Bei einem Gewerbemietvertrag zur Verlängerung der Laufzeit fehlte im Nachtrag die korrekte Schriftform des Vermieters, einer GbR. Obwohl der Vertrag seit Jahren lief, führte dieser kleine Formfehler dazu, dass das gesamte Mietverhältnis plötzlich als unbefristet galt.
Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Gewerbemietvertrag: Entscheidet die Schriftform beim Nachtrag über die Laufzeit?
- Ein teurer Fehler: Wie kam es zum Streit um die Unterschrift?
- Warum ist das Schriftformerfordernis bei Gewerbemiete so streng?
- Kündigung wegen Formfehler: Warum scheiterte die Vermieterin vor Gericht?
- Was bedeutet das Urteil für die Praxis?
- Die Urteilslogik
- Benötigen Sie Hilfe?
- Experten Kommentar
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Wann gilt mein langfristiger Gewerbemietvertrag als unbefristet kündbar?
- Kann ich meinen Gewerbemietvertrag wegen eines Formfehlers vorzeitig kündigen?
- Wie muss eine GbR einen Gewerbemietvertrag unterschreiben, damit die Laufzeit bindend ist?
- Führt ein Formfehler im Nachtrag zur Kündbarkeit meines gesamten Gewerbemietvertrags?
- Wie verhindere ich als Vermieter-GbR, dass mein Mietvertrag wegen fehlender Unterschrift anfechtbar wird?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Das vorliegende Urteil
Zum vorliegenden Urteil Az.: 12 U 565/25 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Das Wichtigste in Kürze
- Gericht: Oberlandesgericht Dresden
- Datum: 13.10.2025
- Aktenzeichen: 12 U 565/25
- Verfahren: Hinweisbeschluss (Beabsichtigte Zurückweisung der Berufung)
- Rechtsbereiche: Gewerbemietrecht, Schriftformerfordernis, Vertragsbefristung
- Das Problem: Ein Vermieter (eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts, GbR) klagte auf Mietzahlung, weil er von einer festen Vertragslaufzeit bis 2026 ausging. Der Mieter hatte gekündigt und zahlte keine Miete mehr, da er einen Vertrag nachtrag wegen eines Formfehlers für unwirksam hielt.
- Die Rechtsfrage: Ist ein Nachtrag zu einem langfristigen Gewerbemietvertrag ungültig, wenn für die Vermieter-GbR nur ein Gesellschafter unterschreibt, obwohl im Vertrag zwei Vertreter genannt sind?
- Die Antwort: Ja. Der Nachtrag ist wegen eines Formfehlers unwirksam. Der ursprünglich befristete Vertrag gilt dadurch als unbefristet und der Mieter konnte ihn fristgerecht zum 31.03.2024 kündigen.
- Die Bedeutung: Bei langfristigen Gewerbemietverträgen muss die gesetzliche Schriftform strikt eingehalten werden. Bei Vertragspartnern mit mehreren Vertretern muss die Alleinvertretungsmacht des Unterzeichnenden in der Urkunde klar erkennbar sein. Fehlt diese Klarheit, kann die vereinbarte Laufzeit entfallen.
Gewerbemietvertrag: Entscheidet die Schriftform beim Nachtrag über die Laufzeit?
Es ist der Albtraum eines jeden Immobilienbesitzers: Ein langfristig geglaubter Mietvertrag löst sich plötzlich in Luft auf, weil vor Jahren ein formaler Fehler begangen wurde. Genau dieses Szenario verhandelte der 12. Zivilsenat des Oberlandesgerichts Dresden in seinem Beschluss vom 13. Oktober 2025 (Az.: 12 U 565/25). Der Fall illustriert eindringlich, wie eine einzige fehlende Unterschrift oder ein ungenauer Zusatz in einem Nachtrag dazu führen kann, dass eine fest vereinbarte Laufzeit von zehn Jahren null und nichtig wird. Im Zentrum steht das strenge Schriftformerfordernis des deutschen Gewerbemietrechts und die Frage, wer eigentlich unterschrieben hat, wenn eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) als Vermieterin auftritt.
