022 aufzuheben und die Klage abzuweisen.

Sie rügen die sachliche Zuständigkeit des Landgerichts. Sie meinen, bei der Übereinkunft zur Nutzungsüberlassung handele es sich um einen Wohnraummietvertrag. Darüber hinaus bestreiten sie die ordnungsgemäße Klageerhebung, da die Klageschrift keine Unterschrift, sondern lediglich eine Paraphe trage. Sie tragen vor, das von der Klägerin vorgelegt Gutachten könne nicht zur Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete herangezogen werden.

Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze sowie auf die Protokolle der mündlichen Verhandlung vom 10.02.2022 und vom 09.06.2022 Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Der zulässige Einspruch gegen das Versäumnisurteil vom 03.03.2022 hat den Prozess zwar in die Lage zurückversetzt, in der er sich vor Eintritt der Säumnis befand, § 342 ZPO.

Die Klage ist jedoch zulässig und begründet.

I.

Die Klage ist zulässig.

1. Es liegt eine ordnungsgemäße Klageerhebung vor. Insbesondere trägt die Klageschrift eine Unterschrift, welche den Anforderungen § 253 Abs. 4, § 130 Nr. 6 ZPO genügt. Da die Unterschrift lediglich sicherstellen soll, dass das Schriftstück auch vom Unterzeichner stammt reicht es aus, dass ein die Identität des Unterschreibenden ausreichend kennzeichnender, individuell gestalteter Namenszug vorliegt, der die Absicht erkennen lässt, eine volle Unterschrift zu leisten, das Schriftstück also nicht nur mit einem abgekürzten Handzeichen zu versehen; der Namenszug kann flüchtig geschrieben sein und braucht weder die einzelnen Buchstaben klar erkennen zu lassen noch im Ganzen lesbar zu sein (BGH, Beschluss vom 08.10.1991 – XI ZB 6/91 -, NJW 1992, 243). Unter diesen Voraussetzungen kann selbst ein vereinfachter und nicht lesbarer Namenszug als Unterschrift anzuerkennen sein, wobei insbesondere von Bedeutung ist, ob der Unterzeichner auch sonst in gleicher oder ähnlicher Weise unterschreibt. Dabei ist in Anbetracht der Variationsbreite, die selbst Unterschriften ein und derselben Person aufweisen, jedenfalls bei gesicherter Urheberschaft ein großzügiger Maßstab anzulegen (BGH, Beschluss vom 17.11.2009 – XI ZB 6109 -, NJW-RR 2010, 358). Von Bedeutung ist hierbei insbesondere auch, ob sich die Urheberschaft feststellen lässt.

Vorliegend ist dabei zu berücksichtigen, dass die Unterschrift zwar nicht den kompletten Namen des Rechtsanwalts in leserlicher Weise wiedergibt. Die Unterschrift lässt trotzdem die Absicht einer vollen Unterschrift erkennen, welche lediglich durch einen starken Abschleifungsprozess gekennzeichnet ist. Gleichzeitig ist aus den sonstigen Schriftsätzen erkennbar, dass der Prozessbevollmächtigte der Klägerin regelmäßig in der gleichen Art und Weise unterschreibt. Zudem bestehen keinerlei Zweifel daran, dass er Urheber der Klageschrift ist.

2. Das erkennende Gericht ist zuständig. Insbesondere besteht eine sachliche Zuständigkeit des Landgerichts. Diese folgt in Bezug auf beide Beklagte aus § 72 Abs. 1, § 23 Nr. 1 GVG aus dem Streitwert in Höhe von jeweils mehr als 5.000,00 Euro. Es besteht keine ausschließliche sachliche Zuständigkeit des Amtsgerichts, da kein Wohnraummietverhältnis im Sinne des § 23 Nr. 2 lit. a) GVG vorliegt.

