Eine Person wollte den Zutritt zu ihrem privaten Grundstück endgültig untersagen – ein klares Hausverbot. Doch als dieser Wunsch vor Gericht landete, ging es plötzlich nicht mehr nur um die Zutrittsverweigerung selbst. Stattdessen musste das Landgericht eine unerwartete Frage beantworten: Was ist der finanzielle Streitwert eines solchen privaten Hausverbots, wenn kein Geld im Spiel ist?
Übersicht
- Das Urteil in 30 Sekunden
- Die Fakten im Blick
- Der Fall vor Gericht
- Kann das Gericht über den Wert eines Hausverbots entscheiden?
- Warum muss der „Wert“ eines Hausverbots überhaupt bestimmt werden?
- Welches Gewicht hat die Wertangabe der klagenden Partei vor Gericht?
- Nach welchen Regeln bewertete das Gericht das private Hausverbot?
- Warum wurde der vorgeschlagene Wert von 3.000 Euro akzeptiert?
- Warum entschied das Gericht weder auf einen höheren noch auf einen niedrigeren Wert?
- Die Urteilslogik
- Benötigen Sie Hilfe?
- Das Urteil in der Praxis
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was versteht man unter dem Begriff „Streitwert“ in einem Gerichtsverfahren?
- Warum ist die Festlegung eines Streitwerts auch bei Rechtsstreitigkeiten ohne direkte Geldforderung notwendig?
- Welche Bedeutung hat die eigene Wertangabe der klagenden Partei bei der Festsetzung des Streitwerts durch das Gericht?
- Nach welchen allgemeinen Grundsätzen bewerten Gerichte nicht-monetäre Ansprüche in Zivilverfahren?
- Unter welchen Umständen kann ein gesetzlich festgelegter „Auffangwert“ bei der Streitwertfestsetzung zur kommen oder abgelehnt werden?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Zum vorliegenden Urteil Az.: 15 T 54/25 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Das Urteil in 30 Sekunden
- Das Problem: Eine Person wollte einer anderen den Zutritt zu ihrem Grundstück verbieten. Der Streit darüber landete vor Gericht.
- Die Frage: Kann ein Gericht den Wert eines privaten Hausverbots festlegen?
- Die Antwort: Ja. Das Gericht hat den vorgeschlagenen Wert von 3.000 Euro akzeptiert. Es entschied nicht auf einen höheren Standardwert, weil der Antrag begrenzt war.
- Das bedeutet das für Sie: Wenn Sie etwas gerichtlich durchsetzen wollen, das keinen festen Geldwert hat, ist Ihr eigener Wertvorschlag wichtig. Er beeinflusst die Kosten Ihres Verfahrens.
Die Fakten im Blick
- Gericht: Landgericht Essen
- Datum: 16.04.2025
- Aktenzeichen: 15 T 54/25
- Verfahren: Streitwertfestsetzungsverfahren
- Rechtsbereiche: Zivilprozessrecht, Kostenrecht
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Es handelt sich um die Partei, die im Hauptsacheverfahren ein privates Hausverbot erwirken wollte. Sie hatte für dieses Verfahren einen Wert von 3.000,00 Euro vorgeschlagen, um die Gerichtskosten zu bestimmen.
Worum ging es genau?
- Sachverhalt: Ein Gericht musste den Wert eines Rechtsstreits festlegen. Dieser Streit betraf ein privates Hausverbot. Die klagende Partei hatte den Wert des Verfahrens auf 3.000,00 Euro geschätzt.
Welche Rechtsfrage war entscheidend?
- Kernfrage: Wie hoch soll der Wert eines gerichtlichen Verfahrens über ein privates Hausverbot angesetzt werden, um die anfallenden Gerichts- und Anwaltskosten korrekt zu berechnen?
Entscheidung des Gerichts:
- Urteil im Ergebnis: Das Gericht setzte den Wert des Rechtsstreits auf bis zu 3.000,00 Euro fest.
- Zentrale Begründung: Das Gericht bestätigte die Wertangabe der klagenden Partei als angemessen und lehnte einen höheren gesetzlichen Standardwert aufgrund des begrenzten Antrags ab.
- Konsequenzen für die Parteien: Die Festsetzung des Streitwerts ist damit endgültig und kann nicht weiter angefochten werden.
