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WEG-Beschlussabstimmung – Anforderungen an Stimmenauszählung

Eine Wohnungseigentümergemeinschaft in München beschloss eine Sonderumlage von 58.000 Euro, doch jetzt stehen die WEG-Beschlüsse vor der Ungültigkeit. Nicht die Höhe der geforderten Summe war das Problem, sondern eine grundlegende Panne bei Stimmrecht und Protokoll.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 1294 C 21980/24 WEG | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Amtsgericht München
  • Datum: 13.02.2025
  • Aktenzeichen: 1294 C 21980/24 WEG
  • Verfahren: Beschlussanfechtungsklage
  • Rechtsbereiche: Wohnungseigentumsrecht, Verfahrensrecht

  • Das Problem: Eine Wohnungseigentümerin klagte gegen Beschlüsse ihrer Eigentümergemeinschaft. Sie bemängelte, dass bei der Abstimmung nicht korrekt nach den Stimmanteilen der Eigentümer vorgegangen wurde.
  • Die Rechtsfrage: Waren die Beschlüsse der Eigentümerversammlung gültig, obwohl nicht nach den vereinbarten Stimmanteilen abgestimmt und dies nicht genau dokumentiert wurde?
  • Die Antwort: Nein. Das Gericht erklärte die Beschlüsse für ungültig. Es wurde nicht nach den festgelegten Eigentumsanteilen abgestimmt und die Stimmkraft nicht ausreichend dokumentiert.
  • Die Bedeutung: Eigentümergemeinschaften müssen sich genau an die Stimmregeln ihrer Teilungserklärung halten. Abstimmungsergebnisse und die Stimmkraft der Anwesenden müssen präzise festgehalten werden.

Der Fall vor Gericht


Wann ist eine „eindeutige Mehrheit“ am Ende doch keine?

Manchmal entscheidet eine einzige Frage über Tausende von Euro: Zählen wir Hände oder zählen wir Anteile? Für eine Wohnungseigentümergemeinschaft in München war die Antwort auf diese Frage eigentlich klar in der Gründungsurkunde geregelt.

In der Hitze einer Versammlung entschied die Verwaltung aber anders. Sie ließ per Handzeichen abstimmen und verkündete eine „eindeutige Mehrheit“ für eine Sonderumlage von 58.000 Euro. Eine Miteigentümerin zweifelte das Ergebnis an und zog vor Gericht. Ihre Klage legte einen fundamentalen Fehler offen: Wer „eindeutig“ sagt, muss es auch beweisen können.

Warum wurde die Abstimmung überhaupt angefochten?

Der Kern des Streits war ein Konflikt zweier Abstimmungsprinzipien. Da gibt es zum einen das Kopfprinzip. Jeder anwesende Eigentümer hat genau eine Stimme. Das ist einfach und schnell. Dem gegenüber steht das Wertprinzip. Hier richtet sich die Stimmkraft eines Eigentümers nach der Größe seines Anteils an der Immobilie – meist gemessen in Tausendstel-Anteilen. Wer eine größere Wohnung besitzt, hat mehr Gewicht.

Die Teilungserklärung der Münchner Wohnanlage schrieb unmissverständlich das Wertprinzip vor. In der Versammlung am 22. Juli 2024 passierte jedoch etwas anderes. Bei der Abstimmung über die Jahresabrechnung und eine kostspielige Sonderumlage ließ die Versammlungsleiterin per Handzeichen abstimmen. Sie zählte die erhobenen Hände und stellte eine klare Mehrheit fest. Die Klägerin monierte genau das. Sie argumentierte, eine Zählung nach Köpfen sei hier unzulässig und das Ergebnis damit potenziell falsch. Es sei völlig unklar, ob die Ja-Sager auch tatsächlich die Mehrheit der Miteigentumsanteile repräsentierten.

Wie verteidigte sich die Eigentümergemeinschaft?

WEG-Beschlussabstimmung - Anforderungen an Stimmenauszählung
Symbolbild: KI

Die beklagte Gemeinschaft, vertreten durch ihre Verwaltung, sah die Sache gelassener. Ihr Argument stützte sich auf eine gängige Praxis und eine Entscheidung des Bundesgerichtshofs. Die Versammlungsleiterin habe die sogenannte Subtraktionsmethode angewandt. Sie zählte die Ja-Stimmen und ging davon aus, dass bei einer überwältigenden Zustimmung eine exakte Auszählung aller Anteile überflüssig sei. Der Aufwand stehe in keinem Verhältnis.

