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Anrechnung ersparter Miete bei Auszug: Nur Mehrkosten zählen

Eine Mieterin musste ihre Loftwohnung wegen Schimmel und Schadstoffen verlassen und forderte Schadensersatz, doch die Anrechnung ersparter Miete bei Auszug wurde zum Knackpunkt. Ob die Kosten für eine Ersatzunterkunft vollständig erstattet werden, hing plötzlich von einem unerwarteten Detail ab.

Zum vorliegenden Urteil LG Berlin – Az.: 64 S 249/20 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landgericht Berlin
  • Datum: 18.05.2022
  • Aktenzeichen: 64 S 249/20
  • Verfahren: Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Mietrecht, Schadenersatzrecht

  • Das Problem: Eine Mieterin und ihre Vermieterin stritten sich darüber, wie hoch der Schadenersatz ausfällt, nachdem die Dachgeschosswohnung mit Schadstoffen und Schimmel befallen war. Die Mieterin forderte unter anderem Geld für Ersatzwohnungen und Schmerzensgeld.
  • Die Rechtsfrage: Wie viel Schadenersatz muss eine Vermieterin einer Mieterin zahlen, wenn die Wohnung wegen Schadstoffen und Schimmel unbewohnbar ist? Muss sich die Mieterin die ersparte Miete für die eigene Wohnung anrechnen lassen, wenn sie eine Ersatzwohnung mietet?
  • Die Antwort: Die Vermieterin muss nicht alle geforderten Kosten wegen der Schadstoffe in der Wohnung übernehmen. Die Mieterin muss sich die ersparte Miete für ihre eigene Wohnung anrechnen lassen, wenn sie eine Ersatzwohnung nutzt. Das Gericht sprach ihr aber Geld für Schutzkleidung, ein Gutachten und ein höheres Schmerzensgeld zu. Es stellte zudem fest, dass die Vermieterin auch für künftige materielle Schäden haften muss.
  • Die Bedeutung: Mieter müssen genau nachweisen, dass eine Ersatzwohnung einen deutlich geringeren Wert hatte als die eigentlich ersparte Miete. Allein das Verschulden des Vermieters führt nicht dazu, dass er pauschal alle Wohnkosten der Mieterin übernehmen muss.

Der Fall vor Gericht


Wer zahlt die Ersatzwohnung, wenn die Mietwohnung unbewohnbar ist?

Eine Mieterin musste ihre Traumwohnung verlassen – Schimmel und Schadstoffe machten sie unbewohnbar. Ihre Miete fiel auf null. Sie zog ins Hotel, dann in eine Ersatzwohnung, und schickte der Vermieterin eine Rechnung über zehntausende Euro. Die Logik schien einfach: Wer den Schaden verursacht, muss für alle Kosten aufkommen.

Ein Sachverständiger sichert Proben des Schimmelbefalls in der unbewohnbaren Mietwohnung für das Schadensersatz-Gutachten.
Landgericht: Nach Schimmelbefall hebt ersparte Miete Ersatzwohnkosten auf, Vermieter nur teilweise schadensersatzpflichtig | Symbolbild: KI-generiertes Bild

Doch vor dem Landgericht Berlin entfaltete sich ein finanzielles Paradox. Die Mieterin hatte zwar hohe Ausgaben, aber sie sparte auch jeden Monat 1.550 Euro Miete. Genau diese Ersparnis wurde zum Dreh- und Angelpunkt eines Streits, der die Frage aufwarf: Kann ein Mieter am Ende draufzahlen, obwohl der Vermieter im Unrecht ist?

Warum musste die Mieterin die Kosten für Hotel und Ersatzwohnung selbst tragen?

Der zentrale Punkt der Gerichtsentscheidung war eine kühle, aber konsequente Rechnung. Die Richter folgten dem Grundsatz, dass ein Mieter durch einen Schadenersatz nicht bessergestellt werden darf, als er ohne den Schaden stünde. Der Anspruch auf Schadenersatz bei Mängeln ist in § 536a Abs. 1 BGB geregelt.

