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Einwendungen gegen Mietspiegel – Mietspiegel als Schätzgrundlage zulässig?

In einem Rechtsstreit um die Miethöhe einer luxuriösen Berliner Dachgeschosswohnung rügt das Landgericht die fehlerhafte Anwendung des Mietspiegels durch das Amtsgericht. Die Richter bemängeln, dass die Besonderheiten der Wohnung, wie etwa zwei Dachterrassen und eine hochwertige Ausstattung, nicht ausreichend berücksichtigt wurden. Nun muss das Amtsgericht den Fall neu aufrollen und dabei die Einwände der Klägerin genauer prüfen.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landgericht Berlin
  • Datum: 13.08.2024
  • Aktenzeichen: 67 S 116/24
  • Verfahrensart: Berufungsurteil
  • Rechtsbereiche: Zivilprozessrecht, Mietrecht

Beteiligte Parteien:

  • Klägerin: Die Klägerin ist die Partei, die das Verfahren in Berufung gezogen hat. Sie argumentiert, dass das Amtsgericht ihr Recht auf rechtliches Gehör verletzt habe, indem es die Einwände gegen die Anwendung des Berliner Mietspiegels 2023 nicht ausreichend berücksichtigte.
  • Amtsgericht Mitte: Das Amtsgericht ist die Vorinstanz, deren Urteil aufgehoben wurde. Es hatte den Berliner Mietspiegel 2023 als Vergleichsgrundlage angenommen, ohne sich spezifisch mit den vorgebrachten Argumenten der Klägerin gegen dessen Anwendung auseinanderzusetzen.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Die Klägerin legte Berufung gegen das Urteil des Amtsgerichts Mitte ein, das den Berliner Mietspiegel 2023 zur Schätzung der ortsüblichen Vergleichsmiete heranzog. Die Klägerin bezweifelte die Aussagekraft des Mietspiegels, insbesondere aufgrund der besonderen Ausstattung und Größe ihrer Dachgeschosswohnung.
  • Kern des Rechtsstreits: Der Streit konzentriert sich darauf, ob das Amtsgericht das rechtliche Gehör der Klägerin verletzt hat, indem es sich nicht angemessen mit den Einwänden gegen die Tauglichkeit des Mietspiegels als Schätzgrundlage auseinandersetzte.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Landgericht Berlin hob das Urteil des Amtsgerichts auf und verwies den Fall zur erneuten Verhandlung an das Amtsgericht zurück.
  • Begründung: Die Berufung hat Erfolg, da das Amtsgericht der Klägerin entscheidungserheblich das rechtliche Gehör versagte, indem es sich nicht substantiell mit den Einwänden gegen die Anwendung des Berliner Mietspiegels auseinandersetzte. Eine konkrete Prüfung und Auseinandersetzung mit den Einwänden wurde als erforderlich angesehen.
  • Folgen: Der Rechtsstreit wird zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das Amtsgericht zurückverwiesen. Das Urteil des Landgerichts ermöglicht eine weitere Überprüfung der Feststellungsgrundlage unter Berücksichtigung der Einwände der Klägerin. Die Revision gegen dieses Urteil wird nicht zugelassen. Der Streitwert für das Berufungsverfahren wurde auf 2.000 Euro festgesetzt.

Rechtliche Einwände gegen Mietspiegel: Ein Fall beleuchtet erhebliche Bedenken

Mietspiegel sind in Deutschland ein zentrales Instrument zur Festlegung von Vergleichsmieten und zur Durchführung von Mietanpassungen. Diese Tabellen bieten eine Übersicht über die ortsüblichen Mieten und dienen sowohl Vermietern als auch Mietern als Orientierungshilfe. Die rechtlichen Grundlagen des Mietrechts gestatten es, dass Mieterhöhungen auf Basis dieser Mietspiegel erfolgen, solange sie den gesetzlichen Vorgaben und der Transparenz entsprechen.

Allerdings gibt es immer wieder Einwendungen gegen die Gültigkeit und Aussagekraft von Mietspiegeln, insbesondere wenn es um deren Schätzgrundlage geht. Mieter haben das Recht, begründete Einwendungen einzubringen, wenn sie der Meinung sind, dass der Mietspiegel nicht den tatsächlichen Verhältnissen entspricht oder wenn die angegebenen Höchstmieten überzogen sind. Im Folgenden wird ein konkreter Fall vorgestellt, der die Problematik der Einwendungen gegen Mietspiegel näher beleuchtet.

