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Eigenbedarfskündigung – Tochter will mit Lebensgefährten einziehen

Mieter müssen trotz angespanntem Wohnungsmarkt in Berlin ihre Wohnung räumen. Das Landgericht gab der Eigenbedarfskündigung der Vermieterinnen statt, die die Wohnung für die Tochter eines Mitgesellschafters benötigen. Obwohl die Mieter sich auf Härtegründe beriefen, sah das Gericht den Eigenbedarf als gerechtfertigt an und räumte den Mietern eine Frist bis Ende 2024 für den Auszug ein.

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landgericht Berlin
  • Datum: 18.04.2024
  • Aktenzeichen: 65 S 172/23
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren für Räumungsklage
  • Rechtsbereiche: Mietrecht, Zivilprozessrecht

Beteiligte Parteien:

  • Klägerinnen: Eigentümerinnen der Wohnung in der (…)straße in Berlin. Sie argumentieren, dass das Mietverhältnis wegen Eigenbedarfs für die Tochter eines Mitgesellschafters gekündigt wurde. Sie verweisen auf frühere Entscheidungen des Bundesgerichtshofs, die ähnliche Kündigungen anerkannten.
  • Beklagte: Mieter der Wohnung. Sie argumentieren, dass die Kündigung formal unwirksam sei, da nicht alle Mieter korrekt benannt wurden. Zudem bestreiten sie den Eigenbedarf und argumentieren, dass es nahezu unmöglich sei, angemessenen Ersatzwohnraum in Berlin zu finden. Sie beantragen eine Räumungsfrist aus Härtegründen gemäß § 574 BGB.

Um was ging es?

  • Sachverhalt: Die Klägerinnen kündigten das Mietverhältnis mit den Beklagten, da die Tochter eines Mitgesellschafters die Wohnung aus Eigenbedarf nutzen möchte. Die Beklagten beriefen sich auf die Unwirksamkeit der Kündigung und die Schwierigkeit, in Berlin Ersatzwohnraum zu finden.
  • Kern des Rechtsstreits: Die Frage, ob die Eigenbedarfskündigung der Klägerinnen wirksam ist und ob die Beklagten einen Anspruch auf Fortsetzung des Mietverhältnisses wegen Härtefällen gemäß § 574 BGB haben.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Das Landgericht Berlin entschied zugunsten der Klägerinnen. Die Beklagten müssen die Wohnung räumen. Es wurde eine Räumungsfrist bis zum 30. November 2024 gesetzt.
  • Begründung: Das Gericht stellte fest, dass die Kündigung formell und materiell wirksam ist. Ein berechtigtes Interesse an der Nutzung durch die Tochter des Mitgesellschafters lag vor. Die Berufung der Beklagten auf Härtegründe aufgrund des schwierigen Wohnungsmarktes wurde als unzureichend erachtet, da sie keine ausreichenden Bemühungen nachweisen konnten, Ersatzwohnraum zu finden.
  • Folgen: Die Beklagten müssen die Wohnung räumen. Da die Revision nicht zugelassen wurde, ist das Urteil endgültig. Die Klägerinnen dürfen die Zwangsräumung vollstrecken, falls die Beklagten die Wohnung nicht freiwillig räumen.

Eigenbedarfskündigung: Rechte der Mieter und zulässige Kündigungsgründe erläutert

Die Eigenbedarfskündigung ist ein zentraler Aspekt des Mietrechts und betrifft viele Mietverhältnisse, insbesondere wenn es um das Einziehen von Lebensgefährten geht. Vermieter können unter bestimmten rechtlichen Voraussetzungen das Mietverhältnis beenden, um Wohnraum für sich oder nahe Angehörige zu schaffen. In dieser sensiblen Materie spielen Kündigungsfristen, Nachweise für Eigenbedarf sowie die Rechte der Mieter eine entscheidende Rolle.