Ein teurer Fehler: Wie kam es zum Streit um die Unterschrift?

Die Geschichte dieses Rechtsstreits beginnt harmonisch im Jahr 1999. Damals schlossen die Vermieterin, eine GbR, und die Mieterin einen gewerblichen Mietvertrag. Über viele Jahre hinweg lief das Mietverhältnis störungsfrei, bis die Parteien beschlossen, ihre Zusammenarbeit zu vertiefen. Am 21. März 2016 unterzeichneten sie den sogenannten „3. Nachtrag“. In diesem Dokument einigten sie sich nicht nur auf den Einbau von Klimageräten und eine höhere Miete, sondern vor allem auf eine langfristige Bindung: Der Vertrag sollte fest bis zum 31. März 2026 laufen. Eine vorzeitige Kündigung schien damit ausgeschlossen.
Doch im Herbst 2023 wollte sich die Mieterin vorzeitig aus dem Vertrag lösen. Sie kündigte zum 31. März 2024 – also zwei Jahre vor dem eigentlich vereinbarten Ende. Ihr Argument war juristischer Sprengstoff: Der Nachtrag von 2016 sei formunwirksam.
Der Grund für diese Behauptung lag in der Optik der Vertragsurkunde. Im Kopf des Dokuments waren Herr L… und Frau H… als Gesellschafter der Vermieter-GbR aufgeführt. In der Unterschriftenzeile fand sich jedoch nur die Unterschrift von Herrn L… Ein Zusatz, der klargestellt hätte, dass er auch für Frau H… unterschreibt, fehlte. Es stand dort lediglich „Unterschrift Vermieter, … GbR“. Die Mieterin argumentierte, dass damit die gesetzlich vorgeschriebene Schriftform verletzt sei. Wäre dies der Fall, gälte der Vertrag rechtlich als auf unbestimmte Zeit geschlossen und wäre somit jederzeit ordentlich kündbar. Die Vermieterin sah sich plötzlich mit einem massiven Mietausfall konfrontiert und zog vor Gericht, um die Miete bis 2026 einzufordern.
Warum ist das Schriftformerfordernis bei Gewerbemiete so streng?
Um die Tragweite dieses Falles zu verstehen, müssen Sie einen Blick in § 550 des Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) werfen. Dieser Paragraph ist der Dreh- und Angelpunkt für fast alle Streitigkeiten um Laufzeiten im Gewerbemietrecht. Er besagt vereinfacht: Ein Mietvertrag, der für längere Zeit als ein Jahr geschlossen wird, bedarf der schriftlichen Form. Wird diese Form nicht eingehalten, ist der Vertrag nicht etwa ungültig, sondern er gilt als „auf unbestimmte Zeit geschlossen“. Das bedeutet, er kann innerhalb der gesetzlichen Fristen gekündigt werden, egal was die Parteien ursprünglich über die Laufzeit vereinbart hatten.
Der Sinn dieser strengen Regelung ist der Schutz eines potenziellen Erwerbers der Immobilie. Wenn Sie ein Gewerbeobjekt kaufen, treten Sie automatisch in die bestehenden Mietverträge ein. Sie müssen sich also darauf verlassen können, dass das, was im schriftlichen Vertrag steht, auch wirklich gilt. Der Gesetzgeber verlangt deshalb, dass sich alle wesentlichen Bedingungen – insbesondere wer die Parteien sind, was gemietet wird und wie lange – allein aus der unterzeichneten Urkunde ablesen lassen müssen („Urkundeneinheit“). Ein externer Dritter muss ohne Nachforschungen erkennen können, ob der Vertrag wirksam zustande gekommen ist. Und genau hier lag das Problem der Vermieter-GbR.
Kündigung wegen Formfehler: Warum scheiterte die Vermieterin vor Gericht?