Der Fall vor Gericht


Berliner Gericht kritisiert fehlerhafte Anwendung des Mietspiegels bei luxuriöser Dachgeschosswohnung

Mietspiegel 2023 neben Kaffeetasse in moderner Küche mit Blick auf Dachterrasse und Berliner Dächer.
Fehlerhafte Anwendung des Mietspiegels | Symbolfoto: Flux gen.

Das Landgericht Berlin hob in einem Mietrechtsstreit das Urteil des Amtsgerichts Mitte vom 20. März 2024 auf und verwies den Fall zur erneuten Verhandlung zurück. Im Zentrum des Verfahrens stand die Bewertung einer 136,43 Quadratmeter großen Dachgeschosswohnung mit zwei Dachterrassen und Abstellräumen, die 1999/2000 hochwertig ausgebaut wurde.

Grundlegende Mängel in der richterlichen Bewertung

Die Klägerin hatte die Aussagekraft des Berliner Mietspiegels 2023 für ihre speziell ausgestattete Wohnung grundsätzlich angezweifelt. Das Amtsgericht setzte sich nach Auffassung des Landgerichts nicht ausreichend mit diesen Einwänden auseinander und verletzte damit das im Grundgesetz verankerte Recht auf rechtliches Gehör. Die Urteilsbegründung enthielt lediglich allgemeine Aussagen zur Tauglichkeit eines einfachen Mietspiegels, ohne auf die besonderen Merkmale der modern gestalteten Dachgeschosswohnung einzugehen.

Rechtliche Anforderungen an die Mietspiegelanwendung

Das Landgericht betonte, dass für eine Beweisführung nach § 287 ZPO die Schätzgrundlage die Wirklichkeit mit überwiegender Wahrscheinlichkeit zutreffend abbilden muss. Die Klägerin hatte konkret vorgetragen, dass der Mietspiegel nicht nur den Anforderungen des § 558c BGB nicht genüge, sondern auch für ihre hochwertig ausgestattete Dachgeschosswohnung keine Aussagekraft und Indizwirkung besitze.

Bedeutung der Zurückverweisung

Das Landgericht sah sich nicht in der Lage, selbst in der Sache zu entscheiden. Die Zurückverweisung an das Amtsgericht wurde als notwendig erachtet, um eine gründliche Auseinandersetzung mit den methodischen und wohnungsbezogenen Einwänden zu ermöglichen. Das Gericht betonte die Wichtigkeit eines zweizügigen Instanzenzugs zur Überprüfung der Feststellungsgrundlage für die Bestimmung der Einzelvergleichsmiete. Nach einer detaillierten Prüfung der vorgebrachten Einwände könnte auch die Einholung eines Sachverständigengutachtens erforderlich werden.

Verfahrensrechtliche Details

Der Streitwert wurde für das Berufungsverfahren auf bis zu 2.000 Euro festgesetzt. Das Urteil wurde für vorläufig vollstreckbar erklärt, eine Revision wurde nicht zugelassen. Die Kostenentscheidung für das Berufungsverfahren wird erst mit der erneuten Entscheidung des Amtsgerichts getroffen.


Die Schlüsselerkenntnisse


Das Landgericht Berlin stärkt die Rechte von Vermietern bei der Infragestellung des Berliner Mietspiegels. Es betont, dass Gerichte sich konkret mit Einwänden gegen die Anwendbarkeit des Mietspiegels auseinandersetzen müssen, besonders wenn es um Wohnungen mit besonderen Merkmalen geht. Die bloße Bezugnahme auf den Mietspiegel ohne Berücksichtigung individueller Besonderheiten der Wohnung reicht nicht aus. Dies ist besonders relevant bei hochwertigen oder außergewöhnlichen Wohnungen, die vom Standard-Mietspiegel möglicherweise nicht angemessen erfasst werden.

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als Mieter oder Vermieter können Sie sich nicht mehr blind auf den Berliner Mietspiegel verlassen, wenn Ihre Wohnung besondere Merkmale aufweist. Bei Mietpreisstreitigkeiten haben Sie das Recht, die Anwendbarkeit des Mietspiegels konkret zu hinterfragen, wenn Ihre Wohnung beispielsweise durch Größe, Lage oder Ausstattung vom Standard abweicht. Vermieter können bei hochwertigen Wohnungen eher ein Sachverständigengutachten einfordern, während Mieter bei überhöhten Mieten prüfen sollten, ob ihre Wohnung überhaupt durch den Mietspiegel angemessen abgebildet wird. Gerichte müssen Ihre spezifischen Einwände gegen die Anwendung des Mietspiegels künftig genau prüfen und begründen.


