AG Wedding, Az.: 15a C 258/09, Urteil vom 22.01.2010
1. Der Beklagte wird verurteilt, die von ihm innegehaltenen Gewerberäume im Quergebäude im hinteren Grundstücksteil des Grundstücks … einschließlich der dazugehörigen Doppelgarage samt Nebenflächen und Keller zu räumen und geräumt an die Klägerin herauszugeben.
2. Die Kosten des Rechtsstreits hat der Beklagte zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 2.400,–Euro abwenden, wenn nicht die Klägerin vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Parteien streiten über die Räumung von gewerblich genutzten Räumen.
Der Beklagte mietete ab dem 1. April 2004 von der … die im Quergebäude im hinteren Grundstücksteil des Grundstücks … befindlichen Räumlichkeiten (Doppelgarage, Nebenflächen und Keller) als Lagerfläche. Es wurde eine Pauschalmiete von 350,00 Euro vereinbart. Gemäß § 17 des Mietvertrages sollte die Miete bis zum 31.03.2005 unverändert bleiben. Sodann heißt es in § 17: „Für den nachfolgend bezeichneten Zeitraum wird eine Staffelmiete vereinbart. […] Die Miete erhöht sich: jährlich 10,-„. Das Mietverhältnis lief auf unbestimmte Zeit und sollte „mit einer Frist von 6 Monaten, ab 31.9.2004“ kündbar sein.
Die Klägerin erwarb das Grundstück durch notariellen Kaufvertrag vom 22.12.2006 und wurde am 8. Mai 2007 als Eigentümerin ins Grundbuch eingetragen.
Im September 2006 kam es zu einem Wasserschaden im Objekt, der zu Schimmelbildung führte. In der Folge zahlte der Beklagte bis einschließlich Juni 2009 nur noch eine reduzierte Miete von 150,00 Euro. Im Juli und August 2009 leistete er zunächst keine Zahlungen. Darauf hin kündigte die Klägerin das Mietverhältnis mit Schreiben vom 1. September 2009 wegen Zahlungsverzugs i.H.v. 7.410,00 Euro außerordentlich fristlos und forderte den Beklagten vergeblich zur Räumung und Herausgabe heraus. Mit Schreiben vom 7. September 2009 an die Hausverwaltung der Klägerin widersprach der Beklagte der Kündigung und erklärte, er habe mit dem Vorbesitzer, … , mündlich vereinbart, für zwei Garagen nur noch 150,00 Euro monatlich zu bezahlen. Am 23. September 2009 leistete der Beklagte eine Mietzahlung von jeweils 150,00 Euro für die Monate Juli bis Oktober 2009.
Die Klägerin beantragt, den Beklagten zu verurteilen, die von ihm innegehaltenen Gewerberäume im Quergebäude im hinteren Grundstücksteil des Grundstücks … einschließlich der dazugehörigen Doppelgarage samt Nebenflächen und Keller zu räumen und geräumt an die Klägerin herauszugeben.
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Er ist der Ansicht, die Kündigung sei unwirksam. Hierzu behauptet er, dass die Räume infolge des Wasserschadens – nach wie vor – an sämtlichen Wand- und Bodenflächen vollflächig verschimmelt seien und der Boden aufgequollen sei; die Räume seien unbenutzbar; er ist der Ansicht, die Miete sei deshalb vollständig gemindert gewesen; zudem beruft stehe ihm die Einrede des nicht erfüllten Vertrages zu, so dass er sich nicht in Verzug befunden habe. Die Staffelmietvereinbarung sei im Übrigen unwirksam.
Der Beklagte hat im Prozess durch anwaltlichen Schriftsatz zunächst behauptet, die vormalige Vermieterin habe sich mit ihm bis zur Beseitigung der Mängel auf eine Reduzierung der Miete auf 150,00 Euro geeignet. Mit Schriftsatz seines Prozessbevollmächtigten vom 8. Januar 2010 hat er sodann behauptet, die vormalige Vermieterin habe einseitig ein Minderungsrecht des Beklagten auf 150,00 Euro anerkannt. Der Beklagte hat in der mündlichen Verhandlung vom 22.01.2010 erklärt, dass er sich auf das Angebot des Gesellschafters der vormaligen Vermieterin, eine reduzierte Miete von 150,00 Euro zu zahlen, einverstanden erklärt habe unter der Voraussetzung, dass die Mängel beseitigt würden.
Wegen des weiteren Sach- und Streitstandes wird auf die wechselseitigen Schriftsätze der Parteien nebst ihren Anlagen und die Sitzungsprotokolle Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig und begründet.
I.
Die Klage ist zulässig. Insbesondere ist das Amtsgericht sachlich und örtlich zuständig. Die. Geschäftsräume liegen im Bezirk das Amtsgerichts Wedding (§ 29a Abs. 1 ZPO). Die sachliche Zuständigkeit folgt aus § 23 Nr. 1 GVG i.V.m. § 8 ZPO. Da das Bestehen oder die Dauer eines Mietverhältnisses streitig ist, das Mietverhältnis aber jedenfalls mit einer Frist von 6 Monaten ordentlich gekündigt werden konnte, liegt der Zuständigkeitsstreitwert selbst unter Berücksichtigung einer monatlichen Miete von 400,00 Euro – wie von der Klägerin behauptet – unter 5.000,00 Euro.
