Trotz pünktlicher Überweisung an den ehemaligen Alleineigentümer erhielt ein Mieter in München die fristlose Kündigung wegen Mietrückstands. Der Streit vor Gericht drehte sich nun nicht nur um den Fehler des Mieters, sondern um die Frage, ob der Vermieter den Zahlungsverzug gezielt herbeiführte.
Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Kündigung trotz Zahlung auf altes Konto – rechtens?
- Was passiert, wenn man Miete auf das falsche Konto überweist?
- Wem gehört die Miete bei mehreren Vermietern?
- Warum war die Kündigung trotzdem treuwidrig?
- Muss ein Vermieter irrtümlich erhaltene Miete weiterleiten?
- Die Urteilslogik
- Benötigen Sie Hilfe?
- Experten Kommentar
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Gilt eine pünktliche Mietzahlung auf das alte Konto als Zahlungsverzug?
- An wen muss ich die Miete zahlen, wenn eine neue Eigentümergemeinschaft entsteht?
- Wann schützt mich der Grundsatz von Treu und Glauben vor einer Vermieterkündigung?
- Was tun, wenn der alte Vermieter die irrtümlich gezahlte Miete nicht weiterleitet?
- Wie stelle ich sicher, dass meine Mietzahlung schuldbefreiend an die Eigentümergemeinschaft erfolgt?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Das vorliegende Urteil
Zum vorliegenden Urteil Az.: 14 S 13520/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Landgericht München I
- Datum: 06.08.2025
- Aktenzeichen: 14 S 13520/24
- Verfahren: Berufung im Räumungsrechtsstreit
- Rechtsbereiche: Mietrecht, Treu und Glauben
- Das Problem: Der Vermieter kündigte dem Mieter wegen ausstehender Mieten. Der Mieter hatte die Miete pünktlich, aber auf das alte Konto eines Miteigentümers überwiesen, der das Geld einbehielt.
- Die Rechtsfrage: Darf der Vermieter dem Mieter wegen Zahlungsverzugs kündigen, wenn die Miete zwar auf das falsche Konto, aber pünktlich an einen der Miteigentümer gezahlt wurde?
- Die Antwort: Nein, die Kündigungen sind unwirksam. Das Gericht sah die Kündigung als Rechtsmissbräuchlich an, da der Miteigentümer die irrtümlich gezahlte Miete ohne Grund einbehielt.
- Die Bedeutung: Vermieter dürfen einen Zahlungsverzug nicht ausnutzen, den sie leicht durch Weiterleitung oder Erstattung irrtümlich gezahlter Mieten hätten verhindern können.
Kündigung trotz Zahlung auf altes Konto – rechtens?
Ein Mieter überweist seine Miete pünktlich und in voller Höhe, Monat für Monat. Dennoch erhält er die fristlose Kündigung, wird aus seiner Wohnung geklagt und landet schließlich in einer Notunterkunft. Was klingt wie ein juristischer Albtraum, wurde für einen Münchner Mieter zur Realität. Der Grund: Er hatte das Geld auf das falsche Konto überwiesen – genauer gesagt auf das Konto des bisherigen Alleineigentümers, der das Geld einfach einbehielt, anstatt es an die neue Eigentümergemeinschaft weiterzuleiten.

In seinem Urteil vom 06. August 2025 musste das Landgericht München I unter dem Aktenzeichen 14 S 13520/24 eine fundamentale Frage des Mietrechts klären: Darf ein Vermieter einen Zahlungsverzug provozieren und diesen dann als Kündigungsgrund nutzen?
Was passiert, wenn man Miete auf das falsche Konto überweist?
Der Beklagte bewohnte seit dem 1. April 2010 eine 3-Zimmer-Wohnung in München. Über Jahre lief das Mietverhältnis problemlos. Der Vermieter wechselte im Jahr 2017, als der spätere Kläger zu 4) das gesamte Anwesen erwarb und in den bestehenden Mietvertrag eintrat. Die monatliche Miete von 471,50 Euro floss weiterhin pünktlich auf dessen Konto. Eine entscheidende Änderung trat am 9. September 2022 ein: Der Alleineigentümer übertrug Teile seines Eigentums an seine drei Kinder, die Kläger zu 1) bis 3). Er selbst behielt die Hälfte, während seine Kinder jeweils ein Sechstel erhielten. Am 27. Oktober 2022 wurde diese neue Eigentümergemeinschaft ins Grundbuch eingetragen.
