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Abgrenzung Gewerbemietvertrag zu Wohnraummietvertrag bei Untervermietung

LG Mainz – Az.: 3 S 103/17 – Urteil vom 06.06.2018

1. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Amtsgerichts Mainz vom 12.10.2017, Az. 86 C 195/17 aufgehoben und die Beklagte verurteilt, die von ihr innegehaltene Wohnung im Anwesen …, bestehend aus einem Flur, einem Zimmer mit integrierter Kochnische und einem Bad, vollständig zu räumen und mit sämtlichen – auch nachgefertigten – Schlüsseln an den Kläger herauszugeben.

2. Die Beklagte hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.

3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Gründe

Die Kammer nimmt Bezug auf die tatsächlichen Feststellungen des angefochtenen Urteils (§ 540 Abs. 1 Satz 1 ZPO); von der Darstellung etwaiger Ergänzungen oder Änderungen wird abgesehen (§ 540 Abs. 2, § 313 a ZPO).

Die zulässige, insbesondere form- und fristgerecht eingelegte und begründete Berufung des Klägers hat Erfolg.

Der Kläger hat einen Anspruch auf Räumung und Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung aus § 546 Abs. 1 BGB, da das Mietverhältnis durch die Kündigung vom 02.01.2017 gemäß § 580 a Abs. 2 BGB jedenfalls zum 30.06.2017 wirksam beendet worden ist.

Abgrenzung Gewerbemietvertrag zu Wohnraummietvertrag bei Untervermietung
(Symbolfoto: timyee/Shutterstock.com)

Zutreffend hat das Amtsgericht den zwischen den Parteien geschlossenen Mietvertrag als einen Mietvertrag über Geschäftsräume eingeordnet, insofern bedurfte es eines berechtigten Interesses des Klägers gemäß § 573 Abs. 2 Nr. 2 BGB nicht. Nach höchstrichterlicher Rechtsprechung ist bei Entscheidung der Frage, ob ein Mietverhältnis über Wohnraum vorliegt, auf den Zweck abzustellen, den der Mieter mit der Anmietung des Mietobjekts vertragsgemäß verfolgt. Besteht der Zweck des konkreten Vertrages darin, dass der Mieter die Räume weitervermietet oder sonst Dritten, obgleich auch zu Wohnzwecken, überlässt, sind die Vorschriften für Wohnraummietverhältnisse auf das (Haupt-)Mietverhältnis nicht anwendbar (vgl. BGH, Urt. v. 16.7.2008 – VIII ZR 282/07; BGH, Urt. v. 13.02.1985 – VIII ZR 36/84, juris; m. w. Nw.). Da Mieterin des Objekts die Beklagte (eine GmbH) wurde, die ihrerseits beabsichtigte das Objekt einem Dritten nämlich ihrem Geschäftsführer zu überlassen, handelt es sich um einen Mietvertrag über Geschäftsräume.

Die Geltung der Mieterschutzvorschriften des Wohnraummietvertrages gem. §§ 573 ff. BGB wurde auch nicht konkludent vereinbart. Dies ergibt sich insbesondere nicht aus § 3 Nr. 4 des Mietvertrages, der hinsichtlich der Mietzeit regelt, dass die Kündigung schriftlich, bis zum dritten Werktag des ersten Monats der Kündigungsfrist zugehen muss und sich bei der ordentlichen Kündigung „die Länge der Kündigungsfrist nach den zwingenden Vorschriften des Bürgerlichen Gesetzbuches“ richtet. Die Formulierung ist gemäß §§ 133, 157 BGB auszulegen. Nach ihrem eindeutigen Wortlaut nimmt sie jedoch nur für die Länge der Kündigungsfristen auf das Wohnraummietrecht Bezug und damit nicht allgemein auf sämtliche Vorschriften und damit auf die Kündigungsgründe des § 573 BGB. Auch die Systematik des BGB, in dem zwischen den Kündigungsgründen und den Kündigungsfristen klar unterschieden wird, spricht dafür, dass mit der Formulierung „die Länge der Kündigungsfristen“ nicht allgemein sämtliche Vorschriften erfasst sind. Die Einbeziehung der Regelungen zu den Kündigungsgründen ist daher nur dann anzunehmen, wenn der Wille die Kündigungsmöglichkeit des Vermieters aus bestimmten Gründen einzuschränken auch konkret geregelt wird und damit im Vertrag zum Ausdruck kommt (vgl. auch KG Berlin, Urt. vom 27.08.2016, 8 U 192/14, juris). Einen derartigen hinreichenden Anknüpfungspunkt für eine Einschränkung der Rechte des Vermieters bietet der Mietvertrag jedoch nicht.