Der Fall vor Gericht
Kann das Gericht über den Wert eines Hausverbots entscheiden?
Stellen Sie sich vor, jemand möchte einer anderen Person den Zutritt zu seinem privaten Grundstück oder Gebäude untersagen – ein sogenanntes Hausverbot. Eine solche Maßnahme dient dazu, die eigene Privatsphäre zu schützen oder Konflikte zu vermeiden. Doch was geschieht, wenn ein solches privates Hausverbot nicht einfach akzeptiert wird und der Streit vor Gericht landet? Dann geht es plötzlich nicht nur um das Hausverbot selbst, sondern auch um eine scheinbar trockenere, aber entscheidende Frage:

Was ist dieses Verbot überhaupt „wert“? Genau um diese Frage, die Festsetzung des finanziellen Interesses an einem solchen Fall, ging es in einer Entscheidung eines Landgerichts in einer großen nordrhein-westfälischen Stadt. Die Kammer musste festlegen, welchen Wert das juristische Tauziehen um ein privates Hausverbot eigentlich hat – nicht im emotionalen Sinne, sondern im Hinblick auf Gebühren und Kosten.
Warum muss der „Wert“ eines Hausverbots überhaupt bestimmt werden?
Wenn eine Partei einen Streit vor Gericht bringt, der nicht direkt um eine bestimmte Geldsumme geht – wie etwa die Zahlung von Miete oder Schadensersatz – muss das Gericht trotzdem einen „Streitwert“ festlegen. Dieser Streitwert ist ein juristischer Kunstgriff: Er beziffert das wirtschaftliche Interesse, das die klagende Person an der gerichtlichen Entscheidung hat. Man könnte es sich wie einen Preis vorstellen, der auf eine Dienstleistung gesetzt wird, deren tatsächlicher Nutzen nicht direkt in Euro und Cent messbar ist.
Dieser Wert ist keineswegs willkürlich, sondern von großer praktischer Bedeutung: Anhand des Streitwerts bemessen sich die Gebühren, die für das Gericht anfallen, und auch die Kosten, die die Anwälte für ihre Arbeit berechnen dürfen. Ohne eine solche Bezifferung könnten die Gerichte und Anwälte ihre Leistungen in nicht-monetären Streitigkeiten nicht angemessen abrechnen. Im konkreten Fall ging es darum, den Streitwert für ein Verfahren festzulegen, in dem eine Person ein privates Hausverbot durchsetzen wollte. Die Person, die das Verbot erwirken wollte, hatte selbst vorgeschlagen, dass der Streitwert in diesem Fall 3.000 Euro betragen solle.
Welches Gewicht hat die Wertangabe der klagenden Partei vor Gericht?
Wenn jemand vor Gericht zieht und es nicht um eine konkrete Geldsumme geht, ist es üblich, dass die klagende Partei selbst einen Vorschlag für den Streitwert macht. Im vorliegenden Fall hatte die Person, die das Hausverbot begehrte, diesen Wert auf 3.000 Euro beziffert. Dieses Landgericht, das über die Festsetzung des Streitwerts entschied, legte besonderen Wert auf diese Angabe.
Das liegt an einem wichtigen Grundsatz, den auch das höchste deutsche Gericht für Zivil- und Strafsachen anerkennt: Solange die Angabe des Klägers nicht offensichtlich falsch oder übertrieben erscheint, wird ihr eine erhebliche Bedeutung beigemessen. Warum ist das so? Ganz einfach: Es wird davon ausgegangen, dass die Partei und ihr Rechtsvertreter ein ehrliches Interesse daran haben, den Wert realistisch einzuschätzen. Niemand möchte im Falle eines Prozessverlusts mit unnötig hohen Kosten belastet werden, die durch eine überzogene Streitwertangabe entstehen würden. Diese „Ehrlichkeit durch Eigeninteresse“ macht die Angabe des Klägers zu einem wichtigen Anhaltspunkt für das Gericht.
Nach welchen Regeln bewertete das Gericht das private Hausverbot?
Das Gericht hatte nun die Aufgabe, den vorgeschlagenen Streitwert von 3.000 Euro auf seine Angemessenheit hin zu prüfen. Dabei orientierte es sich an klaren rechtlichen Grundsätzen. Der zentrale Maßstab bei Streitigkeiten, die nicht direkt um Geld gehen, ist immer das wirtschaftliche Interesse der Person, die den Rechtsstreit begonnen hat – also das Interesse daran, das gewünschte Ergebnis zu erzielen. Dieses Interesse muss objektiv beurteilt und bewertet werden, nicht subjektiv oder emotional.