Um die Mietzahlungen für das Objekt zu bündeln, richteten die vier Miteigentümer ein neues Gemeinschaftskonto ein. Der Kern des Streits entzündete sich an der Frage, ob und wann der Mieter über diese neue Bankverbindung informiert wurde. Die Vermieter behaupteten, ihn mit einem Schreiben vom 27. Februar 2023 informiert und zur Zahlung auf das neue Konto ab April 2023 aufgefordert zu haben. Der Mieter bestritt vehement, dieses Schreiben jemals erhalten zu haben. Unstrittig war lediglich eine E-Mail vom 5. Juni 2023, in der eine Mitarbeiterin des Vaters ebenfalls auf das neue Konto hinwies.
In der Zwischenzeit tat der Mieter, was er immer getan hatte: Er überwies die Mieten für April, Mai, Juni und Juli 2023 pünktlich auf das ihm seit Jahren bekannte Konto des Vaters. Dieser nahm die insgesamt 1.886 Euro widerspruchslos entgegen. Statt die Beträge jedoch auf das Gemeinschaftskonto seiner Familie weiterzuleiten oder dem Mieter zurückzuerstatten, behielt er sie ohne Angabe von Gründen ein. Erst ab August 2023, nachdem er die E-Mail zur Kenntnis genommen hatte, zahlte der Mieter auf das korrekte Gemeinschaftskonto. Doch da war es bereits zu spät. Am 4. und 5. August 2023 flatterten dem Mieter zwei gleichlautende Schreiben ins Haus: die fristlose, hilfsweise ordentliche Kündigung wegen Zahlungsverzugs für die Monate April bis Juli. Obwohl die Vermieter ihn am 14. August nochmals zur Zahlung aufforderten, war die Eskalation nicht mehr aufzuhalten. Am 29. August folgte eine weitere fristlose Kündigung. Das Amtsgericht München gab der Räumungsklage in erster Instanz statt, der Mieter musste seine Wohnung verlassen.
Wem gehört die Miete bei mehreren Vermietern?
Um die Position der Vermieter zu verstehen, muss man einen Blick auf die rechtliche Konstruktion werfen, die entsteht, wenn ein Mietobjekt mehreren Personen gehört. Das Bürgerliche Gesetzbuch (BGB) behandelt mehrere Vermieter als sogenannte Mitgläubiger nach § 432 BGB. Das bedeutet, dass die Mietschuld nur dann als erfüllt gilt – Juristen sprechen von einer „schuldbefreienden Wirkung“ –, wenn die Zahlung an alle Vermieter gemeinsam erfolgt. In der Praxis geschieht dies durch Überweisung auf ein von allen Vermietern eingerichtetes Gemeinschaftskonto.
Genau darauf stützte sich die Argumentation der Kläger. Aus ihrer Sicht hatte der Mieter ab April 2023 keine Miete mehr an die korrekte Gläubigermehrheit gezahlt. Die Überweisungen auf das Privatkonto des Vaters waren formaljuristisch unwirksam, um die Mietschuld gegenüber der Gemeinschaft zu begleichen. Folglich sei ein Mietrückstand von vier Monatsmieten entstanden, der sie gemäß § 543 Abs. 2 Nr. 3 BGB zur fristlosen Kündigung berechtigte. Die Kläger bestritten jede Verpflichtung des Vaters, das Geld weiterzuleiten, und sahen in dem Vorgehen des Mieters einen klaren Vertragsbruch. Für sie war der Fall eine rein formale Angelegenheit: keine korrekte Zahlung, also Kündigungsgrund.
Warum war die Kündigung trotzdem treuwidrig?
Das Landgericht München I folgte in seiner Berufungsentscheidung dieser rein formalen Betrachtung nicht und wies die Räumungsklage ab. Die Richter stellten die gesamte Angelegenheit unter eine höhere Maxime: den Grundsatz von Treu und Glauben gemäß § 242 BGB. Dieser universelle Rechtsgrundsatz verhindert, dass jemand ein Recht formal korrekt, aber in einer Weise ausübt, die grob unfair oder rechtsmissbräuchlich ist. Die Entscheidung der Kammer ist ein Lehrstück darüber, wie dieser Grundsatz eine scheinbar klare Rechtslage komplett umkehren kann.