Auch bei einer Gesamtbetrachtung des Vertrages überwiegen die Verweisungen auf das Wohnraummietrecht nicht, so dass auch aus diesem Grund keine allgemeine Einbeziehung sämtlicher Vorschriften des Wohnraummietrechts gerechtfertigt ist. So handelt es sich bei den Regelungen wie zum Beispiel in § 1 (dass das Objekt zu Wohnzwecken dienen soll und eine Person in die Mietsache einziehen soll) und in § 2 Nr. 4 und Nr. 6 des Mietvertrages um einzelne Verweisungen auf das Wohnraummietrecht. Diese Verweisungen rechtfertigen es aber auch in ihrer Art nicht der Beklagten als juristischer Person den besonderen Schutz eines Wohnraummieters zukommen zu lassen, da sie nur hinsichtlich der Kündigungsfristen, nicht jedoch hinsichtlich der stark einschränkenden Kündigungsgründe explizit Bezug auf das Wohnraummietrecht nehmen. Auch die hier nicht einschlägigen Bezugnahmen in § 2 des Vertrages auf § 575 BGB und in § 6 des Vertrages auf §§ 557 bis 560 BGB rechtfertigen keine andere Beurteilung. Da es sich dem Grunde nach um einen Geschäftsraummietvertrag handelt und Abweichende Regelungen hiervon klar aus dem Vertragstext hervorgehen müssen, genügen diese Bezugnahmen nicht, um allgemein die Anwendbarkeit des Wohnraummietrechts zu bejahen. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus der Entscheidung des LG Berlin, Urteil vom 15.10.2015, Az. 57 S 187/15. Denn das LG Berlin führt in seiner Entscheidung nur aus, dass in dem Fall, in dem eine Bezugnahme auf §§ 573 ff. BGB fehlt, daraus nicht zwingend der Umkehrschluss gezogen werden kann, dass die Parteien die Anwendung des Wohnraummietrechts nicht vereinbart haben. Die vorgenannte Entscheidung stellt nur klar, dass ein solcher Umkehrschluss nicht zwingend ist, betont das Regel-Ausnahmeverhältnis des Geschäftsraummietvertrages und lässt damit Raum für die hier vorzunehmende Auslegung.

Auch der Einwand der Beklagten, dass die Einordnung des Vertragsverhältnisses als Geschäftsraummiete nicht den Vorstellungen der Parteien entsprach und dies insbesondere aus der Kündigung des Klägers mit der Bezugnahme auf den Eigenbedarf und der Überschrift des Vertrages als Wohnraummietvertrag hervorgeht, rechtfertigt keine andere Beurteilung. Denn die rechtliche Einordnung eines konkreten Vertragsverhältnisses ist losgelöst von dem Willen der Parteien vorzunehmen, der lediglich darauf gerichtet war, dass eine Person in der Wohnung wohnen soll. Vielmehr ist die rechtliche Zuordnung im Wege der Auslegung am Gesetz und anhand den von der Rechtsprechung aufgestellten Kriterien vorzunehmen. Danach ist – wie oben dargestellt – maßgeblich auf den Zweck des Hauptmietverhältnisses abzustellen, wonach gerade nicht die Beklagte „als Person“ in die Wohnung einziehen wollte, sondern diese die Wohnung weitervermieten wollte.

Die Kündigung ist auch nicht wegen eines Formmangels gemäß § 568 BGB unwirksam, da § 568 BGB im vorliegenden Fall nicht anwendbar ist, weil es sich nicht um einen Mietvertrag über Wohnraum handelt.

Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 ZPO

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergibt sich aus §§ 708 Nr. 10, 711, 713 ZPO.

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