Ein häufiges Szenario ist, wenn die Tochter des Vermieters mit ihrem Lebensgefährten in die Familienwohnung einziehen möchte. Diese Situation wirft Fragen auf, welche Kündigungsgründe zulässig sind und wie Mieterrechte in einem solchen Fall gewahrt werden können. Im Folgenden wird ein konkreter Fall beleuchtet, der zeigt, wie Gerichte mit Eigenbedarfskündigungen umgehen.

Der Fall vor Gericht


Berliner Landgericht bestätigt Eigenbedarfskündigung trotz angespanntem Wohnungsmarkt

Junges Paar plant ihren Umzug nach Berlin, während sie am Küchentisch sitzen und Unterlagen durchsehen.
Eigenbedarfskündigung und rechtliche Voraussetzungen | Symbolfoto: Ideogram gen.

Das Landgericht Berlin hat in einem Berufungsverfahren die Räumungsklage zweier Vermieterinnen gegen ein Mieterpaar stattgegeben. Die Kündigung wegen Eigenbedarfs für die Tochter eines Mitgesellschafters einer der klagenden Gesellschaften wurde als formell und materiell wirksam eingestuft.

Formelle Wirksamkeit der Kündigung bestätigt

Das Gericht widersprach der erstinstanzlichen Entscheidung des Amtsgerichts Wedding. Im Kündigungsschreiben vom 2. August 2021 war die Bedarfsperson, die Tochter des Mitgesellschafters, namentlich benannt worden. Die zusätzliche Angabe, dass sie die Wohnung mit ihrem Lebensgefährten nutzen wolle, erfüllte nach Ansicht des Landgerichts die gesetzlichen Anforderungen an die Begründung einer Eigenbedarfskündigung. Eine detaillierte namentliche Nennung des Lebensgefährten sei nicht erforderlich.

Nutzungswunsch nachgewiesen

Die Vermieterinnen konnten den ernsthaften Nutzungswunsch der Bedarfsperson durch Zeugenaussagen belegen. Der als Zeuge vernommene Lebensgefährte schilderte nachvollziehbar die gemeinsame Lebensplanung des Paares. Der Wunsch nach einem Studienortwechsel nach Berlin, insbesondere an die Humboldt-Universität, wurde durch Studienbescheinigungen und Korrespondenz untermauert.

Härtegründe der Mieter nicht ausreichend

Die Beklagten beriefen sich erfolglos auf Härtegründe nach § 574 BGB. Die attestierte Anpassungsstörung eines Mieters sowie die gesundheitliche Situation des im Haushalt lebenden Kindes wurden vom Gericht nicht als schwerwiegend genug eingestuft, um einen Umzug unmöglich zu machen oder eine ernsthafte Gefahr einer erheblichen Verschlechterung der gesundheitlichen Situation zu begründen.

Ersatzwohnungsangebote abgelehnt

Die Vermieterinnen hatten den Mietern eine alternative Dreizimmerwohnung mit 85 Quadratmetern im selben Gebäude angeboten. Das Angebot umfasste den Austausch der Fenster, das Abschleifen des Dielenbodens, einen Zuschuss für Malerarbeiten sowie zwei Monate Mietfreiheit. Die Mieter lehnten dieses Angebot ab. Das Gericht bewertete die angebotene Wohnung als zumutbar, auch wenn sie kleiner als die bisherige war.

Räumungsfrist gewährt

Das Landgericht gewährte den Mietern eine Räumungsfrist bis zum 30. November 2024. Bei der Fristbemessung berücksichtigte das Gericht einerseits das Interesse der Bedarfsperson an einer zeitnahen Nutzung, andererseits die Situation des schulpflichtigen Kindes der Mieter. Die Frist soll den Mietern ermöglichen, sich intensiv um Ersatzwohnraum zu bemühen.


