Skip to content

Schonfristzahlung – ordentliche Kündigung

Die Angst vor der Kündigung der Wohnung bei verspäteter Mietzahlung kennt wohl jeder Mieter. Doch ein spektakuläres Urteil des Landgerichts Hamburg zeigt, dass selbst eine formell korrekte Kündigung nicht immer Bestand haben muss. Es ging um die brisante Frage, ob ein Vermieter an der Räumung festhalten darf, obwohl die Mietschulden umgehend beglichen wurden. Dieser Fall beleuchtet, wann das formale Recht an seine ethischen Grenzen stößt.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 307 S 40/24 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: LG Hamburg
  • Datum: 13.12.2024
  • Aktenzeichen: 307 S 40/24
  • Verfahrensart: Berufungsverfahren
  • Rechtsbereiche: Mietrecht, Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)

Beteiligte Parteien:

  • Kläger: Der Vermieter
  • Beklagte: Die Mieter

Worum ging es in dem Fall?

  • Sachverhalt: Der Vermieter kündigte das Mietverhältnis mit den Mietern hilfsweise ordentlich wegen Zahlungsrückständen. Die Mieter beglichen die Rückstände kurz nach der Kündigung vollständig, obwohl sie mit einer Teilforderung nicht einverstanden waren. Das Amtsgericht hatte zuvor die Räumungsklage des Vermieters abgewiesen, woraufhin dieser Berufung einlegte.
  • Kern des Rechtsstreits: Die Kernfrage war, ob die nachträgliche Zahlung rückständiger Mieten innerhalb der sogenannten Schonfrist (§ 569 Abs. 3 Nr. 2 Satz 1 BGB) nicht nur eine fristlose, sondern auch eine Ordentliche Kündigung unwirksam machen kann. Insbesondere ging es darum, ob die Geltendmachung der ordentlichen Kündigung unter diesen Umständen rechtsmissbräuchlich im Sinne des § 242 BGB ist.

Was wurde entschieden?

  • Entscheidung: Die Berufung des Klägers (Vermieters) wurde zurückgewiesen. Das Gericht stellte fest, dass das Mietverhältnis durch die ordentliche Kündigung nicht beendet wurde und die Mieter nicht zur Räumung der Wohnung verurteilt werden. Der Kläger hat die Kosten des Berufungsverfahrens zu tragen.
  • Begründung: Das Landgericht entschied, dass die Schonfristzahlung eine Fristlose Kündigung unwirksam macht, aber nicht automatisch auch eine ordentliche Kündigung. Im vorliegenden Einzelfall stellte das Gericht jedoch fest, dass die Geltendmachung des Räumungsanspruchs durch den Vermieter rechtsmissbräuchlich war. Die Mieter hatten den Rückstand unverzüglich und vollständig ausgeglichen, auch einen strittigen Betrag, was ihre Bereitschaft zur Vertragserfüllung zeigte und somit ein schuldhaftes Verhalten ausschloss.
  • Folgen: Die Mieter können weiterhin in der Wohnung bleiben, da die Kündigung unwirksam ist und eine Räumung nicht erfolgen muss. Der Vermieter trägt die Kosten des Gerichtsverfahrens in der Berufungsinstanz.

Der Fall vor Gericht


Miete zu spät gezahlt – wann darf der Vermieter trotzdem kündigen?

Jeder Mieter kennt die Sorge: Was passiert, wenn die Miete einmal zu spät auf dem Konto des Vermieters landet? Das Gesetz bietet Mietern in einem solchen Fall einen gewissen Schutz. Doch was, wenn ein Vermieter trotz schneller Nachzahlung der Schulden auf einer Kündigung besteht? Genau mit dieser Frage musste sich das Landgericht Hamburg auseinandersetzen. Es ging um die feinen, aber entscheidenden Unterschiede zwischen verschiedenen Kündigungsarten und darum, wann die Berufung auf ein Recht unfair sein kann.

Der Streitfall: Eine Kündigung trotz schneller Nachzahlung

Schonfristzahlung im Mietrecht
Symbolbild: KI generiertes Bild

Die Ausgangslage war klar: Die Mieter einer Wohnung waren mit ihren Mietzahlungen in Rückstand geraten. Ihr Vermieter reagierte und sprach am 08. März 2024 eine Kündigung aus. Dabei nutzte er zwei rechtliche Möglichkeiten gleichzeitig. Er kündigte das Mietverhältnis zum einen außerordentlich fristlos, was eine sofortige Beendigung bedeutet. Zum anderen erklärte er hilfsweise – also für den Fall, dass die fristlose Kündigung nicht wirksam sein sollte – eine ordentliche Kündigung, die das Mietverhältnis nach Ablauf der gesetzlichen Frist beenden sollte.

Was passierte dann? Die Mieter handelten schnell. Nur drei Tage nach der Kündigung, am 11. März 2024, beglichen sie ihre gesamten Mietschulden. Sie zahlten sogar einen erhöhten Betrag, den der Vermieter gefordert hatte, obwohl sie mit dieser Mieterhöhung eigentlich gar nicht einverstanden waren. Sie wollten offensichtlich den Konflikt beenden und das Mietverhältnis retten. Der Vermieter sah die Sache jedoch anders und hielt an seiner Kündigung fest.

