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Einschränkungen zur Vornahme von Mieterhöhungen in Grundstückskaufvertrag

AG Stuttgart-Bad Cannstatt – Az.: 12 C 279/19 – Urteil vom 19.07.2019

1. Die Klage wird abgewiesen.

2. Der Kläger hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Der Kläger kann die Vollstreckung des Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110% des zu vollstreckenden Betrags leistet.

Beschluss

Der Streitwert wird auf 500,00 € festgesetzt.

Tatbestand

Der Kläger macht gegen den Beklagten einen Anspruch auf Mieterhöhung geltend.

Zwischen den Parteien besteht seit dem 1.11.2010 ein Mietverhältnis über die im Tenor genannte Wohnung.

Der Beklagte hatte die Wohnung von der … angemietet.

Auf den Mietvertrag, Bl. 6 ff. wird Bezug genommen.

Das Gebäude wurde verkauft und in Wohnungseigentum aufgeteilt. Am 14.11.2008 wurde der Miteigentumsanteil an der Wohnung des Klägers von der …-gmbH nach der Aufteilung an den Kläger verkauft.

In § 4 Abs. 2 des Kaufvertrages findet sich unter der Überschrift Vermietung, Übernahme von Verpflichtungen gegenüber Dritten, Mietvorkaufsrecht, folgende Regelung:

a) Der Kaufgegenstand ist vermietet.

Der Käufer kennt den Inhalt der Mietverträge, in deren Rechte und Pflichten, er mit Besitzübergabe eintritt. Dem Käufer sind die geltenden Mieterschutzbestimmungen bekannt.

b) Gemäß den Regelungen in den Kaufverträgen der … und der … vom 18.11.2003, Urk., Nr…… hat sich der Verkäufer unter anderem verpflichtet

aa) dem jeweiligen Mieter einen Nachtrag zum Kaufvertrag anzubieten, in dem sich der Verkäufer verpflichtet,

– Für die Dauer des …

– Mieterhöhungen nur in dem Maße durchzuführen, wie dies der bisherige Vermieter für vergleichbare Wohnungen vorsieht, maximal jedoch auf den jeweiligen Mittelwert zu zugehörigen Mietspiegelgruppe.

bb) unabhängig vom Abschluss des Nachtrages, den Mieter so zu behandeln, als ob der Nachtrag mit dem Mieter abgeschlossen worden wäre.

cc) Der Verkäufer bestätigt hiermit, dass der in lit. aa) bezeichnete Mietvertragsnachtrag hinsichtlich des Vertragsgegenstandes wirksam zustande gekommen ist, damit ist die weitere Verpflichtung des Verkäufers aus vorstehend lit. bb) gegenstandslos und vom Käufer nicht zu übernehmen.

Auf den Kaufvertrag, Bl. 25 ff wird Bezug genommen.

Die Kaltmiete wurde klägerseits zunächst zum 1.10.2013 auf 305 € und sodann zum 1.7.2016 auf 323 € erhöht. Auf Bl. 15 ff wird Bezug genommen.

Mieterhöhungen seitens der … erfolgten zuletzt in Jahr 2016. Bei der SWSG bestand ein Dreijahresrhythmus für Mieterhöhungen.

In den Jahren 2017 und 2018 erfolgten seitens der … keine Mieterhöhungen.

Mit Schreiben vom 30.8.2018 forderte der Kläger gestützt auf den Mietspiegel der Stadt Stuttgart vom 16.12.2016 eine neue Nettomiete in Höhe von 350 €. Auf Bl. 17 ff wird Bezug genommen.

Hierbei ging der Kläger von folgenden Einordnungskriterien aus:

1. Ausstattung der Wohnung: einfache Ausstattung

2. Lage der Wohnung: Lage Außen 3

3. Baujahr 1950-1984

4. Wohnfläche: 42,9 qm2

Die Einordnungskriterien sind unstreitig.