Zusätzlich schob die Gemeinschaft den Schwarzen Peter der Klägerin zu. Sie müsse schon konkret beweisen, dass das Ergebnis bei einer korrekten Zählung nach Anteilen anders ausgefallen wäre. Ohne diesen handfesten Beweis sei ihre Klage unbegründet. Schließlich habe der Versammlungsleiter das Ergebnis verkündet – und diese Verkündung habe eine Art rechtsgestaltende Wirkung. Einmal gesagt, ist es gültig. Das war die Verteidigungslinie.

Wieso pulverisierte das Gericht diese Argumentation?

Das Amtsgericht München folgte dieser Logik nicht. Es entlarvte den Denkfehler der Verwaltung mit beeindruckender Klarheit. Die Richter bestätigten, dass die Subtraktionsmethode grundsätzlich erlaubt ist. Sie stellten aber eine entscheidende Bedingung klar, die sich aus der zitierten BGH-Entscheidung ergibt: Die Methode funktioniert nur dann verlässlich, wenn die Grundlage der Zählung – die Gesamtzahl der anwesenden und vertretenen Stimmanteile – zum Zeitpunkt der Abstimmung feststeht und dokumentiert ist.

Im Klartext bedeutet das: Bevor man überhaupt die Ja-Stimmen zählt, muss man wissen, was 100 Prozent sind. Wie viele Miteigentumsanteile sind im Raum versammelt, sei es durch persönliche Anwesenheit oder durch eine Vollmacht? Genau diese Information fehlte. Die Verwaltung konnte nicht belegen, wie sich die Stimmkraft im Saal zusammensetzte. Dadurch wurde ihre Behauptung einer „eindeutigen Mehrheit“ zu einer reinen Vermutung. Die Beweislast kehrte sich um. Nicht die Klägerin musste die falsche Zählung beweisen, sondern die Gemeinschaft hätte die Richtigkeit ihrer Zählung belegen müssen. Das konnte sie nicht.

Was war der entscheidende Fehler im Protokoll?

Der Schlüssel zum Erfolg der Klägerin lag im Versammlungsprotokoll. Es war die Achillesferse der Gemeinschaft. Das Dokument enthielt keinerlei Angaben darüber, wie viele Eigentümer anwesend waren, wie viele Vollmachten vorlagen oder welche Miteigentumsanteile die anwesenden Personen konkret vertraten. Es stand lediglich drin, dass die Versammlung mit 522 von 1.000 Anteilen beschlussfähig war und die Beschlüsse „mehrheitlich“ angenommen wurden.

Diese pauschale Formulierung reichte dem Gericht nicht. Ein Protokoll muss die Nachvollziehbarkeit einer Abstimmung sicherstellen, besonders wenn das kompliziertere Wertprinzip gilt. Ohne eine Liste der anwesenden Stimmanteile war die Feststellung der Mehrheit durch die Versammlungsleiterin nicht überprüfbar und damit wertlos. Der formale Mangel war so gravierend, dass er die beiden zentralen Beschlüsse zur Jahresabrechnung und zur Sonderumlage zu Fall brachte. Das Gericht erklärte sie für ungültig.

Welche finanziellen Folgen hatte das Urteil?

Die Ungültigkeitserklärung der Beschlüsse wirkte zurück. Die beschlossene Sonderumlage von 58.000 Euro war damit vom Tisch, als hätte es sie nie gegeben. Für die Klägerin bedeutete dies, dass ihre bereits geleistete Zahlung von 870 Euro rechtsgrundlos war. Das Gericht verurteilte die Eigentümergemeinschaft, ihr die Verzugszinsen auf diesen Betrag zu erstatten.

Die Hauptlast für die Gemeinschaft waren jedoch die Prozesskosten. Sie musste nicht nur die eigenen Anwaltskosten tragen, sondern auch die der siegreichen Klägerin. Das Gericht setzte den Streitwert auf über 33.000 Euro fest, was die Anwalts- und Gerichtsgebühren entsprechend in die Höhe trieb. Ein teurer Preis für ein nachlässig geführtes Protokoll und eine zu salopp durchgeführte Abstimmung.

