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Mieterhöhungsvereinbarung – Zustimmung zu einer späteren Modernisierungsmieterhöhung

AG Görlitz, Az.: 5 C 439/14, Urteil vom 20.03.2015

1. Die Beklagten werden gesamtschuldnerisch haftend verurteilt, an die Klägerin 11,94 € zzgl. Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus je 1,99 € seit 04.07.2014, 06.08.2014, 04.09.2014, 07.10.2014, 06.11.2014, 04.12.2014 zu zahlen.

Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.

2. Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Klägerin.

3. Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung des 1,1fachen aus dem Urteil beizutreibenden Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagten vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leisten.

Streitwert: 650,28 €

Tatbestand

Die Klägerin beansprucht Zahlung rückständiger Miete.

Zwischen den Parteien besteht seit 01.07.1991 ein Mietvertrag über eine Wohnung im Objekt A. W. .. in G.

Mit Schreiben vom 29.01.2013 erhielten die Beklagten eine Modernisierungsankündigung für verschiedene Baumaßnahmen im Kellerbereich sowie in der Wohnung und im Außenbereich des Gebäudes A. W. … Die Baumaßnahmen umfassten im Wesentlichen den Rückbau der oberen Geschosslagen, die Erstellung eines neuen Daches mit Dachdämmung, eine Dämmung der Kellerdecken, den Austausch von Fenstern, die Anbringung eines Wärmedämm-Verbund-Systems, die Erneuerung der Balkongeländer, die Installation von Brandschutztüren sowie die neue Führung von Heizungsträgern zuzüglich der Malerarbeiten im Treppenhaus und sonstigen Leistungen.

Wegen der Einzelheiten wird auf die Modernisierungsvereinbarung/-ankündigung nach § 554 BGB vom 29.01.2013, Anlage K4, Bl. 15-18 d. A., sowie die Kostenaufstellung Baumaßnahmen A. W. ../.., Anlage K9, Bl. 48 d. A., verwiesen.

Die Klägerin behauptet, dass in der Modernisierungsankündigung eine Vereinbarung unterbreitet worden sei, wonach auf die Umlage verschiedentlicher Kostenpositionen verzichtet worden sei, wenn im Gegenzug die Mieter auf die Vornahme einer Minderung (die durch die Baumaßnahme getragen würde) verzichten  würden. Insoweit sollte eine Anpassung der Miete in Folge der Modernisierung mit einem Aufschlag von 1,85 €/m² im Raum stehen. Bei Annahme der Modernisierungsvereinbarung sollte sich die Mieterhöhung auf 1,53 €/m² vermindern.

Diese Modernisierungsvereinbarung sei durch die Beklagten angenommen worden, indem sie diese unterzeichnet an die Klägerin zurückgereicht hätten.

Die Baumaßnahmen seien im Jahr 2013 durchgeführt worden. Die Abrechnung über die Baumaßnahme sei Ende 2013, Anfang 2014 erfolgt.

Mit Schreiben vom 22.04.2014 sei den Beklagten der Erhöhungsbetrag mitgeteilt worden. Gleichzeitig sei auf die Modernisierungsvereinbarung verwiesen worden, wonach eine Mieterhöhung mit 106,39 € vereinbart worden sei. Ebenso sei der Beginn der Mietzahlungspflicht zum 01.07.2014 mitgeteilt worden.

Beginnend ab 01.07.2009 habe sich die Miete auf 353,26 € belaufen.

Mit Schreiben vom 15.03.1996 sei eine Minderung in Höhe von 3,90 DM monatlich gewährt worden. Der Minderungsgrund sei jedoch im Zuge der hier streitgegenständlichen Sanierungs-/Modernisierungsmaßnahmen abgestellt worden. In Folge des Umbaus der Heizungsanlage durch den Rückbau der oberen Geschossetagen liege nunmehr in der Wohnung der Beklagten Warmwasser  kurzfristig nach Aufdrehen des Warmwasserhahnes an, sodass eine Minderungsberechtigung, wie sie ursprünglich zugestanden worden sei, nicht mehr bestehe.

Eine Reparatur an der Warmwasserversorgung, wie im Schriftsatz der Beklagten vom 08.01.2015 behauptet, habe nicht stattgefunden. Es fehle an substantiiertem Vortrag hierzu.

Nach der Modernisierungserhöhung beziffere sich die monatliche Miete auf 459,56 €.

Folgende Mietrückstände seien zu verzeichnen:

………………..

Gesamtrückstand: 650,28

Soweit der Modernisierungserhöhungsbetrag in der Vereinbarung mit einer ca-Zahl benannt worden sei, betreffe dies nur den Preis pro m². Die Gesamtmieterhöhung, die letztlich pro Monat greifen solle, sei ohne ca-Angabe mit 106,39 € festgehalten. Dies ergebe sich so auch aus der tabellarischen Aufstellung zur Berechnung des Modernisierungserhöhungsbetrages (Anlage K9).

Die Klägerin beantragt, die Beklagten gesamtschuldnerisch haftend zu verurteilen, an die Klägerin € 650,28 zuzüglich Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz

– aus je € 108,38 € seit 04.07.2014, 06.08.2014, 04.09.2014, 07.10.2014, 06.11.2014, 04.12.2014 zu bezahlen.

Die Beklagten beantragen, Klageabweisung.