Die Schlüsselerkenntnisse


„Das Urteil bestätigt, dass bei einer Eigenbedarfskündigung die bedarfsberechtigte Person (hier: die Tochter) namentlich genannt werden muss, während weitere einziehende Personen (wie der Lebensgefährte) nicht zwingend namentlich zu benennen sind. Das Landgericht Berlin folgt damit der Rechtsprechung des BGH und stärkt die Position von Vermietern bei Eigenbedarfskündigungen. Hervorzuheben ist auch, dass das Gericht trotz des angespannten Berliner Wohnungsmarktes die Eigenbedarfskündigung als wirksam erachtet, aber eine großzügige Räumungsfrist bis zum 30. November 2024 gewährt.“

Was bedeutet das Urteil für Sie?

Als Mieter müssen Sie bei einer Eigenbedarfskündigung genau prüfen, ob die Person, für die Eigenbedarf geltend gemacht wird, im Kündigungsschreiben eindeutig benannt ist. Weitere mit einziehende Personen müssen dagegen nicht namentlich genannt werden. Die Chancen, sich gegen eine Eigenbedarfskündigung zu wehren, sind auch bei schwierigem Wohnungsmarkt begrenzt – allerdings können Sie mit einer angemessenen Räumungsfrist rechnen, um eine neue Wohnung zu finden. Bei Härtefällen sollten Sie unbedingt einen Antrag auf Fortsetzung des Mietverhältnisses nach § 574 BGB stellen.


Eigenbedarfskündigung erhalten?

Das Landgericht Berlin hat entschieden: Die Angabe der einziehenden Person im Kündigungsschreiben reicht aus. Doch jedes Mietverhältnis ist individuell. Gerade bei Härtefällen oder Unsicherheiten lohnt sich eine rechtliche Prüfung Ihrer Situation. Wir helfen Ihnen, Ihre Rechte als Mieter zu wahren und die bestmögliche Lösung zu finden.
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Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wann ist eine Eigenbedarfskündigung rechtlich wirksam?

Eine Eigenbedarfskündigung ist nur dann rechtlich wirksam, wenn sie die gesetzlichen Voraussetzungen erfüllt, die im Bürgerlichen Gesetzbuch (§ 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB) geregelt sind. Der Vermieter muss dabei ein berechtigtes Interesse nachweisen, das darin besteht, dass er die Wohnung für sich selbst, für nahe Familienangehörige oder für Angehörige seines Haushalts benötigt. Im Folgenden werden die formellen und materiellen Anforderungen sowie ein Beispiel erläutert.

Formelle Voraussetzungen

Damit eine Eigenbedarfskündigung wirksam ist, muss das Kündigungsschreiben folgende Punkte erfüllen:

  • Schriftform: Die Kündigung muss schriftlich erfolgen.
  • Begründung des Eigenbedarfs: Es muss klar dargelegt werden, wer die Wohnung benötigt (z. B. Tochter des Vermieters) und warum.
  • Angabe der Bedarfsperson: Die Person, für die der Eigenbedarf geltend gemacht wird, muss namentlich genannt werden. Auch das Verwandtschaftsverhältnis oder die Beziehung zum Vermieter ist anzugeben.
  • Nachvollziehbare Gründe: Der Vermieter muss erklären, warum keine andere zumutbare Wohnmöglichkeit besteht.
  • Hinweis auf Widerspruchsrecht: Der Vermieter muss den Mieter über dessen gesetzliches Widerspruchsrecht informieren (§ 574 BGB).
  • Einhaltung der Kündigungsfrist: Die Frist beträgt je nach Mietdauer zwischen drei und neun Monaten (§ 573c BGB).

Materielle Voraussetzungen

Neben den formellen Anforderungen müssen auch inhaltliche Bedingungen erfüllt sein:

  • Berechtigter Personenkreis: Eigenbedarf kann nur für den Vermieter selbst, enge Familienangehörige (z. B. Kinder, Eltern) oder Haushaltsangehörige (z. B. Pflegepersonal) geltend gemacht werden. Für entferntere Verwandte oder nicht verwandte Personen (z. B. Tochter des Lebensgefährten) ist eine Eigenbedarfskündigung in der Regel unzulässig.
  • Tatsächlicher Bedarf: Der Bedarf muss real und konkret sein. Ein bloßes Interesse oder zukünftige Pläne reichen nicht aus.
  • Keine Alternativen: Der Vermieter muss darlegen können, dass keine andere geeignete Wohnmöglichkeit zur Verfügung steht.