Die Urteilslogik

Eine korrekte Abstimmung in Eigentümerversammlungen verlangt nicht nur die Einhaltung festgelegter Stimmrechtsprinzipien, sondern auch deren lückenlose Dokumentation, um die Gültigkeit von Beschlüssen zu gewährleisten.

  • Verbindlichkeit des Stimmrechtsprinzips: Wohnungseigentümergemeinschaften müssen das in ihrer Teilungserklärung festgelegte Stimmrechtsprinzip – sei es Kopf- oder Wertprinzip – strikt anwenden und die Grundlage der Stimmberechtigung vollständig erfassen.
  • Grundlage der Mehrheitsfeststellung: Eine vereinfachte Stimmenauszählung, wie die Subtraktionsmethode, ist nur dann zulässig und verlässlich, wenn die exakte Gesamtzahl der anwesenden oder vertretenen Stimmanteile zu Beginn der Abstimmung feststeht und nachweisbar ist.
  • Nachweis der Beschlussgültigkeit: Das Protokoll einer Eigentümerversammlung muss alle relevanten Abstimmungsdetails, insbesondere die präzisen Stimmanteile, so dokumentieren, dass die Mehrheitsbildung jederzeit überprüfbar ist; fehlt diese Transparenz, obliegt der Gemeinschaft der Nachweis der korrekten Beschlussfassung.

Fehler in der Abstimmungsdurchführung oder Protokollierung können selbst eindeutig scheinende Mehrheitsentscheidungen hinfällig machen und bedeutsame finanzielle und rechtliche Folgen nach sich ziehen.


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Experten Kommentar

Eine Mehrheit sehen und eine Mehrheit, die vor Gericht standhält – das sind in einer Wohnungseigentümergemeinschaft zwei grundverschiedene Dinge. Dieses Urteil zeigt klar: Wenn nach Miteigentumsanteilen abgestimmt wird, muss die Gesamtzahl der anwesenden Stimmanteile genau feststehen und im Protokoll stehen. Wer nur Hände zählt und ein undokumentiertes Bauchgefühl als „eindeutige Mehrheit“ verkauft, riskiert die Anfechtbarkeit jedes Beschlusses – mit teuren Folgen. Es ist ein unmissverständlicher Fingerzeig an Verwaltungen, bei der Protokollführung sauber und exakt zu arbeiten, sonst fallen selbst einstimmige Entscheidungen hintenüber.


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was bedeutet es, wenn ein WEG-Beschluss als ’nichtig‘ gilt?

Ein gerichtlich für ungültig erklärter WEG-Beschluss ist rückwirkend unwirksam, als hätte er nie existiert. Das bedeutet, alle darauf basierenden Forderungen sind hinfällig und Sie müssen ungerechtfertigten Zahlungen nicht nachkommen. Bereits geleistete Beträge haben keine Rechtsgrundlage mehr und müssen Ihnen samt Verzugszinsen von der Eigentümergemeinschaft zurückerstattet werden. Dies sichert Ihre Rechtsposition.

Juristen nennen das die Wirkung „ex tunc“, also von Anfang an. Ein Beschluss, der erfolgreich angefochten und für ungültig erklärt wird, verliert seine Gültigkeit rückwirkend. Alle daraus resultierenden Verpflichtungen sind damit hinfällig. Denken Sie an die Situation: Sie haben eine Sonderumlage gezahlt, doch der Beschluss dazu erweist sich als fehlerhaft und wird gerichtlich gekippt. Ihre Zahlung war von Beginn an ohne Rechtsgrundlage. Entsprechend ist die Eigentümergemeinschaft verpflichtet, Ihnen diesen Betrag samt Verzugszinsen zurückzuzahlen. Die Regel lautet: Im Fall einer Ungültigkeitserklärung trägt die Gemeinschaft die vollen Prozesskosten, sowohl die eigenen als auch die des erfolgreichen Klägers. Dies kann für die WEG erhebliche finanzielle Folgen haben.

Ein passender Vergleich ist ein stornierter Kaufvertrag: Haben Sie bereits bezahlt, erhalten Sie Ihr Geld zurück, weil die Vertragsgrundlage entfallen ist. Genauso ist es mit einem ungültigen WEG-Beschluss.