Der formale Fehler des Mieters
Zunächst bestätigte das Berufungsgericht einige zentrale Punkte der Vermieterseite. Es sah keinen Grund, die Beweiswürdigung der Vorinstanz anzuzweifeln. Das Gericht ging also davon aus, dass der Mieter das Informationsschreiben vom 27. Februar 2023 tatsächlich erhalten hatte. Ebenso bestätigte es den juristischen Ausgangspunkt: Nach den Regeln der Mitgläubigerschaft (§ 432 BGB) waren die Zahlungen an den Vater allein tatsächlich nicht schuldbefreiend für die gesamte Vermietergemeinschaft. Rein formal betrachtet lag also ein Zahlungsverzug vor. An diesem Punkt hätte die Analyse enden und die Kündigung für wirksam erklärt werden können. Doch das Gericht ging den entscheidenden Schritt weiter.
Der Knackpunkt: Treu und Glauben nach § 242 BGB
Der entscheidende Hebel der Urteilsbegründung war die Anwendung des § 242 BGB. Die Kammer führte eine umfassende Gesamtschau aller Umstände durch und wog die Interessen ab. Auf der einen Seite stand der formale Zahlungsverzug des Mieters. Auf der anderen Seite stand das Verhalten der Vermieter, das die Richter als widersprüchlich und unfair einstuften. Das Gericht fragte nicht nur, ob ein Rückstand bestand, sondern vor allem, wie dieser Rückstand zustande kam und wer dafür die Verantwortung trug.
Warum das Verhalten der Vermieter den Ausschlag gab
Hier erlebten die Vermieter den juristischen K.O.-Schlag. Das Gericht identifizierte mehrere Aspekte, die in ihrer Summe die Kündigung als rechtsmissbräuchlich erscheinen ließen. Erstens hatte der Mieter seine Zahlungspflicht dem Grunde nach erfüllt; er zahlte pünktlich und vollständig. Das Geld war nicht verloren, sondern befand sich im direkten Zugriffsbereich der Vermieterfamilie, nämlich auf dem Konto des Vaters und Miteigentümers.
Zweitens betonte das Gericht die enge persönliche und familiäre Verbindung zwischen den Klägern. Der Empfänger des Geldes war kein Fremder, sondern der Vater der übrigen Miteigentümer. Es wäre ihm, so die Richter, mit minimalem Aufwand möglich und zumutbar gewesen, die 1.886 Euro entweder an das Gemeinschaftskonto weiterzuleiten oder dem Mieter mit einem entsprechenden Hinweis zurückzuerstatten. Die Vermieter konnten vor Gericht keinen einzigen nachvollziehbaren Grund nennen, warum dies nicht geschah.
Drittens wertete die Kammer das Vorgehen der Vermieter als gezieltes Ausnutzen einer selbst geschaffenen Situation. Anstatt den internen Fehler zu korrigieren, forderten sie den Mieter auf, die bereits gezahlte Miete ein zweites Mal zu entrichten. Das Gericht erkannte, dass die Kündigung offenkundig dazu diente, einen durch das eigene passive Verhalten des Vaters herbeigeführten Zahlungsverzug auszunutzen, um ein langjähriges Mietverhältnis zu beenden. Ein solches Vorgehen, so das Urteil, verstößt gegen Treu und Glauben. Die pünktliche Zahlung auf das neue Konto ab August zeigte zudem, dass der Mieter zahlungswillig und -fähig war und sein Fehler nur vorübergehend war.
Das Argument der Vermieter und warum es scheiterte
Die Kläger hatten eingewandt, das Verhalten des Vaters könne nicht der gesamten Eigentümergemeinschaft zugerechnet werden. Es bestehe keine rechtliche Pflicht zur Weiterleitung der Gelder. Das Gericht wies diese Argumentation zurück. Zwar mag es keine explizite gesetzliche Weiterleitungspflicht geben. Entscheidend sei jedoch, dass die Kündigung von der gesamten Gemeinschaft ausgesprochen wurde. Indem alle Miteigentümer gemeinsam kündigten, machten sie sich das Ergebnis des treuwidrigen Verhaltens – nämlich das Einbehalten des Geldes und den daraus konstruierten Zahlungsverzug – zu eigen. Sie versuchten als Gemeinschaft, aus einem Unrecht einen Vorteil zu ziehen. Genau das verbietet § 242 BGB.
Muss ein Vermieter irrtümlich erhaltene Miete weiterleiten?
