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Schadensersatz nach Immobilienverkauf Mietvertrag: Diese Haftung droht Verkäufern

Ein Lebensmitteldiscounter forderte Schadensersatz nach Immobilienverkauf Mietvertrag, weil der Käufer eines Grundstücks die vereinbarte Bauverpflichtung für einen 1.495 m² großen Supermarkt nicht übernahm. Die ursprüngliche Eigentümerin hatte das Grundstück längst verkauft, doch eine präzise Klausel im Mietvertrag stellte sie dennoch zur Verantwortung.

Zum vorliegenden Urteil Az.: 17 O 260/23 | Schlüsselerkenntnis | FAQ  | Glossar  | Kontakt

Das Wichtigste in Kürze

  • Gericht: Landgericht Wuppertal
  • Datum: 24.03.2025
  • Aktenzeichen: 17 O 260/23
  • Rechtsbereiche: Mietrecht, Vertragsrecht, Schadensersatzrecht

  • Das Problem: Ein Lebensmitteldiscounter hatte einen Mietvertrag über noch zu bauende Geschäftsräume. Die Vermieterin verkaufte das Grundstück jedoch, und der neue Eigentümer weigerte sich, den Mietvertrag zu übernehmen.
  • Die Rechtsfrage: Muss die Vermieterin dem Mieter den vertraglich vereinbarten Schadenersatz zahlen, obwohl sie das Grundstück verkauft hat und der neue Eigentümer den Mietvertrag nicht übernimmt? Oder sind ihre Gegenargumente stichhaltig?
  • Die Antwort: Ja, die Vermieterin muss zahlen. Das Gericht sah den Mietvertrag und die darin vereinbarte Schadenersatzklausel als voll gültig an und wies alle Einwände der Vermieterin zurück.
  • Die Bedeutung: Das Urteil zeigt, dass vereinbarte Schadenersatzklauseln bei einer solchen Vertragsverletzung wirksam sind. Verkäufer von Immobilien müssen damit rechnen, die vereinbarten Folgen zu tragen, wenn sie einen gültigen Mietvertrag nicht erfüllen können.

Der Fall vor Gericht


Was ist ein Mietvertrag wert, wenn das Grundstück verkauft wird?

Eine Unterschrift unter einen Kaufvertrag machte eine Grundstückseigentümerin reich. Eine andere Unterschrift, Jahre zuvor unter einen Mietvertrag gesetzt, machte sie nun fast eine Viertelmillion Euro ärmer. Dazwischen lag der Verkauf ihres Grundstücks in D. und die Weigerung des neuen Eigentümers, einen bestehenden Vertrag mit einem Lebensmitteldiscounter zu übernehmen. Ein Fall für das Landgericht Wuppertal, der zeigt, wie eine einzige Vertragsklausel über Sieg oder Niederlage entscheiden kann.

Nach Immobilienverkauf: Der Vermieter erklärt der Mieterin die Nichterfüllung des Mietvertrags; Schadensersatz droht wegen Baustelle.
Symbolbild: KI

Die Ausgangslage war klar: Der Discounter und die Eigentümerin hatten im Mai 2016 einen Mietvertrag geschlossen. Die Eigentümerin verpflichtete sich, auf ihrem Grundstück einen Supermarkt mit knapp 1.500 m² Fläche zu errichten und für 15 Jahre an den Discounter zu vermieten. Monatsmiete: rund 20.000 Euro. Für den Fall eines Verkaufs vor der Übergabe enthielt der Vertrag eine präzise Regelung in § 2 Ziffer 4: Übernimmt der Käufer die Verpflichtungen nicht, haftet die ursprüngliche Eigentümerin. Verweigert der Käufer die Übergabe des fertigen Supermarkts, wird ein pauschaler Schadensersatz in Höhe einer Jahresmiete fällig.

