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Nutzungsentschädigung wegen Vorenthaltens der Mietzahlung – Rücknahmewille

Im Urteil des LG Hanau (Az.: 2 S 35/22 vom 22.11.2023) geht es um einen Streit zwischen Mieter und Vermieter bezüglich der Rückzahlung von Mietzins und Kaution, Schadensersatz sowie Betriebskosten nach Kündigung des Mietverhältnisses. Der Beklagte und Berufungskläger forderte eine Nutzungsentschädigung für das Vorenthalten der Mietzahlung, was jedoch abgelehnt wurde, da kein Rücknahmewille des Vermieters festgestellt werden konnte. Das Gericht wies die Berufung zurück und bestätigte das Urteil des Amtsgerichts Hanau, wonach der Beklagte keinen Anspruch auf Vorenthalt der Mietsache hat und für bestimmte Zeiträume eine Nutzungsentschädigung zu zahlen ist.

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✔ Das Wichtigste in Kürze

  • Der Streit dreht sich um die Rückzahlung von Mietzins, Kaution, Schadensersatz, und Betriebskosten.
  • Das Landgericht Hanau bestätigte das Urteil des Amtsgerichts, welches die Berufung des Beklagten abwies.
  • Der Beklagte forderte Nutzungsentschädigung für das Vorenthalten der Mietzahlung, was abgelehnt wurde, da kein Rücknahmewille des Vermieters erkennbar war.
  • Das Gericht legte fest, dass der Beklagte für den Zeitraum Februar bis August 2018 eine Nutzungsentschädigung zu zahlen hat, basierend auf dem tatsächlichen Nutzungswert der Wohnung.
  • Die Berufungsbegründung, die eine Pauschalmiete forderte, wurde nicht akzeptiert. Stattdessen wurde eine sachgerechte Schätzung des Nutzungswertes vorgenommen.
  • Kein Anspruch auf Schadensersatz für das beschädigte Parkett, da dies durch bestimmungsgemäßen Gebrauch entstand.
  • Die Revision wurde zugelassen, da die Frage der Nutzungsentschädigung grundsätzliche Bedeutung hat.

Wohnen auf Kosten des Vermieters: Wann muss man zahlen?

Mieter, die sich nach Beendigung des Mietvertrags in der Wohnung aufhalten, müssen unter Umständen eine Nutzungsentschädigung zahlen. Doch wann genau besteht diese Pflicht? Und welche Rolle spielt dabei der Rücknahmewille des Vermieters? Das Thema Nutzungsentschädigung bei Mietzahlung und Rücknahmewille ist komplex und für viele Mieter unübersichtlich. In diesem Artikel geben wir eine allgemeine Einführung in die juristischen Hintergründe und erklären, worauf es bei diesem Thema ankommt.

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In einem Rechtsstreit, der bis zum Landgericht Hanau eskalierte, standen sich ein Mieter und sein ehemaliger Vermieter gegenüber. Kern der Auseinandersetzung war die Forderung nach Nutzungsentschädigung für eine Wohnung, die der Mieter nach Beendigung des Mietverhältnisses weiterhin nutzte, ohne die Miete zu zahlen. Das Landgericht Hanau wies in seinem Urteil vom 22. November 2023 mit dem Aktenzeichen 2 S 35/22 die Berufung des Beklagten und Berufungsklägers zurück, bestätigte somit das vorinstanzliche Urteil des Amtsgerichts Hanau und legte die Kosten des Verfahrens dem Beklagten auf.

Die Streitigkeit: Rückforderung von Mietzins und Kaution

Der Ursprung des Rechtsstreits lag in der Rückforderung von unter Vorbehalt gezahltem Mietzins, der Rückzahlung einer Kaution sowie Forderungen nach Schadensersatz und Betriebskosten. Während das Amtsgericht Hanau der Klage größtenteils stattgab und die Widerklage abwies, legte der Beklagte Berufung ein. Er argumentierte, dass ihm eine Nutzungsentschädigung für die Zeit zustehe, in der er die Wohnung nach Beendigung des Mietverhältnisses noch nutzte, eine Auffassung, die das Landgericht Hanau nicht teilte.