Mit dem Urteil des Landgerichts München I steht fest: Die Kündigungen waren unwirksam. Das Mietverhältnis bestand ununterbrochen fort, und der bereits vollstreckte Räumungstitel des Amtsgerichts war rechtswidrig. Die Klage der Vermieter wurde vollständig abgewiesen, und sie müssen die gesamten Kosten des Rechtsstreits tragen.
Die Entscheidung setzt ein klares Signal für das Mietrecht. Zwar bleibt es dabei, dass Mieter bei einem Vermieterwechsel sorgfältig auf die korrekte Bankverbindung achten müssen. Doch das Urteil schiebt einem rein formalistischen Missbrauch einen Riegel vor. Ein Vermieter darf einen Zahlungsfehler des Mieters nicht ausnutzen, den er durch eigenes Handeln oder Unterlassen mitverursacht hat oder mit minimalem Aufwand hätte heilen können. Besonders in familiären Eigentümergemeinschaften kann das Verhalten eines Mitglieds der gesamten Gemeinschaft zugerechnet werden, wenn diese gemeinsam rechtliche Schritte wie eine Kündigung einleitet. Die Sicherheit des Wohnraums wiegt in einem solchen Fall schwerer als der formaljuristische Anspruch der Vermieter. Eine Revision wurde nicht zugelassen.
Die Urteilslogik
Der Grundsatz von Treu und Glauben schiebt dem formaljuristischen Missbrauch des Kündigungsrechts durch Vermieter einen wirksamen Riegel vor.
- Rechtsmissbrauch Verhindern: Ein Vermieter darf einen formalen Zahlungsverzug des Mieters nicht als Kündigungsgrund nutzen, wenn er diesen Verzug durch eigenes, korrigierbares Verhalten absichtlich herbeiführt oder zulässt.
- Zurechnung von Fehlverhalten: Eine Eigentümergemeinschaft macht sich das treuwidrige Verhalten eines Miteigentümers zu eigen, wenn sie geschlossen eine Kündigung ausspricht, die auf dessen passivem Einbehalten irrtümlich gezahlter Miete beruht.
- Wille zur Erfüllung Schützen: Die Kündigung ist unwirksam, wenn der Mieter zahlungswillig ist und die Miete pünktlich überwies, selbst wenn die Zahlung aufgrund eines versehentlichen Fehlers auf ein falsches, aber der Vermieterfamilie bekanntes Konto erfolgte.
Für die Wirksamkeit einer Kündigung zählt nicht nur die formale Existenz eines Mietrückstands, sondern maßgeblich die Fairness und Verhältnismäßigkeit im Verhalten der Vertragsparteien.
Benötigen Sie Hilfe?
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Experten Kommentar
Wenn es um Miete geht, zählt nicht nur, dass das Geld pünktlich überwiesen wird, sondern auch, was die Gegenseite anschließend damit anstellt. Dieses Urteil zieht eine klare rote Linie: Ein Vermieter darf einen formalen Zahlungsverzug nicht gezielt provozieren oder ausnutzen, um einen Mieter loszuwerden, selbst wenn die Zahlung auf das „falsche“ Konto eines Miteigentümers floss. Die Richter stellten konsequent fest, dass die Kündigung treuwidrig war, weil die Eigentümergemeinschaft den internen Fehler des Vaters zur Kündigung eines langjährigen Mietverhältnisses missbrauchte. Die Lektion für Mieter ist deutlich: Zahlungswille und Fairness wiegen im Ernstfall schwerer als die strikte Einhaltung der korrekten Bankverbindung, wenn die Vermieterseite den Rückstand selbst verschuldet. Das ist ein wichtiger Schutzschild gegen formaljuristischen Missbrauch.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Gilt eine pünktliche Mietzahlung auf das alte Konto als Zahlungsverzug?
Formaljuristisch entsteht durch die Zahlung auf das falsche Konto tatsächlich ein Zahlungsverzug. Diese Zahlung ist gegenüber der neuen Eigentümergemeinschaft, die als sogenannter Mitgläubiger auftritt, nicht schuldbefreiend (§ 432 BGB). Das bedeutet, die Mietschuld gilt formal als nicht beglichen. Entscheidend ist jedoch, dass Gerichte den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) anwenden, wenn die Kündigung aufgrund dieses technischen Fehlers unverhältnismäßig erscheint.