Jahre später geschah genau das. Die Eigentümerin verkaufte das Grundstück an eine Firma, die dort lieber einen kleineren Drogeriemarkt errichten wollte. Von dem alten Mietvertrag wollte der neue Eigentümer nichts wissen. Der Discounter forderte daraufhin den im Vertrag vereinbarten Schadensersatz: 239.857,80 Euro.

Warum hielt die Eigentümerin den Vertrag für Papiermüll?

Die Eigentümerin beantragte, die Klage abzuweisen. Sie zog ein ganzes Register an juristischen Einwänden, um den Vertrag zu kippen. Ihre Verteidigung baute auf mehreren Säulen auf.

Erstens sei der Vertrag von Anfang an unwirksam gewesen. Er sei sittenwidrig, weil ihr Geschäftsführer bei Abschluss schon 79 Jahre alt war. Zudem sei das Bauvorhaben objektiv unmöglich gewesen. Eine kommunale Vorschrift begrenze Verkaufsflächen auf 800 m². Ein Supermarkt mit 1.495 m² war also angeblich nie genehmigungsfähig.

Zweitens habe der Discounter selbst kein Interesse mehr gehabt. Die Firma, die der Discounter für den Bau ins Spiel gebracht hatte, habe das Projekt faktisch eingestellt. Man habe die Sache einfach im Sande verlaufen lassen.

Drittens erklärte sie vorsorglich die Anfechtung und außerordentliche Kündigung des Vertrags. Viertens seien alle eventuellen Ansprüche längst verjährt oder zumindest verwirkt. Und schließlich sei dem Discounter überhaupt kein Schaden entstanden – die Wettbewerbssituation vor Ort hätte einen neuen Markt ohnehin unrentabel gemacht.

Wie zerlegte das Gericht die Argumente der Verteidigung?

Das Landgericht Wuppertal folgte der Argumentation der Eigentümerin in keinem einzigen Punkt. Die Richter nahmen sich jeden Einwand vor und widerlegten ihn systematisch.

Der Vorwurf der Sittenwidrigkeit verfing nicht. Vertragspartner war die Firma der Eigentümerin, eine GmbH. Das Alter ihres Geschäftsführers spielt für die Wirksamkeit eines Unternehmensvertrags keine Rolle.

Der entscheidende Schlag gegen die Verteidigung war die Widerlegung der angeblichen Unmöglichkeit. Das Gericht stellte fest: Die von der Eigentümerin angeführte 800-m²-Grenze existierte zwar im Einzelhandelskonzept der Stadt D. – sie galt aber ausdrücklich nicht für das Gebiet, in dem das Grundstück lag. Der Vortrag der Eigentümerin war schlicht falsch.

Auch die Behauptung, der Discounter sei für den Baufortschritt verantwortlich gewesen, zerschlug sich am Vertragstext. Dort stand unmissverständlich, dass die Vermieterin – also die Eigentümerin – für die Errichtung des Gebäudes und das Einreichen der Bauanträge zuständig war (§ 1 Ziff. 1 und § 2 Ziff. 2 des Vertrags). Sie hatte ihre eigenen Pflichten verletzt, nicht der Discounter. Die Anfechtung und Kündigung scheiterten ebenfalls. Das Schreiben der Eigentümerin vom Dezember 2022 nannte keine konkreten Gründe und war damit formal wie inhaltlich unzureichend.

War die Schadensersatz-Klausel eine unfaire Falle?

Im Zentrum des Urteils stand die Prüfung der Schadensersatzklausel. Solche pauschalen Zahlungen können unwirksam sein, wenn sie einen Vertragspartner unangemessen benachteiligen. Das Gesetz schützt davor, dass in Verträgen überzogene Strafen versteckt werden (Inhaltskontrolle nach § 309 Nr. 5 BGB).

Das Gericht sah hier aber keine unfaire Benachteiligung. Der pauschalierte Betrag einer Jahresmiete sei bei einer geplanten Vertragslaufzeit von 15 Jahren nicht überspannt. Ein solcher Betrag spiegele den möglichen Schaden durch den Verlust eines langfristig gesicherten Standorts wider.