Rechtliche Bewertung des Rücknahmewillens

Ein zentrales Element der rechtlichen Bewertung war die Frage des Rücknahmewillens des Vermieters. Laut Amtsgericht fehlte es dem Beklagten an einem solchen Willen, da er trotz der Beendigung des Mietverhältnisses und einer Kündigung durch den Kläger die Wohnung weiterhin nutzte. Diese Einschätzung wurde durch die Berufung nicht widerlegt. Das Gericht stellte klar, dass ohne einen Rücknahmewillen des Vermieters keine Nutzungsentschädigung nach § 546a Abs. 1 BGB gefordert werden kann.

Bewertung des Nutzungswertes der Wohnung

Interessant ist die Bewertung des Nutzungswertes der Wohnung, die das Gericht vornehmen musste. Obwohl der Beklagte für einen Zeitraum nach Beendigung des Mietverhältnisses in der Wohnung verblieb und persönliche Gegenstände dort ließ, konnte er keinen Anspruch auf eine reduzierte Miete geltend machen. Das Gericht schätzte den tatsächlichen Nutzungswert auf Basis der in der Wohnung verbliebenen Gegenstände und legte eine Nutzungsentschädigung von monatlich 120 Euro für den Zeitraum von Februar bis August 2018 fest. Diese Entscheidung basierte auf der Annahme, dass die Wohnung als Lager genutzt wurde und reflektiert die Rechtsauffassung, dass eine Nutzungsentschädigung die tatsächlich gezogenen Nutzungen berücksichtigen muss.

Urteilsbegründung und rechtliche Einordnung

Das Gericht folgte in seiner Entscheidung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und wies darauf hin, dass das Bereicherungsrecht lediglich darauf abzielt, eine rechtsgrundlose Bereicherung abzuschöpfen. Die Argumentation des Beklagten, eine pauschale „Miete“ von 6,00 Euro pro Quadratmeter anzusetzen, fand daher keine Berücksichtigung. Das Urteil verdeutlicht, dass im Falle einer Nutzung der Wohnung ohne Mietverhältnis die tatsächlichen Gegebenheiten und die daraus resultierende Vermögensmehrung ausschlaggebend sind.

Das Landgericht Hanau ließ aufgrund der grundsätzlichen Bedeutung der Fragestellung zur Auslegung von § 546a BGB und den Anforderungen an einen Nutzungswillen eines Vermieters die Revision zu. Damit steht die Tür für eine höchstrichterliche Klärung dieser Rechtsfrage offen, die über den Einzelfall hinaus Bedeutung haben könnte.

In diesem komplexen Fall spiegelt das Urteil die Notwendigkeit wider, bei der Beendigung von Mietverhältnissen sowohl die Rechte als auch die Pflichten der Beteiligten klar zu definieren und zu verstehen. Es unterstreicht zudem die Bedeutung des Rücknahmewillens für die Forderung einer Nutzungsentschädigung und setzt einen Schwerpunkt auf die Bewertung des tatsächlichen Nutzungswertes.

✔ FAQ: Wichtige Fragen kurz erklärt

Was versteht man unter Nutzungsentschädigung im Mietrecht?

Unter Nutzungsentschädigung im Mietrecht versteht man das Entgelt, das ein Nutzer für die Nutzung einer Sache, wie etwa einer Wohnung oder eines Grundstücks, zu zahlen hat, wenn er dazu nicht berechtigt ist. Dies kann der Fall sein, wenn kein gültiger Miet- oder Pachtvertrag besteht oder wenn das Mietverhältnis bereits beendet wurde, der Mieter aber die Mietsache weiterhin nutzt.

Nach § 546a BGB muss der Mieter eine Nutzungsentschädigung zahlen, wenn er nach Beendigung des Mietverhältnisses nicht auszieht. Der Vermieter kann dann entweder die zuletzt vereinbarte Miete oder die für vergleichbare Objekte ortsübliche Miete als Nutzungsentschädigung verlangen. Die Höhe der Nutzungsentschädigung richtet sich normalerweise nach der bisherigen Miete, es sei denn, es gibt besondere Umstände, die eine Anpassung erfordern.