Prüfen Sie sofort Ihre Kontoauszüge: Haben Sie Zahlungen aufgrund des strittigen Beschlusses geleistet? Notieren Sie den genauen Betrag und das Datum der Zahlung. Zögern Sie nicht, Ihr Geld samt Zinsen umgehend von der Verwaltung zurückzufordern – selbst kleine Beträge sind Ihr gutes Recht.


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Welche Rechte habe ich als Eigentümer, wenn die Abstimmung falsch gezählt wurde?

Als Eigentümer haben Sie das Recht, einen WEG-Beschluss anzufechten, wenn die Abstimmung formale Mängel aufweist, wie eine fehlerhafte Zählmethode oder ein unzureichendes Protokoll. Die Beweislast kann sich dabei umkehren: Die Eigentümergemeinschaft muss die Richtigkeit des Ergebnisses zweifelsfrei belegen können, nicht Sie die Fehlerhaftigkeit.

Haben Sie ein ungutes Gefühl bei der Abstimmung einer WEG-Versammlung gehabt, weil die Zählweise seltsam war, sind Sie nicht machtlos. Als Eigentümer steht Ihnen das Recht zu, solche Beschlüsse gerichtlich anzufechten. Das gilt besonders, wenn die Verwaltung grundlegende Regeln missachtet hat, etwa das in Ihrer Teilungserklärung festgelegte Abstimmungsprinzip (oft das Wertprinzip, bei dem Ihre Miteigentumsanteile zählen, nicht nur Ihre Anwesenheit). Ein solcher Fehler kann die Gültigkeit des gesamten Beschlusses infrage stellen.

Die entscheidende Regel lautet: Kann die Gemeinschaft die genaue Zusammensetzung der Stimmkraft (wer mit welchem Anteil anwesend oder vertreten war) nicht lückenlos dokumentieren, dreht sich die Beweislast um. Es liegt dann nicht an Ihnen, die falsche Zählung zu beweisen. Vielmehr muss die Eigentümergemeinschaft die korrekte Ermittlung des Ergebnisses zweifelsfrei belegen. Gelingt ihr das nicht, führt selbst eine vermeintlich „eindeutige Mehrheit“ zu einer Ungültigkeit des Beschlusses. Gravierende formale Mängel können Beschlüsse vollständig zu Fall bringen.

Ein passender Vergleich ist ein Wettkampf: Wenn die Schiedsrichter die Spielregeln falsch anwenden oder die Punkte nicht sauber protokollieren, kann das Ergebnis des Spiels nicht als fair und gültig anerkannt werden – selbst wenn am Ende klar scheint, wer gewonnen hat. Die Regeln müssen eingehalten und überprüfbar sein.

Handeln Sie proaktiv: Fordern Sie umgehend das detaillierte Protokoll der letzten Versammlung an. Prüfen Sie akribisch, ob die anwesenden und vertretenen Stimmanteile sowie die angewandte Zählmethode klar dokumentiert sind. Insbesondere der Blick in Ihre Teilungserklärung verrät Ihnen, welches Abstimmungsprinzip gelten muss. Nur so können Sie schnell reagieren und Ihre Rechte sichern, bevor Fristen ablaufen.


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Wie lange nach der Versammlung kann ich einen WEG-Beschluss anfechten?

Die Frist zur Anfechtung eines WEG-Beschlusses ist extrem kurz: Sie müssen die Klage in der Regel innerhalb eines Monats nach Beschlussfassung einreichen. Verpassen Sie diese knappe Frist, wird der Beschluss – selbst bei offensichtlichen Mängeln – unantastbar und bestandskräftig. Schnelles Handeln ist daher unerlässlich, um Ihre Rechte zu wahren und eine gerichtliche Klärung zu ermöglichen.

Die Regel lautet, dass Sie für eine Anfechtungsklage gegen einen WEG-Beschluss nur einen einzigen Monat Zeit haben. Diese Frist beginnt am Tag der Beschlussfassung und ist bewusst kurz gehalten. Der Grund: Man möchte schnell Rechtssicherheit schaffen. Alle Beteiligten sollen wissen, welche Entscheidungen verbindlich sind und welche nicht. Einmal verstrichen, wird der Beschluss „bestandskräftig“.