Beispiel: Tochter zieht mit Lebensgefährten ein

Ein Vermieter möchte seinem Mieter kündigen, da seine Tochter mit ihrem Lebensgefährten in die Wohnung einziehen möchte. In diesem Fall gilt:

  • Für die Tochter als enge Familienangehörige kann rechtlich Eigenbedarf geltend gemacht werden.
  • Der Lebensgefährte der Tochter wird jedoch nicht automatisch als Haushaltsangehöriger anerkannt. Die Begründung des Eigenbedarfs sollte daher auf die Tochter fokussiert sein.
  • Das Kündigungsschreiben muss nachvollziehbar erklären, warum die Tochter diese Wohnung benötigt und warum keine andere Wohnmöglichkeit zur Verfügung steht.

Wichtige Einschränkungen

  • Missbrauchsschutz: Eine vorgetäuschte Eigenbedarfskündigung ist unzulässig und kann Schadensersatzansprüche des Mieters auslösen.
  • Härtefallregelung: Mieter können der Kündigung widersprechen, wenn sie einen Härtefall geltend machen können (z. B. Krankheit oder hohes Alter), gemäß § 574 BGB.

Durch diese strengen Anforderungen soll sichergestellt werden, dass sowohl die Rechte des Vermieters als auch des Mieters gewahrt bleiben.


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Welche Härtefallgründe können Mieter einer Eigenbedarfskündigung entgegenhalten?

Ein Härtefall nach § 574 BGB liegt vor, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses für den Mieter oder seine Familie eine nicht zu rechtfertigende Härte bedeuten würde.

Anerkannte Härtefallgründe

Hohes Alter in Kombination mit weiteren Faktoren kann einen Härtefall begründen. Besonders wenn eine langjährige soziale Verwurzelung im Wohnumfeld besteht, kann dies der Kündigung entgegenstehen. Das Alter allein reicht jedoch nicht aus – es müssen weitere erschwerende Umstände hinzukommen.

Gesundheitliche Gründe sind besonders relevant. Dazu gehören:

  • Schwere physische oder psychische Erkrankungen
  • Pflegebedürftigkeit
  • Suizidgefährdung

Berufliche und ausbildungsbezogene Gründe können ebenfalls einen Härtefall darstellen:

  • Gefährdung eines Schul- oder Ausbildungsabschlusses
  • Erhebliche berufliche Beeinträchtigungen durch einen Umzug

Nachweis des Härtefalls

Ein einfaches ärztliches Attest reicht für den Nachweis gesundheitlicher Gründe nicht aus. Erforderlich ist ein ausführliches Sachverständigengutachten, das:

  • Art und Umfang der gesundheitlichen Probleme detailliert darstellt
  • Die konkreten Auswirkungen auf die Lebensführung beschreibt
  • Die möglichen Folgen eines Wohnungsverlusts für den Gesundheitszustand analysiert

Fehlender Ersatzwohnraum kann ebenfalls einen Härtefall begründen, wenn keine adäquate Ersatzwohnung zu angemessenen Bedingungen gefunden werden kann.

Interessenabwägung

Bei der Prüfung eines Härtefalls werden die Interessen beider Parteien gegeneinander abgewogen. Dabei spielen folgende Faktoren eine wichtige Rolle:

  • Die Dauer des Mietverhältnisses
  • Die soziale Verwurzelung im Wohnumfeld
  • Die Dringlichkeit des Eigenbedarfs
  • Die Verfügbarkeit von Alternativen für beide Seiten

Die Gerichte entscheiden immer im Einzelfall über das Vorliegen eines Härtefalls. Bei Anerkennung eines Härtefalls kann das Mietverhältnis entweder zeitlich befristet oder auf unbestimmte Zeit fortgesetzt werden.