Der Weg durch die Gerichte: Von der ersten Klage zur Berufung

Da die Mieter die Wohnung nicht verließen, reichte der Vermieter eine Räumungsklage beim zuständigen Amtsgericht Hamburg-Blankenese ein. Eine Räumungsklage ist der gerichtliche Weg, einen Mieter zum Auszug zu zwingen. Das Amtsgericht wies die Klage jedoch ab. Es entschied, dass die Kündigung nicht wirksam war und die Mieter in der Wohnung bleiben durften.

Mit dieser Entscheidung gab sich der Vermieter nicht zufrieden. Er legte Berufung ein, also einen Antrag auf Überprüfung des Urteils durch die nächsthöhere Instanz, in diesem Fall das Landgericht Hamburg. Der Vermieter argumentierte, das Amtsgericht habe das Gesetz falsch ausgelegt. Seine Position war: Auch wenn die Mieter schnell gezahlt haben, bleibt die ordentliche Kündigung wirksam. Die Mieter hingegen forderten, dass das Landgericht die Berufung zurückweisen und das Urteil des Amtsgerichts bestätigen sollte.

Die zentrale Frage: Macht eine schnelle Zahlung jede Kündigung ungültig?

Das Landgericht musste nun eine sehr wichtige rechtliche Frage klären. Im Kern ging es darum, welche Folgen die schnelle Nachzahlung der Mietschulden hat. Um das zu verstehen, müssen wir uns die beiden Arten der Kündigung genauer ansehen, die der Vermieter ausgesprochen hatte.

Die zwei Arten der Kündigung: Sofortig oder mit Frist

Die fristlose Kündigung ist die schärfste Waffe eines Vermieters. Sie beendet den Mietvertrag sofort, wenn der Mieter eine schwerwiegende Pflichtverletzung begeht, wie zum Beispiel einen erheblichen Mietrückstand anhäuft. Die ordentliche Kündigung hingegen beendet den Vertrag erst nach Ablauf einer gesetzlichen Kündigungsfrist von mehreren Monaten. Sie benötigt ebenfalls einen triftigen Grund, aber die Anforderungen sind oft niedriger als bei einer fristlosen Kündigung.

Für die fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs sieht das Gesetz eine besondere Regelung vor: die sogenannte Schonfristzahlung (§ 569 Absatz 3 Bürgerliches Gesetzbuch). Zahlt der Mieter alle Rückstände innerhalb einer bestimmten Frist nach Erhalt der Kündigung, wird die fristlose Kündigung unwirksam. Sie ist dann vom Tisch, als hätte es sie nie gegeben. Genau das war hier passiert. Aber was bedeutet das für die zweite, die ordentliche Kündigung?

Die gesetzliche Regel: Eine Rettungsleine nur für die fristlose Kündigung

Das Gericht stellte zunächst klar, dass die Schonfristzahlung eine klare und begrenzte Wirkung hat. Es verwies auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH), des höchsten deutschen Zivilgerichts. Demnach heilt die Nachzahlung nur die fristlose Kündigung. Die ordentliche Kündigung, die ebenfalls wegen der Mietschulden ausgesprochen wurde, bleibt davon grundsätzlich unberührt.

Aber warum ist das so? Der Gesetzgeber hat diese Regelung bewusst so getroffen. Er wollte Mietern eine letzte Chance geben, den sofortigen Verlust ihrer Wohnung abzuwenden, aber er wollte Vermieter nicht daran hindern, ein Mietverhältnis mit einem unzuverlässigen Zahler nach einer normalen Frist zu beenden. Ein Gericht darf diesen klaren Willen des Gesetzgebers nicht einfach ignorieren. Eine automatische Übertragung der rettenden Wirkung der Zahlung auf die ordentliche Kündigung ist also nicht möglich.

Das Urteil des Landgerichts: Warum die Kündigung hier nicht galt

Auf den ersten Blick sah es also schlecht für die Mieter aus. Doch das Landgericht Hamburg wies die Berufung des Vermieters zurück. Es entschied, dass auch die ordentliche Kündigung vom 08. März 2024 das Mietverhältnis nicht beendet hat. Die Mieter durften in ihrer Wohnung bleiben.

Wie kam das Gericht zu dieser Entscheidung, obwohl die Schonfristzahlung die ordentliche Kündigung doch eigentlich nicht betrifft? Die Antwort liegt in einem allgemeinen Rechtsprinzip, das in besonderen Ausnahmefällen greift.

Die entscheidende Ausnahme: Wann wird ein Recht zum Rechtsmissbrauch?

Das Gericht argumentierte nicht mit der Schonfrist selbst, sondern mit dem sogenannten Grundsatz von Treu und Glauben, der im § 242 des Bürgerlichen Gesetzbuches verankert ist. Dieser Grundsatz verhindert, dass jemand ein Recht, das ihm formal zusteht, auf eine unfaire oder treuwidrige Weise ausübt. Man spricht hier von Rechtsmissbrauch.

Ein Grundsatz von Treu und Glauben

Was bedeutet das konkret? Stellen Sie sich vor, jemand schuldet Ihnen 10 Cent. Rechtlich gesehen könnten Sie ihn deswegen verklagen. Aber wäre es fair und verhältnismäßig, deswegen einen riesigen Rechtsstreit zu beginnen, obwohl der andere sofort bereit ist, die 10 Cent zu zahlen? Der Grundsatz von Treu und Glauben soll genau solche Fälle verhindern, in denen die Ausübung eines Rechts gegen das allgemeine Anstandsgefühl verstößt.