II.
Die Klage ist auch begründet. Der Beklagte ist gemäß § 546 Abs. 1 BGB zur Räumung und Herausgabe der von ihm gemieteten, aus dem Tenor ersichtlichen Geschäftsräume verpflichtet. Denn das Mietverhältnis der Parteien ist durch die gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 3a BGB wirksame außerordentliche Kündigung vom 1. September 2009 seitdem beendet.
Zwischen den Parteien bestand ein Mietverhältnis über Gewerberaum, nachdem die Klägerin durch den Eigentumserwerb am 8. Mai 2007 gemäß § 566 Abs. 1 BGB in den bestehenden Mietvertrag eingetreten ist. Der Beklagte hat die Aktivlegitimation der Klägerin zuletzt auch nicht mehr bestritten.
Der Beklagte war zum Zeitpunkt des Zugangs der Kündigung vom 1. September 2009, die durch Boten übergeben wurde, mit der vollen Miete für die Monate Juli und August 2009, also mit der Miete für zwei auf einander folgende Monate, in Verzug, § 543 Abs. 2 Nr. 3a Alt. 1 BGB, so dass die außerordentliche fristlose Kündigung gerechtfertigt ist. Denn selbst unter Berücksichtigung des eigenen Vortrags des Beklagten schuldete dieser für die Monate Juli und August 2009 zumindest eine geminderte Miete von 150,00 Euro monatlich. Diese war jeweils am dritten Werktag des Monats (§ 15 Abs. 1 des Mietvertrages) fällig – also kalendermäßig bestimmt-, so dass Verzug auch ohne Mahnung eintrat, § 286 Abs. 2 Nr. 1 BGB. Da der Beklagte keinerlei Zahlungen leistete, ist er mit der vollen geschuldeten Miete für zwei auf einander folgende Monate in Verzug geraten.
Nach dem eigenen Vortrag des Beklagten ist zwischen den vormaligen Parteien des Mietvertrages, in den die Klägerin eingetreten ist, eine Einigung dahin gehend zustande gekommen, dass der Beklagte bis zu Beseitigung der Mängel infolge des Wasserschadens und der in der Folge eingetretenen Schimmelbildung, deren Umfang streitig ist, nur noch eine reduzierte Miete von 150,00 Euro monatlich zu leisten hatte. Eine entsprechende Vereinbarung mit dem Gesellschafter der Rechtsvorgängerin der Klägerin hat der Beklagte bereits in der Klageerwiderung unter Beweisantritt behauptet. Dies hat er bei seiner persönlichen Anhörung in der mündlichen Verhandlung am 22.01.2010 zudem ausdrücklich erklärt und es entspricht der Darlegung in seinem vorgerichtlichen Schreiben an die Hausverwaltung der Klägerin vom 7. September 2009, wonach er mit dem Vorschlag des Gesellschafters der … , künftig für die Nutzung der Doppelgarage nur noch monatlich 150,00 Euro zu zahlen, sein Einverständnis erklärt hatte. Etwas anderes ergibt sich im Übrigen auch nicht aus der Darstellung des Prozessbevollmächtigten des Beklagten im Schriftsatz vom 8. Januar 2010. Denn selbst wenn es zuträfe, dass die seinerzeitige Vermieterin eine Minderung der Miete auf 150,00 Euro einseitig anerkannt hätte, so hätte der Beklagte das darin liegende Angebot der Klägerin, für eine geminderte Gebrauchstauglichkeit der Räume nur eine verminderte Mietzahlung zu leisten, durch seine jahrelange Mietzahlung in dieser Höhe jedenfalls konkludent angenommen. Denn zutreffend ist zwar, dass die Miete im Falle eines Mangels, der die Gebrauchstauglichkeit nicht nur unerheblich beeinträchtigt, kraft Gesetzes gemindert ist, § 536 Abs. 1 BGB. Das schließt es indes nicht aus, dass die Parteien kraft ihrer Privatautonomie eine Vereinbarung darüber treffen, in welcher Höhe die Miete trotz eines bestehenden Mangels zukünftig zu zahlen ist. Dass eine solche Vereinbarung rechtlich zulässig ist, folgt schon aus § 536d BGB. Zwar führt eine bloße verminderte Mietzahlung in Kenntnis eines Mangels nicht ohne weiteres zu einer solchen Vertragsänderung. Vorliegend ist indes zu berücksichtigen, dass die seinerzeitigen Mietvertragsparteien nach dem Vortrag des Beklagten über den Mangel kommuniziert haben und der Beklagte nachfolgend die – nach seinem Vortrag – von dem Vermieter geforderte verminderte Miete ohne Vorbehalt einer weitergehenden Minderung geleistet hat. Darin ist eine einverständliche Vertragsänderung zu sehen mit der Folge, dass der Beklagte unter Berücksichtigung der Mängel nur noch eine Miete von 150,00 Euro schuldete. Mithin war der Beklagte durch die vollständig nicht geleistete Miete für Juli und August 2009 i.H.v. je 150,00 Euro mit der gesamten Miete für zwei auf einander folgende Monate in Verzug geraten. Dies rechtfertigt die fristlose Kündigung ohne weiteres.