Der clevere Mechanismus der Klausel zementierte ihre Wirksamkeit: Sie räumte der Eigentümerin ausdrücklich das Recht ein nachzuweisen, dass dem Discounter gar kein oder nur ein viel geringerer Schaden entstanden war. Genau diesen Beweis blieb die Eigentümerin schuldig. Ihre Behauptungen zur schlechten Wettbewerbslage waren pauschal. Sie nannte weder konkrete Konkurrenten noch legte sie Zahlen vor. Das Gericht stellte klar: Wer eine Schadensminderung behauptet, muss Fakten liefern. Spekulationen reichen nicht aus.

Konnte der Anspruch des Discounters verjährt sein?

Blieb der letzte Strohhalm der Verteidigung: die Verjährung. Doch auch dieser griff nicht. Die Logik des Gerichts war einfach und zwingend. Der Schadensersatzanspruch aus § 2 Ziffer 4 des Vertrags konnte frühestens in dem Moment entstehen, in dem die Bedingung dafür eintrat. Dieser Moment war die Eigentumsumschreibung im Grundbuch auf die neue Käuferin am 10. Oktober 2023. Erst ab diesem Tag stand fest, dass eine Dritte Eigentümerin war, die den Vertrag nicht erfüllte. Die Klage wurde noch im selben Jahr zugestellt – von Verjährung keine Spur.

Zur Sicherheit fügte das Gericht noch einen Verweis auf die ständige Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs an: Der reine Anspruch eines Mieters auf Überlassung der Mietsache verjährt während der laufenden Mietzeit ohnehin nicht. Auch der Einwand der Verwirkung scheiterte. Der Discounter hatte nach Bekanntwerden des Verkaufs sofort reagiert, Kontakt aufgenommen und sogar eine Einstweilige Verfügung zur Sicherung seiner Rechte erwirkt. Er hatte seine Ansprüche nie aufgegeben. Die Eigentümerin wurde zur Zahlung der vollen Summe verurteilt.

Die Urteilslogik

Vertragliche Zusagen bleiben auch nach einem Grundstücksverkauf bindend und können erhebliche finanzielle Konsequenzen nach sich ziehen, wenn der neue Eigentümer diese nicht erfüllt.

  • Verkauf ändert Pflicht nicht: Wer sich vertraglich zu Leistungen verpflichtet und dann den Vertragsgegenstand veräußert, trägt weiterhin die Verantwortung für die Einhaltung dieser Pflichten, wenn der Erwerber die übernommenen Verpflichtungen nicht erfüllt.
  • Pauschalierter Schadensersatz gilt: Pauschalierte Schadensersatzregelungen im Gewerbemietrecht entfalten ihre Wirkung, wenn sie eine angemessene Kompensation darstellen und dem Schuldner den Nachweis eines geringeren Schadens ermöglichen; reine Spekulationen ohne konkrete Belege entlasten den Schuldner hierbei nicht.
  • Anspruch verjährt bei Bedingungseintritt: Ein Schadensersatzanspruch aus einem bedingten Vertrag beginnt erst zu verjähren, wenn die anspruchsbegründende Bedingung tatsächlich eintritt.

Dieses Urteil betont die dauerhafte Verbindlichkeit von Vertragsinhalten und die Notwendigkeit, vertragliche Pflichten präzise zu erfüllen oder ihre Konsequenzen zu tragen.


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Experten Kommentar

Mancher Immobiliendeal scheint auf den ersten Blick eine saubere Sache zu sein, bis ein alter Mietvertrag plötzlich für eine böse Überraschung sorgt. Dieses Urteil ist eine klare Ansage an Verkäufer: Wenn im Mietvertrag die Haftung für den Fall eines Weiterverkaufs und einer Nichtübernahme durch den Käufer klar geregelt ist, dann steht diese Vereinbarung felsenfest. Die frühere Eigentümerin glaubte, sich mit vielen Argumenten herauswinden zu können; das Gericht zog hier eine unmissverständliche Grenze. Für Mieter ist das eine Bestätigung, dass solche vorausschauenden Klauseln schützen und Bestand haben.