Im Mietrecht bedeutet das: Auch wenn eine ordentliche Kündigung formal wirksam ist, kann es im Einzelfall rechtsmissbräuchlich sein, wenn der Vermieter darauf besteht, obwohl sich die Umstände geändert haben. Die schnelle Zahlung der Mietschulden kann die ursprüngliche Pflichtverletzung des Mieters in einem milderen Licht erscheinen lassen und ein Festhalten an der Kündigung unfair machen.

Die Checkliste für den Einzelfall

Das Landgericht Hamburg wandte die Kriterien an, die der Bundesgerichtshof für solche Fälle entwickelt hat. Es prüfte das Verhalten der Mieter nach der Kündigung ganz genau:

  1. Schnelligkeit der Zahlung: Die Mieter hatten die Schulden nicht nur innerhalb der Schonfrist, sondern unverzüglich – nur drei Tage nach der Kündigung – vollständig beglichen.
  2. Umfang der Zahlung: Sie zahlten sogar einen höheren Betrag, über dessen Berechtigung Streit bestand. Das Gericht wertete dies als starkes Zeichen, dass die Mieter bereit sind, sich vertragsgemäß zu verhalten und das Mietverhältnis zu sichern.
  3. Verhalten in der Vergangenheit und Zukunft: Es gab keine Anhaltspunkte dafür, dass die Mieter in der Vergangenheit schon oft unzuverlässig waren oder dass zukünftig weitere Zahlungsprobleme zu erwarten seien. Auch andere Vertragsverletzungen lagen nicht vor.

Unter Berücksichtigung all dieser Umstände kam das Gericht zu dem Schluss: Das Verhalten der Mieter nach der Kündigung hat die ursprüngliche Pflichtverletzung so stark entkräftet, dass es für den Vermieter treuwidrig wäre, weiterhin auf der Räumung der Wohnung zu bestehen. Sein formal bestehendes Recht zur Kündigung wurde durch das nachfolgende, kooperative Verhalten der Mieter eingeschränkt. Die ordentliche Kündigung war daher im Ergebnis unwirksam.

Die Entscheidung über die Kosten des Verfahrens

Da der Vermieter mit seiner Berufung keinen Erfolg hatte, musste er die gesamten Kosten des Berufungsverfahrens tragen. Dies ist eine übliche Regelung im Zivilprozess: Wer verliert, zahlt. Das Urteil wurde zudem für vorläufig vollstreckbar erklärt. Das bedeutet, dass die Entscheidungen des Urteils, insbesondere die Kostentragung, sofort umgesetzt werden können, auch wenn theoretisch noch weitere Rechtsmittel möglich wären.



Die Schlüsselerkenntnisse

Das Landgericht Hamburg hat entschieden, dass Mieter ihre Wohnung behalten dürfen, obwohl sie zunächst mit der Miete in Rückstand waren, aber alle Schulden binnen drei Tagen nach der Kündigung vollständig nachgezahlt haben. Obwohl das Gesetz normalerweise nur bei sofortigen Kündigungen eine Rettung durch schnelle Nachzahlung vorsieht, kann es unfair sein, wenn Vermieter trotz prompter Zahlung auf einer ordentlichen Kündigung bestehen. Das Gericht stellte klar, dass Mieter durch kooperatives Verhalten und vollständige Nachzahlung auch ordentliche Kündigungen unwirksam machen können, wenn ein Festhalten daran gegen Treu und Glauben verstößt. Für Mieter bedeutet das: Schnelle und vollständige Zahlung aller Rückstände kann in Einzelfällen sogar vor ordentlichen Kündigungen schützen, besonders wenn sie zusätzlich Bereitschaft zur Vertragstreue zeigen.

Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.

Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was ist der Unterschied zwischen einer fristlosen und einer ordentlichen Kündigung wegen Mietrückständen?

Wenn ein Mieter seine Miete nicht zahlt, kann der Vermieter das Mietverhältnis unter bestimmten Voraussetzungen beenden. Dabei gibt es zwei wesentliche Arten der Kündigung: die fristlose und die ordentliche Kündigung. Beide haben unterschiedliche Voraussetzungen, Fristen und Folgen für Sie als Mieter.

Die fristlose Kündigung (auch außerordentliche Kündigung genannt)

Eine fristlose Kündigung ist eine sofortige Beendigung des Mietverhältnisses. Sie kommt nur bei sehr schwerwiegenden Pflichtverletzungen in Betracht, wie zum Beispiel bei erheblichen Mietrückständen. Der Gesetzgeber sieht hier genaue Voraussetzungen vor:

  • Höhe der Rückstände: Sie haben die Miete für zwei aufeinanderfolgende Monate nicht oder nur teilweise bezahlt, sodass der Rückstand die Höhe von zwei Monatsmieten erreicht.
  • Alternative: Sie haben über einen längeren Zeitraum Mieten nur teilweise bezahlt, sodass der Gesamtbetrag der Rückstände über zwei Monatsmieten liegt.

Für Sie bedeutet das: Wenn die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung erfüllt sind, kann der Vermieter das Mietverhältnis ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist beenden. Sie müssen die Wohnung dann unverzüglich räumen.