Bei einem Eigentümerwechsel müssen Mieter die Miete an die gesamte Gemeinschaft zahlen, typischerweise auf ein Gemeinschaftskonto. Erfolgt die Überweisung an nur einen Miteigentümer (beispielsweise den alten Vermieter), liegt die Miete formal nicht bei der korrekten Gläubigermehrheit vor. Trotz des formalen Fehlers schützt § 242 BGB den Mieter, wenn er nachweislich zahlungswillig war und die Kündigung nur dazu dient, den Fehler auszunutzen, den der Vermieter mitzuverantworten hat.
Das Verhalten des Miteigentümers, der das irrtümlich gezahlte Geld einbehält, wird der gesamten neuen Eigentümergemeinschaft zugerechnet, wenn diese gemeinsam die Kündigung ausspricht. War das Geld für die Vermieterfamilie leicht zugänglich, wäre die Weiterleitung zumutbar gewesen. Gerichte sehen in der konstruierten Kündigung einen Rechtsmissbrauch, besonders wenn die Vermieter den Mieter zur doppelten Zahlung auffordern. Der formaljuristische Anspruch tritt hier hinter der Sicherheit des langjährigen Wohnraums zurück.
Dokumentieren Sie sofort, wann Sie die korrekte Bankverbindung erhalten haben, und überweisen Sie die Miete keinesfalls ein zweites Mal, bevor Sie juristischen Rat eingeholt haben.
An wen muss ich die Miete zahlen, wenn eine neue Eigentümergemeinschaft entsteht?
Wenn eine neue Eigentümergemeinschaft als Vermieter auftritt, müssen Sie die Miete immer an alle Miteigentümer gemeinsam zahlen. Die gesetzliche Grundlage hierfür ist die sogenannte Mitgläubigerschaft nach § 432 BGB. Eine Überweisung entfaltet nur dann eine schuldbefreiende Wirkung, wenn der Betrag auf ein dediziertes Gemeinschaftskonto eingezahlt wird, das von allen Vermietern eingerichtet wurde.
Der Grund liegt darin, dass die Mietforderung als unteilbar gilt, sobald mehrere Personen Vermieter sind. Zahlen Sie die gesamte Summe an nur einen Miteigentümer, ist die Schuld gegenüber der gesamten Gläubigermehrheit formal nicht beglichen. Der Mieter muss sicherstellen, dass die Zahlung an die korrekte Gruppe von Personen geht, um einen späteren Zahlungsverzug zu vermeiden. Die Eigentümergemeinschaft muss zudem beweisen, dass sie Sie unmissverständlich über die neue Bankverbindung informiert und zur Zahlung dorthin aufgefordert hat.
Zahlen Sie beispielsweise irrtümlich weiterhin auf das Privatkonto des bisherigen Alleineigentümers, riskieren Sie formaljuristisch den Zahlungsverzug. Dies ist riskant und nicht schuldbefreiend, selbst wenn der Miteigentümer das Geld leicht weiterleiten könnte. Nur wenn der einzelne Miteigentümer eine entsprechende Vollmacht zur alleinigen Entgegennahme der Schuld vorweisen kann, genügt die Zahlung auf sein Einzelkonto.
Verlangen Sie bei einem Eigentümerwechsel immer die schriftliche Bestätigung aller neuen Miteigentümer, dass das angegebene Konto die offizielle Bankverbindung zur Begleichung der Miete ist.
Wann schützt mich der Grundsatz von Treu und Glauben vor einer Vermieterkündigung?
Der Grundsatz von Treu und Glauben nach § 242 BGB dient als Korrektiv für formale Härtefälle im Mietrecht. Er schützt Sie, wenn eine Vermieterkündigung zwar formal begründet erscheint, aber objektiv grob unfair oder widersprüchlich ist. Dieser Schutz greift immer dann, wenn das Verhalten des Vermieters rechtsmissbräuchlich ist und er den Kündigungsgrund selbst durch eigenes Unterlassen mitverursacht hat.
Die Regel verbietet die gezielte Ausnutzung formaler Fehler, um langjährige Mietverhältnisse zu beenden. Entscheidend ist, ob dem Vermieter die Korrektur des Mieterfehlers mit minimalem Aufwand zumutbar gewesen wäre, etwa durch interne Weiterleitung des Geldes. Gerichte schützen den Mieter, wenn seine Zahlungswilligkeit klar erkennbar war. Wenn die Miete pünktlich, aber auf ein falsches, jedoch dem Vermieter nahestehendes Konto überwiesen wurde, darf die Kündigung nicht als Sanktion genutzt werden.
