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Mietzinsvereinbarung – Preisrechtswidrigkeit der ursprünglichen Mietzinsabrede

Mietstreitigkeiten und Mietenbegrenzung: LG Berlin trifft Entscheidung zu Überzahlung und Gesamtschuld

In einem aktuellen Fall hat das Landgericht Berlin (Az.: 67 S 79/23) am 22. August 2023 ein Urteil gefällt, das die Mietrechtslandschaft in der Hauptstadt weiter prägt. Im Kern ging es um die Frage, ob der Kläger, also der Mieter, vom Beklagten, dem Vermieter, zu viel Mietzins für eine Wohnung im Hause X bezahlt hat. Das Gericht hat entschieden, dass der Mieter ab dem 1. Juli 2022 nur einen Mietzins von 654,90 EUR schuldet und der Vermieter ihm 3.982,55 EUR nebst Zinsen zurückzahlen muss. Die Berufung des Vermieters wurde abgewiesen, und die Kosten des Berufungsverfahrens müssen von ihm getragen werden.

Weiter zum vorliegenden Urteil Az.: 67 S 79/23 >>>

Feststellungsklage und Feststellungsinteresse

Das Gericht hat die Berufung des Klägers für begründet erklärt. Es wurde festgestellt, dass der Kläger ein berechtigtes Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO hat. Das bedeutet, dass der Mieter das Recht hat, eine Klärung über die Höhe des Mietzinses zu suchen, auch wenn die Entwicklung der Mietpreise noch nicht abgeschlossen ist. Das Amtsgericht hatte das Feststellungsinteresse des Klägers in der ersten Instanz teilweise verneint, was das Landgericht in der Berufung korrigiert hat.

Mietenbegrenzungsverordnung und Verfassungsmäßigkeit

Ein weiterer wichtiger Aspekt des Urteils betrifft die Berliner Mietenbegrenzungsverordnung. Diese ist seit dem 1. Juni 2015 in Kraft und wurde sowohl vom Landgericht Berlin als auch vom Bundesgerichtshof als wirksam erachtet. Die Berufung des Beklagten, die die Wirksamkeit dieser Verordnung in Frage stellte, wurde zurückgewiesen. Das Gericht stellte klar, dass die Verfassungsmäßigkeit der §§ 556d ff. BGB nicht relevant ist, da die Parteien keine Staffelmietzinsvereinbarung haben.

Kostenverteilung und Vollstreckbarkeit

Die Kosten des Berufungsverfahrens müssen von den Beklagten getragen werden. Im ersten Rechtszug tragen der Kläger 30% und die Beklagten als Gesamtschuldner 70% der Kosten. Die Entscheidungen zu den Kosten und zur vorläufigen Vollstreckbarkeit basieren auf den §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711 des ZPO. Eine Revision wurde nicht zugelassen, da die abstrakte Rechtsfrage bereits höchstrichterlich geklärt ist.

Keine Revision zugelassen

Ein weiterer wichtiger Punkt des Urteils ist, dass eine Revision nicht zugelassen wurde. Das Gericht begründete dies damit, dass die abstrakte Rechtsfrage bereits durch den Bundesgerichtshof geklärt ist. Das bedeutet, dass die Entscheidung des Landgerichts Berlin in dieser Sache als endgültig betrachtet werden kann.

Wichtige Begriffe zur besseren Verständlichkeit des Urteils

  • Feststellungsklage: Eine Feststellungsklage ist eine Art von Gerichtsverfahren, bei dem eine Partei, oft der Kläger, eine rechtliche Klärung zu einem bestimmten Sachverhalt oder einer bestimmten Situation sucht. Im Kontext des vorliegenden Urteils wollte der Mieter (Kläger) durch die Feststellungsklage klären lassen, wie hoch der Mietzins für die Wohnung sein sollte. Diese Art von Klage ist besonders nützlich, wenn es Unsicherheiten gibt, die eine zukünftige Rechtsbeziehung zwischen den Parteien beeinflussen könnten.
  • Gesamtschuldner: Der Begriff „Gesamtschuldner“ bezieht sich auf eine Situation, in der mehrere Parteien gemeinsam für eine Schuld oder Verpflichtung haften. Im vorliegenden Fall wurden die Beklagten als Gesamtschuldner verurteilt, was bedeutet, dass sie gemeinsam für die Rückzahlung des zu viel gezahlten Mietzinses an den Kläger verantwortlich sind. Jeder der Gesamtschuldner ist dabei grundsätzlich für die gesamte Schuld haftbar, unabhängig davon, welchen Anteil er tatsächlich an der Entstehung der Schuld hatte.
  • Mietenbegrenzungsverordnung: Die Mietenbegrenzungsverordnung ist ein rechtliches Instrument, das in bestimmten Gebieten die Höhe der Mieten begrenzt, um den Wohnungsmarkt zu regulieren und Mieter vor überhöhten Mieten zu schützen. Im vorliegenden Urteil spielte die Berliner Mietenbegrenzungsverordnung eine wichtige Rolle. Sie legt fest, wie hoch der Mietzins in bestimmten Gebieten maximal sein darf und ist sowohl vom Landgericht Berlin als auch vom Bundesgerichtshof als wirksam erachtet worden.