Ein wichtiger Punkt war auch, dass es für ein privates Hausverbot keine gesetzlich festgelegte „Standardwert“ gibt, der einfach herangezogen werden könnte. Für solche Fälle, in denen es keine klaren Anhaltspunkte für eine Wertbestimmung gibt, sieht das Gesetz einen sogenannten „Auffangwert“ vor. Dieser Auffangwert beträgt in vielen Bereichen der Justiz 5.000 Euro. Er dient als eine Art „Notlösung“, wenn sich der tatsächliche Wert eines Streits nicht genauer beziffern lässt. Man könnte es sich vorstellen wie einen Standardpreis, der angewendet wird, wenn kein individueller Preis für eine Leistung existiert.
Warum wurde der vorgeschlagene Wert von 3.000 Euro akzeptiert?
Nachdem das Gericht die rechtlichen Grundlagen geprüft hatte, wandte es diese auf den konkreten Fall des privaten Hausverbots an. Die vorgesch die 3.000 Euro im akzeptablen Rahmen lagen. Sie überlegte zwar, dass selbst ein niedrigerer Wert von 500 Euro für ein „bloß privates Hausverbot“ – also ein Hausverbot ohne größere wirtschaftliche Auswirkungen, wie etwa bei einem gewerblichen Grundstück – als plausibel hätte erscheinen können. Doch die Tatsache, dass ein geringerer Wert denkbar gewesen wäre, führte nicht dazu, dass der angegebene Wert von 3.000 Euro als falsch angesehen wurde. Er war aus Sicht des Gerichts weiterhin angemessen und lag innerhalb eines vernünftigen Bewertungsspielraums.
Warum entschied das Gericht weder auf einen höheren noch auf einen niedrigeren Wert?
Die Entscheidung, den Streitwert auf genau die von der klagenden Partei vorgeschlagenen 3.000 Euro festzusetzen, war das Ergebnis einer Abwägung. Das Gericht hätte die Möglichkeit gehabt, einen niedrigeren Wert von beispielsweise 500 Euro festzulegen, da dies für ein reines privates Hausverbot ebenfalls als vertretbar angesehen worden wäre. Doch es wählte diesen Weg nicht, sondern bestätigte die Angabe der klagenden Partei.
Noch entscheidender war die bewusste Entscheidung des Gerichts, den Streitwert nicht auf den gesetzlichen Auffangwert von 5.000 Euro festzusetzen. Diesen Auffangwert hätte die Kammer wählen müssen, wenn es keinerlei genügende Anhaltspunkte für eine genauere Wertermittlung gegeben hätte. Das Gericht lehnte die Anwendung der 5.000 Euro jedoch explizit ab. Der Grund dafür lag im „beschränkten Antrag“ der klagenden Partei. Dies bedeutet, dass die Person, die das Hausverbot wollte, ihr Begehren in einer Form formuliert hatte, die nicht das volle Ausmaß oder die volle Tragweite einer Angelegenheit erreichte, die den höchsten Auffangwert gerechtfertigt hätte. Obwohl es sich um ein nicht-monetäres Anliegen handelte, war der Umfang des beantragten Hausverbots so spezifisch oder begrenzt, dass er aus Sicht des Gerichts nicht den vollen „Standardwert“ von 5.000 Euro erforderte. Die 3.000 Euro spiegelten somit das tatsächliche, objektiv bewertbare wirtschaftliche Interesse der klagenden Partei an diesem spezifischen, privaten Hausverbot angemessen wider.
Die Urteilslogik
Ein Gericht beziffert den Wert nicht-monetärer Rechtsstreitigkeiten nach klaren Prinzipien, um die Prozesskosten fair zu bemessen.
- Wirtschaftliche Bedeutung beziffern: Gerichte ermitteln einen Streitwert, um die finanzielle Relevanz nicht-monetärer Klagen für Gebühren und Anwaltskosten objektiv zu bestimmen.
- Klägerangabe würdigen: Der vom Kläger vorgeschlagene Streitwert genießt hohes Gewicht, da man davon ausgeht, dass die Eigeninteressen eine realistische Einschätzung fördern.