Grundsätzlich kommt bei Vertragsgestaltungen wie der hier streitgegenständlichen zwar ein Mietverhältnis im Sinne der §§ 535 ff. BGB in Betracht. Die Regelung, dass die Nutzung gegen Entgelt gestattet wird, entspricht von der Grundkonstellation her dem Vertragstypus des Mietvertrages. Dass der (vormalige) Eigentümer in dem veräußerten Objekt wohnen bleiben darf, spricht nicht von vornherein gegen die Vereinbarung eines Mietverhältnisses. Solche Vertragskonstellationen sind unter dem Stichwort „sale-and-lease-back“ durchaus verbreitet. Es ist rechtlich ohne Weiteres möglich, dass der Verkäufer das verkaufte Eigentum sofort wieder zurückmieten kann. Diese Regelung kann grundsätzlich auch in der gleichen Vertragsurkunde wie der Kaufvertrag und die Auflassung getroffen werden.

Zu berücksichtigen ist jedoch, dass eine solche Gestaltung nicht zwangsläufig als Mietverhältnis eingeordnet werden muss. Vielmehr ist darauf abzustellen, welche Regelung die Parteien treffen wollten. Neben der Einordnung als Mietvertrag kommt auch eine Einordnung als kaufvertragliche Nebenabrede in Betracht.

Dabei ist vorliegend auch in die Betrachtung mit einzubeziehen, dass sich der Beklagte zu 1 in der kaufvertraglichen Urkunde der sofortigen Zwangsvollstreckung unterworfen hat, § 794 ZPO. Eine solche Unterwerfung wäre jedoch nicht möglich, wenn es sich bei der Nutzungsüberlassung um eine mietvertragliche handeln würde, § 794 Abs. 1 Nr. 5 ZPO. Dieser Umstand spricht dafür, dass der Abschluss eines Mietvertrages gerade nicht gewollt war. Auch bei längerer Raumüberlassung nach Veräußerung ist von einer Willensübereinstimmung zur Begründung eines Mietverhältnisses regelmäßig nicht auszugehen (Zöller/Geimer, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 794, Rn. 26). Vielmehr haben die Parteien mit ihrer Abrede eine Nebenabrede zum Kaufvertrag getroffen, welche in ihrer Wirkung der Vollstreckungsschutzvorschrift des § 721 ZPO nachgebildet ist. Wird in einem gerichtlichen Räumungstitel eine Räumungsfrist gewährt, ist für die Zeit bis zur Räumung eine Nutzungsentschädigung in Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete zu zahlen (vgl. Zöller/Seibel, ZPO, 34. Aufl. 2022, § 721, Rn. 12). Dies führt jedoch nicht dazu, dass in diesem Fall ein Mietverhältnis entsteht. Insoweit geht der Einwand der Beklagten ins Leere, dass das bürgerliche Recht eine kaufrechtliche Gebrauchsüberlassung nicht kenne. Wenn die Parteien – wie hier – eine privatautonome Abrede dahingehend treffen, dass die Räumungspflicht des Verkäufers auf einen bestimmten Zeitpunkt hinausgeschoben wird und für diesen Zeitraum eine Nutzungsentschädigung vereinbaren, welche in gleicher Höhe nach einem gerichtlichen Räumungstitel und einer hierin gesetzten Räumungsfrist zu zahlen wäre, kann nicht davon ausgegangen werden, dass die Parteien ein Mietverhältnis mit allen daraus entstehenden Rechten und Pflichten eingehen wollten. Ob dies anders zu beurteilen wäre, wenn kein bestimmter Räumungszeitpunkt vereinbart worden wäre, kann hier dahinstehen.

3. Die Klägerin kann auch den Anspruch der SN Immobilien GmbH gerichtlich geltend machen, § 265 ZPO. Der Eigentumswechsel erfolgte mit Eintragung im Grundbuch am 05.01.2022 und damit nach Rechtshängigkeit.

II.

Die Klage ist begründet.