Die Pflicht zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung endet grundsätzlich mit dem Auszug des Mieters aus der Wohnung. Allerdings muss der Mieter den Vermieter rechtzeitig über den Auszug informieren, um sich nicht schadensersatzpflichtig zu machen. Die Verjährung der Ansprüche des Vermieters tritt nach vier Jahren ein.

Es gibt auch Situationen, in denen der Vermieter keinen Anspruch auf Nutzungsentschädigung hat, beispielsweise wenn der Vermieter von dem verbleibenden Mieter die Mietsache nicht zurückhaben will, da es dann am Rücknahmewillen fehlt.

Wie wird der Rücknahmewille eines Vermieters rechtlich bewertet?

Der Rücknahmewille des Vermieters ist ein entscheidender Faktor für die rechtliche Bewertung, ob ein Anspruch auf Nutzungsentschädigung nach § 546a BGB besteht. Der Bundesgerichtshof (BGH) hat klargestellt, dass eine Nutzungsentschädigung nur dann verlangt werden kann, wenn der Vermieter tatsächlich die Rückgabe der Mietsache wünscht. Dieser Wille muss auf die Rücknahme der Mietsache gerichtet sein, was bedeutet, dass der Vermieter das Mietverhältnis als beendet ansieht und die Räumung der Mietsache verlangt.

Wenn der Vermieter von einem Fortbestehen des Mietverhältnisses ausgeht, etwa weil er eine Kündigung des Mieters für unwirksam hält, fehlt es an einem Rücknahmewillen. In solchen Fällen kann der Vermieter keine Nutzungsentschädigung fordern, selbst wenn der Mieter die Mietsache nicht zurückgeben kann und die subjektive Unmöglichkeit der Rückgabe durch den Mieter selbst verursacht wurde.

Auch wenn der Vermieter eine Rücknahme der Mietsache grundlos verzögert oder ein Angebot des Mieters auf Übergabe der Schlüssel nicht annimmt, kann dies als Annahmeverzug gewertet werden, was ebenfalls darauf hindeutet, dass kein Rücknahmewille vorliegt. In solchen Fällen kann der Vermieter in Annahmeverzug geraten, was ihm Nachteile bringt und den Anspruch auf Nutzungsentschädigung ausschließt.

Die Rechtsprechung sieht vor, dass der Rücknahmewille auch dann gegeben ist, wenn dem Mieter eine Räumungsfrist bewilligt wird, da dies zeigt, dass der Vermieter die Rückgabe der Mietsache letztlich erwartet. Der Rücknahmewille kann jedoch fehlen, wenn der Vermieter die Rücknahme der Mietsache ablehnt, weil sie sich nicht in einem rücknahmefähigen Zustand befindet, wie zum Beispiel bei fehlenden Schönheitsreparaturen oder nicht beseitigten Schäden.

Zusammenfassend ist der Rücknahmewille des Vermieters ein zentraler Aspekt für die Beurteilung des Anspruchs auf Nutzungsentschädigung. Der Vermieter muss die Rückgabe der Mietsache aktiv wünschen und darf nicht vom Fortbestand des Mietverhältnisses ausgehen. Die Umstände und die Kommunikation zwischen den Parteien spielen dabei eine wichtige Rolle.

§ Wichtige Gesetze und Paragraphen in diesem Urteil

  • § 546 Abs. 1 BGB
    Regelt die Rückgabepflicht des Mieters nach Beendigung des Mietverhältnisses. Im Urteil relevant, weil der Mieter trotz Beendigung des Mietverhältnisses die Wohnung nicht zurückgab und kein Rücknahmewille des Vermieters festgestellt wurde.
  • § 546a Abs. 1 BGB
    Bestimmt die Pflicht zur Zahlung einer Nutzungsentschädigung bei nicht rechtzeitiger Rückgabe der Mietsache. Im Kontext des Urteils zentral, da der Mieter die Wohnung weiter nutzte, ohne Miete zu zahlen, aber kein Rücknahmewille des Vermieters vorlag.
  • § 287 ZPO
    Ermöglicht dem Gericht eine Schätzung des Schadens oder Wertes, wenn dieser nicht genau feststellbar ist. Wurde angewandt zur Bestimmung des Nutzungswertes der Wohnung durch den Mieter.
  • § 543 Abs. 2


Das vorliegende Urteil

LG Hanau – Az.: 2 S 35/22 – Urteil vom 22.11.2023

Die Berufung des Beklagten und Berufungsklägers gegen das am 17.01.2022 verkündete Urteil des Amtsgerichts Hanau (34 C 35/21) wird zurückgewiesen.