Häufig gestellte Fragen (FAQ)

Was passiert mit meinem Gewerbemietvertrag bei einem Immobilienverkauf?

Bei einem Immobilienverkauf bleibt Ihr Gewerbemietvertrag grundsätzlich bestehen, denn der Rechtsgrundsatz „Kauf bricht Miete nicht“ schützt Sie als Mieter. Der neue Eigentümer tritt in die bestehenden Mietverhältnisse ein. Allerdings kann eine spezielle Klausel im Mietvertrag vorsehen, dass der ursprüngliche Vermieter bei Nichtübernahme durch den Käufer haftet, was zu erheblichen Schadensersatzforderungen führen kann.

Der Kern der Sache ist simpel: Ihr Gewerbemietvertrag ist an die Immobilie gebunden, nicht primär an den Eigentümer. Somit geht er beim Verkauf automatisch auf den Erwerber über. Dieser neue Eigentümer wird dann zu Ihrem Vermieter und muss alle Rechte und Pflichten aus dem bestehenden Mietvertrag erfüllen.

Doch Vorsicht: Ein Gewerbemietvertrag kann eine entscheidende Ausnahme enthalten. Solche Vertragspassagen sehen oft vor, dass der ursprüngliche Vermieter zur Kasse gebeten wird, falls der Käufer die Verpflichtungen aus dem Mietvertrag nicht übernimmt. Das Landgericht Wuppertal hat beispielsweise bestätigt, dass eine solche Klausel den Verkäufer zur Zahlung eines pauschalierten Schadensersatzes, oft in Höhe einer Jahresmiete, verpflichten kann. Dies sichert Ihre Position als Mieter ab, falls der neue Eigentümer Ihre Geschäftsräume nicht wie vereinbart weiterführen möchte.

Denken Sie an die Übergabe eines Staffellaufs: Der alte Läufer (Vermieter) gibt den Staffelstab (Mietvertrag) an den neuen Läufer (Käufer) weiter. Der Lauf (Mietverhältnis) geht weiter wie gehabt. Gibt es jedoch eine Regel, die besagt, dass der alte Läufer zahlen muss, falls der neue Läufer den Stab fallen lässt und das Rennen nicht fortführt, dann bleibt der alte Läufer in der Verantwortung. Ihre Rechte als Mieter sind der Staffelstab, der weitergereicht werden muss.

Überprüfen Sie umgehend Ihren Gewerbemietvertrag. Suchen Sie nach spezifischen Passagen, die den Fall eines Immobilienverkaufs regeln. Achten Sie besonders auf Formulierungen zur Haftung des ursprünglichen Vermieters oder zur Übernahmepflicht durch den Käufer. Eine Regelung, ähnlich § 2 Ziffer 4, wie im Artikel beschrieben, ist dabei von entscheidender Bedeutung für Ihre Sicherheit.


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Welche Rechte habe ich als Mieter, wenn meine Gewerbeimmobilie verkauft wird?

Ihr Gewerbemietvertrag bleibt bei einem Immobilienverkauf grundsätzlich bestehen, denn der neue Eigentümer tritt in Ihre bestehenden Rechte und Pflichten ein. Falls der Käufer den Vertrag aufgrund einer speziellen Klausel nicht übernimmt, haben Sie als Mieter Anspruch auf Schadensersatz vom ursprünglichen Vermieter. Dieser kann eine im Mietvertrag festgelegte pauschalierte Zahlung umfassen, oft eine Jahresmiete.

Die gute Nachricht zuerst: Das Prinzip „Kauf bricht Miete nicht“ ist ein Grundpfeiler des Mietrechts. Dies bedeutet, dass der Erwerber einer Gewerbeimmobilie automatisch in alle bestehenden Mietverträge eintritt. Er übernimmt damit sämtliche Rechte und Pflichten des bisherigen Vermieters. Ihr Vertrag ist also nicht einfach plötzlich wertlos, nur weil das Eigentum wechselt. Sie können Ihren Geschäftsbetrieb in der Regel wie gewohnt fortführen.