Das Oberlandesgericht Dresden bestätigte die Sichtweise der Vorinstanz und gab der Mieterin recht. Die Kündigung zum März 2024 war wirksam, da der Nachtrag von 2016 an einem entscheidenden Formmangel litt. Die Analyse des Gerichts offenbart die Tücken bei der Unterzeichnung durch Personengesellschaften.
Das Rätsel der fehlenden zweiten Unterschrift
Das Hauptproblem sah das Gericht in der sogenannten äußeren Anscheinslage. Wenn eine GbR aus zwei Gesellschaftern besteht – hier Herr L… und Frau H… – und beide im Vertragskopf namentlich genannt werden, erwartet der Rechtsverkehr grundsätzlich zwei Unterschriften. Unterschreibt nur einer, muss für einen außenstehenden Dritten glasklar erkennbar sein, dass dieser eine Gesellschafter die Berechtigung hat, den anderen zu vertreten.
In diesem Fall hatte Herr L… allein unterschrieben. Es fehlte jedoch ein klarstellender Zusatz wie „i.V.“ (in Vertretung) oder ein Firmenstempel, der üblicherweise die Vertretungsmacht signalisiert. Die Unterschriftszeile „Unterschrift Vermieter, … GbR“ war dem Gericht zu unbestimmt. Für einen unbefangenen Leser der Urkunde blieb offen, ob Herr L… die GbR allein vertreten wollte oder ob die Unterschrift von Frau H… schlicht vergessen wurde. Solange die Urkunde den Eindruck erweckt, es könnten noch Unterschriften fehlen, ist die Schriftform nicht gewahrt.
Warum die tatsächliche Vollmacht nicht rettete
Die Vermieterin versuchte verzweifelt zu argumentieren, dass Herr L… tatsächlich zur Einzelvertretung berechtigt war oder zumindest konkludent (durch schlüssiges Handeln) für beide gehandelt habe. Das Gericht ließ diesen Einwand nicht gelten. Bei der Schriftformprüfung nach § 550 BGB kommt es nicht darauf an, was die Parteien intern wussten oder vereinbart hatten, sondern allein darauf, was in der Urkunde steht. Da die Urkunde selbst keinen Hinweis auf eine Alleinvertretung enthielt, war die interne Rechtslage irrelevant. Die Form war verletzt.
Der vergebliche Griff nach Treu und Glauben
Oft versuchen Vermieter in solchen Situationen, den Einwand des Rechtsmissbrauchs („Treu und Glauben“, § 242 BGB) zu erheben. Das Argument lautet meist: Es ist unfair, wenn sich die Mieterin jahrelang an den Vertrag hält und sich dann plötzlich auf einen Formfehler beruft, nur um früher auszusteigen. Doch das Gericht wies darauf hin, dass die Hürden hierfür extrem hoch sind. Nur wenn die Mieterin den Formfehler arglistig herbeigeführt hätte oder die Kündigung für die Vermieterin existenzvernichtende Folgen hätte, käme eine Ausnahme in Betracht. Dass die Mieterin den Fehler lediglich zu ihrem Vorteil nutzte, reicht nicht aus. Es liegt in der Verantwortung des Vermieters, für formwirksame Verträge zu sorgen.
Die Infektionswirkung des Nachtrags
Ein besonders wichtiges Detail für das Verständnis ist die sogenannte „Infektionswirkung“. Die Vermieterin hätte hoffen können, dass zumindest der ursprüngliche Vertrag von 1999 weiterläuft. Doch das Gericht stellte klar: Da der Nachtrag von 2016 wesentliche Änderungen (Mieterhöhung, Klimageräte) enthielt und nicht formgerecht war, „infizierte“ dieser Mangel das gesamte Vertragsverhältnis. Der gesamte Mietvertrag galt ab diesem Moment als unbefristet und war somit ordentlich kündbar.