Die Mieterin sparte durch die Mietminderung auf null jeden Monat 1.550 Euro. Dieser Betrag repräsentiert aus juristischer Sicht den Wert des „Wohnnutzens“, der ihr durch die unbewohnbare Loftwohnung entging. Das Gericht stellte diesen ersparten Betrag den Kosten für die Ersatzunterkünfte gegenüber. Die Rechnung war simpel: Solange die Kosten für die Ersatzwohnung die ersparte Miete nicht übersteigen, entsteht kein ersatzpflichtiger finanzieller Schaden. Der entgangene Wohnnutzen und die ersparte Miete heben sich gegenseitig auf.

Die Mieterin argumentierte, diese Anrechnung sei unfair. Ihre Ersatzunterkünfte – ein Hotelzimmer und später eine kleine Einzimmerwohnung – böten einen viel geringeren Wohnwert als ihr 100-Quadratmeter-Loft mit zwei Terrassen. Sie schätzte den Wert des Hotelzimmers auf nur 15 % und den der Einzimmerwohnung auf 40 % ihrer ursprünglichen Miete. Hier lag der Denkfehler aus Sicht des Gerichts. Solche pauschalen Prozentangaben genügten nicht. Die Mieterin hätte konkret und nachvollziehbar darlegen müssen, warum der Wohnwert so viel geringer war. Dafür hätte sie beispielsweise einen Mietspiegel, Vergleichsangebote oder eine detaillierte Aufschlüsselung von Wohnwertmerkmalen vorlegen müssen. Ohne diesen stichhaltigen Beweis blieb das Gericht bei seiner Gegenrechnung. Die Forderungen für Ersatzunterkünfte, Reisekosten und sogar die Unterbringung ihrer Pflanzen – insgesamt über 28.000 Euro – wurden abgewiesen.

Welche Kosten musste die Vermieterin trotzdem erstatten?

Obwohl der größte Posten scheiterte, war die Mieterin nicht komplett erfolglos. Das Gericht sprach ihr Ersatz für Kosten zu, die als direkt notwendig und nachweisbar galten.

Ein entscheidender Posten waren die Kosten für ein zweites Sachverständigengutachten in Höhe von 1.338 Euro. Die Vermieterin hatte die Schadstoffbelastung in der Luft bestritten und die Wohnung als bewohnbar bezeichnet. Dieser Widerspruch machte ein weiteres Gutachten zur notwendigen Maßnahme der Rechtsverfolgung. Die Kosten dafür musste die Vermieterin tragen.

Auch die Ausgaben für Schutzkleidung wurden teilweise anerkannt. Die Mieterin konnte die kontaminierte Wohnung nur mit Schutzanzügen betreten. Das Gericht schätzte die Notwendigkeit von acht Besuchen und setzte dafür pauschal 20 Euro pro Besuch an – eine Summe von 160 Euro. Diese Aufwendungen fielen unter den Ersatzanspruch für Sanierungsfolgen aus § 555a Abs. 3 BGB. Andere Forderungen, wie die für neue Bettwäsche oder zusätzliche Fensterschlösser, wies das Gericht zurück. Die Mieterin hatte nicht ausreichend belegt, warum diese Anschaffungen zwingend erforderlich waren.

Wie hoch war das Schmerzensgeld für die Schimmel-Allergie?

Die Mieterin litt unter allergischen Reaktionen, die sie mit ärztlichen Attesten belegte. Das Amtsgericht hatte ihr dafür in der ersten Instanz 500 Euro Schmerzensgeld zugesprochen. Das Landgericht Berlin verdoppelte diesen Betrag auf 1.000 Euro.

Die Richter wogen die Schwere der Beeinträchtigung ab. Die belegten allergischen Reaktionen waren mehr als eine bloße Unannehmlichkeit. Sie erreichten aber nicht die Schwere eines lebensbedrohlichen anaphylaktischen Schocks, der in anderen Fällen zu deutlich höheren Summen führt. Der Anspruch auf Schmerzensgeld ist in § 253 Abs. 2 BGB verankert. Die Erhöhung auf 1.000 Euro war aus Sicht des Gerichts ein angemessener Ausgleich für die erlittenen körperlichen Beschwerden.

Eine weitere Entschädigung für psychische Belastungen lehnte das Gericht ab. Die Mieterin hatte zwar von psychischen Beeinträchtigungen gesprochen, diese aber nicht durch ein ausführliches ärztliches Attest nachgewiesen, das eine Erkrankung mit Krankheitswert belegt. Ohne einen solchen Nachweis gibt es keine Grundlage für zusätzliches Schmerzensgeld.