Manchmal gibt es jedoch im Mietvertrag spezielle Klauseln, die den ursprünglichen Vermieter für den Fall haftbar machen, dass der neue Eigentümer den Vertrag nicht übernimmt. Solche Klauseln sind bindend. Sie als Mieter haben dann einen klaren Anspruch auf den vereinbarten Schadensersatz, häufig pauschaliert auf beispielsweise eine Jahresmiete. Ihre Rechte verjähren auch nicht so schnell, wie oft befürchtet. Selbst der Einwand der Verwirkung greift nicht, solange Sie aktiv Ihre Ansprüche geltend machen, beispielsweise durch schriftliche Kommunikation oder juristische Schritte wie eine einstweilige Verfügung.

Denken Sie an eine Stafette: Der Staffelstab (Ihr Mietvertrag) muss übergeben werden. Falls der Läufer, der ihn entgegennimmt, ihn fallen lässt, muss der ursprüngliche Läufer (Ihr alter Vermieter) unter Umständen trotzdem geradestehen und für den entstandenen Zeitverlust (Ihren Schaden) aufkommen.

Handeln Sie proaktiv: Nehmen Sie umgehend schriftlich Kontakt mit Ihrem aktuellen Vermieter auf. Bestätigen Sie die Verkaufsabsichten und fordern Sie Klarheit über die Fortführung Ihres Mietvertrages. Existiert eine Schadensersatzklausel für den Fall der Nichtübernahme, machen Sie Ihren Anspruch unmissverständlich geltend. Dokumentieren Sie jeden Schritt. Das sichert Ihre Position und verhindert Missverständnisse.


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Was tun, wenn der Käufer meinen Gewerbemietvertrag nicht übernehmen will?

Wenn der Käufer Ihrer Immobilie die Übernahme Ihres Gewerbemietvertrags ablehnt, konzentrieren Sie sich darauf, die im Vertrag vereinbarte Schadensersatzklausel gegen den ursprünglichen Vermieter durchzusetzen. Juristische Versuche, solche Regelungen als unwirksam oder sittenwidrig zu diffamieren, werden vor Gericht systematisch widerlegt. Ihr ursprünglicher Vermieter bleibt in der Pflicht.

Sie als Gewerbemieter geraten in eine schwierige Lage, wenn der neue Eigentümer Ihre Geschäftsräume nicht übernehmen möchte. Hier ist es von größter Bedeutung, genau in Ihren ursprünglichen Mietvertrag zu schauen. Viele Gewerbemietverträge enthalten präzise Regelungen für den Fall eines Eigentümerwechsels. Besonders wichtig sind Klauseln, die eine Haftung des Verkäufers vorsehen, falls der neue Eigentümer die Pflichten nicht übernimmt.

Solche vertraglich vereinbarten Schadensersatzklauseln, oft als pauschalierter Betrag wie eine Jahresmiete ausgestaltet, sind rechtlich robust. Juristische Versuche des Verkäufers, diese Klauseln als unwirksam oder gar sittenwidrig darzustellen – etwa durch Verweis auf das Alter des Geschäftsführers oder angebliche Bauunmöglichkeiten –, scheitern regelmäßig vor Gericht. Der Fokus liegt auf der Einhaltung der vertraglichen Abmachungen und der tatsächlichen Beweislage, nicht auf vorgeschobenen Ausreden.

Ein passender Vergleich ist ein Dominoeffekt: Fällt der erste Stein (Verkauf ohne Übernahme), löst er eine Kette aus. Doch derjenige, der den ersten Stein angestoßen hat (der ursprüngliche Vermieter durch die Klausel), bleibt verantwortlich für die Folgen, die er vertraglich selbst in Gang gesetzt hat. Er kann sich nicht einfach aus der Verantwortung ziehen.