Das prozessuale Nachspiel: Zu spät vorgetragene Fakten
In einem letzten Versuch wollte die Vermieterin geltend machen, dass Frau H… zum Zeitpunkt des Nachtrags gar nicht mehr Gesellschafterin war, sondern eine GmbH an ihre Stelle getreten sei. Dieser Tatsachenvortrag erfolgte jedoch erst kurz vor knapp im Berufungsverfahren. Das Gericht wies diesen Vortrag als „verspätet“ (Präkludiert) zurück. Im Zivilprozess müssen Fakten rechtzeitig präsentiert werden; wer taktisch wartet oder schlampig vorträgt, wird mit seinen Argumenten schlicht nicht mehr gehört.
Was bedeutet das Urteil für die Praxis?
Die Entscheidung des OLG Dresden ist eine scharfe Warnung an alle Vermieter, insbesondere an Gesellschaften bürgerlichen Rechts (GbR). Sie verdeutlicht, dass bei der Unterzeichnung von gewerblichen Mietverträgen und deren Nachträgen absolute Präzision gefordert ist. Wenn auf Vermieterseite mehrere Personen oder eine Gesellschaft stehen, muss aus der Unterschrift zweifelsfrei hervorgehen, wer für wen handelt. Ein einzelner Gesellschafter, der ohne Zusatz unterschreibt, während im Vertragskopf mehrere Namen stehen, produziert fast zwangsläufig einen Formmangel. Ein einfacher Zusatz wie „auch in Vertretung für…“ oder ein aussagekräftiger Firmenstempel kann hier über die Wirksamkeit von Millionenwerten entscheiden.
Zudem zeigt der Fall das Risiko von Nachträgen. Jeder Nachtrag zu einem Mietvertrag birgt die Gefahr, die Schriftform des gesamten Vertragswerkes zu zerstören. Wenn wesentliche Änderungen vereinbart werden, müssen diese den strengen Anforderungen des § 550 BGB genügen. Geschieht dies nicht, wird aus einem festen Laufzeitvertrag ungewollt ein unbefristeter Vertrag, den die Gegenseite bei der ersten Gelegenheit – etwa wenn die Marktmieten sinken oder der Standort aufgegeben werden soll – kündigen kann. Sorgfalt bei der Dokumentation ist hier die beste Versicherung gegen vorzeitigen Leerstand.
Die Urteilslogik
Die strikte Einhaltung der Formvorschriften im Gewerbemietrecht bestimmt die Wirksamkeit langfristiger Laufzeiten und schützt das Vertrauen des Rechtsverkehrs.
- Vertretungsmacht als zwingende Urkundenpflicht: Besteht die Vermieterseite aus einer Personengesellschaft, muss die Vertragsurkunde selbst zweifelsfrei klären, ob ein einzelner Unterzeichner zur Gesamtvertretung befugt ist, da interne Vereinbarungen oder tatsächliche Vollmachten für die Schriftformprüfung irrelevant sind.
- Infektionswirkung des Formmangels: Enthält ein Nachtrag zu einem langfristigen Gewerbemietvertrag wesentliche Änderungen und verletzt dabei die gesetzliche Schriftform, entfällt die Befristung des gesamten Vertrages, der damit jederzeit ordentlich kündbar wird.
- Äußerer Anschein entscheidet über die Form: Die Schriftform wahren nur jene Dokumente, bei denen ein unbefangener Dritter ohne zusätzliche Nachforschungen erkennen kann, dass alle im Kopf genannten Parteien oder deren rechtsgültige Vertreter die Vereinbarung unterzeichneten.
Wer langfristige Vertragsbindungen im Gewerberaummietrecht sichern will, muss bei jedem Nachtrag absolute Sorgfaltspflicht walten lassen, um nicht unbeabsichtigt die Befristung zu verlieren.
Benötigen Sie Hilfe?