- Konkretes Interesse priorisieren: Der allgemeine Auffangwert kommt nur zur Anwendung, wenn objektive Anhaltspunkte für das wirtschaftliche Interesse fehlen; sonst bewertet man das spezifisch beantragte Interesse.
Die Justiz gewährleistet so eine nachvollziehbare Kostenbasis selbst für Anliegen, die sich nicht direkt in Geld messen lassen.
Benötigen Sie Hilfe?
Steht auch bei Ihnen ein privates Hausverbot und dessen Streitwert zur Debatte? Lassen Sie die Rechtslage in einer unverbindlichen Ersteinschätzung prüfen.
Das Urteil in der Praxis
Was auf den ersten Blick wie ein kleiner Nachbarschaftsstreit um ein Hausverbot wirkt, ist in Wahrheit ein bemerkenswertes Lehrstück über die kluge Kalkulation von Prozessrisiken. Das Urteil sendet ein klares Signal an Kläger und ihre Anwälte: Eine realistische, bescheidene Bezifferung des Streitwerts zahlt sich aus und kann unnötig hohe Gerichtskosten vermeiden. Indem das Gericht den „Auffangwert“ von 5.000 Euro explizit ablehnt und den klägerischen Vorschlag von 3.000 Euro anerkennt, betont es die Bedeutung der tatsächlichen Tragweite des Begehrens, selbst bei nicht-monetären Ansprüchen. Wer sein Anliegen präzise und auf den Punkt bringt, minimiert nicht nur das finanzielle Risiko, sondern trägt auch zur sachgerechten Bewertung durch die Gerichte bei.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was versteht man unter dem Begriff „Streitwert“ in einem Gerichtsverfahren?
„Streitwert“ bezeichnet das finanzielle Interesse einer Person an einem Gerichtsverfahren, insbesondere wenn es nicht um eine konkrete Geldsumme geht. Er beziffert den wirtschaftlichen Wert des Rechtsstreits.
Man kann sich den Streitwert wie einen fiktiven Preis für eine juristische „Dienstleistung“ vorstellen, deren tatsächlicher Nutzen nicht direkt in Euro oder Cent bezifferbar ist.
Dieser Wert ist von entscheidender Bedeutung, da er als Grundlage für die Berechnung der Gerichtsgebühren und der Anwaltskosten dient. Er spiegelt dabei das objektive, wirtschaftliche Interesse am Ausgang des Verfahrens wider und nicht etwa eine emotionale Wertschätzung. Bei Streitigkeiten, die nicht direkt eine Geldzahlung zum Gegenstand haben, wie etwa bei einem Hausverbot oder anderen Unterlassungsansprüchen, muss das Gericht einen solchen Wert festlegen. Andernfalls wäre eine Abrechnung der Leistungen von Gerichten und Anwälten in diesen Fällen nicht möglich. Die klagende Partei schlägt oft selbst einen Wert vor, dem das Gericht eine erhebliche Bedeutung beimisst, solange er nicht offensichtlich übertrieben erscheint.
Diese Festlegung ermöglicht es dem Rechtssystem, auch nicht-monetäre Rechtsstreitigkeiten fair und transparent abzurechnen.
Warum ist die Festlegung eines Streitwerts auch bei Rechtsstreitigkeiten ohne direkte Geldforderung notwendig?
Die Festlegung eines Streitwerts ist auch bei Rechtsstreitigkeiten ohne direkte Geldforderung unerlässlich, weil sie die unverzichtbare Grundlage für die Berechnung der Gerichts- und Anwaltskosten bildet. Ohne diesen Wert könnten die erbrachten Leistungen von Gerichten und Anwälten in solchen Fällen nicht fair und transparent abgerechnet werden.
Stellen Sie sich den Streitwert wie einen Preis vor, der auf eine Dienstleistung gesetzt wird, deren tatsächlicher Nutzen nicht direkt in Euro und Cent messbar ist. So wie ein Experte seinen Aufwand auch dann bemessen muss, wenn das Ergebnis seiner Arbeit kein konkreter Geldbetrag ist, müssen auch Gerichte und Anwälte ihre Leistungen bepreisen.