Fordern Sie den im Mietvertrag vereinbarten pauschalierten Schadensersatz, beispielsweise eine Jahresmiete, unverzüglich und schriftlich vom ursprünglichen Eigentümer ein. Lehnt dieser die Zahlung ab, sollten Sie umgehend gerichtliche Schritte einleiten, etwa eine einstweilige Verfügung. So sichern Sie Ihre Ansprüche und vermeiden den Vorwurf der Verwirkung Ihrer Rechte. Zögern Sie nicht, aktiv zu werden!


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Ist eine Kaufvertragsklausel zur Nichtübernahme des Mietvertrags gültig?

Eine Klausel im Mietvertrag selbst, die bei Nichtübernahme durch einen Käufer die Haftung des ursprünglichen Vermieters und einen pauschalierten Schadensersatz regelt, ist grundsätzlich gültig und wird von Gerichten nicht als unfair oder sittenwidrig eingestuft. Wichtig ist: Kauf bricht Miete nicht. Eine entsprechende Vereinbarung im Kaufvertrag zwischen Verkäufer und Käufer ändert nichts an dieser mieterfreundlichen Regelung.

Die Regel lautet klar: Wird eine vermietete Immobilie verkauft, tritt der neue Eigentümer automatisch in alle bestehenden Mietverträge ein. Der Mietvertrag bleibt also bestehen, samt aller Rechte und Pflichten für den Mieter. Vereinbarungen im Kaufvertrag zwischen Verkäufer und Käufer, die den Mieter direkt benachteiligen oder den Mietvertrag einfach aufheben sollen, entfalten gegenüber dem Mieter keine Wirkung.

Allerdings ist eine andere Art von Klausel entscheidend: eine im ursprünglichen Mietvertrag selbst. Sie kann vorsehen, dass der Verkäufer (ursprünglicher Vermieter) haftet, falls der neue Käufer den Mietvertrag nicht übernimmt. Solche Klauseln, die oft pauschalierten Schadensersatz beinhalten (beispielsweise eine Jahresmiete), sind in der Regel wirksam und werden von Gerichten selten als unangemessen benachteiligend im Sinne des § 309 Nr. 5 BGB angesehen, insbesondere wenn sie dem Schuldner den Nachweis eines geringeren Schadens ermöglichen.

Denken Sie an die Situation, als würde ein Auto mit gültigem TÜV verkauft. Der neue Besitzer kann nicht einfach den TÜV ungültig erklären, nur weil er ihn selbst nicht machen will. Gleiches gilt für Ihren Mietvertrag: Der Kauf des Grundstücks ändert nichts an dessen grundsätzlicher Gültigkeit und den daraus resultierenden Rechten des Mieters.

Prüfen Sie als Verkäufer, ob Ihr Kaufvertrag eine explizite Klausel enthält, die den Käufer zur Übernahme aller Mietpflichten verpflichtet und Sie von jeglicher Haftung freistellt. Spekulieren Sie nicht auf die Unwirksamkeit bestehender Mietvertragsklauseln, sondern schaffen Sie klare Verhältnisse mit dem Käufer.


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Wie schütze ich mich als Verkäufer vor Haftung durch Gewerbemietverträge?

Als Verkäufer schützen Sie sich vor Haftung durch Gewerbemietverträge, indem Sie den Käufer im Kaufvertrag umfassend zur Übernahme aller mietvertraglichen Pflichten verpflichten. Eine weitere wichtige Maßnahme ist eine präzise Freistellungsklausel, die Sie für den Fall absichert, dass der Käufer die Verpflichtungen nicht erfüllt oder der Mietvertrag bereits eine spezifische Haftungsklausel für den Verkäufer enthält. So vermeiden Sie teure Überraschungen.