Wichtig zu wissen: Eine fristlose Kündigung wegen Zahlungsverzugs kann unter bestimmten Bedingungen unwirksam werden. Dies geschieht, wenn Sie die gesamten ausstehenden Mieten – und die Kosten einer möglichen Räumungsklage – innerhalb von zwei Monaten nach Zustellung der Räumungsklage vollständig bezahlen. Alternativ kann auch eine öffentliche Stelle (z.B. das Jobcenter) die Schulden innerhalb dieser Frist übernehmen. Diese Möglichkeit der „Heilung“ gilt jedoch nur für die fristlose Kündigung, nicht für eine gleichzeitig ausgesprochene ordentliche Kündigung.

Die ordentliche Kündigung (auch fristgerechte Kündigung genannt)

Die ordentliche Kündigung beendet das Mietverhältnis unter Einhaltung einer gesetzlich vorgeschriebenen Frist. Auch Mietrückstände können ein Grund für eine ordentliche Kündigung sein, selbst wenn die Voraussetzungen für eine fristlose Kündigung nicht erfüllt sind.

  • Gründe: Schon geringere oder wiederholte Mietrückstände können ein „berechtigtes Interesse“ des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses darstellen. Es muss kein so schwerwiegender Verzug vorliegen wie bei der fristlosen Kündigung.
  • Frist: Die Kündigungsfrist für den Vermieter beträgt in der Regel drei Monate. Bei Mietverhältnissen, die länger als fünf oder acht Jahre bestehen, verlängert sich diese Frist entsprechend auf sechs bzw. neun Monate.

Für Sie als Mieter ist hier entscheidend: Eine einmal wirksam ausgesprochene ordentliche Kündigung kann nicht durch eine spätere Nachzahlung der Mietrückstände unwirksam gemacht werden.

Warum Vermieter oft beide Kündigungen aussprechen

Es ist eine gängige Praxis, dass Vermieter bei Mietrückständen sowohl die fristlose als auch die ordentliche Kündigung gleichzeitig aussprechen. Der Grund ist einfach:

  • Die fristlose Kündigung bietet die Chance, das Mietverhältnis sehr schnell zu beenden und die Wohnung zeitnah zurückzubekommen.
  • Die ordentliche Kündigung dient als eine Art „Absicherung“. Sollte die fristlose Kündigung unwirksam werden (z.B. weil Sie die Mietschulden innerhalb der Zwei-Monats-Frist nachzahlen), bleibt die ordentliche Kündigung bestehen und beendet das Mietverhältnis nach Ablauf der gesetzlichen Frist.

Für Sie bedeutet dies, dass auch wenn Sie die Mietrückstände nachzahlen und damit die fristlose Kündigung unwirksam wird, das Mietverhältnis dennoch durch die parallel ausgesprochene ordentliche Kündigung beendet werden kann.


zurück

Was genau bedeutet die Schonfristzahlung bei Mietrückständen?

Die Schonfristzahlung ist ein wichtiger Mechanismus im Mietrecht, der Mietern eine zweite Chance gibt, ihren Mietvertrag zu retten, wenn der Vermieter diesen wegen erheblicher Mietrückstände fristlos gekündigt hat. Sie dient als eine Art „Rettungsanker“, um eine unmittelbare Beendigung des Mietverhältnisses und damit eine drohende Obdachlosigkeit zu verhindern.

Wie funktioniert die Schonfristzahlung?

Wenn ein Mieter mit der Zahlung der Miete in Verzug gerät – das ist typischerweise der Fall, wenn die Rückstände den Betrag von zwei Monatsmieten erreichen – kann der Vermieter das Mietverhältnis fristlos kündigen. Dies ist eine besonders schwerwiegende Form der Kündigung, die normalerweise direkt zur Räumung der Wohnung führen würde.

Hier setzt die Schonfrist an: Nach dem Gesetz wird eine solche fristlose Kündigung unwirksam, wenn der Mieter die gesamten ausstehenden Mietrückstände innerhalb einer Frist von zwei Monaten begleicht. Diese zweimonatige Schonfrist beginnt in dem Moment, in dem die fristlose Kündigung dem Mieter offiziell zugestellt wurde.

Es ist entscheidend, dass innerhalb dieser Frist alle Rückstände vollständig bezahlt werden, die zur Kündigung geführt haben. Die Zahlung kann dabei entweder direkt vom Mieter vorgenommen werden oder von einer dritten Stelle, wie zum Beispiel dem Jobcenter oder Sozialamt.

Welche Auswirkungen hat die Schonfristzahlung?

Wird die Schonfristzahlung erfolgreich geleistet, hat dies die unmittelbare und wichtigste Folge, dass die wegen Zahlungsverzugs ausgesprochene fristlose Kündigung des Mietvertrags unwirksam wird. Das bedeutet, das Mietverhältnis besteht weiterhin und der Mieter kann in der Wohnung bleiben. Für Sie als Mieter bedeutet dies, dass die Gefahr einer sofortigen Räumung abgewendet ist.

Eine wichtige Einschränkung ist jedoch zu beachten: Diese Möglichkeit der Schonfristzahlung kann von einem Mieter in der Regel nur einmal innerhalb eines Zeitraums von zwei Jahren in Anspruch genommen werden. Wenn also innerhalb von zwei Jahren nach einer erfolgreichen Schonfristzahlung erneut eine fristlose Kündigung wegen Mietrückständen erfolgt, kann diese nicht durch eine erneute Schonfristzahlung unwirksam gemacht werden.