Dieser Wert beziffert das wirtschaftliche Interesse, das die klagende Person an der gerichtlichen Entscheidung hat. Er ist von großer praktischer Bedeutung, da sich an ihm sowohl die Gerichtsgebühren als auch die Kosten bemessen, die Anwälte für ihre Arbeit berechnen dürfen. Selbst in Fällen wie einem Hausverbot, wo es nicht um eine Geldzahlung geht, entstehen Prozesskosten, die auf dieser Grundlage berechnet werden. Eine fehlende Bezifferung des Interesses würde eine transparente und angemessene Abrechnung unmöglich machen.
Diese Festlegung stellt sicher, dass auch Rechtsstreitigkeiten um Rechte oder Unterlassungen, die keine direkte Geldleistung zum Gegenstand haben, vor Gericht behandelt werden können und der Zugang zur Justiz gewährleistet bleibt.
Welche Bedeutung hat die eigene Wertangabe der klagenden Partei bei der Festsetzung des Streitwerts durch das Gericht?
Die Wertangabe, die eine klagende Partei für ihren Gerichtsstreit vorschlägt, hat für das Gericht eine sehr hohe Bedeutung und dient oft als wichtiger Anhaltspunkt. Das Gericht misst dieser Angabe großes Gewicht bei, besonders wenn der Streit nicht direkt um eine Geldsumme geht.
Man kann es sich vorstellen wie einen Fußball-Schiedsrichter, der dem Vorschlag einer Mannschaft für die Länge einer Nachspielzeit vertraut. Er tut dies, weil er davon ausgeht, dass die Mannschaft selbst ein Interesse an einer fairen und nicht überzogenen Angabe hat, da eine zu lange Nachspielzeit am Ende auch zu ihrem Nachteil sein könnte.
Das Gericht akzeptiert diesen Vorschlag in der Regel, solange er nicht offensichtlich unplausibel, falsch oder übertrieben erscheint. Dieser Grundsatz wird auch vom höchsten deutschen Gericht für Zivil- und Strafsachen anerkannt.
Der Grund für dieses Vertrauen liegt darin, dass davon ausgegangen wird, dass die klagende Partei ein ureigenes Interesse an einer realistischen Einschätzung hat. Sollte der Prozess verloren gehen, müsste die Partei die Gerichtskosten und Anwaltsgebühren tragen, die sich nach diesem Streitwert bemessen. Eine zu hoch angesetzte Angabe würde somit unnötige Kostenrisiken schaffen, was eine ehrliche Einschätzung fördert.
Dieser Grundsatz der „Ehrlichkeit durch Eigeninteresse“ sorgt dafür, dass die Bemessung von Gerichts- und Anwaltskosten bei nicht-monetären Streitigkeiten auf einer verlässlichen Grundlage erfolgt.
Nach welchen allgemeinen Grundsätzen bewerten Gerichte nicht-monetäre Ansprüche in Zivilverfahren?
Gerichte bewerten nicht-monetäre Ansprüche in Zivilverfahren hauptsächlich nach dem objektiven wirtschaftlichen Interesse der Partei, die den Rechtsstreit beginnt. Es geht darum, welchen konkreten materiellen oder immateriellen Nutzen diese Partei objektiv aus dem angestrebten gerichtlichen Ergebnis zieht, nicht um rein emotionale oder subjektive Aspekte.
Stellen Sie sich vor, ein Schiedsrichter muss den Wert eines Fouls beurteilen, bei dem kein Spieler verletzt wurde und keine direkte Strafe wie ein Elfmeter anfällt. Er muss dennoch bewerten, wie stark das Spielgeschehen beeinträchtigt wurde, um eine angemessene gelbe oder rote Karte zu ziehen – nicht nach dem Ärger des betroffenen Spielers, sondern nach dem objektiven Einfluss auf das Spiel.
Für viele nicht-monetäre Streitigkeiten, wie beispielsweise ein privates Hausverbot, existieren keine gesetzlich festgelegten Standardwerte. Daher prüft das Gericht im Einzelfall sorgfältig alle relevanten Umstände, um das objektive wirtschaftliche Interesse zu bemessen. Dabei berücksichtigt es oft den von der klagenden Partei vorgeschlagenen Wert, sofern dieser nicht offensichtlich unzutreffend oder übertrieben ist.