Konkret greift dieser Schutz, wenn Vermieter Sie bewusst in den Zahlungsverzug laufen lassen, um die Kündigung zu provozieren. Das Landgericht München I bestätigte dies in einem Fall, in dem ein Miteigentümer die irrtümlich gezahlte Miete vier Monate lang einbehielt, anstatt sie weiterzuleiten. Da das Geld im direkten Zugriffsbereich der Eigentümerfamilie lag, wertete das Gericht die Kündigung als Missbrauch des Rechts. Die gesamte Vermietergemeinschaft machte sich das treuwidrige Unterlassen eines einzelnen Mitglieds zu eigen.
Wenden Sie sich bei Erhalt einer solchen Kündigung umgehend an einen Fachanwalt für Mietrecht und legen Sie alle Beweise dafür vor, dass das Geld im Zugriffsbereich der Vermieterfamilie lag und Ihr Fehler nur vorübergehend war.
Was tun, wenn der alte Vermieter die irrtümlich gezahlte Miete nicht weiterleitet?
Wenn der frühere Vermieter (nun Miteigentümer) eine irrtümlich gezahlte Miete einbehält, geraten Sie formal in Zahlungsverzug. Sie müssen die Kündigung der Eigentümergemeinschaft jedoch sofort anfechten. Gehen Sie umgehend rechtlich gegen die Kündigung vor und berufen Sie sich auf den Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB). Parallel fordern Sie den Empfänger nachweisbar zur Weiterleitung des Geldes auf, um Ihre Zahlungswilligkeit zu beweisen.
Der zentrale Punkt ist, dass sich die gesamte neue Eigentümergemeinschaft das treuwidrige Verhalten des einzelnen Miteigentümers zu eigen macht, indem sie gemeinschaftlich kündigt. Es wäre dem Miteigentümer mit minimalem Aufwand zumutbar gewesen, die falsch überwiesene Miete auf das Gemeinschaftskonto zu überweisen. Weil der Miteigentümer das Geld absichtlich einbehielt, um den Kündigungsgrund zu provozieren, gilt das Vorgehen der gesamten Gemeinschaft als rechtsmissbräuchlich.
Zahlen Sie die Miete ab dem Folgemonat unbedingt an die korrekte Bankverbindung der Eigentümergemeinschaft. Dieses Vorgehen belegt, dass Ihr Fehler nur vorübergehend war und Sie weiterhin zahlungsfähig sind. Unabhängig vom Mietverhältnis haben Sie zudem einen zivilrechtlichen Anspruch auf Rückzahlung gegen den Miteigentümer, der die Gelder unrechtmäßig erhielt. Das wird als Anspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung bezeichnet und muss gesondert geltend gemacht werden.
Senden Sie dem Miteigentümer, der das Geld erhielt, ein sofortiges, schriftliches Einschreiben und fordern Sie ihn unter Fristsetzung von beispielsweise 14 Tagen zur Weiterleitung des Betrags auf.
Wie stelle ich sicher, dass meine Mietzahlung schuldbefreiend an die Eigentümergemeinschaft erfolgt?
Um rechtliche Risiken zu vermeiden, müssen Sie die Miete stets an die gesamte neue Eigentümergemeinschaft zahlen. Eine Zahlung ist nur dann schuldbefreiend, wenn die gesamte Gläubigermehrheit den Betrag entgegennehmen kann. Stellen Sie daher strikt sicher, dass Ihre Überweisung auf ein dediziertes Gemeinschaftskonto erfolgt, das alle Miteigentümer gemeinsam eingerichtet haben. Vermeiden Sie Zahlungen auf das Privatkonto nur eines Mitglieds.
Der Grund liegt im Prinzip der Mitgläubigerschaft nach § 432 BGB. Dieses besagt, dass eine Mietschuld nur gegenüber allen Vermietern als erfüllt gilt. Verlangen Sie bei einem Eigentümerwechsel sofort die offizielle Bankverbindung und bestehen Sie auf einem schriftlichen Änderungsmitteilungsschreiben. Dieses Dokument muss von allen neuen Miteigentümern autorisiert sein, um spätere Zweifel an der Legitimität auszuschließen.
