AG Karlsruhe – Az.: 7 C 492/11 – Urteil vom 17.01.2012
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Rechtsstreits zu tragen.
3. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin kann die Vollstreckung der Beklagten durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120 % des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrags abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
Tatbestand
Die Klägerin beansprucht von der Beklagten Zustimmung zur Mieterhöhung.
Die Klägerin ist Vermieterin, die Beklagte Mieterin einer im Anwesen … in Karlsruhe gelegenen Wohnung. Die monatliche Nettomiete, die seit 15 Monaten unverändert ist, beträgt derzeit EUR 392,66. Mit Schreiben vom 22.06.2011 (AS 7 ff) forderte die Klägerin die Beklagte auf, bis 31.08.2011 einer Mietanpassung auf monatlich EUR 431,14 zuzüglich der bisherigen Betriebs- und Heizkostenvorauszahlungen zuzustimmen. Auf Seite 1 des Erhöhungsverlangens wird angegeben, dass die ortsübliche Vergleichsmiete für die von der Beklagten bewohnte, 79,11 m² großen Wohnung EUR 6,41 pro Quadratmeter Wohnfläche betrage. Die neue Grundmiete entspreche einem monatlichen Quadratmeterpreis von rund EUR 5,45. Zur Begründung des Mieterhöhungsverlangens wird auf Seite 2 des Erhöhungsschreibens auf den Mannheimer Mietspiegel – Stand 13.10.2010 – Bezug genommen und eine Berechnung angestellt, wonach die Vergleichsmiete gemäß Mietspiegel EUR 5,96 pro Quadratmeter betrage. Darüber hinaus wird im Erhöhungsverlangen darauf hingewiesen, dass in der ortsüblichen Vergleichsmiete entsprechend dem Mietspiegel kein Anteil für die Durchführung von Schönheitsreparaturen enthalten ist. Da nach dem mit der Beklagten geschlossenen Mietvertrag der Vermieter die Kosten für die Durchführung der Schönheitsreparaturen trägt, rechnet die Klägerin der zuvor ermittelten ortsüblichen Vergleichsmiete einen Zuschlag für Schönheitsreparaturen hinzu, den sie mit EUR 0,81 pro Quadratmeter monatlich für zulässig erklärt. Gleichzeitig weist die Klägerin darauf hin, dass sie sich entschlossen hätte, ohne Anerkennung einer Rechtspflicht, bis auf weiteres den Höchstwert für die Vergleichsmietberechnung auf 0,45 EUR pro Quadratmeter monatlich zu begrenzen. Demnach teilt sie der Beklagten die ortsübliche Vergleichsmiete mit insgesamt EUR 6,41 pro m² bzw. EUR 507,10 monatlich mit. In der Klagebegründung führt die Klägerin aus, zum Nachweis, dass die geforderte Miete die ortsübliche Vergleichsmiete nicht übersteigt, nehme sie auf den Mietspiegel für den Wohnort der Beklagten Bezug, der bei der zuständigen Gemeinde eingesehen werden könne.
Die Beklagte hat dem Erhöhungsverlangen nicht zugestimmt.
Einen Mietspiegel für Karlsruhe gibt es nicht.
Die Klägerin beantragt, die Beklagte zu verurteilen, einer Anhebung der Nettokaltmiete für die von ihr bei der Klägerin gemietete Wohnung … in … Karlsruhe von zurzeit EUR 392,66 monatlich um EUR 38,47 monatlich auf EUR 431,14 monatlich ab dem 01.09.2011 zuzustimmen.
Die Beklagte beantragt die Klage abzuweisen.
Die Beklagte hält das Mieterhöhungsverlangen für formell unwirksam.
Wegen des weiteren Sachvortrages der Parteien wird auf die gewechselten Schriftsätze nebst Anlagen Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist unzulässig.
Zum Zeitpunkt des Schlusses der mündlichen Verhandlung war die Überlegungsfrist gem. § 558 b Abs. 2 BGB nicht abgelaufen. Das Schreiben vom 22.06.2011 erfüllt nicht die an ein formell ordnungsgemäßes Mieterhöhungsverlangen nach § 558 a BGB zu stellenden Anforderungen und setzte daher die Überlegungsfrist des Mieters nicht in Lauf.