Beachten Sie, dass die Schonfrist die fristlose Kündigung aufgrund von Mietrückständen heilt. Sollte der Vermieter zusätzlich eine ordentliche (fristgerechte) Kündigung ausgesprochen haben, bleibt deren Wirksamkeit von der Schonfristzahlung unberührt und müsste gesondert geprüft werden.


zurück

Kann eine ordentliche Kündigung wegen Mietschulden gültig bleiben, auch wenn ich die Miete nachgezahlt habe?

Ja, eine ordentliche Kündigung wegen Mietschulden kann grundsätzlich auch dann gültig bleiben, wenn die ausstehende Miete nachgezahlt wurde. Dieses Thema ist für viele Mieterinnen und Mieter oft missverständlich, da die Wirkung der Nachzahlung nicht alle Kündigungen gleichermaßen beeinflusst.

Der Unterschied zwischen fristloser und ordentlicher Kündigung

Im Mietrecht gibt es zwei Hauptarten von Kündigungen, die sich in ihren Voraussetzungen und Auswirkungen unterscheiden:

  • Fristlose Kündigung (außerordentliche Kündigung): Diese Kündigung beendet das Mietverhältnis sofort oder sehr kurzfristig und ist nur bei einem besonders schwerwiegenden Verstoß möglich, wie beispielsweise einem erheblichen Mietrückstand von zwei oder mehr Monatsmieten.
  • Ordentliche Kündigung: Diese Kündigung erfolgt unter Einhaltung einer gesetzlich festgelegten Kündigungsfrist und kann bei einem geringeren, aber dennoch erheblichen Vertragsverstoß ausgesprochen werden. Sie erfordert ein berechtigtes Interesse des Vermieters.

Die Wirkung der Nachzahlung (Schonfristzahlung)

Die Möglichkeit, eine Kündigung durch Nachzahlung unwirksam zu machen, betrifft primär die fristlose Kündigung.

  • Wird eine fristlose Kündigung wegen Mietschulden ausgesprochen, kann diese unter bestimmten Umständen unwirksam werden, wenn die Mietschulden innerhalb einer gesetzlich bestimmten Schonfrist (in der Regel bis zu zwei Monate nach Zustellung einer Räumungsklage) vollständig bezahlt werden. Man spricht hier von einer „Heilung“ des Kündigungsgrundes. Dies ist eine Art „zweite Chance“ für den Mieter, die sofortige Beendigung des Mietverhältnisses zu verhindern.
  • Diese „Heilung“ durch Schonfristzahlung hat jedoch in der Regel keine Auswirkung auf eine gleichzeitig oder separat ausgesprochene ordentliche Kündigung. Die ordentliche Kündigung kann auf denselben Mietrückstand gestützt werden, der auch die fristlose Kündigung begründet hat. Selbst wenn die fristlose Kündigung durch Nachzahlung unwirksam wird, bleibt die Vergangenheit des Zahlungsverzugs als Begründung für die ordentliche Kündigung bestehen.

Warum eine ordentliche Kündigung trotz Nachzahlung bestehen kann

Der Grund, warum eine ordentliche Kündigung bestehen bleiben kann, liegt darin, dass der Mietrückstand – auch wenn er später beglichen wird – eine erhebliche Verletzung der vertraglichen Pflichten darstellt. Die pünktliche Zahlung der Miete ist die Hauptpflicht des Mieters.

  • Selbst eine einmalige, aber erhebliche Verzögerung kann das Vertrauensverhältnis zwischen Mieter und Vermieter so stark stören, dass dem Vermieter die Fortsetzung des Mietverhältnisses nicht mehr zugemutet werden kann. Die Nachzahlung beseitigt zwar den akuten Schuldbetrag, nicht aber die Verletzung der Vertragspflicht in der Vergangenheit und den dadurch entstandenen Vertrauensverlust.
  • Die Gerichte prüfen in solchen Fällen, ob der Vermieter ein berechtigtes Interesse an der Beendigung des Mietverhältnisses hat, selbst wenn die Schulden beglichen sind. Das ist oft der Fall, wenn der Zahlungsverzug so gravierend war, dass die Fortführung des Mietverhältnisses für den Vermieter unzumutbar ist. Dabei werden alle Umstände des Einzelfalls berücksichtigt, wie die Höhe des Rückstands, die Dauer der Nichtzahlung oder ob es sich um wiederholte Probleme handelte.

Für Sie bedeutet das: Die Nachzahlung von Mietschulden kann zwar die unmittelbare Räumung durch eine fristlose Kündigung verhindern, sie bietet aber keinen automatischen Schutz vor einer ordentlichen Kündigung, die auf dasselbe Fehlverhalten gestützt wird.


zurück

Wann kann das Festhalten an einer ordentlichen Kündigung trotz Nachzahlung unfair sein?

Grundsätzlich hat ein Vermieter das Recht, ein Mietverhältnis ordentlich zu kündigen, wenn der Mieter seine Pflichten, wie zum Beispiel die pünktliche Zahlung der Miete, wiederholt oder erheblich verletzt. Auch eine ordentliche Kündigung kann, anders als die fristlose Kündigung, durch eine spätere Zahlung nicht automatisch unwirksam werden. Es gibt jedoch Ausnahmen, in denen das Beharren des Vermieters auf einer solchen Kündigung als unfair oder unverhältnismäßig angesehen werden kann. Dies basiert auf dem wichtigen Rechtsprinzip von Treu und Glauben.