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Experten Kommentar
Zehn Jahre fest planen – das ist die Währung im Gewerbemietgeschäft. Aber dieses Urteil zeigt, wie schnell diese Langfristigkeit verfällt, wenn die Formalien nicht sitzen. Es ist eine konsequente Klarstellung: Bei einer Vermieter-GbR entscheidet nicht die tatsächliche interne Vollmacht über die Laufzeit, sondern einzig und allein, was der Außenstehende auf der unterschriebenen Urkunde sieht. Fehlt der Vertretungszusatz, wird der Nachtrag zum Mangel, der das gesamte, jahrelang stabile Mietverhältnis „infiziert“. Ein unachtsamer Griff zum Kugelschreiber macht den vermeintlich sicheren Vertrag sofort unbefristet und kündbar.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Wann gilt mein langfristiger Gewerbemietvertrag als unbefristet kündbar?
Die vermeintliche Planungssicherheit eines langfristigen Gewerbemietvertrags kann abrupt entfallen, was oft zu massivem Mietausfall führt. Dies geschieht, sobald Sie die gesetzlich vorgeschriebene Schriftform nach § 550 BGB verletzen. Der Vertrag wird dann nicht etwa ungültig, sondern gilt automatisch als auf unbestimmte Zeit geschlossen. Die eigentlich vereinbarte lange Laufzeit verliert damit ihre Bindung und der Vertrag ist jederzeit ordentlich kündbar.
Der Formmangel entsteht typischerweise durch einen fehlerhaften Nachtrag. Das Gesetz verlangt, dass sich alle wesentlichen Vertragsbedingungen, wie die Höhe der Miete oder die genaue Laufzeit, allein aus der unterzeichneten Urkunde ablesen lassen müssen. Ändert ein Nachtrag wesentliche Punkte, muss er dieselben strengen Formvorschriften erfüllen, um die Urkundeneinheit zu gewährleisten. Ein Fehler in diesem Nachtrag führt zur sogenannten Infektionswirkung, welche den gesamten ursprünglichen Vertrag kündbar macht.
Ein häufiger und folgenreicher Fehler liegt in der unklaren Unterschrift bei Personengesellschaften, beispielsweise einer GbR. Sind im Vertragskopf mehrere Gesellschafter genannt, muss ein einzelner Unterschreiber unbedingt einen klaren Zusatz hinzufügen (wie „i.V.“), der seine Vertretungsmacht transparent macht. Das Oberlandesgericht Dresden stellte klar: Es zählt nicht, ob intern eine Vollmacht bestand, sondern nur, was ein Dritter (ein Erwerber) beim Lesen des Dokuments ableiten kann.
Sichten Sie sofort Ihren Hauptmietvertrag und alle folgenden Nachträge und prüfen Sie die Unterschriften im Detail.
Kann ich meinen Gewerbemietvertrag wegen eines Formfehlers vorzeitig kündigen?
Sie können einen langfristigen Gewerbemietvertrag vorzeitig kündigen, wenn ein Formfehler die gesetzliche Schriftform nach § 550 BGB verletzt. Dies betrifft oft Nachträge, die die Laufzeit verlängern oder wesentliche Bedingungen ändern. Finden Sie einen solchen Mangel, wird die vereinbarte feste Laufzeit hinfällig. Der Gewerbemietvertrag gilt dann automatisch als auf unbestimmte Zeit geschlossen und ist mit gesetzlicher Frist (meist sechs Monate) ordentlich kündbar.
Diese strenge Regelung schützt potenzielle Erwerber der Immobilie. Ein Dritter muss alle wesentlichen Vertragsbedingungen, wie die Dauer und die Vertragsparteien, allein aus der unterschriebenen Urkunde ableiten können. Juristen sprechen vom Grundsatz der Urkundeneinheit. Wenn beispielsweise bei einer GbR im Vertragskopf zwei Gesellschafter genannt sind, aber nur einer ohne klaren Vertretungszusatz unterschreibt, liegt ein Formmangel vor. Interne Vereinbarungen oder tatsächliche Vollmachten, die nicht aus dem Dokument selbst hervorgehen, retten den Vertrag nicht.