Kann ein Streitwert nicht genauer beziffert werden, weil Anhaltspunkte fehlen, greift das Gericht auf einen gesetzlichen „Auffangwert“ zurück, der typischerweise 5.000 Euro beträgt. Die Einzelfallprüfung dient somit auch dazu, zu beurteilen, ob der vorgeschlagene Wert angemessen ist oder ob der Auffangwert herangezogen werden muss.
Diese Bewertung ist unerlässlich, damit Gerichte und Anwälte ihre Leistungen in solchen Verfahren angemessen abrechnen können.
Unter welchen Umständen kann ein gesetzlich festgelegter „Auffangwert“ bei der Streitwertfestsetzung zur kommen oder abgelehnt werden?
Ein gesetzlich festgelegter „Auffangwert“ kommt dann zur Anwendung, wenn das wirtschaftliche Interesse eines Rechtsstreits nicht oder nur schwer zu beziffern ist. Gerichte können diesen Wert jedoch explizit ablehnen, wenn es ausreichend Anhaltspunkte für eine niedrigere, aber angemessene Einschätzung des Interesses gibt oder die klagende Partei einen „beschränkten Antrag“ stellt.
Diesen „Auffangwert“ kann man sich wie einen standardisierten Preis vorstellen, der dann zum Tragen kommt, wenn für eine besondere Leistung, deren Wert schwer zu ermitteln ist, kein individueller Preis festgesetzt werden kann. Er dient als eine Art Notlösung für die Wertbestimmung.
Gerichte müssen in Rechtsstreitigkeiten, die nicht direkt um Geld gehen, einen „Streitwert“ festlegen, um das wirtschaftliche Interesse des Klägers zu beziffern. An diesem Streitwert bemessen sich die Gerichtsgebühren und Anwaltskosten. Wenn keine konkreten Anhaltspunkte für eine genaue Wertbestimmung vorliegen, greifen Gerichte auf den Auffangwert zurück, der in vielen Zivilverfahren 5.000 Euro beträgt.
Der Auffangwert wird nicht angewendet, wenn die klagende Partei eine realistische und angemessene eigene Wertangabe macht, die das Gericht akzeptiert. Im konkreten Fall eines Hausverbots wurde der Auffangwert von 5.000 Euro explizit abgelehnt, weil die klagende Partei einen „beschränkten Antrag“ stellte und der von ihr vorgeschlagene Wert von 3.000 Euro das tatsächliche wirtschaftliche Interesse an diesem spezifischen, privaten Hausverbot angemessen widerspiegelte.
Diese Regelung stellt sicher, dass auch in nicht-monetären Streitigkeiten eine nachvollziehbare Grundlage für die Berechnung der Gerichtskosten und Anwaltsgebühren besteht und eine objektive Bewertung des Interesses erfolgt.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Auffangwert
Der Auffangwert ist ein gesetzlich festgelegter Standardwert, der vor Gericht herangezogen wird, wenn der tatsächliche finanzielle Wert eines Rechtsstreits nicht genau bestimmt werden kann. Er dient als eine Art „Notlösung“, um eine Grundlage für die Berechnung von Gerichtsgebühren und Anwaltskosten zu schaffen, wenn konkrete Anhaltspunkte für eine genauere Wertermittlung fehlen. Ohne ihn könnten nicht-monetäre Streitigkeiten oft nicht abgerechnet werden.
Beispiel: Im Artikel wird erklärt, dass das Gesetz einen Auffangwert von typischerweise 5.000 Euro für Fälle vorsieht, in denen es keine klaren Anhaltspunkte für eine Wertbestimmung gibt, um beispielsweise ein privates Hausverbot zu bewerten. Das Gericht lehnte es jedoch ab, diesen Wert anzuwenden, da genügend andere Anhaltspunkte vorlagen.
Beschränkter Antrag
Ein „beschränkter Antrag“ liegt vor, wenn eine klagende Partei ihr Anliegen vor Gericht so formuliert, dass es nicht das volle, potenziell mögliche Ausmaß einer Forderung umfasst, sondern bewusst begrenzt ist. Diese Beschränkung signalisiert dem Gericht, dass der Kläger sein Interesse an der Sache nicht maximal, sondern in einem bestimmten, engeren Rahmen verfolgt. Dies kann Auswirkungen auf die Festsetzung des Streitwerts haben, da es das tatsächliche wirtschaftliche Interesse des Klägers objektiv reduziert.