Unter Zugrundelegung des Mittelwerts von 10 € errechnete der Kläger eine ortübliche Vergleichsmiete für die Wohnung in Höhe von 429 €.

Unter Beachtung der Kappungsgrenze von 15 % forderte der Kläger eine Nettomiete von 350 €.

Der Beklagte teilt mit, dass er mit der Mieterhöhung nicht einverstanden sei.

Der Kläger ist der Ansicht, das Mieterhöhungsverlangen sei begründet. Bei den Regelugen im Kaufvertrag handle es sich um keinen echten Vertrag zugunsten Dritter. Die Regelung sei zudem unwirksam und stelle eine unangemessene Benachteiligung dar. Der Vermieter könne nicht wissen, wie der vormalige Vermieter mit vergleichbaren Wohnungen verfahre.

Soweit die Regelung wirksam sei, müsse diese nach Sinn und Zweck ausgelegt werden. Diese sei dahin auszulegen, dass sich der neue Vermieter an die ortsübliche Vergleichsmiete halten müsse. Die angesetzten 10 € würden der ortsüblichen Vergleichsmiete entsprechen, zudem würde aufgrund der Kappungsgrenze lediglich eine Nettomiete in Höhe von 8,15 € begehrt werden.

Zudem sei ein Nachtrag gem. § 4 2) b aa) des Kaufvertrags nicht zustande gekommen.

Der Kläger beantragt daher, den Beklagten zu verurteilen, einer Erhöhung der Miete ab dem 1.11.2018 für die von ihm gemietete Wohnung im 1. OG re. … in … Stuttgart zuzustimmen.

Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen

Der Beklagte ist der Ansicht, die Mieterhöhung sei nicht berechtigt. Bei der Bestimmung im Mietvertrag handle es sich um einen echten Vertrag zugunsten Dritter. Gemäß dem Beschluss des Gemeinderats werde die … 2019 keine Mieterhöhungen durchführen, Auf Bl. 41 wird Bezug genommen.

Nachdem es sich bei der … um ein Unternehmen mit unmittelbarer Beteiligung der Stadt handle, spreche Verantwortlichkeit der Stadt Stuttgart als früherer Vermieterin gegenüber ihren Mietern dafür, dass dem Beklagten im Kaufvertrag umfassende eigene Rechte eingeräumt wurden.

Hierdurch würde der Beklagte nicht unangemessen benachteiligt werden.

Auch wenn ein Nachtrag nicht zustande gekommen sei, müsse sich der Kläger gem. § 4 (2) b bb) so behandeln lassen, als ob der Nachtrag abgeschlossen worden wäre.

Auf das Sitzungsprotokoll vom 28.6.2019, Bl. 70f und die zwischen den Parteien gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen wird Bezug genommen.

Entscheidungsgründe

Die Klage ist zulässig, aber unbegründet.

Die Mieterhöhung ist gem. § 4 (2) b) aa, dritter Spiegelstrich zum genannten Zeitpunkt ausgeschlossen.

Demnach wurde im Kaufvertrag vom 14.11.2008 geregelt, dass Verpflichtungen gegenüber Dritten übernommen werden. Für den hiesigen Fall der Mieterhöhung relevant ist im Kaufvertrag geregelt, dass Mieterhöhungen nur in dem Maße und zu dem Zeitpunkt vorgenommen werden, wie dies der bisherige Vermieter für vergleichbare Mietwohnungen vorsieht, maximal jedoch auf den jeweiligen Mittelwert der dazugehörigen Mietspiegelgruppe.

Der Beklagte ist zwar selbst nicht Partei des Kaufvertrages, hat durch den Kaufvertrag jedoch ein eigenes Recht gegenüber dem Kläger i.S. d. § 328 BGB erworben. Der Beklagte sollte hierdurch ein eigenes Recht gegenüber seinem Vermieter erhalten.

In § 4 (2) Abs. unter cc) des Kaufvertrags wird verkäuferseits weiter bestätigt, dass der Mietvertragsnachtrag gem. lit. aa) wirksam zustande gekommen ist. Die Verpflichtung aus dem Nachtrag ging demnach gem. § 566 BGB auf den Kläger als Käufer über.