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Welche Fristen gelten bei einer Eigenbedarfskündigung?

Bei einer Eigenbedarfskündigung gelten die gesetzlichen Kündigungsfristen nach § 573c BGB, die sich nach der Mietdauer staffeln:

Grundlegende Kündigungsfristen

Die Kündigungsfrist beträgt mindestens drei Monate und verlängert sich mit zunehmender Mietdauer:

  • Bei einer Mietdauer bis 5 Jahre: 3 Monate
  • Bei einer Mietdauer von 5 bis 8 Jahren: 6 Monate
  • Bei einer Mietdauer ab 8 Jahren: 9 Monate

Besondere Fristen bei umgewandelten Wohnungen

Wenn Sie eine in Eigentum umgewandelte Mietwohnung gekauft haben, müssen Sie eine Sperrfrist von mindestens drei Jahren einhalten, bevor Sie wegen Eigenbedarf kündigen können. In Gebieten mit angespanntem Wohnungsmarkt kann diese Sperrfrist durch die Bundesländer sogar auf bis zu zehn Jahre verlängert werden.

Räumungsfristen

Nach einem erfolgreichen Räumungsprozess gewährt das Gericht dem Mieter in der Regel noch eine zusätzliche Räumungsfrist von drei bis sechs Monaten. Diese Zeit ermöglicht es dem Mieter, eine neue Wohnung zu finden und umzuziehen.

Formelle Anforderungen

Die Kündigung muss spätestens am dritten Werktag eines Kalendermonats beim Mieter eingehen, damit sie zum Ablauf des übernächsten Monats wirksam wird. Wenn Sie beispielsweise zum 31. März kündigen möchten, muss die Kündigung dem Mieter spätestens am 3. Januar zugehen.

Bei Zweifamilienhäusern, in denen Sie als Vermieter selbst wohnen, gelten Sonderregelungen. Hier verlängern sich die Kündigungsfristen um jeweils drei Monate und liegen damit zwischen sechs und zwölf Monaten.


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Muss ein Mieter ein Ersatzwohnungsangebot des Vermieters akzeptieren?

Ein Mieter ist nicht verpflichtet, ein Ersatzwohnungsangebot des Vermieters zu akzeptieren, wenn bestimmte Voraussetzungen nicht erfüllt sind. Hier sind die Kriterien, die eine Ersatzwohnung erfüllen muss, um als zumutbar zu gelten:

Kriterien für die Zumutbarkeit einer Ersatzwohnung

  • Lage: Die Ersatzwohnung muss sich im gleichen Gebäude oder im gleichen Gebäudekomplex befinden.
  • Verfügbarkeit: Sie muss bereits frei sein oder spätestens zum Kündigungszeitpunkt frei werden.
  • Verwendungszweck: Der Vermieter darf die Ersatzwohnung nicht für Eigenbedarf, sondern nur zu Wohnzwecken an Dritte vermieten.
  • Eignung: Die Wohnung muss für den Mieter in Bezug auf Größe, Lage und Miethöhe geeignet sein.
  • Zumutbarkeit: Die Vermietung der Ersatzwohnung an den Mieter muss für den Vermieter zumutbar sein.

Folgen einer Ablehnung

Wenn der Vermieter eine Ersatzwohnung anbietet, die diese Kriterien erfüllt, und der Mieter das Angebot ablehnt, kann dies rechtliche Konsequenzen haben:

  • Schadensersatzpflicht: Der Vermieter könnte schadensersatzpflichtig werden für Kosten, die dem Mieter durch die Ablehnung entstehen, wie z.B. Makler- und Umzugskosten.
  • Wirksamkeit der Kündigung: Die Eigenbedarfskündigung bleibt jedoch wirksam, auch wenn der Vermieter keine Ersatzwohnung anbietet oder der Mieter das Angebot ablehnt.