1. Die Klägerin hat einen Anspruch gegen den Beklagten zu 1 auf Zahlung einer Nutzungsentschädigung in Höhe von 20.294,83 Euro für den Zeitraum vom 01.06.2020 bis zum 16.11.2021 nebst Zinsen.

a) Der Anspruch folgt dem Grunde nach aus dem Kaufvertrag vom 18.03.2020. § 5.4 dieses Vertrages ist dergestalt auszulegen, dass die Parteien sich einig waren, dass für die Zeit ab Übergabe im Sinne des § 5.1 des Vertrages bis zur tatsächlichen Räumung eine Nutzungsentschädigung in Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete zu zahlen ist. Dies gilt auch für die Zeit nach Ablauf der im Vertrag festgelegten Räumungsfrist. Unerheblich ist insoweit, ob der Vertrag so ausgelegt werden kann, dass die Nutzungsentschädigung auch für diese Zeit geschuldet ist, da der Anspruch für die Zeit nach Ablauf der vertraglichen Räumungsfrist jedenfalls aus dem Rechtsgedanken des § 546a BGB folgt, welcher auch bei der – insoweit vergleichbaren Konstellation – des § 721 ZPO Anwendung findet.

b) Die Höhe des Anspruchs ergibt sich aus der Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete. Dem Urteil ist zugrunde zu legen, dass die ortsübliche Vergleichsmiete für die streitgegenständliche Immobilie monatlich 1.157,50 Euro beträgt. Denn der Beklagte zu 1 hat den dahingehenden – durch Vorlage eines gerichtlichen Gutachtens qualifizierten – klägerischen Vortrag nicht in erheblicher Weise bestritten. Für die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete als anspruchsbegründende Tatsache trägt die Klägerin die volle Darlegungs- und Beweislast. Die Darlegung kann dabei sowohl durch einfaches Vorbringen der behaupteten Tatsachen erfolgen, als auch durch Vorlage von Unterlagen qualifiziert werden. Kommt die Klägerin ihrer Darlegungslast nach, obliegt es der Beklagtenseite, das jeweilige klägerische Vorbringen in erheblicher Weise zu bestreiten. In welcher Art und Weise dies zu erfolgen hat, hängt entscheidend davon ab, wie qualifiziert der klägerische Vortrag ist. Hat die klagende Partei ihren Vortrag nämlich durch die Vorlage von Unterlagen hinreichend konkretisiert, muss die beklagte Partei dieses Vorbringen ebenso qualifiziert bestreiten. Dies erfordert eine konkrete Erwiderung, indem sich die beklagte Partei aktiv an der Sachverhaltsaufklärung beteiligt, zu den einzelnen relevanten Behauptungen der klagenden Partei Stellung nimmt und eine eigene Darstellung dazu liefert, dass und weshalb diese Behauptung unzutreffend ist (vgl. OLG Düsseldorf, Urteil vom 09. Dezember 2021 – 1-2 U 1/21 -, GRUR-RS 2021, 39600). Hat die klagende Partei zur Begründung eines Tatbestandsmerkmals ein Privatgutachten vorgelegt, reicht es deshalb für ein erhebliches Bestreiten nicht aus, den Klägervortrag als unzureichend zu bezeichnen (vgl. OLG Düsseldorf, a.a.O.). Dies gilt erst recht, wenn sich – wie hier die Klägerin nicht nur eines Privatgutachtens, sondern eines gerichtlichen Gutachtens bedient, welches zudem beiden Parteien bereits bei Vertragsschluss vorlag, wie sich aus der Vertragsurkunde ergibt. Dabei ist es auch unerheblich, dass das vorgelegte Gutachten die Frage der ortsüblichen Vergleichsmiete nur als Vorfrage behandelt. Denn es handelt sich trotzdem um eine sachverständige Beurteilung. Um den dergestalt qualifizierten Parteivortrag der Klägerin zu bestreiten, wäre es erforderlich gewesen, konkrete Anhaltspunkte zu nennen, woraus der Beklagte zu 1 schließt, dass die von der Gutachterin vorgenommene Berechnung nicht korrekt sei. Ein einfaches Bestreiten genügt in diesem Fall unter Berücksichtigung der vorstehend genannten Grundsätze nicht. Der Beklagte zu 1 hat die Höhe der ortsüblichen Vergleichsmiete erstmals in der Einspruchsschrift bestritten. Hierin trägt er vor, dass das Gutachten aus seiner Sicht die ortsübliche Vergleichsmiete nicht hinreichend konkret darstelle. Unter Berücksichtigung der genannten Grundsätze zur Erheblichkeit des Bestreitens kann eine solche einfache Behauptung nicht genügen, um dem qualifizierten Parteivortrag der Klägerin dergestalt entgegenzutreten, dass hierdurch eine Beweisaufnahme erforderlich würde.