Gerecht bewertet?

Das Landgericht Berlin stellt klar: Der Mietspiegel allein reicht nicht immer aus. Gerade bei Wohnungen mit individuellen Merkmalen ist eine genaue Prüfung unerlässlich. Ob luxuriöse Ausstattung oder besondere Lage – lassen Sie Ihre Mietangelegenheiten rechtlich überprüfen, um sicherzustellen, dass Ihre Interessen gewahrt bleiben. Wir unterstützen Sie dabei, Ihre Rechte durchzusetzen und eine faire Mietpreisgestaltung zu erreichen.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wie wird die ortsübliche Vergleichsmiete nach dem Mietspiegel korrekt ermittelt?

Die ortsübliche Vergleichsmiete ist ein zentraler Maßstab für die Festlegung von Mieten in Deutschland. Sie wird aus den durchschnittlichen Nettokaltmieten gebildet, die in den letzten sechs Jahren für vergleichbare Wohnungen in einer Gemeinde oder einem vergleichbaren Gebiet vereinbart oder geändert wurden (§ 558 Abs. 2 BGB). Ein Mietspiegel bietet eine systematische Übersicht dieser Vergleichsmieten und dient als Grundlage für die Ermittlung.

Schritte zur Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmiete

  1. Prüfen, ob ein Mietspiegel vorliegt:
    • Städte oder Gemeinden mit mehr als 50.000 Einwohnern sind verpflichtet, einen Mietspiegel zu erstellen. Es gibt zwei Arten:
      • Einfacher Mietspiegel: Eine Übersicht basierend auf den örtlich üblichen Mieten, jedoch ohne wissenschaftliche Methodik.
      • Qualifizierter Mietspiegel: Nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt und alle zwei Jahre aktualisiert (§ 558d BGB). Dieser hat im Streitfall eine höhere Beweiskraft.
  2. Berücksichtigung der relevanten Kriterien:
    • Der Mietspiegel kategorisiert Wohnungen nach bestimmten Merkmalen, die die Miethöhe beeinflussen:
      • Wohnungsgröße (z. B. Quadratmeterzahl)
      • Baujahr des Gebäudes
      • Wohnlage (zentrale oder periphere Lage)
      • Ausstattung (z. B. Heizungstyp, Bodenbeläge)
      • Modernisierungszustand (z. B. energetische Sanierungen).
    • Diese Merkmale dienen dazu, eine Wohnung mit anderen vergleichbaren Wohnungen einzuordnen.
  3. Auswertung der Mietspiegeltabelle:
    • Der Mietspiegel enthält eine Tabelle oder Matrix, die aufzeigt, welche Nettokaltmiete pro Quadratmeter für Wohnungen mit bestimmten Eigenschaften üblich ist.
    • Beispiel: Für eine 70 m² große Wohnung aus dem Baujahr 1980 mit mittlerer Ausstattung und Lage kann im Mietspiegel ein Wert von z. B. 10 €/m² angegeben sein.
  4. Anwendung bei Mieterhöhungen oder Neuvermietungen:
    • Vermieter dürfen bei einer Mieterhöhung die ortsübliche Vergleichsmiete nicht überschreiten (§ 558 Abs. 1 BGB).
    • Bei Neuvermietungen greift in vielen Regionen die sogenannte Mietpreisbremse, die maximal 10 % über der ortsüblichen Vergleichsmiete erlaubt (§ 556d BGB).

Alternative Methoden zur Ermittlung

Falls kein Mietspiegel vorliegt oder dieser nicht anwendbar ist, können folgende Möglichkeiten genutzt werden (§ 558a Abs. 2 BGB):

  • Vergleichswohnungen: Mindestens drei vergleichbare Wohnungen im selben Gebiet.
  • Mietdatenbank: Von der Gemeinde oder Interessenverbänden geführte Sammlung aktueller Mieten.
  • Sachverständigengutachten: Erstellung durch einen Experten.