Beispiel

Stellen Sie sich vor, Sie erhalten eine Eigenbedarfskündigung, weil die Tochter des Vermieters mit ihrem Lebensgefährten in Ihre Wohnung einziehen möchte. Der Vermieter bietet Ihnen eine Wohnung im gleichen Gebäude an, die zum Kündigungszeitpunkt frei wird und in Größe und Miethöhe ähnlich ist. Wenn Sie diese Wohnung ablehnen, könnte der Vermieter Sie auf Schadensersatz verklagen, falls Sie dadurch zusätzliche Kosten haben. Die Kündigung bleibt jedoch wirksam, und Sie müssen die Wohnung räumen.

Rechtliche Grundlagen

Die rechtlichen Grundlagen für diese Regelungen finden sich in den Urteilen des Bundesgerichtshofs (BGH) und in § 574 BGB, der sogenannten Sozialklausel oder Härteklausel. Diese Klausel erlaubt es Mietern, gegen eine Kündigung Widerspruch einzulegen, wenn die Beendigung des Mietverhältnisses eine Härte darstellt, die nicht gerechtfertigt ist.

Handlungsschritte

  • Überprüfen Sie das Angebot: Stellen Sie sicher, dass das Ersatzwohnungsangebot die oben genannten Kriterien erfüllt.
  • Dokumentieren Sie Ihre Bemühungen: Wenn Sie der Meinung sind, dass die angebotene Wohnung nicht zumutbar ist, dokumentieren Sie Ihre Bemühungen, eine andere geeignete Wohnung zu finden.
  • Berücksichtigen Sie Ihre Situation: Denken Sie daran, dass Ihre persönliche Situation (z.B. hohes Alter, Krankheit) bei der Beurteilung der Zumutbarkeit der Ersatzwohnung eine Rolle spielen kann.

Diese Informationen helfen Ihnen, Ihre Rechte und Pflichten im Zusammenhang mit einem Ersatzwohnungsangebot bei einer Eigenbedarfskündigung besser zu verstehen.


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Welche Angaben muss der Vermieter in der Eigenbedarfskündigung machen?

Eine wirksame Eigenbedarfskündigung erfordert zwingend die Schriftform und muss mehrere formelle Anforderungen erfüllen.

Grundlegende Formalien

Das Kündigungsschreiben muss folgende Pflichtangaben enthalten:

  • Name und Anschrift des Vermieters als Absender
  • Name und Anschrift des Mieters als Empfänger
  • Genaue Bezeichnung und Anschrift der Mietwohnung
  • Ausdrückliche Bezugnahme auf § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB als Kündigungsgrund
  • Kündigungstermin und Kündigungsfrist
  • Eigenhändige Unterschrift des Vermieters

Begründung des Eigenbedarfs

Der Vermieter muss den Eigenbedarf detailliert und nachvollziehbar begründen. Dazu gehören:

  • Namentliche Nennung der Person, die einziehen soll
  • Konkrete Darlegung des Verwandtschaftsverhältnisses oder der Beziehung zur einziehenden Person
  • Nachvollziehbare Erklärung, warum die Wohnung für diese Person benötigt wird

Weitere erforderliche Hinweise

Im Kündigungsschreiben müssen zusätzlich enthalten sein:

  • Ausdrücklicher Hinweis auf das gesetzliche Widerspruchsrecht des Mieters
  • Konkretes Datum für die Rückgabe der Wohnung

Die bloße Formulierung „Kündigung wegen Eigenbedarfs“ ist nicht ausreichend. Wenn Sie beispielsweise für Ihre Tochter und deren Lebensgefährten kündigen möchten, müssen Sie deren Namen nennen und erläutern, aus welchen konkreten Gründen gerade diese Wohnung benötigt wird.