Muss die Vermieterin auch für zukünftige Schäden aufkommen?

Diese Frage bejahte das Gericht in einem wichtigen Punkt. Es verurteilte die Vermieterin nicht nur zur Zahlung der konkreten Beträge, sondern traf auch eine Feststellung

Die Urteilslogik

Gerichte legen bei Schadensersatzansprüchen wegen Mietmängeln eine strenge rechnerische Logik an.

  • Anrechnung der Wohnersparnis: Ein Mieter rechnet sich die ersparte Miete für seine alte, unbewohnbare Wohnung auf die Kosten einer Ersatzunterkunft an, solange diese die ursprüngliche Miete nicht übersteigen.
  • Präziser Nachweis von Mehrkosten und Wohnwertminderung: Ein Mieter belegt alle geltend gemachten Mehrkosten und die Wertminderung einer Ersatzunterkunft präzise und detailliert, da pauschale Angaben nicht genügen.
  • Schmerzensgeld bei körperlichen Schäden: Ein Geschädigter erhält Schmerzensgeld für körperliche Beeinträchtigungen, wenn er diese medizinisch belegt; psychische Belastungen erfordern einen spezifischen Nachweis mit Krankheitswert.

Die Durchsetzung von Schadenersatzansprüchen im Mietrecht hängt maßgeblich von der präzisen Darlegung und dem stichhaltigen Beweis ab.


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Experten Kommentar

Viele denken, wenn die Wohnung unbewohnbar wird, zahlt der Vermieter automatisch alles, was an neuen Kosten anfällt. Dieses Urteil zeigt aber klar: Die ersparte Miete für die alte Wohnung wird gnadenlos mit den Kosten für Hotel oder Ersatzwohnung verrechnet. Wenn die Ersatzunterkunft nicht konkret nachweisbar teurer ist als die Miete, die man sich spart, bleibt man auf den Mehrkosten sitzen – ein wichtiger Punkt für jeden Mieter in so einer Lage. Es reicht nicht aus, nur zu sagen, die Ersatzwohnung sei schlechter; man muss das auch stichhaltig belegen können.


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Wann gilt meine Mietwohnung als unbewohnbar und wie weise ich das nach?

Ihre Mietwohnung gilt als unbewohnbar, wenn gravierende Mängel wie Schimmel oder Schadstoffe die Nutzung gesundheitsgefährdend oder objektiv unzumutbar machen. Für den rechtssicheren Nachweis sind objektive Sachverständigengutachten zwingend erforderlich. Ohne diese wird der Vermieter Mängel meist bestreiten und Ihre Ansprüche abweisen. Subjektive Eindrücke oder Fotos genügen hierfür leider nicht.

Juristen nennen das eine „Gebrauchsuntauglichkeit“ der Mietsache. Es geht dabei nicht um Ihr persönliches Empfinden, sondern um die objektive Feststellung, dass die Wohnung aufgrund massiver Mängel nicht mehr zum Wohnen geeignet ist. Denken Sie an Fälle, wo die Bausubstanz durch extremen Schimmelpilzbefall die Atemwege angreift oder wo gefährliche Schadstoffe wie Asbest die Luft belasten. Auch eine dauerhaft ausgefallene Heizung im Winter kann eine Wohnung unbewohnbar machen. Die Mieterin im Kontextartikel musste ihre Wohnung wegen „Schimmel und Schadstoffe“ verlassen.

Doch wie beweisen Sie das? Hier liegt der Knackpunkt. Ein bloßes Behaupten der Mängel, selbst wenn Sie Fotos vorlegen, reicht nicht aus. Um die Unbewohnbarkeit Ihrer Wohnung rechtlich wasserdicht zu untermauern, brauchen Sie unbedingt ein unabhängiges Sachverständigengutachten. Dieses muss Art, Ausmaß und die konkrete Gesundheitsgefährdung oder Unzumutbarkeit klar belegen. Die Vermieterin im Fall hatte die „Schadstoffbelastung in der Luft bestritten“, was ein zweites Gutachten unerlässlich machte. Zudem sind bei gesundheitlichen Beeinträchtigungen, wie allergischen Reaktionen durch Schimmel, ärztliche Atteste essenziell. Nur damit können Sie mögliche Schmerzensgeldansprüche fundiert begründen, wie es die Mieterin für ihre „allergischen Reaktionen“ tat.