Einwendungen gegen den Mietspiegel

Mietspiegel gelten als Schätzgrundlage und können angezweifelt werden, wenn sie nicht den gesetzlichen Anforderungen entsprechen oder ungenau erstellt wurden. Insbesondere bei einfachen Mietspiegeln ist eine gerichtliche Überprüfung möglich. Qualifizierte Mietspiegel hingegen genießen eine gesetzliche Vermutungswirkung (§ 558d Abs. 3 BGB), was ihre Aussagekraft stärkt.

Beispiel aus der Praxis

Angenommen, Sie wohnen in einer Stadt mit einem qualifizierten Mietspiegel und Ihre Wohnung hat folgende Merkmale:

  • Größe: 80 m²
  • Baujahr: 1995
  • Ausstattung: gehoben (z. B. Fußbodenheizung)
  • Lage: gute Wohnlage

Der Mietspiegel weist für diese Kategorie einen Wert von 12 €/m² aus. Die ortsübliche Vergleichsmiete beträgt somit $80 \, \text{m}^2 \times 12 \, \text{€/m}^2 = 960 \, \text{€}$ Nettokaltmiete pro Monat.

Mit diesen Informationen können Sie überprüfen, ob eine Mieterhöhung oder Neuvermietung rechtmäßig ist und ob die Miethöhe den Vorgaben entspricht.


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Welche Einwendungen können gegen die Anwendung eines Mietspiegels vorgebracht werden?

Einwendungen gegen qualifizierte Mietspiegel

Bei einem qualifizierten Mietspiegel können Sie substanzielle Einwände gegen die wissenschaftliche Erstellung vorbringen. Wenn Sie die Wissenschaftlichkeit des Mietspiegels anzweifeln, müssen Sie konkrete methodische Mängel darlegen.

Ein wichtiger Angriffspunkt ist die fehlende Berücksichtigung bestimmter Wohnlagen oder Ausstattungsmerkmale. Wenn beispielsweise Kategorien wie „beste Wohnlage“ fehlen, kann dies ein relevanter Einwand sein.

Formelle Anforderungen

Die bloße Bezeichnung als qualifizierter Mietspiegel durch eine Kommune reicht nicht aus. Entscheidend ist, dass der Mietspiegel tatsächlich nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt wurde.

Seit Juli 2022 gelten durch das Mietspiegelreformgesetz neue Anforderungen. Ein qualifizierter Mietspiegel muss:

  • Nach wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt sein
  • Von der zuständigen Behörde und Interessenvertretern anerkannt sein
  • Die Dokumentationspflichten der Mietspiegelverordnung erfüllen

Beweislast und Darlegung

Wenn Sie Einwendungen gegen einen Mietspiegel vorbringen, müssen Sie sich mit öffentlich zugänglichen Dokumentationen auseinandersetzen. Ein pauschales Bestreiten mit Nichtwissen ist nicht ausreichend.

Die Einwendungen müssen:

  • Substanziiert und nachvollziehbar sein
  • Sich auf konkrete methodische Fehler beziehen
  • Im Rahmen des ohne Fachkenntnisse Möglichen bleiben

Rechtliche Konsequenzen

Selbst wenn Einwendungen gegen einen qualifizierten Mietspiegel erfolgreich sind, kann das Gericht ihn noch als einfachen Mietspiegel mit Indizwirkung verwenden. Die Indizwirkung hängt dabei von der Qualität der Datenerhebung und der Anerkennung durch Interessenvertreter ab.

Ein veralteter Mietspiegel verliert seine Qualifizierung, kann aber als einfacher Mietspiegel weiter Verwendung finden. Gerichte können dabei auch Zeitzuschläge zum Ausgleich der Stichtagsdifferenz berücksichtigen.


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Was passiert, wenn ein Gericht die Anwendung des Mietspiegels ablehnt?

Wenn ein Gericht die Anwendung eines Mietspiegels ablehnt, kommt diesem dennoch eine Indizwirkung für die ortsübliche Vergleichsmiete zu. Dies gilt sowohl für einfache als auch für qualifizierte Mietspiegel, selbst wenn Einwendungen gegen dessen Qualifizierung vorgebracht werden.

Alternative Bewertungsmethoden

Bei Ablehnung des Mietspiegels stehen dem Gericht mehrere Möglichkeiten zur Verfügung:

Vergleichsobjekte können als Bewertungsgrundlage herangezogen werden. Dabei werden ähnliche Immobilien in der Umgebung unter Berücksichtigung von Faktoren wie Lage, Größe, Ausstattung und Zustand verglichen.