Der Grundsatz von Treu und Glauben

Der Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch, BGB) bedeutet, dass jeder im Rechtsverkehr Rücksicht auf die Interessen des anderen nehmen muss und sich nicht widersprüchlich oder schikanös verhalten darf. Er bildet eine wichtige Grenze für die Ausübung von Rechten. Wenn das Festhalten an einer ordentlichen Kündigung durch den Vermieter trotz späterer Zahlung als ein sogenannter Rechtsmissbrauch erscheint, kann die Kündigung unwirksam sein.

Wann liegt Rechtsmissbrauch vor?

Ein Rechtsmissbrauch kann dann vorliegen, wenn der Vermieter die Kündigung aus Gründen aufrechterhält, die im Vergleich zu den Nachteilen für den Mieter unverhältnismäßig gering sind oder wenn er kein schützenswertes Interesse mehr an der Beendigung des Mietverhältnisses hat. Die Gerichte prüfen in solchen Fällen die Gesamtheit der Umstände.

Typische Situationen, in denen das Festhalten an einer ordentlichen Kündigung trotz Nachzahlung unfair sein kann, sind zum Beispiel:

  • Geringfügigkeit der ursprünglichen Pflichtverletzung: Die Mietrückstände waren sehr gering oder die Zahlungsverzögerung nur von kurzer Dauer.
  • Schnelle Nachzahlung: Der Mieter hat die ausstehende Miete unmittelbar und vollständig nach Erhalt der Kündigung bezahlt. Es gab also keine lang anhaltende Zahlungsverzögerung.
  • Keine Beeinträchtigung des Vermieters: Dem Vermieter ist durch die kurze Verzögerung kein relevanter Schaden oder Nachteil entstanden. Sein Interesse, das Mietverhältnis zu beenden, ist nur vorgeschoben oder nicht schützenswert.
  • Schwerwiegende Folgen für den Mieter: Die Kündigung hätte für den Mieter besonders gravierende Konsequenzen, wie beispielsweise den Verlust einer langjährigen Wohnung, für die kein adäquater Ersatz gefunden werden kann. Dies steht dann in keinem angemessenen Verhältnis zur geringen Verfehlung des Mieters.
  • Fehlendes berechtigtes Kündigungsinteresse: Wenn der Vermieter die Kündigung nur nutzt, um einen unliebsamen Mieter loszuwerden, obwohl der ursprüngliche Kündigungsgrund durch die Nachzahlung längst behoben ist und keine neuen Probleme bestehen, kann dies als rechtsmissbräuchlich angesehen werden.

Es kommt also immer auf den Einzelfall an und darauf, ob das Verhalten des Vermieters unter Berücksichtigung aller Umstände treuwidrig ist. Die Gerichte beurteilen, ob die Kündigung als reine Schikane oder als unverhältnismäßige Härte für den Mieter erscheint.


zurück

Welche konkreten Umstände können dazu führen, dass eine ordentliche Kündigung trotz Nachzahlung unwirksam wird?

Auch wenn eine ordentliche Kündigung des Mietverhältnisses, zum Beispiel wegen einer Mietrückstandes, grundsätzlich wirksam sein kann, prüfen Gerichte in bestimmten Fällen, ob das Festhalten an dieser Kündigung durch den Vermieter „treuwidrig“ ist. Das bedeutet, das Gericht schaut, ob es unter allen Umständen unfair oder widersprüchlich wäre, wenn der Vermieter die Kündigung aufrechterhält, obwohl der Mieter den Rückstand beglichen hat. Dies basiert auf dem sogenannten Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 Bürgerliches Gesetzbuch), der verlangt, dass man sich im Rechtsverkehr ehrlich und fair verhält.

Gerichte berücksichtigen dabei eine Vielzahl von Faktoren, die sie im Einzelfall abwägen:

  • Schnelligkeit der Nachzahlung: Ein wichtiger Punkt ist, wie schnell der Mieter den Mietrückstand nach Erhalt der Kündigung ausgeglichen hat. Eine sehr zügige und vollständige Zahlung, oft noch vor Klageerhebung oder kurz danach, kann ein starkes Indiz dafür sein, dass der Mieter die Situation ernst nimmt und den Fehler umgehend korrigieren wollte.
  • Fehlen früherer Probleme: Hat der Mieter über einen langen Zeitraum hinweg stets pünktlich seine Miete gezahlt und gab es in der Vergangenheit keine vergleichbaren Probleme oder Pflichtverletzungen? Eine lange, beanstandungslose Mietdauer kann dazu führen, dass ein einmaliger Fehltritt anders bewertet wird als bei einem Mieter, der wiederholt auffällig geworden ist.
  • Bereitschaft zur Konfliktlösung und Kommunikation: Zeigt der Mieter offene Bereitschaft zur Klärung und Beilegung des Problems, zum Beispiel durch proaktive Kontaktaufnahme mit dem Vermieter, Erklärung der Umstände des Rückstandes und Zusicherung zukünftiger Pünktlichkeit? Ein kooperatives Verhalten kann hier positiv wirken.
  • Geringfügigkeit des Rückstandes: War der ursprüngliche Mietrückstand relativ gering im Vergleich zur Gesamtmiete oder zur Mietdauer? Ein kleiner, schnell behobener Fehlbetrag kann anders gewichtet werden als eine erhebliche Schuldsumme.
  • Dauer des Mietverhältnisses: Bei einem langjährigen Mietverhältnis, das bisher konfliktfrei verlief, neigen Gerichte eher dazu, eine Kündigung als treuwidrig anzusehen, wenn der Rückstand schnell behoben wurde und keine weiteren Gründe vorliegen.
  • Unverschuldete Ursache des Rückstandes: Konnte der Mieter glaubhaft darlegen, dass der Rückstand auf unvorhersehbaren oder unverschuldeten Umständen beruhte (z.B. kurzfristige schwere Krankheit, unerwarteter Geldeingang verzögert), und hat er sich sofort um Korrektur bemüht?