Die Regel lautet: Ein Immobilienverkauf lässt bestehende Mietverträge unangetastet („Kauf bricht Miete nicht„). Doch gerade im Gewerberecht können Mietverträge Klauseln enthalten, die den ursprünglichen Vermieter auch nach dem Verkauf weiterhin zur Verantwortung ziehen, wenn der neue Eigentümer den Vertrag nicht übernimmt. Im Fall des Landgerichts Wuppertal war es eine solche Klausel, die die Verkäuferin zur Zahlung einer hohen Schadensersatzsumme zwang, weil der Käufer den Discounter-Mietvertrag nicht fortführen wollte. Ihre primäre Strategie muss daher sein, diese potenzielle Haftung vertraglich auf den Käufer zu übertragen und sich von ihm freistellen zu lassen.

Denken Sie an die Staffelstabübergabe in einem Rennen. Sie sind der erste Läufer (Verkäufer) und geben den Staffelstab (Mietvertrag) an den zweiten Läufer (Käufer) weiter. Eine präzise Freistellungsklausel im Kaufvertrag ist wie die Vereinbarung, dass der zweite Läufer die volle Verantwortung für den Staffelstab übernimmt, sobald er ihn in den Händen hält – selbst wenn der dritte Läufer im Team (der Mieter) später Ansprüche geltend machen sollte, die eigentlich aus Ihrer „Laufstrecke“ stammen könnten.

Holen Sie sich vor dem Abschluss des Verkaufsvertrags unbedingt ein umfassendes Rechtsgutachten zu allen bestehenden Gewerbemietverträgen. Identifizieren Sie potenzielle Haftungsrisiken, insbesondere aus Schadensersatzklauseln bei Nichtübernahme, und lassen Sie sich eine maßgeschneiderte Freistellungsklausel für Ihren Kaufvertrag formulieren. Das ist Ihre beste Versicherung gegen unerwartete finanzielle Belastungen.


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Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.


Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt

Einstweilige Verfügung

Eine Einstweilige Verfügung ist ein schneller richterlicher Befehl, der vorläufige Rechtssicherheit schafft, wenn es eilig ist und reguläre Klagen zu lange dauern würden. Das Gericht erlässt diesen Beschluss, um dringende Rechtsgüter oder Beweise zu sichern, bevor irreparabler Schaden entsteht oder Rechte vereitelt werden. Die Maßnahme soll verhindern, dass Tatsachen geschaffen werden, die später nur schwer rückgängig zu machen wären.

Beispiel: Der Discounter erwirkte eine einstweilige Verfügung, um seine Rechte nach Bekanntwerden des Grundstücksverkaufs frühzeitig abzusichern und zu verhindern, dass die Gegenseite den Mietvertrag endgültig untergräbt.

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Inhaltskontrolle

Die Inhaltskontrolle ist ein rechtliches Instrument, mit dem Gerichte allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) und damit auch bestimmte Vertragsklauseln auf ihre faire Ausgewogenheit überprüfen, um eine unangemessene Benachteiligung eines Vertragspartners zu verhindern. Mit dieser Überprüfung soll gewährleistet werden, dass keine Vertragsklauseln versteckt überzogene oder einseitige Belastungen enthalten, die von einer schwächeren Vertragspartei hingenommen werden müssten. Das Gesetz schützt so vor missbräuchlichen Formulierungen in vorformulierten Verträgen.

Beispiel: Das Landgericht Wuppertal unterzog die Schadensersatzklausel des Mietvertrags einer Inhaltskontrolle, um sicherzustellen, dass der pauschalierte Betrag den Discounter nicht unangemessen bevorzugte oder die Eigentümerin überforderte.

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Kauf bricht Miete nicht

Der Rechtsgrundsatz „Kauf bricht Miete nicht“ bedeutet, dass ein bestehender Mietvertrag auch nach dem Verkauf der vermieteten Immobilie unverändert gültig bleibt und der neue Eigentümer automatisch in alle Rechte und Pflichten des alten Vermieters eintritt. Diese Regelung schützt Mieter davor, bei einem Eigentümerwechsel plötzlich auf der Straße zu stehen oder neue Verträge aushandeln zu müssen. Das Gesetz sichert die Kontinuität des Mietverhältnisses unabhängig vom Eigentümer der Immobilie.