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Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung ersetzen kann. Haben Sie konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren – wir beraten Sie gerne.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Eigenbedarf

Ein gesetzlich anerkannter Kündigungsgrund im Mietrecht, bei dem der Vermieter die vermietete Wohnung für sich selbst oder nahe Familienangehörige benötigt. Geregelt in § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB. Der Vermieter muss vernünftige und nachvollziehbare Gründe für den Eigenbedarf nachweisen. Beispiel: Ein Vermieter kündigt, weil sein Kind nach dem Studium in die Wohnung einziehen soll. Der Bedarf muss ernsthaft und dauerhaft sein – vorgeschobener Eigenbedarf zur Umgehung des Mieterschutzes ist unzulässig.


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Härtegründe

Besondere persönliche, familiäre oder wirtschaftliche Umstände des Mieters, die einer Kündigung entgegenstehen können (§ 574 BGB). Dazu gehören hohes Alter, schwere Krankheit, Schwangerschaft oder fehlende Ersatzwohnung. Mieter müssen diese Gründe dem Vermieter schriftlich mitteilen und nachweisen. Das Gericht wägt dann Vermieter- und Mieterinteressen ab. Beispiel: Eine 85-jährige, pflegebedürftige Mieterin kann sich erfolgreich auf Härtegründe berufen.


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Räumungsfrist

Eine vom Gericht festgelegte Zeitspanne, die dem Mieter nach einer rechtskräftigen Räumungsklage zum Auszug gewährt wird (§ 721 ZPO). Die Frist soll dem Mieter ermöglichen, eine neue Wohnung zu finden und den Umzug zu organisieren. Die Länge richtet sich nach den Umständen des Einzelfalls, wie Wohnungsmarktlage oder persönliche Situation. Beispiel: Bei Schulkindern werden oft längere Fristen bis zum Schuljahresende gewährt.


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Berufungsverfahren

Ein Rechtsmittel gegen erstinstanzliche Gerichtsentscheidungen, geregelt in §§ 511-541 ZPO. Die unterlegene Partei kann das Urteil durch ein höheres Gericht überprüfen lassen. Im Berufungsverfahren wird der Fall in rechtlicher und tatsächlicher Hinsicht neu geprüft. Beispiel: Das Landgericht hebt als Berufungsgericht ein Urteil des Amtsgerichts auf und entscheidet anders.


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Formelle Wirksamkeit

Beschreibt die Einhaltung aller gesetzlich vorgeschriebenen Formvoraussetzungen bei Rechtshandlungen, hier bei der Kündigung nach § 568 BGB. Dazu gehören die Schriftform, die Unterschrift und eine ausreichende Begründung. Die Nichteinhaltung dieser Vorgaben macht die Kündigung unwirksam. Beispiel: Eine nur mündlich ausgesprochene Eigenbedarfskündigung ist formell unwirksam.