Zwar kann der Vermieter zur Begründung seines Erhöhungsverlangens gem. § 558 a Abs. 2 Nr. 1, Abs. 4 BGB auch auf einen Mietspiegel einer vergleichbaren Gemeinde Bezug nehmen. Dabei genügt es für die formelle Wirksamkeit, dass die Behauptung, Karlsruhe und Mannheim seien vergleichbar, nicht offensichtlich unbegründet ist, wobei es einer näheren Darlegung von Einzelheiten, aus denen sich die Vergleichbarkeit ergibt, nicht bedarf (vgl. OLG Stuttgart, Rechtsentscheid vom 02.02.1982, 8 RE Miet 4/81; LG Fürth, Urteil vom 06.11.1987, 7 S 2797/87; AG Ahaus, Urteil vom 16.11.1987, 5 C 308/87; Schmidt-Futterer/Börstinghaus, 10. Auflage, § 558 a, RdNr. 42).
Jedoch erfordern es Sinn und Zweck der gesetzlichen Begründungspflicht, nämlich dem Mieter fundierte Anhaltspunkte für eine Prüfung zu geben, ob das Erhöhungsverlangen gerechtfertigt ist (vgl. Gramlich, 11. Auflage, § 558 a Ziff. 1), dass für den Mieter ohne weiteres erkennbar gemacht wird, dass nicht ein Mietspiegel der Gemeinde, in der die Wohnung liegt, zur Begründung herangezogen wird, sondern der Mietspiegel einer anderen aber als vergleichbar gewerteten Gemeinde. Die beiläufige Erwähnung ohne jede Hervorhebung im Schriftbild, dass es sich um den Mannheimer Mietspiegel handelt, erfüllt das notwendige Maß an Erkennbarkeit nicht. Eine solche Erkennbarkeit ist schon deshalb erforderlich, weil Daten, die im räumlich nahen Bereich der eigenen Gemeinde ermittelt wurden, naturgemäß eine höhere Akzeptanz entgegengebracht wird als Daten, die zunächst für einen anderen Bereich ermittelt wurden und nur bei Vorliegen zusätzlicher Voraussetzungen auf den eigenen Bereich übertragen werden können.
Statt die Heranziehung eines anderen Mietspiegels von vorn herein erkennbar zu machen, ist die Darstellung im Erhöhungsverlangen eher geeignet, den Umstand der Heranziehung eines anderen Mietspiegels zu verschleiern. Bestärkt wird dieser Effekt noch durch die Klagebegründung, in der unzutreffend vorgetragen wird, im Erhöhungsverlangen sei auf den Mietspiegel für den Wohnort der Beklagten Bezug genommen worden.
Hinzu kommt, dass der Mieterin im Erhöhungsverlangen auf Seite 1 suggeriert wird, die ortsübliche Miete würde EUR 6,41 pro m² betragen, wovon lediglich EUR 5,45 pro m² beansprucht werden. Auch die Darstellung auf Seite 2 des Erhöhungsverlangens vermittelt dem juristischen Laien den Eindruck, dass zusätzlich zur ortsüblichen Vergleichsmiete gemäß Mietspiegel für Schönheitsreparaturen ein Zuschlag verlangt werden kann und erst die Summe von zunächst ermittelter Vergleichsmiete und Zuschlag die tatsächliche ortsübliche Vergleichsmiete ergibt, obwohl nach der Rechtssprechung des Bundesgerichtshofs und der überwiegenden Instanzgerichte (vgl. nur: BGH, Urteil vom 09.11.2011, VIII ZR 87/11; 09.07.2008, VIII ZR 83/07; VIII ZR 181/07; Landgericht Heidelberg, Urteil vom 17.12.2010, 5 S 60/10; 21.05.2010, 63 S 89/09), ein solcher Zuschlag im Rahmen einer Mieterhöhung gem. § 558 ff BGB nicht beansprucht werden kann.
Die Kostenentscheidung folgt aus § 91 Abs. 1 ZPO.
Die Entscheidung zur vorläufigen Vollstreckbarkeit beruht auf §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.