Das ist der juristische Fachbegriff dafür, dass selbst gravierende Fehler den Beschluss nicht mehr zu Fall bringen können. Selbst wenn er formale Mängel aufweist, wie die fehlende Dokumentation der Stimmanteile im Münchner Fall, ist er nach dieser Frist unantastbar. Ihre Chance, dagegen vorzugehen, ist dann endgültig vorbei.

Denken Sie an eine Ampel: Sobald sie auf Rot springt, ist es zu spät. Sie können nicht mehr rüber. Ähnlich ist es hier: Die Monatsfrist ist Ihre grüne Phase. Verpassen Sie sie, ist der Beschluss unantastbar, selbst wenn Sie gute Argumente hätten.

Zögern Sie daher keine Sekunde. Sobald Sie Zweifel an der Rechtmäßigkeit eines WEG-Beschlusses haben, kontaktieren Sie sofort einen auf WEG-Recht spezialisierten Anwalt. Nur so stellen Sie sicher, dass wichtige Fristen eingehalten und die notwendigen Schritte rechtzeitig eingeleitet werden können.


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Wie bekomme ich mein Geld zurück, wenn ich eine ungültige Sonderumlage schon bezahlt habe?

Wird eine bereits geleistete Sonderumlage gerichtlich als ungültig befunden, ist Ihre Zahlung rechtsgrundlos. Sie haben dann einen unmittelbaren Anspruch auf die vollständige Rückerstattung des Betrages. Zusätzlich erhalten Sie Verzugszinsen von der Eigentümergemeinschaft für die Zeit, in der Ihr Geld unrechtmäßig genutzt wurde.

Juristen nennen das Prinzip der „ungerechtfertigten Bereicherung“. Wenn ein Beschluss, auf dessen Grundlage Sie gezahlt haben, später für ungültig erklärt wird, existiert die rechtliche Grundlage für Ihre Zahlung rückwirkend nicht mehr. Folglich muss die Eigentümergemeinschaft das Geld an Sie zurückzahlen. Dabei geht es nicht nur um den ursprünglichen Betrag; Ihnen stehen auch Zinsen für die Zeit zu, in der die Gemeinschaft über Ihr Geld verfügen konnte, obwohl sie kein Recht darauf hatte.

Denken Sie an ein Abonnement, das Sie für einen Dienst abgeschlossen haben, der dann nie erbracht wurde. Sie hätten nie dafür zahlen müssen, und das Geld steht Ihnen selbstverständlich wieder zu. Genauso verhält es sich mit der Sonderumlage: Die Zahlung war von Anfang an ungültig.

Zögern Sie nicht: Fordern Sie Ihr Geld aktiv zurück. Senden Sie der WEG-Verwaltung umgehend ein Einschreiben. Darin listen Sie den genauen Betrag der Sonderumlage und das Zahlungsdatum auf. Fordern Sie die Rückzahlung des Betrages zuzüglich gesetzlicher Verzugszinsen und setzen Sie eine klare Frist, etwa 14 Tage, für die Überweisung. Viele Eigentümer scheuen diesen Schritt, doch Ihr Recht ist hier eindeutig.


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Wie kann ich als Eigentümer ein rechtssicheres WEG-Protokoll mitgestalten oder prüfen?

Ein rechtssicheres WEG-Protokoll muss die genaue Zusammensetzung der Stimmkraft, also alle anwesenden und vertretenen Miteigentumsanteile, sowie die angewandte Abstimmungsmethode präzise dokumentieren. Nur so lässt sich die Nachvollziehbarkeit und damit die Gültigkeit von Beschlüssen sicherstellen, was für jede Eigentümergemeinschaft essenziell ist.

Damit ein WEG-Beschluss vor Gericht Bestand hat, braucht es eine lückenlose Dokumentation. Das Protokoll muss exakt festhalten, welche Eigentümer persönlich erschienen sind und wie viele Vollmachten vorlagen. Wichtig ist auch, die dadurch im Raum versammelten Miteigentumsanteile konkret zu benennen. Nur so kann die Basis für eine korrekte Mehrheitsfeststellung transparent gemacht werden. Ein weiterer Punkt betrifft die Abstimmung selbst. Vermerken Sie klar, welches Prinzip – Kopf- oder Wertprinzip – laut Teilungserklärung angewandt wurde. Jeder Schritt der Mehrheitsermittlung muss detailliert sein. Fehlt diese Präzision, entstehen gravierende formale Mängel. Solche Fehler können die gesamten Beschlüsse für ungültig erklären lassen.