Die Klausel ist auch wirksam.

Es handelt sich bei der Regelung um eine echte Vertragsbedingung im Sinne von § 305 Abs. 1 BGB und nicht lediglich um eine Empfehlung in Gestalt eines unverbindlichen Verhaltenskodexes.

Allgemeine Geschäftsbedingungen sind nach § 305 Abs. 1 BGB alle für eine Vielzahl von Verträgen vorformulierten Vertragsbestimmungen, die der Verwender der anderen Vertragspartei bei Abschluss des Vertrages stellt. Der Begriff der Allgemeinen Geschäftsbedingung setzt damit – eine Erklärung des Verwenders voraus, die den Vertragsinhalt regeln soll (BGH, Urteil vom 09. April 2014 – VIII ZR 404/12 -, BGHZ 200, 362-387 mwN).

Für die Unterscheidung von allgemeinen (verbindlichen) Vertragsbedingungen und (unverbindlichen) Bitten, Empfehlungen oder tatsächlichen Hinweisen ist auf den Empfängerhorizont abzustellen (BGH 9.4.14, aaO). Eine Vertragsbedingung liegt demnach vor, wenn ein allgemeiner Hinweis nach seinem objektiven Wortlaut bei den Empfängern den Eindruck hervorruft, es solle damit der Inhalt eines vertraglichen oder vorvertraglichen Rechtsverhältnisses bestimmt werden, wobei – ebenso wie bei der Auslegung des Inhalts von Allgemeinen Geschäftsbedingungen auf den rechtlich nicht vorgebildeten Durchschnittskunden und die dabei typischerweise gegebenen Verhältnisse abzustellen ist (BGH aaO).

Ob es sich um eine echte Vertragsbedingung oder eine unverbindliche Empfehlung handelt, ist im Wege der Auslegung zu bestimmen.

Vorliegend handelt es sich um eine echte Vertragsbedingung und nicht nur um eine unverbindliche Empfehlung. Dies ergibt sich bereits aus der Formulierung im Kaufvertrag, wonach das Verkaufsobjekt vermietet ist und der Käufer Verpflichtungen gegenüber Dritten übernimmt. Im Mietvertrag ist weiter ausgeführt, dass dem Käufer die Verpflichtungen bekannt sind, insoweit kann nicht davon ausgegangen werden, dass es sich bei den Regelungen um bloße unverbindliche Empfehlungen handelt.

Den Käufer ist hier zudem bekannt, dass er ein Objekt erwirbt, das vermietet ist und bei dem derzeitigen Mieter ein Vorkaufsrecht zusteht, nachdem nach der Überlassung der Mieträume Wohnungseigentum gebildet worden ist.

Die Regelung, Mieterhöhungen nur in dem Maße und zu dem Zeitpunkt vorzunehmen, wie dies der bisherige Vermieter für vergleichbare Wohnungen vorsieht, stellt entgegen der Ansicht des Klägers keine unangemessene Benachteiligung i.S.d. § 307 I 2 BGB dar.

Nach § 307 Abs. 1 Satz 2 BGB kann sich eine unangemessene Benachteiligung des Vertragsgegners daraus ergeben, dass die Bestimmung nicht klar und verständlich ist. Der Verwender Allgemeiner Geschäftsbedingungen ist daher nach den Grundsätzen von Treu und Glauben verpflichtet, Rechte und Pflichten seiner Vertragspartner möglichst klar und durchschaubar darzustellen (BGH 9.4.14 aaO, mwN). Er muss folglich die tatbestandlichen Voraussetzungen und Rechtsfolgen so genau beschreiben, dass für ihn keine ungerechtfertigten Beurteilungsspielräume entstehen. Dazu gehört auch, dass Allgemeine Geschäftsbedingungen wirtschaftliche Nachteile und Belastungen soweit erkennen lassen, wie dies nach den Umständen gefordert werden kann. Bei der Bewertung der Transparenz einer Vertragsklausel ist auf die Erwartungen und Erkenntnismöglichkeiten eines durchschnittlichen Vertragspartners des Verwenders im Zeitpunkt des Vertragsschlusses abzustellen. Dabei sind Allgemeine Geschäftsbedingungen nach ihrem objektiven Inhalt und typischen Sinn einheitlich so auszulegen, wie sie von verständigen und redlichen Vertragspartnern unter Abwägung der Interessen der normalerweise beteiligten Kreise verstanden werden (BGH, Urteil vom 09. April 2014 – VIII ZR 404/12, aaO mwN).