Soweit der Beklagte meint, für die Höhe des Verzugs sei auf die ursprünglich vereinbarte Miete i.H.v. 350,00 Euro bzw. auf Grund der – wirksamen – Staffelmietvereinbarung i.H.v. 400,00 Euro abzustellen mit der Folge, dass kein Verzug mit der vollen Miete sondern nur einem Teil der Miete (vgl. § 543 Abs. 2 Nr. 3a Alt. 2 BGB) vorliegt, ist dies nicht zutreffend. Denn die Minderung ändert die vertraglichen Pflichten ohne Weiteres und führt kraft Gesetzes zu einer Reduzierung des Mietzinses mit der Folge, dass die reduzierte Miete als die vereinbarte gilt (vgl. nur BGH XII ZR 47/09=NJW-RR 1991, 779; NJW 1987, 432; Palandt/Weidenkaff, 68. Aufl., § 536 Rn. 33; allg. Meinung). Zudem haben sich die Parteien auf eine geminderte Miete bis zur Beseitigung der Mängel und in Kenntnis ihres Bestehens auf eine Miete von 150,00 Euro geeinigt.
Entgegen der Ansicht des Beklagten hindert auch die Einrede des nicht erfüllten Vertrages gemäß § 320 Abs. 1 BGB den Verzugseintritt nicht. Zutreffend ist zwar, dass die Einrede des § 320 Abs. 1 BGB wegen der Gegenseitigkeit der wechselseitigen Vertragspflichten den Verzug per se ausschließt, ohne dass sich der Schuldner vorprozessual hierauf ausdrücklich berufen muss. Vorliegend liegt indes nach der Behauptung des Beklagten gerade eine Einigung auf eine reduzierte Mietzahlung i.H.v. 150,00 Euro bis zur Beseitigung des Mangels vor. Darin ist jedenfalls bis zu diesem Betrag ein vorübergehender Verzicht auf die Geltendmachung der Einrede des nicht erfüllten Vertrages zu sehen, weil der Beklagte in Kenntnis des Mangels zu einer entsprechenden Zahlung bereit war. Es kann dahin stehen, ob der Beklagte für den Fall, dass sich die Verhältnisse nicht ändern, an diesen Verzicht dauerhaft gebunden ist. Dies ist insbesondere dann zweifelhaft, wenn der Verzicht in der Erwartung baldiger Mängelbeseitigungsarbeiten erklärt wird und diese Erwartung nicht eintritt. Indes ist es nach Treu und Glauben (§ 242 BGB) dem Beklagten zumindest verwehrt, sich ohne eine solche Änderung der Verhältnisse – da der Wassereinbruch gestoppt wurde, ist der Schimmelschaden in den Monaten Juli und August 2009 gegenüber den Vormonaten jedenfalls nicht schlimmer geworden – und ohne entsprechende Geltendmachung des Zurückbehaltungsrechts nachträglich auf dieses zu berufen. Dies gilt vorliegend umso mehr, als der Beklagte Ende September 2009 die reduzierte Mietzahlung für Juli und August 2009 erbrachte. Damit spricht nämlich auch sein nachfolgendes Verhalten dafür, dass sich die Umstände gegenüber dem Zeitpunkt, als die Vereinbarung über eine reduzierte Mietzahlung getroffen wurde, in keiner Weise geändert haben.
Schließlich hat der Beklagte auch nicht substantiiert dargelegt, dass die bestehenden Mängel die Gebrauchstauglichkeit tatsächlich vollständig aufgehoben und ihm ein weitergehendes vollständiges Minderungsrecht auf Null zustand. Denn sein entsprechender Vortrag, wonach es an sämtlichen Wand- und Bodenflächen zu vollflächiger Schimmelbildung kam, wird durch die eingereichten Lichtbilder nicht gestützt. Denn darauf ist Schimmelbildung nur auf Teilen der Wandflächen zu sehen. Lichtbilder zu Schimmelschäden in der Garage fehlen zudem. In Anbetracht des Schreibens des Beklagten vom 7. September 2009, wonach gerade für die Nutzung der zwei Garagen eine reduzierte Miete gezahlt werden sollte, wäre indes ein substantiierter Vortrag zur Aufhebung der Gebrauchstauglichkeit auch der Garage erforderlich gewesen.
Damit ist selbst nach dem Vortrag des Beklagten die fristlose Kündigung wirksam.
III.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 91 Abs. 1 ZPO, der Ausspruch über die vorläufige Vollstreckbarkeit auf § 708 Nr. 7, 711 ZPO.