Es ist wichtig zu verstehen, dass keiner dieser Punkte allein eine Kündigung unwirksam macht. Es ist immer eine Gesamtwürdigung aller Umstände des Einzelfalls, die ein Gericht vornimmt, um zu beurteilen, ob das Festhalten an der Kündigung durch den Vermieter im konkreten Fall als eine unzulässige Härte oder als widersprüchliches Verhalten angesehen werden muss.


zurück

Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Fristlose Kündigung

Die fristlose Kündigung ist eine außerordentliche Kündigung, die das Mietverhältnis sofort beendet, ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist. Sie ist nur bei besonders schwerwiegenden Pflichtverletzungen zulässig, beispielsweise wenn der Mieter mit mindestens zwei Monatsmieten in Rückstand ist (§ 543 BGB). Das Gesetz schützt den Mieter jedoch durch die Möglichkeit der Schonfristzahlung (§ 569 Abs. 3 BGB), durch die die fristlose Kündigung unwirksam wird, wenn alle Rückstände innerhalb von zwei Monaten beglichen werden. Die fristlose Kündigung ist also ein schnelles Mittel des Vermieters, das aber engen gesetzlichen Schranken unterliegt.

Beispiel: Wenn ein Mieter zwei Monate hinter der Miete zurückbleibt, kann der Vermieter ihn unverzüglich kündigen. Zahlt der Mieter jedoch innerhalb von zwei Monaten nach Zugang der Kündigung, wird die Kündigung aufgehoben.


Zurück

Ordentliche Kündigung

Die ordentliche Kündigung ist eine reguläre Form der Kündigung mit einzuhaltender gesetzlicher Kündigungsfrist, meist drei Monate (§ 573c BGB). Sie kann auch bei Mietschulden ausgesprochen werden, wenn ein berechtigtes Interesse des Vermieters an der Beendigung des Mietverhältnisses vorliegt. Die ordentliche Kündigung wirkt zeitverzögert und ist nicht durch Nachzahlung der rückständigen Miete automatisch unwirksam. Sie dient oft als „Absicherung“ zu einer fristlosen Kündigung und beendet das Mietverhältnis nach Ablauf der Frist.

Beispiel: Ein Vermieter kündigt seinem Mieter wegen wiederholten Zahlungsverzugs ordentlich mit dreimonatiger Frist. Auch wenn der Mieter die Schulden später begleicht, bleibt die Kündigung grundsätzlich bestehen.


Zurück

Schonfristzahlung (§ 569 Abs. 3 BGB)

Die Schonfristzahlung ist eine Regelung im Mietrecht, die den Mieter schützt, indem sie die Wirkung einer fristlosen Kündigung bei Zahlungsverzug abmildert. Wenn der Mieter die vollständigen Mietrückstände innerhalb von zwei Monaten nach Zugang der fristlosen Kündigung bezahlt, wird diese Kündigung unwirksam. Diese „Heilungswirkung“ gilt nur für die fristlose Kündigung und nicht für eine parallel ausgesprochene ordentliche Kündigung. So wird dem Mieter eine zweite Chance gegeben, den Wohnraumschutz sicherzustellen.

Beispiel: Ein Mieter erhält eine fristlose Kündigung wegen Mietrückstand von drei Monaten. Er bezahlt die Rückstände innerhalb der zwei Monate und verhindert so die sofortige Beendigung des Mietverhältnisses.


Zurück

Grundsatz von Treu und Glauben (§ 242 BGB)

Der Grundsatz von Treu und Glauben verpflichtet im Zivilrecht alle Parteien dazu, sich fair, ehrlich und vertrauenswürdig zu verhalten. Er begrenzt die Ausübung von Rechten, sodass niemand sein Recht in einer Weise ausüben darf, die als „Rechtsmissbrauch“ gilt, also unfaire oder schikanöse Zwecke verfolgt. Im vorliegenden Fall kann dies bedeuten, dass ein Vermieter trotz wirksamer ordentlicher Kündigung rechtsmissbräuchlich handelt, wenn er trotz vollständiger, schneller Nachzahlung auf der Räumung besteht.

Beispiel: Wenn ein Mieter sofort seine Schulden begleicht und sich vertragsgemäß verhält, wäre es nach Treu und Glauben unfair, ihn deswegen aus der Wohnung zu werfen.


Zurück

Rechtsmissbrauch

Rechtsmissbrauch liegt vor, wenn jemand ein Recht zu einem Zweck ausübt, der gegen Treu und Glauben verstößt, etwa um unfaire oder unangemessene Nachteile für den anderen zu erzielen. Im Mietrecht kann das bedeuten, dass ein Vermieter zwar formal kündigen kann, es aber unzulässig ist, auf der Kündigung zu bestehen, wenn der Mieter seine Pflichten schnell nach Erfüllung der Rückstände erfüllt hat und keine weiteren Probleme bestehen. Eine Kündigung aus solchen Gründen kann vom Gericht für unwirksam erklärt werden.