Selbst wenn Sie den Formfehler nur zu Ihrem Vorteil nutzen, um aus einem teuren oder unpassenden Langzeitvertrag herauszukommen, ist die Kündigung zulässig. Gerichte setzen die Hürden für den Einwand des Rechtsmissbrauchs (§ 242 BGB) extrem hoch an. Solange Sie den Mangel nicht arglistig herbeigeführt haben, dürfen Sie sich auf die Formunwirksamkeit berufen, um die Kosten für die Restlaufzeit einzusparen.
Prüfen Sie dringend den letzten Laufzeit verlängernden Nachtrag, zählen Sie die Vertragspartner im Kopf und die tatsächlichen Unterschriften.
Wie muss eine GbR einen Gewerbemietvertrag unterschreiben, damit die Laufzeit bindend ist?
Wenn eine Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) einen langfristigen Gewerbemietvertrag abschließt, entscheidet die Unterschriftspraxis über die Bindung der Laufzeit. Um die gesetzliche Schriftform nach § 550 BGB einzuhalten, ist lückenlose Transparenz der Vertretung nötig. Stehen mehrere Gesellschafter namentlich im Vertragskopf, müssen entweder alle persönlich unterzeichnen oder die Vertretung muss klar dokumentiert sein.
Der Rechtsverkehr verlangt von einem potenziellen Erwerber, alle wesentlichen Vertragsbedingungen sofort aus der Urkunde abzulesen. Wird ein Gesellschafter im Vertrag genannt, dessen Unterschrift aber fehlt, entsteht der Eindruck eines Formmangels. Dieser Mangel betrifft die sogenannte äußere Anscheinslage des Dokuments. Die interne Vollmacht eines einzelnen Gesellschafters schützt den Vertrag nicht vor der Kündbarkeit, wenn die Urkunde selbst Verwirrung stiftet.
Konkret: Unterschreibt nur ein Gesellschafter, muss er zwingend einen klarstellenden Zusatz hinzufügen. Er sollte beispielsweise „i.V. für [Name des abwesenden Gesellschafters]“ oder „handelnd in Einzelvertretung für die GbR“ vermerken. Die bloße Unterschrift des einen Gesellschafters ohne jegliche Klarstellung gilt als zu unbestimmt und verletzt die Form. Geschieht dies, gilt der Vertrag trotz der vereinbarten festen Laufzeit als unbefristet und kann ordentlich gekündigt werden.
Führen Sie eine Unterschriften-Checkliste ein, die bei Vertretung stets den klaren Zusatz über die Vertretungsmacht unter der Unterschrift vorsieht.
Führt ein Formfehler im Nachtrag zur Kündbarkeit meines gesamten Gewerbemietvertrags?
Die kurze Antwort lautet Ja. Dieses Risiko ist juristisch als die Infektionswirkung bekannt. Sobald ein Nachtrag die gesetzliche Schriftform verletzt und wesentliche Vertragsbestandteile ändert, überträgt sich dieser Formmangel automatisch auf den gesamten ursprünglichen Mietvertrag. Damit verliert die eigentlich vereinbarte lange Laufzeit sofort ihre Bindung.
Die Regel dafür leitet sich aus § 550 BGB ab. Dieser Paragraph soll potenzielle Erwerber der Immobilie schützen. Ein Dritter muss alle wichtigen Bedingungen, wie die Dauer und die Miethöhe, allein aus der schriftlichen Urkunde ablesen können, was die sogenannte Urkundeneinheit sicherstellt. Wenn ein Nachtrag beispielsweise eine Mieterhöhung oder den Einbau von Klimageräten regelt, aber die Unterschriften unvollständig sind, ist die Form verletzt. Das interne Wissen der Vertragsparteien über die Gültigkeit spielt dabei keine Rolle.