Sachverständigengutachten können als Alternative zum Mietspiegel dienen. Diese Option wird besonders dann relevant, wenn kein aktueller Mietspiegel vorliegt.

Beweiskraft und Beweiswürdigung

Die Reichweite der Indizienwirkung hängt von verschiedenen Faktoren ab:

  • Dem Umfang der zugrundeliegenden Datenlage
  • Der Anerkennung durch Interessenvertreter der Mieter und Vermieter
  • Der Qualität des Mietspiegels insgesamt

Das Gericht kann auf Basis dieser Indizien sein Urteil fällen, ohne zwingend ein aufwendiges Sachverständigengutachten einzuholen.

Praktische Auswirkungen

Bei der Ablehnung eines Mietspiegels müssen mindestens drei vergleichbare Wohnungen benannt werden, wenn diese als Begründungsmittel herangezogen werden. Die Vergleichbarkeit wird anhand wesentlicher Merkmale wie Lage, Größe, Ausstattung und Bauzustand geprüft.

Bei qualifizierten Mietspiegeln liegt die Beweislast bei der Partei, die die Richtigkeit des Mietspiegels anzweifelt. Wird der Mietspiegel abgelehnt, muss diese Partei die abweichende ortsübliche Vergleichsmiete nachweisen.


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Welche Rolle spielen besondere Wohnungsmerkmale bei der Anwendung des Mietspiegels?

Besondere Wohnungsmerkmale sind entscheidende Faktoren bei der Einordnung einer Wohnung im Mietspiegel und beeinflussen maßgeblich die Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete.

Gesetzlich relevante Merkmale

Nach § 558 Abs. 2 BGB müssen bei der Anwendung des Mietspiegels zwingend die Merkmale Art, Größe, Ausstattung, Beschaffenheit und Lage der Wohnung berücksichtigt werden. Diese Merkmale werden in verschiedenen Kategorien mit unterschiedlichen Ausprägungen erfasst.

Wohnwerterhöhende Merkmale

Wohnwerterhöhende Merkmale sind Eigenschaften, die über den Standard vergleichbarer Wohnungen hinausgehen. Dazu gehören beispielsweise:

  • Hochwertiger Bodenbelag wie Parkett
  • Moderne Einbauküche
  • Balkon oder Terrasse
  • Aufzug im Gebäude
  • Besonders gute Wärmedämmung

Auswirkungen auf die Mietpreisbestimmung

Die Wohnungsmerkmale beeinflussen die konkrete Einordnung innerhalb der Mietpreisspanne des entsprechenden Mietspiegelfelds. Wenn eine Wohnung mehrere wohnwerterhöhende Merkmale aufweist, kann sie im oberen Bereich der Mietpreisspanne eingeordnet werden.

Bewertungssystem

Die Bewertung der Wohnungsmerkmale erfolgt häufig durch ein Punktesystem. Jedes Merkmal erhält dabei eine bestimmte Anzahl von Punkten. Die Gesamtpunktzahl bestimmt dann die genaue Position innerhalb der Mietpreisspanne. Bei einer Mieterhöhung müssen die angegebenen wohnwerterhöhenden Merkmale tatsächlich vorhanden sein und der Beschreibung im Mietspiegel entsprechen.


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Wann ist ein Sachverständigengutachten zur Mietpreisermittlung erforderlich?

Ein Sachverständigengutachten zur Mietpreisermittlung wird in verschiedenen Situationen erforderlich, insbesondere wenn es um die Durchsetzung oder Anfechtung einer Mieterhöhung geht. Hier sind die wichtigsten Umstände, unter denen ein solches Gutachten notwendig wird:

Keine Verfügbarkeit eines Mietspiegels

Wenn in Ihrer Gemeinde kein Mietspiegel vorliegt, ist ein Sachverständigengutachten die Alternative, um den realistisch zu erzielenden Mietpreis einer Immobilie zu ermitteln. Dies ist besonders in kleineren Gemeinden der Fall, wo kein örtlicher Mietspiegel zur Verfügung steht.

Streitigkeiten über die Mietpreishöhe

In Fällen, in denen zwischen Mieter und Vermieter Uneinigkeit über die Höhe des Mietpreises besteht, kann ein Sachverständigengutachten als objektive Bewertungsgrundlage dienen. Es hilft, den angemessenen Mietpreis zu bestimmen und bietet Rechtssicherheit bei rechtlichen Auseinandersetzungen.