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Das vorliegende Urteil

LG Berlin – Az.: 67 S 79/23 – Urteil vom 22.08.2023

Auf die Berufung des Klägers wird das am 1. März 2023 verkündete Urteil des Amtsgerichts Mitte Weise abgeändert. Es wird festgestellt, dass der Kläger den Beklagten für die gemietete Wohnung im Hause X ab dem 1. Juli 2022 einen monatlichen Mietzins von 654,90 EUR schuldet.

Die Beklagten werden als Gesamtschuldner verurteilt, an den Kläger 3.982,55 EUR nebst Zinsen in Höhe von fünf Prozentpunkten über dem Basiszinssatz seit dem 21. Juli 2022 zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

Die Berufung der Beklagten wird zurückgewiesen.

Die Beklagten haben die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen. Von den Kosten des ersten Rechtszugs haben der Kläger 30% und die Beklagten als Gesamtschuldner 70% zu tragen.

Die Revision wird nicht zugelassen.

Gründe:

I.

Der Tatbestand entfällt gemäß §§ 540 Abs. 2, 313 Abs. 2 ZPO.

II.

Die Berufung des Klägers ist begründet, die der Beklagten unbegründet.

1. Die Berufung des Klägers ist begründet. Der von ihm erhobenen Feststellungsklage fehlt für die Zeiträume, die nicht vom Leistungsantrag umfasst sind, nicht das erforderliche Feststellungsinteresse gemäß § 256 Abs. 1 ZPO. Denn eine Feststellungsklage ist und bleibt zulässig, wenn die zu beurteilende Entwicklung noch nicht abgeschlossen und der Kläger seinen Anspruch deshalb nur teilweise beziffern kann (st. Rspr., vgl. Bacher, in: BeckOK ZPO, 49. Ed., Stand: 1. Juli 2023, § 256 Tz. 27 m.w.N.). So liegt der Fall hier, in dem es dem Kläger nicht möglich ist, nach Schluss der mündlichen Verhandlung noch entstehende Ansprüche auf Rückzahlung überzahlten Mietzinses bereits jetzt geltend zu machen. Soweit ursprünglich identische Zeiträume gleichzeitiger Gegenstand des Leistungs- und des Feststellungsantrags waren, hat das Amtsgericht das Feststellungsinteresse des Klägers zu Recht verneint. Insoweit greift die Berufung das erstinstanzliche Urteil auch nicht an.

2. Die Berufung der Beklagten ist unbegründet.

Die Mietsache liegt in einem nach § 556d Absatz 2 BGB durch Rechtsverordnung bestimmten Gebiet. Die Wirksamkeit der zum 1. Juni 2015 in Kraft getretenen Berliner Mietenbegrenzungsverordnung ist in ständiger Rechtsprechung sowohl durch die Kammer (vgl. zuletzt Kammer, Urt. v. 13. Juni 2023 – 67 S 160/22, BeckRS 2023, 13490 Tz. 13 m.w.N.) als auch durch den Bundesgerichtshof geklärt (vgl. zuletzt BGH, Urt. v. 24. Mai 2023 – VIII ZR 373/21, NJW-RR 2023, 988, Tz. 17 m.w.N.). Die dagegen gerichteten Berufungsangriffe verfangen aus den Gründen der genannten Entscheidungen, auf die die Kammer Bezug nimmt und denen nichts hinzuzufügen ist, im Ergebnis nicht.

Die Verfassungsgemäßheit der §§ 556d ff. BGB für die Zeit ab dem 1. Juni 2020 kann dahinstehen, da die Parteien nicht über eine Staffelmietzinsvereinbarung miteinander verbunden sind (vgl. dazu Kammer, Urt. v. 15. Dezember 2022 – 67 S 180/22, WuM 2023, 208, beckonline Tz. 17 ff.). Selbst im Falle der späteren Verfassungswidrigkeit der §§ 556d ff. BGB oder des Auslaufens des Gesetzes würde es bei der aus den §§ 556g Abs. 1 Satz 2, 556d Abs. 1 und 2 BGB folgenden Teilunwirksamkeit der vertraglichen Mietzinsabrede bleiben, ohne dass die ursprüngliche Mietzinsabrede wieder auflebte. Es reicht aus, dass die §§ 556d ff. BGB zum Zeitpunkt des Mietvertragsschlusses verfassungsgemäß waren und landesrechtlich wirksam in Vollzug gesetzt worden sind. Beides ist hier der Fall (vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Juli 2019 – 1 BvL 1/18, 1 BvL 4/18, 1 BvR 1595/18, NJW 2019, 3054).

Die übrigen – von der Berufung der Beklagten nicht weiter in Frage gestellten – Anspruchsvoraussetzungen der §§ 556d ff. BGB hat das Amtsgericht zutreffend bejaht. Die Kammer nimmt insoweit auf die Ausführungen des Amtsgerichts, denen nichts hinzuzufügen ist, Bezug.

3. Die Entscheidungen zu den Kosten und zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruhen auf den §§ 91 Abs. 1, 92 Abs. 1, 97 Abs. 1, 708 Nr. 10, 711. Die Revision war nicht gemäß § 543 Abs. 2 Satz 1 ZPO zuzulassen. Die hier allein in Frage stehende abstrakte Rechtsfrage ist höchstrichterlich geklärt (vgl. BGH, Urt. v. 24. Mai 2023, a.a.O.). Davon weicht die Kammer nicht ab.

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