Die Kosten des Berufungsverfahrens trägt der Beklagte und Berufungskläger. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.

Der Beklagte und Berufungskläger kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 120% des vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die jeweils andere Partei vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 120% des zu vollstreckbaren Betrages leistet.

Die Revision wird zugelassen.

Der Streitwert für das Berufungsverfahren wird auf 12.721,29 Euro festgesetzt.

Gründe:

I.

Die Parteien streiten um die Rückzahlung unter Vorbehalt gezahlten Mietzinses, die Rückzahlung einer Kaution sowie widerklagend um Schadensersatz sowie Betriebskosten.

Wegen des genauen Sach- und Streitstandes wird auf den Tatbestand des Urteils des Amtsgerichts Hanau vom 17.01.2022 – Az.: 34 C 35/21 (14) – (Blatt 59 ff. der Akte) verwiesen.

Das Amtsgericht hat der Klage überwiegend stattgegeben und die Widerklage abgewiesen.

Zur Begründung hat das Amtsgericht ausgeführt, dass der Beklagte keinen Anspruch auf Vorenthaltung der Mietsache nach § 546a Abs. 1 BGB geltend machen könne, da er keinen Rücknahmewillen hinsichtlich der streitgegenständlichen Wohnung geäußert habe. Dieser mangelnde Rücknahmewille zeige sich durch die Führung des Rechtsstreits um die Rechtmäßigkeit der Kündigung des Klägers durch zwei Instanzen. Der Kläger schulde jedoch die Herausgabe des tatsächlich gezogenen Nutzungswertes aus ungerechtfertigter Bereicherung, welchen das Gericht gemäß § 287 ZPO aufgrund der in der Wohnung verbliebenen Gegenstände mit 120 Euro monatlich für den Zeitraum Februar bis August 2018 schätze. Dazu müsse der Kläger Nutzungsentschädigung für Oktober 2018 leisten. Hinsichtlich der Nebenkostenabrechnung 2018 bestehe kein Anspruch mangels wirksamen Mietverhältnisses. Schadensersatz für das beschädige Parkett müsse nicht geleistet werden, da dieser durch bestimmungsgemäßen Gebrauchs aufgetreten sei, für den ein Mieter aber nicht haftbar gemacht werden könne.

Gegen dieses Urteil wendet sich der Beklagte und Berufungskläger. Zur Begründung trägt er vor, dass aus seiner Sicht die für das erstinstanzliche Urteil angeführte Rechtsprechung des BGH gegen den Wortlaut des § 546a BGB verstoße, da es dem Mieter obliege, nach Beendigung des Mietverhältnisses die Wohnung zurückzugeben. Es sei nicht plausibel, dass der Vermieter keinen Rücknahmewillen habe. Der Kläger habe darüber hinaus Möbel in der Wohnung belassen, welche er erst bei Auszug am 15.08.2018 komplett aus der Wohnung entfernt habe. Dazu habe er am Klingelschild einen Hinweis auf seine Massagepraxis belassen, wodurch eine weitere Nutzung im hier streitgegenständlichen Zeitraum erwiesen sei. Für einen Vermieter sei eine unterbliebene Nutzung durch einen Mieter auch nicht nachweisbar. Miete für die Garage müsse im vollem Umfang Berücksichtigung finden. Einen Nutzungswert müsse man bei der Wohnung mit mindestens mit 6 Euro pro Quadratmeter ansetzen.

Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungsbegründung vom 14.11.2022 (Blatt 134 ff. der Akte) und den Schriftsatz vom 29.06.2022 (Blatt 93 ff. der Akte) verwiesen.