Der fehlerhafte Nachtrag infiziert somit das gesamte Vertragswerk. Selbst wenn Ihr ursprünglicher Mietvertrag über zehn Jahre formwirksam geschlossen wurde, gilt er ab dem Tag der mangelhaften Unterzeichnung des Nachtrags als auf unbestimmte Zeit geschlossen. Die Gegenseite kann dann jederzeit mit der gesetzlichen Frist, meist sechs Monate, ordentlich kündigen. Damit ist die geplante langfristige Sicherung Ihrer Mieteinnahmen durch das formale Versehen unwiederbringlich verloren.
Behandeln Sie jeden Nachtrag, der die Miethöhe oder Laufzeit ändert, mit der gleichen Akribie wie den Hauptmietvertrag. Fügen Sie dem Nachtrag immer eine Klausel hinzu, die besagt, dass alle übrigen Regelungen des Hauptvertrages weiterhin gelten und formgerecht in Bezug genommen werden.
Wie verhindere ich als Vermieter-GbR, dass mein Mietvertrag wegen fehlender Unterschrift anfechtbar wird?
Der Schlüssel zur rechtlichen Sicherheit liegt in der lückenlosen Dokumentation der Vertretungsmacht direkt auf der Vertragsurkunde. Sie müssen die sogenannte Urkundeneinheit wahren, damit ein außenstehender Erwerber ohne zusätzliche Nachforschungen erkennen kann, wer gehandelt hat. Sichern Sie Ihren langfristigen Gewerbemietvertrag, indem Sie für Dritte transparent machen, dass alle Gesellschafter korrekt vertreten wurden.
Wenn Ihre Gesellschaft bürgerlichen Rechts (GbR) im Vertragskopf mehrere Gesellschafter nennt, erfordert die strenge Schriftform grundsätzlich deren Unterschriften. Unterschreibt nur ein Gesellschafter, muss er zwingend einen klarstellenden Zusatz hinzufügen, der die Vertretungsmacht dokumentiert. Fügen Sie bei einer Einzelunterschrift etwa den Vermerk „i.V. für [Name der fehlenden Partei]“ in die Unterschriftszeile ein. Nur diese Präzision verhindert den äußeren Anschein, es könnte eine Unterschrift vergessen worden sein, was Gerichte als Formmangel werten.
Erstellen Sie am besten eine standardisierte Unterschriftenvorlage für alle Gewerbemietdokumente Ihrer GbR. Nutzen Sie zusätzlich einen Stempel, der die genaue Gesellschaftsform und die Vertretungsbefugnis klar ausweist, beispielsweise: „GbR vertreten durch den einzelvertretungsberechtigten Gesellschafter“. Sollten Gesellschafter wechseln, achten Sie zudem darauf, dass der Nachtrag präzise den neuen Vertragspartner im Kopf nennt und die alten, irrelevanten Namen entfernt werden.
Sorgfalt bei der Dokumentation ist die beste Versicherung gegen vorzeitigen Leerstand und teure Prozesse.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Äußere Anscheinslage
Die Äußere Anscheinslage beschreibt den Eindruck, den eine Vertragsurkunde auf einen unbeteiligten, objektiven Dritten macht, und ist entscheidend für die Frage, ob die gesetzliche Form gewahrt ist.
Bei der Prüfung der Schriftform zählt nicht das interne Wissen der Vertragsparteien, sondern allein die Transparenz und Eindeutigkeit, die das Dokument nach außen hin signalisiert.
Beispiel: Da im vorliegenden Fall zwei Gesellschafter im Vertragskopf genannt wurden, erweckte die bloße Einzelunterschrift des Herrn L… den Anschein, es fehle eine Unterschrift, weshalb die Äußere Anscheinslage die Formunwirksamkeit begründete.
Infektionswirkung
Juristen sprechen von der Infektionswirkung, wenn ein Formmangel in einem späteren Nachtrag das gesamte ursprüngliche Vertragsverhältnis erfasst und dessen Bindungswirkung aufhebt.