Ein passender Vergleich ist der TÜV beim Auto: Sie können noch so oft behaupten, Ihr Fahrzeug sei unsicher, aber erst der offizielle Prüfbericht eines Sachverständigen beweist die Fahruntauglichkeit. Ähnlich verhält es sich mit Ihrer Wohnung.

Handeln Sie proaktiv: Kontaktieren Sie schnellstmöglich einen unabhängigen, zertifizierten Sachverständigen für Bauschäden oder Schadstoffe. Beauftragen Sie ein detailliertes Gutachten. Dieses Gutachten muss die Mängel – etwa Schimmel oder Schadstoffe – Art, Ausmaß und Gesundheitsgefährdung präzise feststellen und somit die objektive Unbewohnbarkeit Ihrer Wohnung belegen. Dokumentieren Sie zudem alle gesundheitlichen Beschwerden ärztlich.


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Kann ich meinen Mietvertrag fristlos kündigen, wenn die Wohnung unbewohnbar ist?

Ja, bei einer objektiv festgestellten Unbewohnbarkeit der Mietwohnung haben Sie grundsätzlich das Recht zur fristlosen Kündigung aus wichtigem Grund. Ihre Mietzahlungspflicht fällt dann auf null. Doch bevor Sie diesen Schritt gehen, müssen Sie dem Vermieter die Mängel schriftlich anzeigen und ihm eine angemessene Frist zur Beseitigung einräumen. Nur bei akuter Gefahr oder fruchtlosem Fristablauf ist eine direkte Kündigung ohne weitere Wartezeit möglich.

Juristen nennen das eine Kündigung aus wichtigem Grund nach § 543 Abs. 1 BGB. Dies bedeutet, dass die Fortsetzung des Mietverhältnisses für Sie unzumutbar ist. Eine Wohnung gilt als unbewohnbar, wenn gravierende Mängel wie Schimmel oder Schadstoffe die Nutzung erheblich beeinträchtigen oder sogar gesundheitsgefährdend machen. Sobald dieser Zustand eintritt, entfällt der sogenannte Wohnnutzen vollständig. Ihre Verpflichtung zur Mietzahlung erlischt damit.

Jedoch gibt es eine wichtige Vorbedingung. Sie dürfen nicht einfach ausziehen oder die Miete einstellen. Zuerst müssen Sie Ihrem Vermieter die Mängel schriftlich melden. Eine konkrete, angemessene Frist zur Behebung ist ebenso notwendig. Nur wenn der Vermieter diese Frist verstreichen lässt, ohne die Mängel zu beseitigen, oder wenn die Situation (etwa durch akute Gesundheitsgefahr) ein sofortiges Handeln erfordert, können Sie fristlos kündigen. Andernfalls riskieren Sie, dass Ihre Kündigung unwirksam ist.

Ein passender Vergleich ist der Autokauf. Sie erwerben ein Fahrzeug, es hat aber gravierende Mängel. Bevor Sie es zurückgeben können, muss der Verkäufer eine Chance zur Reparatur erhalten. Nur wenn er untätig bleibt, können Sie den Kaufvertrag auflösen. Genau diese Logik gilt auch für Ihr Mietverhältnis. Der Vermieter hat das Recht auf eine letzte Gelegenheit, den Schaden zu beheben.

Handeln Sie proaktiv: Senden Sie Ihrem Vermieter umgehend eine schriftliche Mängelanzeige per Einschreiben. Darin beschreiben Sie die Schäden präzise und setzen eine klare, angemessene Frist (etwa 7 bis 14 Tage) für deren vollständige Behebung. Machen Sie explizit darauf aufmerksam, dass Sie bei fruchtlosem Fristablauf die fristlose Kündigung des Mietvertrags aus wichtigem Grund (§ 543 Abs. 1 BGB) in Betracht ziehen werden. Diese präzise Vorgehensweise sichert Ihre Rechte.


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Wie belege ich den geringeren Wohnwert einer Ersatzwohnung korrekt?

Pauschale Schätzungen oder subjektive Prozentangaben zum geringeren Wohnwert einer Ersatzunterkunft sind vor Gericht unzureichend. Um den Wertunterschied korrekt zu belegen, müssen Sie diesen konkret und nachvollziehbar darlegen. Objektive Beweise wie aktuelle Mietspiegel, offizielle Vergleichsangebote oder detaillierte Merkmalsaufschlüsselungen Ihrer Wohnungen sind dafür entscheidend. Das Gericht fordert belegbare Fakten.