c) Der Zinsanspruch folgt aus § 286, § 288 BGB.

2. ### hat einen Anspruch gegen die Beklagte zu 2 auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Immobilie aus § 546 Abs. 2 BGB analog. Der Beklagte zu 1 hat den Gebrauch der Immobilie der Beklagten zu 2 überlassen. Die analoge Anwendung von § 546 Abs. 2 BGB beruht auf einer planwidrigen Regelungslücke für den Fall der hier vorliegenden kaufrechtlichen Nebenabrede und einer vergleichbaren Interessenlage.

Für den Fall, dass derjenige, welcher sich in einer kaufrechtlichen Nebenabrede nach Ablauf eines bestimmten Zeitraums nach Kaufvertragsschluss zur Räumung der von ihm verkauften Immobilie verpflichtet, diese Immobilie ohne Kenntnis des Käufers einer dritten Person zum Gebrauch überlässt, besteht eine planwidrige Regelungslücke in Bezug auf den Räumungsanspruch. Insoweit kommt nur ein Herausgabeanspruch aus § 985 BGB in Betracht, welcher vorliegend ebenfalls mangels Recht zum Besitz der Beklagten zu 2 gegeben ist, welcher allerdings die ebenfalls beantragte Räumung der Immobilie nicht umfasst (vgl. LG Oldenburg, Urteil vom 30. März 2022 – 5 S 386/21 -, BeckRS 2022, 11354).

Insoweit besteht auch eine vergleichbare Interessenlage mit dem Fall der Gebrauchsüberlassung einer vermieteten Wohnung an eine dritte Person. Sowohl im Fall der kaufrechtlichen Nebenabrede als auch im Fall des Mietvertrags sind sich die Parteien darüber einig, dass dem Verkäufer bzw. Mieter die Immobilie für einen gewissen Zeitraum zur Nutzung überlassen wird und der Käufer bzw. Vermieter nach Ablauf dieses Zeitraums die von ihm genutzte Immobilie räumen und herausgeben muss. Aus dieser Konstellation folgt jeweils, dass der Verkäufer bzw. Mieter die tatsächliche Möglichkeit hat, weiteren Personen den Gebrauch der Sache zu überlassen, unabhängig davon, ob er hierzu rechtlich befugt ist. Nimmt er tatsächlich weitere Personen auf, gibt das BGB dem Vermieter insoweit einen direkten Anspruch auf Räumung auch gegen diese Personen. Dies ist insbesondere wichtig, um auch den Räumungsanspruch gegen den Mieter vollstrecken zu können, Die vergleichbare Interessenlage besteht in dem Fall, dass der Verkäufer weitere Personen in die Immobilie aufnimmt. Auch hier bedarf es einer Möglichkeit des Käufers, den Anspruch auf Räumung – welcher wie hier im Gegensatz zum Mietvertrag auch bereits nach § 794 Nr. 5 ZPO vollstreckbar sein kann – auf diese weiteren Personen zu erstrecken, um den Anspruch am Ende auch vollstrecken zu können.

III.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 Satz 1, § 100 Abs. 1 ZPO.

IV.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf § 709 Satz 1, Satz 3 ZPO.

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