Der Beklagte und Berufungskläger beantragt, unter Aufhebung des Urteils des Amtsgerichts Hanau vom 17. Januar 2022 Az. 34 C 35/21, die Klage abzuweisen und den Kläger und Berufungsbeklagten auf die Widerklage zu verurteilen, an den Beklagten/Berufungskläger 2.455,29 Euro nebst Zinsen in Höhe von 5 Prozentpunkten über dem Basiszinssatz aus 60 Euro seit dem 04.06.2018, aus 1.150,00 Euro seit dem 05.09.2018, aus 575,00 Euro seit dem 04.10.2018 und aus 670,29 Euro seit dem 26.10.2018 zu zahlen.

Der Beklagte zu beantragt, die Berufung zurückzuweisen. Er verteidigt das angefochtene Urteil.

Er verweist insbesondere darauf, dass ein Nutzwert für die Wohnung nicht bestand. Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf die Berufungserwiderung vom 15.08.2022 (Blatt 106 ff. der Akte) verwiesen.

II.

Die Berufung ist zulässig, insbesondere wurde sie form- und fristgerecht eingelegt und begründet.

In der Sache hat die Berufung jedoch keinen Erfolg.

Das angegriffene Urteil des Amtsgerichts beruht weder auf einer Rechtsverletzung (§§ 513 Abs. 1, 546 ZPO) noch rechtfertigen die zu Grunde zu legenden Tatsachen eine andere Entscheidung (§§ 513 Abs. 1, 529 ZPO).

Das Amtsgericht hat zu Recht die Klage abgewiesen. Der Klägerin steht gegenüber den Beklagten kein Anspruch auf Herausgabe der streitgegenständlichen Wohnung nach § 546 Abs. 1 BGB zu.

Zur Vermeidung von Wiederholungen kann auf die ausführlichen und zutreffenden Ausführungen des Amtsgerichts in der angefochtenen Entscheidung Bezug genommen werden.

Die Berufungsbegründung gibt keinen Anlass für eine andere Beurteilung. Die Angriffe der Berufung greifen nicht durch.

Die Kammer schließt sich den Ausführungen des Amtsgerichts in der angefochtenen Entscheidung nach sorgfältiger Prüfung der Sach- und Rechtslage an und macht sich diese zu eigen.

Das Amtsgericht hat rechtsfehlerfrei festgestellt, dass der Kläger und Berufungsbeklagte Anspruch auf Rückzahlung der unter dem Vorbehalt der Rückforderbarkeit geleisteten Zahlungen für den Zeitraum Februar bis August 2018 in Höhe von 8.430,00 Euro gegenüber dem Beklagten und Berufungskläger geltend machen kann.

Der Beklagte hat für diesen Zeitraum keinen Anspruch auf Zahlung von Mietzins, da das zwischen den Parteien bestehende Mietverhältnis rechtskräftig zum 31.08.2017 endete.

Eine Nutzungsentschädigung wegen Vorenthaltens der Mietzahlung nach § 546a Abs. 1 BGB besteht unter Berücksichtigung der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs, Urteil vom 12.07.2017, Az. VIII ZR 214/16 nicht, wenn kein Rückerlangungswille des Vermieters besteht. Dieser Rückerlangungswille kann vorliegend nicht angenommen werden, da der Beklagte trotz Kündigung durch den Kläger von einem Fortbestehen des Mietverhältnisses ausgeht was er durch das Führen eines Prozesses über zwei Instanzen dokumentiert. Eines konkreten Rückgabeangebots des Mieters bedarf es in einem solchen Falle nicht.