Das Gesetz verlangt, dass alle wesentlichen Bestandteile eines Langzeitvertrages formwirksam in die Urkunde aufgenommen werden müssen; ein formloser Zusatz macht das gesamte Vertragswerk kündbar, da sonst Dritte die Laufzeit nicht korrekt erfassen könnten.
Beispiel: Weil der 3. Nachtrag zur Mieterhöhung formfehlerhaft war, infizierte dieser Mangel den ursprünglich gültigen Gewerbemietvertrag von 1999, sodass dieser nun als unbefristet kündbar galt.
Präkludiert
Als präkludiert bezeichnet man einen Sachvortrag oder ein Beweismittel, das im Zivilprozess zu spät eingereicht wurde und deshalb vom Gericht nicht mehr berücksichtigt werden darf.
Diese strenge Fristsetzung dient der Prozessbeschleunigung und verhindert, dass Parteien taktisch wichtige Fakten bis kurz vor dem Urteil zurückhalten.
Beispiel: Die Vermieterin versuchte, erst im Berufungsverfahren vor dem OLG Dresden zu erklären, dass Frau H… gar keine Gesellschafterin mehr war, doch das Gericht wies diesen späten Tatsachenvortrag als präkludiert zurück.
Schriftformerfordernis
Das Schriftformerfordernis ist die zwingende gesetzliche Vorgabe, dass wichtige Verträge, insbesondere Mietverträge mit einer Laufzeit von mehr als einem Jahr, vollständig schriftlich abgefasst und von allen Parteien unterzeichnet werden müssen (§ 550 BGB).
Diese Formvorschrift schützt vor allem potenzielle Erwerber einer Immobilie, indem sie ihnen garantiert, dass sie die bestehenden vertraglichen Bindungen (Laufzeit, Miete) allein anhand der Vertragsurkunde zuverlässig überprüfen können.
Beispiel: Die Vermieter-GbR verletzte das strenge Schriftformerfordernis dadurch, dass der maßgebliche Nachtrag zur Verlängerung der Mietdauer nur von einem Gesellschafter ohne den notwendigen Vertretungszusatz unterschrieben wurde.
Treu und Glauben (§ 242 BGB)
Das Prinzip von Treu und Glauben verpflichtet alle Beteiligten im Rechtsverkehr zu redlichem und fairem Verhalten und kann als juristischer Notanker dienen, um extreme Ungerechtigkeiten (Rechtsmissbrauch) zu verhindern.
Juristen verwenden § 242 BGB, um offensichtlich missbräuchliches Handeln zu korrigieren, beispielsweise wenn eine Vertragspartei bewusst einen Formfehler herbeiführt und sich später darauf beruft.
Beispiel: Obwohl die Vermieterin versuchte, die Kündigung der Mieterin über den Einwand des Rechtsmissbrauchs nach Treu und Glauben zu verhindern, scheiterte sie, da die Mieterin den Formmangel lediglich zu ihrem Vorteil nutzte, aber nicht arglistig verursacht hatte.
Urkundeneinheit
Die Urkundeneinheit fordert, dass sich alle wesentlichen Vertragsbedingungen eines langfristigen Mietverhältnisses, inklusive der Parteien und der Dauer, lückenlos aus dem unterschriebenen Hauptvertrag und den darauf Bezug nehmenden Nachträgen ablesen lassen müssen.
Dieses Prinzip gewährleistet die Transparenz und Rechtssicherheit des Mietverhältnisses für außenstehende Dritte und ist eine unabdingbare Voraussetzung für die Einhaltung des Schriftformerfordernisses nach § 550 BGB.
Beispiel: Das Gericht verlangte die Urkundeneinheit, um festzustellen, ob ein Erwerber der Immobilie allein durch Lesen des 3. Nachtrags erkennen konnte, wer die Vermieter-GbR rechtsgültig zur Verlängerung der Laufzeit vertreten hatte.
Das vorliegende Urteil
OLG Dresden – Az.: 12 U 565/25 – Beschluss vom 13.10.2025
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