Die Zusammenfassung der Rechtsprechung zu Schönheitsreparaturen im Mietverhältnis der Jahre 2008/09
von
Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Fachanwalt für Verkehrsrecht
und
Jens Petry
1. Farbwahlklausel in Dekorations-AGB
In einer im Übrigen unbedenklichen Schönheitsreparaturklausel stand der Satz:
„Die Schönheitsreparaturen sind in neutralen, deckenden, hellen Farben und Tapeten auszuführen …“.
Der Mieter begehrte die Feststellung, dass hierdurch die Abwälzung der Schönheitsreparaturen auf ihn insgesamt unwirksam sei. Der BGH hat dem entsprochen. Von Bedeutung ist dabei die Begründung: Demnach kann der Vermieter verlangen, dass der Mieter die Wohnung bei Mietende „hell und neutral“ zurückgibt, weil nur dadurch das Interesse des Vermieters an der Akzeptanz der Mietsache durch möglichst viele Interessenten zum Tragen kommt. Als Beispiel führt der BGH auf, dass die Farben hellblau und lindgrün zwar hell, aber nicht neutral seien, eine solche Renovierung müsse der Vermieter bei Auszug nicht akzeptieren. Allerdings müsse nach der Klausel der Mieter auch während des laufenden Mietverhältnisses „hell und neutral“ streichen oder tapezieren. Darin sieht der BGH eine unangemessene Benachteiligung (weil es dem Vermieter im laufenden Mietverhältnis gleichgültig sein könne, welche Farbe die Wände hätten) und erklärt in der Folge die gesamte Abwälzung der Schönheitsreparaturen für unwirksam. Konsequent hat der BGH anschließend entschieden, dass der Vermieter Rückgabe der Holzteile bei Vertragsende „in Weiß oder hellen Farbtönen“ verlangen kann.
– BGH, NJW 2008, 2499; BGH, NJW 2009, 62 –
2. Keine Mieterhöhung infolge unwirksamer Schönheitsreparaturklausel
Nach ständiger Rechtsprechung des BGH ist die Übernahme der Schönheitsreparaturen durch den Mieter Teil des Entgelts für die Gebrauchsüberlassung der Räume. Bezogen auf Gemeinden, in welchen gelegentlich der Aufstellung der Mietspiegel bei der Ermittlung der ortsüblichen Vergleichsmieten davon ausgegangen worden ist, dass der Mieter die Schönheitsreparaturen trägt, ist die Instanzrechtsprechung davon ausgegangen, dass im Falle unwirksamer Dekorationsüberbürdung der Vermieter vom Mieter einen Zuschlag zur ortsüblichen Vergleichsmiete verlangen könne. Diese Rechtsprechung hat der BGH mit dem Argument verworfen, dass nicht feststehe, dass Vermieter im Falle nicht übertragener Renovierungspflichten am Markt auch höhere Mieten durchsetzen könnten. Das Vergleichsmietensystem lasse deshalb Zuschläge als Folge unwirksamer Vertragsklauseln nicht zu.
– BGH, NJW 2008, 2840 –
3. Üblicherweise“ als „weiche“ und „regelmäßig“ als „starre“ Frist
Die Entscheidungen des BGH zur Unwirksamkeit „starrer“ Schönheitsreparaturfristen haben eine Vielzahl von Formulierungsversuchen und darauf bezogener Entscheidungen ausgelöst. Aktuell werden die Begriffe „in der Regel“ und „im Allgemeinen“ als zulässige, nicht starre Klausel angesehen. Gleiches gilt nach Ansicht des BGH für die Formulierung „üblicherweise“. Demgegenüber handelt es sich nach einer Entscheidung des KG Berlin bei der Klausel „regelmäßig in folgenden Zeiträumen …“ um eine unwirksame starre Frist, weil der verständliche, durchschnittliche Mieter davon ausgehen muss, er müsse spätestens bei Fristende tätig werden.
– BGH, NJW 2009, 62; a. A. KG Berlin, NJW 2008, 2787 –
4. Bereicherungsausgleich zu Gunsten des Mieters
Benutzt ein Vermieter absichtlich eine unwirksame Formularklausel zur Abwälzung einer Renovierungspflicht auf den Mieter und renoviert der Mieter in Unkenntnis der Rechtslage, kann der Mieter Kostenerstattungsansprüche unter dem Gesichtspunkt des Schadensersatzes haben. Fehlt es aber an einem Verschulden des Vermieters, stellt sich die Frage, ob der Mieter Ansprüche aus einem anderen Rechtsgrund geltend machen kann. Der BGH hat – einen Fall des beendeten Mietverhältnisses entscheidend – insoweit das Bereicherungsrecht (§§ 812 1 1, 818 II BGB) bemüht, wobei sich der dem Mieter zu leistende Wertersatz danach bemisst, was dieser billigerweise neben seiner Zeit an Kosten für Material und Hilfskräfte aufgewendet hat oder hätte aufwenden müssen. Ausdrücklich abgelehnt hat der BGH dabei für das Mietrecht die Betrachtungsweise des Wertersatzes für Grundstücksverwendungen, welche Wertersatz nach einem erhöhten objektiven Ertragswert gewährt.
– BGH, NJW 2009, 2590 –
5. Umbauplanung
Die Durchführung von wirksam überbürdeten Schönheitsreparaturen durch den Mieter ist nach ständiger Rechtsprechung Teil des von ihm zu entrichtenden Entgelts. Als Folge davon kann der Vermieter vom Mieter im Wege ergänzender Vertragsauslegung einen Ausgleich in Geld verlangen, wenn der Vermieter nach Vertragsende das Objekt umbauen will und vom Mieter durchgeführte Schönheitsreparaturen somit wirtschaftlich sinnlos sind. Dies wiederum gilt nach Ansicht des KG Berlin dann nicht, wenn die Mietsache in einem derart schlechten Zustand ist, dass der Mieter Schönheitsreparaturen nicht vornehmen kann, weil zunächst der Vermieter den baulich einwandfreien Zustand herstellen müsste.
– BGHZ 151, 53; KG Berlin, NZM 2009, 661 –
6. Begriff der Schönheitsreparaturen bei preisfreiem Wohnraum
Für preisgebundenen Wohnraum definiert § 28 IV 3 der II. BerechnungsVO den Begriff der Schönheitsreparaturen. Der BGH hält im Anschluss an eine Grundlagenentscheidung aus der Zeit vor der Mietrechtsreform diese Definition auch für preisfreie Wohnungen unter dem neuen Mietrecht für anwendbar. Von Bedeutung ist die Grundlagenentscheidung aber auch deshalb, weil entschieden wurde, dass ein in Miet-AGB unzulässiges Ausdehnen der vom Mieter durchzuführenden Schönheitsreparaturen (vorliegend Außenanstrich von Türen und Fenstern) dazu führt, dass die Renovierungsverpflichtung insgesamt unwirksam ist.
– BGH, NJW 2009, 1408 –
7. Unwirksame Dekorations-AGB und spätere Individualvereinbarung über Endrenovierung
Treffen eine starre und damit unwirksame Schönheitsreparaturklausel und eine für sich wirksame Endrenovierungsklausel im Mietvertrag aufeinander, sind beide unwirksam. Anders verhält es sich nach Ansicht des BGH, wenn die Endrenovierung außerhalb des Mietvertrags (hier im Übergabeprotokoll) individuell (§§ 305 I 3, 305 b BGB) vereinbart wurde. In einem solchen Fall hat die Endrenovierungsklausel demnach Bestand.
– BGH, NJW 2009, 1075 –