Mieterhöhung ohne Mietspiegel

Ein Vermieter kann eine Mieterhöhung auch ohne Mietspiegel vornehmen, indem er ein Sachverständigengutachten hinzuzieht. Dies ist nach § 558 BGB möglich, wenn die Erhöhung bis zur ortsüblichen Vergleichsmiete erfolgt. Das Gutachten muss begründet sein und dem Erhöhungsverlangen beigefügt werden.

Bestreitung des Mietspiegels

Wenn der Mietspiegel von einer Partei bestritten wird, kann das Gericht ein Sachverständigengutachten zur Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete einholen. Dies ist insbesondere dann der Fall, wenn der Mietspiegel Mietspannen enthält und der Vermieter die Qualifizierung des Mietspiegels bestreitet.

Rechtliche Grundlagen

Das BGB Mietrecht, insbesondere § 558, regelt die Grundlagen der ortsüblichen Vergleichsmiete. Zu den Methoden der Ermittlung gehören die Orientierung an Mieten vergleichbarer Objekte, Gutachten von Sachverständigen, Mietdatenbanken oder die Nutzung des örtlichen Mietspiegels. Ein Sachverständigengutachten kann hierbei als Beweismittel dienen, um die ortsübliche Vergleichsmiete zu ermitteln.

Beispiel

Stellen Sie sich vor, Sie sind Vermieter und möchten die Miete für Ihre Wohnung erhöhen. In Ihrer Gemeinde gibt es keinen Mietspiegel, oder der vorhandene Mietspiegel wird von Ihrem Mieter bestritten. In einem solchen Fall können Sie ein Sachverständigengutachten in Auftrag geben, um die ortsübliche Vergleichsmiete zu ermitteln und Ihre Mieterhöhung zu begründen.

Ein Sachverständigengutachten bietet Transparenz und Verhandlungsbasis für Vermieter und Mieter und kann in rechtlichen Auseinandersetzungen als objektive Bewertung des Mietwerts dienen. Es ist ein wichtiges Instrument zur Ermittlung eines angemessenen Mietwerts und trägt zur Rechtssicherheit bei.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Einwendungen gegen Mietspiegel

Ein rechtliches Mittel, mit dem Mieter oder Vermieter die Anwendbarkeit oder Aussagekraft eines Mietspiegels anfechten können. Solche Einwendungen können sich gegen die Methodik, Aktualität oder Anwendbarkeit auf spezielle Wohnungen richten. Gemäß § 558a BGB muss der Vermieter Mieterhöhungen anhand des Mietspiegels begründen, wobei der Mieter das Recht hat, diese Begründung anzufechten. Ein typisches Beispiel ist die Einwendung, dass besondere Merkmale einer Wohnung (wie Luxusausstattung) im Mietspiegel nicht angemessen berücksichtigt werden.


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Streitwert

Der vom Gericht festgesetzte Geldbetrag, der den wirtschaftlichen Wert des Rechtsstreits beziffert. Nach § 63 GKG ist der Streitwert Grundlage für die Berechnung der Gerichtskosten und Anwaltsgebühren. Bei Mietrechtsstreitigkeiten wird er oft aus der Differenz zwischen geforderter und gezahlter Jahresmiete ermittelt. Im vorliegenden Fall wurde er auf 2.000 Euro festgesetzt, was die Kosten des Verfahrens direkt beeinflusst.


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Recht auf rechtliches Gehör

Ein fundamentales Verfahrensgrundrecht aus Art. 103 Abs. 1 GG, das jedem Verfahrensbeteiligten das Recht gibt, sich zu allen entscheidungserheblichen Tatsachen und rechtlichen Aspekten zu äußern. Das Gericht muss diese Äußerungen zur Kenntnis nehmen und in seiner Entscheidung berücksichtigen. Eine Verletzung liegt vor, wenn das Gericht – wie im Beispielfall – wesentliche Einwände einer Partei übergeht oder nicht ausreichend würdigt.


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Zurückverweisung

Die Rückgabe eines Falls durch ein höheres Gericht (hier das Landgericht) an ein unteres Gericht (hier das Amtsgericht) zur erneuten Verhandlung. Geregelt in § 538 ZPO erfolgt sie typischerweise, wenn wesentliche Verfahrensfehler vorliegen oder wichtige Aspekte nicht ausreichend geprüft wurden. Dies gibt dem unteren Gericht die Möglichkeit, seine Fehler zu korrigieren und eine neue, rechtlich einwandfreie Entscheidung zu treffen.