Juristen nennen pauschale Angaben zum Wohnwert einen „Denkfehler“. Ein Gericht akzeptiert es nicht, wenn Sie einfach behaupten, ein Hotelzimmer sei nur „15 %“ Ihrer ursprünglichen Miete wert. Die Gerichte benötigen stattdessen eine detaillierte und überprüfbare Begründung. Der Grund: Sie dürfen durch Schadenersatz nicht bessergestellt werden, als Sie ohne den Schaden stünden. Ohne stichhaltige Beweise bleibt das Gericht bei der Annahme, dass sich die Kosten für Ersatzunterkünfte und die durch die Mietminderung ersparte Miete gegenseitig aufheben. Das bedeutet, Sie bleiben am Ende auf den Differenzkosten sitzen.

Ein passender Vergleich ist die Autobranche: Sie würden dem Autoverleiher nicht einfach sagen, ein Kleinwagen sei nur halb so viel wert wie Ihre Luxuslimousine. Stattdessen würden Sie detaillierte Unterschiede in Leistung, Ausstattung und Komfort anführen, um einen geringeren Mietpreis zu rechtfertigen. Genauso müssen Sie auch bei Wohnungen verfahren, um den Wertunterschied plausibel zu machen.

Erstellen Sie umgehend eine detaillierte tabellarische Gegenüberstellung aller relevanten Wohnwertmerkmale. Listen Sie für Ihre ursprüngliche und die Ersatzwohnung explizit Größe, Anzahl der Zimmer, Ausstattung (z.B. Einbauküche, Bodenbeläge), Lagequalität und Besonderheiten wie Balkone oder Terrassen auf. Untermauern Sie diese Daten anschließend mit objektiven Belegen. Dazu zählen aktuelle Mietspiegel, offizielle Vergleichsangebote für ähnliche Wohnungen in beiden Lagen oder professionelle Gutachten von Maklern und zertifizierten Sachverständigen. So schaffen Sie eine solide Basis für Ihre Forderung.


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Muss der Vermieter die Kosten für eine Ersatzwohnung vorschießen?

Nein, der Vermieter muss die Kosten für eine Ersatzwohnung in der Regel nicht vorschießen. Sie tragen diese zunächst selbst und können sie erst nachträglich als Schadenersatz fordern. Dieser Anspruch wird jedoch mit Ihrer ersparten Miete der ursprünglichen, unbewohnbaren Wohnung verrechnet. Nur wenn die Ersatzwohnkosten Ihre Mieteinsparung übersteigen, entsteht ein erstattungsfähiger finanzieller Schaden.

Juristen nennen das den Grundsatz, dass ein Geschädigter durch Schadenersatz nicht bessergestellt werden darf, als er ohne den Schaden stünde. Entfällt die Nutzbarkeit Ihrer Mietwohnung durch Mängel vollständig, fällt auch Ihre Mietzahlung auf null. Diese „ersparte Miete“ stellt den Wert des Ihnen entgangenen Wohnnutzens dar.

Die Rechnung ist dann klar: Ihre Ausgaben für eine Notunterkunft oder eine Ersatzwohnung werden diesem ersparten Betrag gegenübergestellt. Solange die Kosten für Hotel oder Ersatzwohnung nicht höher sind als die Miete, die Sie für Ihre alte Wohnung nicht mehr zahlen müssen, entsteht aus rechtlicher Sicht kein ersatzpflichtiger finanzieller Schaden. Die Mieterin im vorliegenden Fall schickte zwar eine Rechnung über zehntausende Euro, diese wurde aber genau aus diesem Grund abgewiesen. Sie müssen die finanziellen Mittel für die Übergangszeit also zunächst aus eigener Tasche aufbringen.

Denken Sie an die Waage der Gerechtigkeit: Auf der einen Seite liegen die Kosten, die Ihnen durch eine Ersatzwohnung entstehen. Auf der anderen Seite liegt das Geld, das Sie sich durch die nicht mehr zu zahlende Miete Ihrer unbewohnbaren Wohnung sparen. Nur wenn die Seite der Kosten deutlich schwerer wiegt, also Ihre Ausgaben die Mieteinsparung übersteigen, schlägt die Waage zugunsten eines erstattungsfähigen Anspruchs aus.