Denken Sie an ein Gericht: Es muss jederzeit in der Lage sein, die Abstimmung zu rekonstruieren. Wäre das Protokoll ein Bauplan, müsste ein unabhängiger Gutachter das Ergebnis ohne Rückfragen nachvollziehen können. Ist der Plan lückenhaft, kann das Gebäude nicht genehmigt werden.

Lassen Sie sich nicht mit pauschalen Formulierungen abspeisen. Bestehen Sie bereits während der Versammlung darauf, dass die Versammlungsleiterin die genaue Anzahl der anwesenden und vertretenen Miteigentumsanteile vor jeder Abstimmung feststellt und dies laut verkündet. So stellen Sie sicher, dass diese kritischen Informationen direkt im Protokoll vermerkt werden und Ihre WEG auf rechtlich sicherem Boden steht.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Anfechtungsklage

Eine Anfechtungsklage ist das rechtliche Instrument, um einen mangelhaften Beschluss der Eigentümerversammlung gerichtlich für ungültig erklären zu lassen. Juristen haben diese Klagemöglichkeit geschaffen, damit Miteigentümer fehlerhafte Entscheidungen nicht einfach hinnehmen müssen. Das Gesetz sorgt damit für die Kontrolle von Beschlüssen.

Beispiel: Der Miteigentümer erhob eine Anfechtungsklage, weil die Sonderumlage in der Versammlung nicht korrekt nach dem Wertprinzip abgestimmt wurde.

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Bestandskräftig

Wenn ein Beschluss bestandskräftig wird, ist er juristisch endgültig und nicht mehr anfechtbar, selbst wenn er ursprünglich fehlerhaft war. Diese Regelung sorgt für Rechtssicherheit, indem sie festlegt, dass nach einer bestimmten Frist keine neuen Einwände gegen einen Beschluss mehr erhoben werden können. Die Gemeinschaft kann sich auf die getroffenen Entscheidungen verlassen.

Beispiel: Hätte die Klägerin die Monatsfrist zur Anfechtung verpasst, wäre der Beschluss zur Sonderumlage bestandskräftig geworden, obwohl er fehlerhaft zustande kam.

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Beweislast

Die Beweislast legt fest, welche Partei vor Gericht die Richtigkeit einer Behauptung nachweisen muss. Sie entscheidet oft über den Ausgang eines Verfahrens, denn wer die Beweispflicht nicht erfüllen kann, verliert. Dieses Prinzip sorgt für Fairness, indem es klärt, wer welchen Sachverhalt belegen muss.

Beispiel: Im Münchner Fall kehrte sich die Beweislast um, sodass die Eigentümergemeinschaft die korrekte Zählung der Miteigentumsanteile beweisen musste, was ihr nicht gelang.

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Sonderumlage

Eine Sonderumlage ist eine einmalige Zahlung, die Wohnungseigentümer über die regulären Hausgeldzahlungen hinaus leisten müssen, um unerwartete oder größere Investitionen der Gemeinschaft zu finanzieren. Durch Sonderumlagen stellt die Eigentümergemeinschaft sicher, dass notwendige größere Ausgaben, wie eine Dachsanierung oder eine Heizungserneuerung, schnell finanziert werden können, ohne die monatlichen Beiträge drastisch zu erhöhen. So bleiben die Immobilienwerte erhalten.

Beispiel: Die Eigentümergemeinschaft forderte eine Sonderumlage von 58.000 Euro, um die Kosten für eine umfangreiche Reparatur zu decken.

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Subtraktionsmethode

Die Subtraktionsmethode ist ein Abstimmungsverfahren, bei dem die Versammlungsleitung lediglich die Nein- oder Enthaltungsstimmen zählt und bei einer deutlichen Mehrheit auf eine exakte Zählung der Ja-Stimmen verzichtet. Diese Methode soll Versammlungen effizienter machen und Zeit sparen, besonders wenn eine Zustimmung augenscheinlich überwältigend ist. Das Gesetz erlaubt sie unter der strengen Auflage, dass die genaue Basis der Stimmanteile vorab dokumentiert ist.

Beispiel: Die Versammlungsleiterin der Münchner WEG nutzte die Subtraktionsmethode, ohne die Summe der anwesenden Stimmanteile zu kennen, was zum Ungültigwerden des Beschlusses führte.