Beispiel: Obwohl die Eigentümerin das Grundstück verkaufte, schützte der Grundsatz „Kauf bricht Miete nicht“ den Discounter davor, seinen Mietvertrag ohne Weiteres zu verlieren.

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Pauschalierter Schadensersatz

Unter pauschaliertem Schadensersatz verstehen Juristen eine festgelegte Summe, die im Voraus in einem Vertrag vereinbart wird, um den Ersatz eines voraussichtlichen Schadens zu vereinfachen, ohne ihn im Einzelnen nachweisen zu müssen. Diese Klauseln dienen dazu, bei Vertragsverletzungen lange und komplizierte Beweisverfahren über die exakte Höhe eines Schadens zu vermeiden. Sie schaffen für beide Seiten Berechenbarkeit und Prozessökonomie, solange der Betrag nicht überzogen ist.

Beispiel: Die Eigentümerin wurde zur Zahlung des pauschalierten Schadensersatzes in Höhe einer Jahresmiete verurteilt, weil sie den vereinbarten Bau und die Übergabe des Supermarkts an den Discounter verhindert hatte.

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Sittenwidrigkeit

Eine Sittenwidrigkeit liegt vor, wenn ein Vertrag oder eine Handlung gegen das Anstandsgefühl aller billig und gerecht Denkenden verstößt und damit rechtlich unwirksam ist. Das Gesetz will durch dieses Konzept verhindern, dass Verträge, die moralisch verwerflich sind oder eine Partei krass übervorteilen, rechtlichen Schutz genießen. Es dient als Korrektiv für extreme Ausprägungen von Vertragsfreiheit.

Beispiel: Die Eigentümerin versuchte, den Mietvertrag wegen angeblicher Sittenwidrigkeit anzufechten, indem sie das hohe Alter ihres Geschäftsführers anführte, was das Gericht jedoch als irrelevant für die Gültigkeit des Unternehmensvertrags einstufte.

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Verjährung

Verjährung beschreibt den Zustand, bei dem ein Recht zwar weiterhin existiert, aber nach Ablauf einer bestimmten Frist nicht mehr gerichtlich durchsetzbar ist. Diese Regelung schafft Rechtssicherheit und Rechtsfrieden, da alte Forderungen oder Ansprüche nicht unbegrenzt geltend gemacht werden können. Das Gesetz verhindert, dass sich Parteien über Jahre oder Jahrzehnte auf ungeklärte Sachverhalte berufen müssen.

Beispiel: Die Eigentümerin argumentierte, dass der Schadensersatzanspruch des Discounters bereits der Verjährung unterlegen sei, jedoch widerlegte das Gericht dies, da die Frist erst mit der Eigentumsumschreibung begann und die Klage rechtzeitig erfolgte.

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Verwirkung

Eine Verwirkung liegt vor, wenn ein Recht nicht mehr durchgesetzt werden kann, weil der Berechtigte es über längere Zeit nicht ausgeübt hat und der Gegner sich darauf verlassen durfte, dass es nie mehr geltend gemacht wird. Juristen nennen dies eine Unterform der unzulässigen Rechtsausübung, die Treu und Glauben schützt. Es verhindert, dass Rechte plötzlich aus dem Hut gezaubert werden, nachdem eine Partei sich bereits an die Untätigkeit der anderen gewöhnt hat.

Beispiel: Der Einwand der Verwirkung gegen den Discounter scheiterte, da dieser nach Bekanntwerden des Verkaufs sofort Kontakt aufnahm und sogar eine einstweilige Verfügung erwirkte, also seine Ansprüche aktiv geltend machte.

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Das vorliegende Urteil


LG Wuppertal – Az.: 17 O 260/23 – Urteil vom 24.03.2025


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