Sobald Sie die autorisierte Mitteilung erhalten, ändern Sie den Dauerauftrag unverzüglich. Gerichte können Ihnen das formale Verschulden zurechnen, wenn Sie die Umstellung verzögern, obwohl Sie über die korrekte Bankverbindung informiert wurden. Wenn möglich, gleichen Sie die Namen der Miteigentümer mit dem Grundbucheintrag ab. So stellen Sie sicher, dass Sie tatsächlich an die rechtmäßige Gläubigermehrheit zahlen.
Legen Sie eine Bestätigung der Dauerauftragsänderung zusammen mit dem offiziellen Informationsschreiben in Ihrer Mietakte ab, um den Übergang lückenlos zu dokumentieren.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Mitgläubiger (§ 432 BGB)
Mitgläubiger sind im juristischen Sinne mehrere Personen, denen eine unteilbare Forderung, wie beispielsweise die monatliche Mietzahlung, gemeinschaftlich zusteht. Das Gesetz regelt in § 432 BGB, dass der Schuldner die Leistung nur an alle Gläubiger zusammen erbringen kann, um Rechtssicherheit darüber zu schaffen, wem das Geld tatsächlich zusteht.
Beispiel: Im vorliegenden Fall bildeten die vier Miteigentümer eine Mitgläubigerschaft, weshalb die Miete formal nur durch Zahlung auf das gemeinsame Konto beglichen werden konnte.
Rechtsmissbräuchlich
Ein Verhalten gilt als rechtsmissbräuchlich, wenn jemand ein formal korrekt bestehendes Recht derart unfair oder widersprüchlich ausübt, dass es dem Geist des Gesetzes grob widerspricht. Dieser juristische Stoppschalter verhindert, dass die strikte Anwendung von Gesetzesparagrafen zu unzumutbar harten und unbilligen Ergebnissen führt.
Beispiel: Das Landgericht München I stufte die Kündigung als rechtsmissbräuchlich ein, weil die Vermieter den Zahlungsverzug aktiv provozierten, indem sie die irrtümlich gezahlte Miete bewusst einbehielten.
Schuldbefreiende Wirkung
Schuldbefreiende Wirkung tritt ein, wenn der Schuldner (Mieter) seine Pflicht zur Leistung (Miete) in einer Weise erfüllt, dass die Forderung des Gläubigers (Vermieter) rechtlich endgültig erlischt. Nur wenn eine Zahlung formell korrekt an den richtigen Adressaten geleistet wird, ist der Schuldner von seiner Verbindlichkeit befreit und kann nicht erneut zur Zahlung aufgefordert werden.
Beispiel: Die Zahlung auf das alte Privatkonto des Vaters entfaltete keine schuldbefreiende Wirkung gegenüber der gesamten Eigentümergemeinschaft, da diese Zahlung formaljuristisch falsch adressiert war.
Treu und Glauben (§ 242 BGB)
Der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB) ist ein zentrales ethisches Korrektiv im deutschen Zivilrecht, das von allen Beteiligten verlangt, sich ehrlich, fair und rücksichtsvoll zu verhalten. Dieses universelle Prinzip stellt sicher, dass Gerichte selbst in Fällen formaler Fehler eine umfassende Abwägung aller Umstände vornehmen, um grobe Ungerechtigkeiten zu verhindern.
Beispiel: Obwohl formal ein Zahlungsverzug vorlag, verhinderte der Grundsatz von Treu und Glauben die Wirksamkeit der fristlosen Kündigung, da das Verhalten der Vermieterseite widersprüchlich und rechtsmissbräuchlich war.
Ungerechtfertigte Bereicherung
Eine ungerechtfertigte Bereicherung liegt vor, wenn jemand ohne einen gültigen Rechtsgrund einen Vermögensvorteil erlangt hat, den er nach den Regeln des BGB an den Benachteiligten herausgeben muss. Dieser Anspruch dient dem allgemeinen Billigkeitsausgleich und gewährleistet, dass keine Vermögensverschiebung auf Kosten eines anderen endgültig bestehen bleibt.
Beispiel: Da der Vater die irrtümlich gezahlte Miete vier Monate lang ohne gesetzliche Grundlage für sich behielt, hat der Mieter gegen ihn einen zivilrechtlichen Anspruch wegen ungerechtfertigter Bereicherung auf Rückzahlung des Betrages.
Das vorliegende Urteil
LG München I – Az.: 14 S 13520/24 – Urteil vom 06.08.2025
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