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Sachverständigengutachten

Ein von einem gerichtlich bestellten Experten erstelltes Gutachten zur Klärung von Fachfragen. Nach §§ 402-414 ZPO kann das Gericht Sachverständige bestellen, wenn spezielle Fachkenntnisse für die Entscheidungsfindung erforderlich sind. Bei Mietstreitigkeiten werden häufig Immobiliensachverständige herangezogen, um etwa die ortsübliche Vergleichsmiete oder besondere Ausstattungsmerkmale zu bewerten.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • Art. 103 Abs. 1 GG (Recht auf rechtliches Gehör):
    Art. 103 Abs. 1 GG gewährleistet, dass jede Partei in einem gerichtlichen Verfahren das Recht hat, ihre Argumente und Beweise vorzutragen und gehört zu werden. Dieses Grundrecht stellt sicher, dass das Gericht alle relevanten Tatsachen in seine Entscheidung einbezieht und sich mit den vorgebrachten Argumenten auseinandersetzt.
    Im vorliegenden Fall wurde das Recht der Klägerin auf rechtliches Gehör verletzt, da das Amtsgericht sich nicht ausreichend mit den Einwendungen gegen die Tauglichkeit des Berliner Mietspiegels als Schätzgrundlage befasst hat, insbesondere hinsichtlich der spezifischen Merkmale der streitgegenständlichen Wohnung.
  • § 558c BGB (Mietspiegel):
    § 558c BGB regelt die Anforderungen an Mietspiegel, insbesondere ihre Erstellung und Anerkennung als Instrument zur Bestimmung der ortsüblichen Vergleichsmiete. Ein qualifizierter Mietspiegel muss nach anerkannten wissenschaftlichen Grundsätzen erstellt sein und wird alle zwei Jahre angepasst.
    Im konkreten Fall wurde beanstandet, dass der Berliner Mietspiegel 2023 die Anforderungen des § 558c BGB nicht erfüllt und somit keine taugliche Grundlage zur Ermittlung der Vergleichsmiete für die streitgegenständliche Wohnung darstellt, was das Amtsgericht hätte prüfen müssen.
  • § 287 ZPO (Beweiswürdigung und richterliche Schätzung):
    Nach § 287 ZPO hat das Gericht einen weiten Spielraum bei der Beweiswürdigung und kann auf Grundlage von Wahrscheinlichkeiten eine Entscheidung treffen, wenn eine Schätzgrundlage die Wirklichkeit mit überwiegender Wahrscheinlichkeit abbildet.
    Das Amtsgericht hat diesen Spielraum im vorliegenden Fall nicht korrekt genutzt, da es die methodischen und wohnungsbezogenen Einwände der Klägerin gegen den Mietspiegel 2023 unzureichend berücksichtigt hat, was die Berufungskammer monierte.
  • § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO (Zurückverweisung bei Verfahrensfehlern):
    Diese Vorschrift erlaubt es einem Berufungsgericht, eine Entscheidung aufzuheben und die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an die Vorinstanz zurückzuverweisen, wenn wesentliche Verfahrensfehler vorliegen.
    Im vorliegenden Fall hat das Landgericht Berlin die Aufhebung und Zurückverweisung vorgenommen, da das Amtsgericht verfahrensfehlerhaft die rechtlichen und tatsächlichen Einwände gegen den Mietspiegel nicht hinreichend gewürdigt hat.
  • §§ 708 Nr. 10, 713 ZPO (vorläufige Vollstreckbarkeit):
    Diese Regelungen ermöglichen die vorläufige Vollstreckbarkeit eines Urteils trotz Berufung, sofern keine besonderen Gründe für eine Aussetzung vorliegen. § 713 ZPO regelt zudem, dass die Sicherheitsleistung unter bestimmten Voraussetzungen entfallen kann.
    Im Urteil wurde die vorläufige Vollstreckbarkeit angeordnet, was den Parteien erlaubt, Rechte aus dem Urteil geltend zu machen, während die Sache erneut verhandelt wird. Dies ist hier relevant, um zeitlichen Druck auf die Beteiligten zu reduzieren.

Das vorliegende Urteil


LG Berlin II – Az.: 67 S 116/24 – Urteil vom 13.08.2024


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