Aus der Regelung ergibt sich für den Vertragspartner klar, dass die Möglichkeit, eine Mieterhöhung durchzuführen nicht uneingeschränkt besteht, sondern dass sich diese Möglichkeit zeitlich und dem Umfang nach, danach orientiert, wann und in welchem Umfang der vormalige Vermieter, die …, Mieterhöhungen durchführt, wonach dies noch dadurch eingeschränkt wird, dass Mieterhöhungen maximal auf den jeweiligen Mittelwert der dazugehörigen Mietspiegelgruppe vorgenommen werden dürfen. Den Käufer ist insoweit bekannt, dass er Mieterhöhungen nur dann und nur in dem Umfang vornehmen darf, wie diese der vormalige Vermieter vornimmt. Mieterhöhungen werden von der … in bestimmten Intervallen durchgeführt, der Käufer wird nicht unangemessen belastet, sich bei der … zu informieren, wann und in welchem Umfang Mieterhöhungen durchgeführt werden.

Die Klausel ist ferner nicht wegen inhaltlicher Unausgewogenheit gem. § 307 I 1 BGB unwirksam. Die Reglungen über die Durchführung der Mieterhöhung sind weder mit den Grundgedanken der gesetzlichen Regelung, von der abgewichen wird, nicht zu vereinbaren, noch werden wesentliche Rechte und Pflichten, die sich aus der Natur des Vertrags ergeben, so eingeschränkt, dass die Erreichung des Vertragszwecks gefährdet ist.

Gem. § 557 Abs. 3 BGB können Mieterhöhungen nach den §§ 558-560 BGB nur verlangt werden, soweit nicht eine Erhöhung durch Vereinbarung ausgeschlossen ist. Vereinbarungen, die das grundsätzliche Recht des Vermieters zur Vornahme von Mieterhöhungen einschränken sind demnach zulässig. Einschränkungen sind sowohl in zeitlicher Hinsicht als auch dem Umfang nach möglich.

Durch diese Regelung wird auch der Vertragszweck nicht gefährdet. Die Reglungen stellen eine inhaltlich ausgewogene Regelung für den Verkauf einer Wohnung dar, die ehemals von der SWSG vermietet worden ist. Hierbei handelt es sich um ein Unternehmen mit unmittelbarer Beteiligung der Stadt Stuttgart. Die Verantwortlichkeit der Stadt spricht dafür, dass dem Mieter wie hier umfassende Rechte eingeräumt werden, (BGH 14.11.2018, VIII ZR 109/18 zum vergleichbaren Fall des Kündigungsausschlusses).

Die Vertragsbedingung ist demnach wirksam.

Von der … wurden in den Jahren 2017 und 2018 keine Mieterhöhungen durchgeführt. Auch im Jahr 2019 wird eine solche nicht durchgeführt werden.

Die Mieterhöhung des Klägers für das Jahr 2018 ist daher ausgeschlossen.

Der Beklagte kann sich auf den Ausschluss des Mieterhöhungsrechts gem. § 557 III 2. Hs. BGB berufen. Es handelt sich nach dem oben ausgeführten um einen echten Vertrag zugunsten Dritter, der dem Beklagten eigene Rechte einräumt.

Die Klage ist daher abzuweisen.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO.

Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit folgt aus den §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.

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