Sie bestreiten ausdrücklich, dass sie mit der Klägerin eine Vereinbarung über eine Modernisierungsmieterhöhung ab einem ganz bestimmten Termin geschlossen haben. Eine solche Vereinbarung ergebe sich auch nicht aus den mit der Klage vorgelegten Unterlagen.

Diese Vereinbarung verstoße gegen § 559 Abs. 6 BGB, wonach eine zum Nachteil des Mieters und dieser Vorschrift abweichende Vereinbarung unwirksam sei.

Sie bestreiten ganz ausdrücklich, dass sie eine Mieterhöhung entsprechend den gesetzlichen Vorschriften erhalten hätten und dass eine Vereinbarung gem. §§ 559oder 559 b BGB beschlossen worden sei.

Die Klägerin habe auch nicht gegenüber den Beklagten Ende 2013/Anfang 2014 über die Baumaßnahme abgerechnet.

Den Beklagten stehe ein Mietminderungsrecht zur Seite. Mit Schreiben vom 15.03.1996 habe der Vermieter mitgeteilt, dass ihm das Problem der Warmwasserversorgung bekannt sei, aber diese Maßnahme größeren Umfanges nicht kurzfristig realisierbar sei.

Am 19.01.2015 habe ein Aushang betreffend Reparatur Wasserleitung ausgehangen, d. h. dass es zur Unterbrechung der Wasserversorgung kommen werde. Es sei davon auszugehen, dass bei einer Inaugenscheinnahme durch das Gericht zukünftig die Wasserversorgung in Ordnung sei.

Zur Ergänzung des Tatbestandes wird auf den weiteren Akteninhalt Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die zulässige Klage ist unbegründet und war daher abzuweisen.

Die Beklagten sind verpflichtet, der Klägerin die vereinbarte Miete zu entrichten (§ 535 Abs. 2 BGB). Vereinbart ist derzeit eine Miete in Höhe von 353,26 €. Ein Minderungsrecht der Beklagten in Höhe von 1,99 € wegen Problemen der Warmwasserversorgung aus dem Jahr 1996 steht den Beklagten nach Durchführung der Modernisierungsmaßnahmen nicht mehr zu.

Die Klägerin kann sich auf eine wirksame Mieterhöhungsvereinbarung mit den Beklagten nicht berufen.

Die bloße, mieterseitige Gegenzeichnung des Ankündigungsschreibens zur Modernisierung, welches die vorgesehenen Maßnahmen und den voraussichtlichen Mieterhöhungsbetrag aufführt, verschafft dem Mieter nicht den Mieterhöhungsanspruch (AG Hamburg, Urteil vom 29.07.1998, veröffentlicht WuM 1999, 341 – 342).

Die Unterzeichnung der Modernisierungsvereinbarung/-ankündigung vom 29.01.2013 lässt nicht den Schluss zu, dass die Beklagten damit eine Erklärung abgeben wollten, dass in vertragsmäßig bindender Weise das Einverständnis mit einer bestimmten Mieterhöhung besteht. Dies folgt zum einen aus der Tatsache, dass der Mieterhöhungsbetrag als ca-Angabe benannt wurde. Weiterhin ist nicht bestimmt, ab wann der neue Mietzins geschuldet werden soll. Zum anderen lassen die Formulierungen des Schreibens auf einen vorläufigen Charakter schließen und noch nicht auf eine endgültige Regelung des Mieterhöhungsbetrages.

Die Vereinbarung zur Mieterhöhung nach Modernisierung um einen bestimmten Betrag darf keinen Zweifel über den verbindlichen Mietzins zulassen (Landgericht Görlitz, veröffentlicht WuM 1999, 340 – 341). Dies gilt umso mehr, als die streitgegenständliche Vereinbarung vor Durchführung der Modernisierungsmaßnahmen getroffen wurde.

Ob der Vermieter bei einer Zustimmung des Mieters außerhalb des § 554 BGB den Mietzins entsprechend § 559 BGB anpassen kann, muss sich aus der Abrede ergeben. Die Vereinbarung einer Beschränkung der Mieterhöhung nach Abschluss der Arbeiten ist zulässig (vgl. Schmidt-Futterer, 9. Auflage, § 554 BGB, Randnr. 369).

Hat der Mieter bei einer Modernisierungsankündigung eine Erklärung unterschrieben, woraus sich der voraussichtliche Erhöhungsbetrag ergibt, aber mitgeteilt wird, dass die genannten Gesamtkosten auf der Grundlage einer Kostenberechnung (ca-Werte) beruhen, so handelt es sich nicht um die Zustimmung zu einer Mieterhöhung. Der Vermieter muss in diesem Fall noch eine Mieterhöhungserklärung gem. § 559 b BGB abgeben.

Zinsen schulden die Beklagten aus dem Rechtsgrund des Verzuges gem. §§ 286, 288 Abs. 1 BGB i.V.m. § 5 des Mietvertrages, wonach die Miete monatlich im Voraus bis zum 3. Werktag eines Monats zu entrichten ist.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 92 Abs. 2 Ziffer 1 ZPO. Die geringfügige Verurteilung der Beklagten steht in keinem Verhältnis zur Klageabweisung.

Die vorläufige Vollstreckbarkeitserklärung beruht auf §§ 708Nr. 11, 711 ZPO.

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