Beispiel: Ein Vermieter kündigt einem Mieter, der den Rückstand unmittelbar beglichen hat und bisher zuverlässig war, nur weil er ihn loswerden möchte. Das wäre ein Fall von Rechtsmissbrauch.

Zurück


Wichtige Rechtsgrundlagen


  • § 569 Abs. 3 BGB (Bürgerliches Gesetzbuch): Diese Vorschrift regelt die sogenannte Schonfristzahlung bei fristloser Kündigung wegen Mietrückstands. Zahlt der Mieter die rückständige Miete innerhalb von zwei Monaten nach Zugang der Kündigung vollständig nach, wird die fristlose Kündigung unwirksam. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Mieter zahlten ihre Rückstände innerhalb der Schonfrist, sodass die fristlose Kündigung des Vermieters keine Wirkung entfaltet hat.
  • § 242 BGB (Grundsatz von Treu und Glauben): Dieser Grundsatz verpflichtet die Parteien, sich loyal und fair zu verhalten und den Missbrauch von Rechten zu unterlassen. Die Ausübung eines Rechts ist dann unzulässig, wenn sie gegen Treu und Glauben verstößt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht hat die ordentliche Kündigung für treuwidrig erklärt, weil die Mieter schnell und vollständig gezahlt haben und der Vermieter dennoch auf der Kündigung beharrte, was als rechtsmissbräuchlich angesehen wurde.
  • § 573 BGB (Ordentliche Kündigung von Mietverhältnissen): Hier ist geregelt, dass der Vermieter einen Mietvertrag nur kündigen kann, wenn er ein berechtigtes Interesse daran hat, etwa wegen nachhaltiger Pflichtverletzungen des Mieters. Die Kündigung unterliegt einer gesetzlichen Kündigungsfrist. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die vom Vermieter ausgesprochene ordentliche Kündigung war formal möglich, jedoch entbehrlich, da die Pflichtverletzung durch die schnelle Zahlung entkräftet wurde.
  • Wohnraumkündigungsschutz nach §§ 574 ff. BGB: Diese Vorschriften schränken die Möglichkeiten des Vermieters ein, Mietverhältnisse über Wohnraum zu kündigen, etwa durch Härtefallregelungen und Schutz des Mieters vor ungerechtfertigter Räumung. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht berücksichtigte den Schutz des Mieters vor unzumutbarer Härte und verhinderte so die Räumung trotz Nichtbeachtung der ordentlichen Kündigungsfrist.
  • Prozessrechtliche Regelungen zu Kosten und Vollstreckbarkeit (§§ 91, 708 ZPO): Nach diesen Vorschriften trägt der unterliegende Kläger die Gerichtskosten, und Urteile können vorläufig vollstreckbar erklärt werden. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Da der Vermieter in der Berufung unterlag, musste er die Kosten tragen, und die Entscheidung wurde sofort vollstreckbar erklärt.
  • Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs (BGH) zum Rechtsmissbrauch im Mietrecht: Der BGH hat klargestellt, dass zwar eine Kündigung berechtigt sein kann, deren Durchsetzung aber wegen Treuwidrigkeit untersagt werden kann, wenn die Nachzahlung und das Verhalten des Mieters dies rechtfertigen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Landgericht stützte sich auf diese Rechtsprechung, um die ordentliche Kündigung als rechtsmissbräuchlich und somit unwirksam zu bewerten.

Das vorliegende Urteil


LG Hamburg – Az.: 307 S 40/24 – Urteil vom 13.12.2024


* Der vollständige Urteilstext wurde ausgeblendet, um die Lesbarkeit dieses Artikels zu verbessern. Klicken Sie auf den folgenden Link, um den vollständigen Text einzublenden.

Hinweis: Informationen in unserem Internetangebot dienen lediglich Informationszwecken. Sie stellen keine Rechtsberatung dar und können eine individuelle rechtliche Beratung auch nicht ersetzen, welche die Besonderheiten des jeweiligen Einzelfalles berücksichtigt. Ebenso kann sich die aktuelle Rechtslage durch aktuelle Urteile und Gesetze zwischenzeitlich geändert haben. Benötigen Sie eine rechtssichere Auskunft oder eine persönliche Rechtsberatung, kontaktieren Sie uns bitte.

Unsere Hilfe im Mietrecht & WEG-Recht

Wir sind Ihr Ansprechpartner in Sachen Mietrecht und Wohneigentumsrecht. Vom Mietvertrag über Mietminderung bis hin zur Mietvertragskündigung.

Rechtsanwälte Kotz - Kreuztal

Urteile aus dem Mietrecht

Unsere Kontaktinformationen

Rechtsanwälte Kotz GbR

Siegener Str. 104 – 106
D-57223 Kreuztal – Buschhütten
(Kreis Siegen – Wittgenstein)

Telefon: 02732 791079
(Tel. Auskünfte sind unverbindlich!)
Telefax: 02732 791078

E-Mail Anfragen:
info@ra-kotz.de
ra-kotz@web.de

Rechtsanwalt Hans Jürgen Kotz
Fachanwalt für Arbeitsrecht

Rechtsanwalt und Notar Dr. Christian Kotz
Fachanwalt für Verkehrsrecht
Fachanwalt für Versicherungsrecht
Notar mit Amtssitz in Kreuztal

Bürozeiten:
MO-FR: 8:00-18:00 Uhr
SA & außerhalb der Bürozeiten:
nach Vereinbarung

Für Besprechungen bitten wir Sie um eine Terminvereinbarung!