Sichern Sie daher unbedingt Ihre Liquidität, um die vorübergehenden Kosten für eine Ersatzunterkunft finanzieren zu können. Wählen Sie zudem eine Ersatzwohnung, deren Kosten und Wohnwert in einem vernünftigen Verhältnis zur ursprünglichen Miete stehen. Dies maximiert Ihre Chancen, im Falle einer späteren Forderung zumindest einen Teil der Kosten erstattet zu bekommen und minimiert Ihr eigenes finanzielles Risiko.


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Welche Ansprüche habe ich, wenn der Vermieter Mängel nicht rechtzeitig beseitigt?

Bleibt Ihr Vermieter bei Mängeln untätig, stehen Ihnen weitreichende Rechte zu. Sie können die Miete mindern, möglicherweise bis auf null. Darüber hinaus haben Sie Anspruch auf Schadenersatz für direkt notwendige Ausgaben, etwa für Gutachten oder Schutzkleidung. Bei gesundheitlichen Beeinträchtigungen steht Ihnen zudem Schmerzensgeld zu. Wichtig ist jedoch, dass Kosten für Ersatzwohnungen mit Ihrer Mieteinsparung verrechnet werden.

Juristen nennen das eine Mängelanzeige mit Fristsetzung. Verstreicht die gesetzte Frist fruchtlos, entfällt der Wert der Mietsache, was Ihre Miete bis auf null reduzieren kann (§ 536 BGB). Dies ist Ihr Recht, wenn die Wohnung nicht den vertraglich vereinbarten Zustand aufweist und der Vermieter seinen Pflichten nicht nachkommt.

Weiterhin können Sie Schadenersatz fordern. Der Anspruch auf Schadenersatz ist in § 536a Abs. 1 BGB verankert. Hierunter fallen alle Kosten, die direkt und nachweisbar durch die Mängel entstanden sind. Ein entscheidender Posten war beispielsweise ein zweites Sachverständigengutachten, das notwendig wurde, um die Mängel trotz Bestreiten des Vermieters zu belegen. Auch Kosten für Schutzkleidung können erstattet werden, wenn diese für den Zugang zur kontaminierten Wohnung unerlässlich sind. Bei nachweisbaren körperlichen Gesundheitsschäden, wie allergischen Reaktionen durch Schimmel, besteht zusätzlich ein Anspruch auf Schmerzensgeld (§ 253 Abs. 2 BGB), dessen Höhe das Gericht je nach Schwere des Leidens festlegt.

Doch Vorsicht: Die Richter betrachten die Kosten für eine Ersatzwohnung differenziert. Ihre ersparte Miete, die durch die Mietminderung auf null entsteht, wird auf die Ausgaben für Hotel oder Ersatzwohnung angerechnet. Nur wenn diese Ersatzkosten Ihre ursprüngliche Miete übersteigen, entsteht ein ersatzpflichtiger finanzieller Schaden.

Ein passender Vergleich ist der Kauf eines Notstromaggregats, weil Ihre Heizung ausgefallen ist. Die Heizkosten sparen Sie (das ist Ihre ersparte Miete). Trotzdem müssen Sie die Kosten für das Aggregat selbst tragen und nachweisen, dass es zwingend notwendig war – nicht etwa eine teure Luxusvariante. Das Ziel ist stets, den ursprünglichen Zustand wiederherzustellen, ohne Sie finanziell besserzustellen.

Um Ihre Ansprüche durchzusetzen, ist akribische Dokumentation entscheidend. Halten Sie jeden Mangel detailliert fest, nutzen Sie Fotos und Videos als Beweis. Senden Sie Ihrem Vermieter eine schriftliche Mängelanzeige per Einschreiben, setzen Sie darin eine klare, angemessene Frist zur Behebung. Sammeln Sie zudem sorgfältig alle Belege für jede Ausgabe – von Gutachtenrechnungen über Arztatteste bis zu Kaufbelegen für Schutzkleidung. Nur so können Sie die Notwendigkeit Ihrer Forderungen lückenlos beweisen und vermeiden, dass diese wie im Gerichtsfall abgewiesen werden.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Gebrauchsuntauglichkeit

Juristen sprechen von einer Gebrauchsuntauglichkeit, wenn eine Mietwohnung wegen gravierender Mängel wie Schimmel oder Schadstoffen objektiv nicht mehr bewohnbar oder gesundheitsgefährdend ist. Das Gesetz sieht vor, dass eine Wohnung ihren vertraglich geschuldeten Zweck – das Wohnen – erfüllen muss. Ist dies nicht der Fall, soll der Mieter nicht zur vollen Miete verpflichtet sein und weitreichende Rechte haben.