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Teilungserklärung

Die Teilungserklärung ist ein notariell beurkundetes Dokument, das ein Gebäude in Wohnungseigentum aufteilt und die Rechte und Pflichten der Eigentümer untereinander regelt, insbesondere wie Abstimmungen erfolgen. Sie bildet die rechtliche Grundlage jeder Wohnungseigentümergemeinschaft und legt Spielregeln fest, die für alle Mitglieder verbindlich sind. Das Dokument schafft klare Verhältnisse und minimiert Streitigkeiten über grundsätzliche Abläufe.

Beispiel: Die Teilungserklärung der Münchner Wohnanlage schrieb unmissverständlich das Wertprinzip für Abstimmungen vor, was in der Versammlung missachtet wurde.

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Wertprinzip

Das Wertprinzip ist eine Abstimmungsregel, bei der die Stimmkraft eines Wohnungseigentümers nach der Größe seines Anteils an der Immobilie – oft in Tausendstel-Anteilen gemessen – gewichtet wird. Dieses Prinzip stellt sicher, dass Eigentümer mit größeren Investitionen auch ein entsprechend höheres Gewicht bei Entscheidungen haben. Es ist die häufigste Form der Stimmrechtsausübung und soll eine faire Verteilung des Einflusses im Verhältnis zum Eigentum sicherstellen.

Beispiel: Trotz klarer Vorgabe durch das Wertprinzip in der Teilungserklärung wurde die entscheidende Abstimmung zur Sonderumlage fälschlicherweise per Handzeichen nach dem Kopfprinzip durchgeführt.

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Wichtige Rechtsgrundlagen


  • Stimmrecht nach der Teilungserklärung (Wertprinzip)Die Teilungserklärung ist das Gründungsdokument einer Wohnungseigentümergemeinschaft und legt verbindlich fest, wie Stimmrechte bei Abstimmungen verteilt sind.

    Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Teilungserklärung der Münchner Wohnanlage schrieb eindeutig das Wertprinzip vor, wonach die Stimmkraft eines Eigentümers von der Größe seines Anteils abhängt; die Abstimmung per Handzeichen missachtete diese grundlegende Regel.

  • Ordnungsgemäße Beschlussfassung und Nachvollziehbarkeit (Allgemeines Rechtsprinzip)Jede Abstimmung in einer Wohnungseigentümergemeinschaft muss so durchgeführt werden, dass das Ergebnis und die Mehrheitsverhältnisse transparent und überprüfbar sind.

    Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht betonte, dass die angewandte Subtraktionsmethode nur dann zulässig ist, wenn die Gesamtzahl der stimmberechtigten Anteile bei der Abstimmung feststeht und dokumentiert ist; da diese entscheidende Information fehlte, konnte die behauptete „eindeutige Mehrheit“ nicht nachvollzogen werden.

  • Das Protokoll als Nachweis der Beschlussfassung (§ 24 Abs. 6 WEG)Das Protokoll einer Eigentümerversammlung muss alle wesentlichen Fakten einer Abstimmung, insbesondere das genaue Abstimmungsergebnis, sorgfältig festhalten, um die Rechtmäßigkeit der Beschlüsse zu gewährleisten.

    Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Versammlungsprotokoll enthielt keinerlei Angaben über die anwesenden oder vertretenen Miteigentumsanteile, wodurch die Feststellung der Mehrheit nach dem vorgeschriebenen Wertprinzip unüberprüfbar wurde und die Beschlüsse als ungültig erklärt werden mussten.

  • Beweislast im Anfechtungsprozess (Allgemeines Rechtsprinzip)Wird die Gültigkeit eines Beschlusses angefochten, muss in bestimmten Fällen die Wohnungseigentümergemeinschaft selbst beweisen, dass die Abstimmung korrekt erfolgte.

    Bedeutung im vorliegenden Fall: Aufgrund der fehlenden Dokumentation konnte die Eigentümergemeinschaft nicht beweisen, dass die Abstimmung korrekt war, weshalb sich die Beweislast umkehrte und nicht die Klägerin die Fehlerhaftigkeit, sondern die Gemeinschaft die Richtigkeit der Abstimmung belegen musste.


Das vorliegende Urteil


AG München – Az.: 1294 C 21980/24 WEG – Urteil vom 13.02.2025


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