Beispiel: Im Fall des Hausverbots lehnte das Gericht die Anwendung des höheren Auffangwerts von 5.000 Euro explizit ab, weil die klagende Partei einen „beschränkten Antrag“ gestellt hatte. Die 3.000 Euro, die sie selbst vorschlug, spiegelten ihr spezifisches, begrenztes Interesse an diesem privaten Hausverbot angemessen wider und rechtfertigten nicht den vollen Standardwert.
Streitwert
Der Streitwert ist ein juristischer Begriff, der das finanzielle Interesse einer Partei an einem Gerichtsverfahren beziffert, besonders wenn es nicht direkt um eine bestimmte Geldsumme geht. Dieser Wert ist entscheidend, weil er die Grundlage für die Berechnung der Gerichtsgebühren und der Anwaltskosten bildet. Er ermöglicht es dem Rechtssystem, auch nicht-monetäre Streitigkeiten wie ein Hausverbot fair abzurechnen, indem ein objektiver wirtschaftlicher Wert zugewiesen wird.
Beispiel: Im vorliegenden Fall musste das Landgericht den Streitwert für das juristische Tauziehen um ein privates Hausverbot festlegen. Dieser Wert bestimmte dann, wie hoch die Gerichts- und Anwaltsgebühren für diesen Fall ausfallen würden, auch wenn es nicht um eine direkte Geldzahlung ging.
Wirtschaftliches Interesse
Das wirtschaftliche Interesse bezeichnet im juristischen Kontext den objektiven Nutzen oder Vorteil, den eine Partei durch den Ausgang eines Gerichtsverfahrens erzielen möchte, unabhängig von emotionalen oder subjektiven Aspekten. Es ist der zentrale Maßstab, den Gerichte anlegen, um den Streitwert in Fällen zu bestimmen, die nicht direkt um Geld gehen. Die Bewertung erfolgt auf Basis dessen, was der Kläger objektiv durch die Durchsetzung seines Rechtsanspruchs gewinnt oder abwendet.
Beispiel: Bei der Bewertung des privaten Hausverbots musste das Gericht beurteilen, welches objektiv bewertbare wirtschaftliche Interesse die Person an der Durchsetzung dieses Verbots hatte. Die vorgeschlagenen 3.000 Euro spiegelten aus Sicht des Gerichts dieses Interesse angemessen wider.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- Der Streitwert ( 3 Zivilprozessordnung (ZPO)](https://www.gesetze-im-internet.de/zpo/__3.html))
Der Streitwert beziffert geschätzte finanzielle Interesse an einem Gerichtsverfahren, das nicht direkt um eine Geldsumme geht.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Der Fall drehte sich vollständig um die Bestimmung des Streitwerts für ein privates Hausverbot, um die Gerichtskosten und Anwaltsgebühren festlegen zu können.
- Wirtschaftliches Interesse (Allgemeines Rechtsprinzip)
Das wirtschaftliche Interesse ist der zentrale Maßstab, um den Streitwert in Fällen zu bestimmen, in denen es nicht um eine konkrete Geldsumme geht.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht musste objektiv beurteilen, welches wirtschaftliche Interesse die Person am Erlass des Hausverbots hatte, auch wenn es sich um eine nicht-monetäre Angelegenheit handelte.
- Bedeutung der Klägerangabe (Grundsatz der Prozessführung)
Die Angabe des Streitwerts durch die klagende Partei wird vom Gericht als wichtiger Anhaltspunkt betrachtet, solange sie nicht offensichtlich unbegründet oder übertrieben ist.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Landgericht legte großen Wert auf den von der klagenden Partei vorgeschlagenen Streitwert von 3.000 Euro und akzeptierte ihn, da er nicht als unangemessen hoch angesehen wurde.
- Auffangwert (§ 52 Abs. 2 Gerichtskostengesetz (GKG))
Der Auffangwert ist ein gesetzlich festgelegter Standardwert, der angewendet wird, wenn sich das wirtschaftliche Interesse eines Rechtsstreits nicht genauer beziffern lässt.
→ Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht lehnte die Anwendung des 5.000 Euro Auffangwerts ab, da der „beschränkte Antrag“ der klagenden Partei eine genauere Bewertung zuließ, die unter diesem Standardwert lag.
Das vorliegende Urteil
LG Essen – Az.: 15 T 54/25 – Beschluss vom 16.04.2025
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