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Materielle Wirksamkeit

Bezeichnet die inhaltliche Rechtmäßigkeit einer Rechtshandlung nach den geltenden Gesetzen. Bei der Eigenbedarfskündigung bedeutet dies, dass tatsächlich ein berechtigtes Interesse des Vermieters vorliegen muss (§ 573 BGB). Die Gründe müssen nachweisbar und vernünftig sein. Beispiel: Ein nur vorgetäuschter Eigenbedarf macht die Kündigung materiell unwirksam, auch wenn sie formell korrekt ist.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB (Eigenbedarfskündigung):
    Vermieter können eine Wohnung kündigen, wenn sie die Wohnung für sich, nahe Angehörige oder Familienmitglieder benötigen. Dabei müssen nachvollziehbare und ernsthafte Gründe vorliegen, die den Bedarf rechtfertigen. Das Interesse an der Wohnung muss dabei von hinreichendem Gewicht sein und darf nicht willkürlich erscheinen.
    Im vorliegenden Fall wurde die Wohnung für die Tochter des Mitgesellschafters beansprucht. Die Kammer folgte der Beweisaufnahme, wonach ein glaubhaft dargelegter Bedarf der Tochter und ihres Lebensgefährten vorlag, gemeinsam in die Wohnung einzuziehen. Die Gerichtsentscheidung bezieht sich auf die rechtlich geschützte Möglichkeit, dass auch Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR) eine Eigenbedarfskündigung zugunsten eines Gesellschafters oder dessen Angehörigen aussprechen können.
  • § 573 Abs. 3 Satz 1 BGB (Begründungspflicht bei Kündigung):
    Eine Eigenbedarfskündigung ist nur wirksam, wenn der Kündigungsgrund im Kündigungsschreiben so detailliert beschrieben wird, dass der Mieter den Grund nachvollziehen und sich entsprechend verteidigen kann. Ziel ist es, dem Mieter frühzeitig Klarheit zu verschaffen und eine gerichtliche Auseinandersetzung auf einen klar umrissenen Grund zu beschränken.
    Im Fall genügte das Kündigungsschreiben den Anforderungen: Die Tochter wurde als Bedarfsperson namentlich benannt, und ihr Interesse, die Wohnung gemeinsam mit dem Lebensgefährten zu bewohnen, wurde ausreichend dargestellt. Die Beklagten hatten somit genügend Informationen, um ihre Verteidigung darauf aufzubauen.
  • § 574 Abs. 1, Abs. 2 BGB (Fortsetzung des Mietverhältnisses wegen unzumutbarer Härte):
    Mieter können der Kündigung widersprechen und verlangen, das Mietverhältnis fortzusetzen, wenn die Beendigung der Nutzung für sie oder ihre Angehörigen eine unzumutbare Härte darstellt. Hierbei sind persönliche und wirtschaftliche Umstände zu berücksichtigen, wie z.B. die Wohnungsmarktsituation oder gesundheitliche Probleme.
    Die Beklagten beantragten eine Fortsetzung des Mietverhältnisses unter Berufung auf die schwierige Wohnsituation in Berlin. Das Gericht stellte jedoch fest, dass die Voraussetzungen für eine unzumutbare Härte im Sinne des § 574 BGB nicht erfüllt waren, da die Beklagten ihre konkrete Wohnungsnot nicht ausreichend nachweisen konnten.
  • § 286 ZPO (Beweiswürdigung durch das Gericht):
    Das Gericht entscheidet nach freier Überzeugung unter Berücksichtigung aller Verhandlungsinhalte und Beweisergebnisse. Es muss eine ausreichende Gewissheit darüber erlangen, dass die behaupteten Tatsachen wahr sind. Absolute Gewissheit ist nicht erforderlich, vielmehr genügt ein praktisch brauchbarer Grad von Überzeugung.
    Im Fall führte die Vernehmung des Lebensgefährten der Tochter zur Überzeugung des Gerichts, dass der Eigenbedarf tatsächlich vorliegt. Die Angaben waren detailliert, nachvollziehbar und wurden durch vorgelegte Unterlagen wie Studienbescheinigungen unterstützt, was die Glaubhaftigkeit unterstrich.
  • § 546 Abs. 1 BGB (Herausgabepflicht des Mieters):
    Nach Beendigung des Mietverhältnisses ist der Mieter verpflichtet, die Wohnung an den Vermieter herauszugeben. Diese Pflicht tritt automatisch ein, sobald das Mietverhältnis durch Kündigung wirksam beendet wurde.
    Da die Eigenbedarfskündigung rechtmäßig war und das Gericht keine unzumutbare Härte nach § 574 BGB feststellen konnte, waren die Beklagten verpflichtet, die Wohnung zu räumen und an die Klägerinnen herauszugeben. Die Räumungsfrist bis zum 30. November 2024 wurde dabei als angemessener Zeitraum zur Wohnungssuche gewährt.

Das vorliegende Urteil


LG Berlin II – Az.: 65 S 172/23 – Urteil vom 18.04.2024


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