Beispiel: Im vorliegenden Fall stellten die Sachverständigen fest, dass die Mietwohnung der Mieterin aufgrund von Schimmel und Schadstoffen eine Gebrauchsuntauglichkeit aufwies.

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Mietminderung auf null

Eine Mietminderung auf null tritt ein, wenn eine Mietwohnung durch massive Mängel vollständig unbewohnbar wird, sodass der Mieter keinerlei Miete mehr zahlen muss. Diese Regelung stellt sicher, dass Mieter nur für das zahlen, was sie auch tatsächlich nutzen können. Erbringt der Vermieter die vertraglich vereinbarte Leistung (eine bewohnbare Wohnung) nicht, entfällt auch die Gegenleistung des Mieters (die Miete).

Beispiel: Da die Mietwohnung unbewohnbar war, konnte die Mieterin ihre Mietzahlung auf null mindern und sparte dadurch monatlich 1.550 Euro Miete.

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Sachverständigengutachten

Ein Sachverständigengutachten ist eine professionelle, objektive Expertise eines Fachmanns, die vor Gericht als Beweismittel für Art, Ausmaß und Ursache von Mängeln dient. Gerichte verlassen sich auf unabhängige Sachverständige, um komplexe technische oder wissenschaftliche Fragen fundiert zu klären. Das Gutachten soll eine neutrale Grundlage für die Urteilsfindung schaffen und Spekulationen vermeiden.

Beispiel: Die Mieterin musste ein zweites Sachverständigengutachten beauftragen, da die Vermieterin die Schadstoffbelastung ihrer Wohnung bestritt und so der Nachweis unerlässlich wurde.

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Schadenersatz

Der Schadenersatz ist der Anspruch auf Ausgleich eines finanziellen Nachteils, der einer Person durch das schuldhafte Verhalten einer anderen Person entsteht. Dieses Prinzip stellt sicher, dass der Geschädigte finanziell so gestellt wird, als wäre der Schaden nie eingetreten. Es geht darum, erlittene Einbußen auszugleichen, nicht aber, den Geschädigten besserzustellen.

Beispiel: Die Mieterin forderte von der Vermieterin Schadenersatz für die Kosten ihrer Ersatzunterkünfte, was das Gericht jedoch nur teilweise anerkannte, da sie nicht bessergestellt werden durfte.

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Schmerzensgeld

Schmerzensgeld ist eine finanzielle Entschädigung für nicht-materielle Schäden, insbesondere für erlittene körperliche oder seelische Leiden und Beeinträchtigungen der Lebensqualität. Das Gesetz will damit einen Ausgleich für die erlittenen Unannehmlichkeiten und Schmerzen schaffen, die sich nicht direkt in Geld messen lassen. Es dient auch der Genugtuung für das Opfer.

Beispiel: Wegen ihrer allergischen Reaktionen durch den Schimmel in der Wohnung sprach das Landgericht Berlin der Mieterin 1.000 Euro Schmerzensgeld zu, um ihr Leid angemessen auszugleichen.

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Wohnnutzen

Der Wohnnutzen bezeichnet den Wert oder Gebrauch, den ein Mieter aus seiner Wohnung zieht, und ist das finanzielle Gegenstück zur geschuldeten Miete. Dieser Begriff ist entscheidend bei der Berechnung von Schadenersatzansprüchen bei unbewohnbaren Wohnungen. Er spiegelt den materiellen Wert des Wohnens wider, der bei Mängeln entfällt und mit den Kosten für Ersatzunterkünfte verrechnet wird.

Beispiel: Der entgangene Wohnnutzen der Mieterin wurde durch ihre ersparte Miete von 1.550 Euro monatlich kompensiert, was dazu führte, dass viele ihrer Forderungen für Hotelkosten abgewiesen wurden.

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Das vorliegende Urteil


LG Berlin – Az.: 64 S 249/20 – Urteil vom 18.05.2022


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

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