Daher beschränkt sich im vorliegenden Fall die Frage darauf, welcher gezogene Nutzwert wegen ungerechtfertigter Bereicherung seitens des Mieters gegenüber dem Vermieter geschuldet wird. Alleine die Tatsache, dass der Mieter den Besitz an der Wohnung im hier einschlägigen Zeitraum innehatte, begründet noch nicht alleine einen Nutzwert an sich. Allerdings hat der Beklagte eine Einbauküche und weitere Möbelstücke in der Wohnung belassen. Die Berufungskammer hält die amtsgerichtliche Schätzung hinsichtlich des Nutzwertes einer Wohnung für diese Möbelstücke nach § 287 ZPO mit 120,00 Euro pro Monat für sachgerecht. Der Bundesgerichtshof hat in dem hier zitierten entscheidenden Urteil darauf abgestellt, dass es maßgeblich auf die tatsächlich gezogenen Nutzungen ankommt. Der Zweck des Bereicherungsrechtes sei lediglich darauf gerichtet, eine tatsächlich erlangte rechtsgrundlose Bereicherung abzuschöpfen und sie demjenigen zuzuführen, dem sie nach der Rechtsordnung gebührt. Dies setzt daher eine Vermögensmehrung voraus.

Daher kann das Gericht der Argumentation in der Berufungsbegründung nicht folgen, wonach pauschal eine reduzierte „Miete“ von 6,00 Euro pro Quadratmeter bei der 180 qm großen Wohnung hinsichtlich eines Nutzungswertes angenommen werden kann. Diesen Wert hatte die Wohnung für den Kläger sicherlich nicht, da er dort nur einige Möbelstücke abstellte. Andererseits ist es für das Gericht kaum möglich, eine Schätzung nach § 287 ZPO hinsichtlich einer Einbauküche vorzunehmen, da eine solche für den Kläger gar keinen Nutzwert im streitgegenständlichen Zeitraum dargestellt haben dürfte, wenn er die Wohnung eben nicht als eine solche nutzt. Übrig bleibt eine Einschätzung, dass diese Wohnung gewissermaßen als Lagermöglichkeit genutzt wurde und daher eine Schätzung im Hinblick auf den Nutzwert eines Lagers angenommen werden kann. Die hier gefundenen 120,00 Euro pro Monat erscheinen auch der Berufungskammer hierfür realistisch. Das hier zitierte und auch einschlägige Urteil des Bundesgerichtshofs behandelt nicht diese hier konkrete Frage, welche Anforderungen an eine Nutzung durch einen Mieter gestellt werden müssen, damit überhaupt ein Nutzwert für eine Wohnung besteht, wenn diese nicht genutzt wird. Dass die Interessen eines Vermieters auch nach Kündigung eines Mietverhältnisses auf die Erlangung eines Mietzinses oder zumindest einer Nutzungsentschädigung gerichtet sein dürften, ist bei einem Mietverhältnis immanent.

Wenn dagegen ein Mieter eine Wohnung vollständig räumt, ist klar, dass er keinen Nutzwert mehr aus einer solchen Wohnung zieht. Wenn jedoch Gegenstände in der Wohnung verbleiben und somit eine Rückgabe oder auch eine Rücknahme faktisch nicht gegeben ist, dann stellt sich die Frage, wie ein Nutzwert dieses Objektes bestimmt werden kann. Hierüber ist bisher keine einschlägige Rechtsprechung ergangen.

Die übrigen geltend gemachten Ansprüche erachtet die Berufungskammer für korrekt entschieden. Ein Schadensersatzanspruch des Beklagten gegen den Kläger wegen Beschädigung des Parkettbodens besteht nicht, da nicht nachgewiesen ist, dass hier der bestimmungsgemäße Betrieb nicht erfolgte. Wenn ein Parkettboden durch eine Heizung auf höchster Stufe beschädigt wird, dann ist die Heizeinstellung nicht ordnungsgemäß, welches in die Aufgabensspähre eines Vermieters gehört. Der Garagenmietvertrag war ausweislich der Akte durch den Kläger ebenfalls gekündigt worden, so dass diese Garage im hier einschlägigen Zeitraum jedenfalls keinen Nutzwert für den Kläger hatte. Jedenfalls, auch wenn hier durch eine Anschlussberufung nicht angefochten, erachtet die Berufungskammer die Berücksichtigung einer Nutzungsentschädigung für den hälftigen Oktober für angezeigt, da insoweit ein Rückerlangungsinteresse des Beklagten deutlich zum Ausdruck gebracht wurde.

III.

Die Kostenentscheidung beruht auf § 97 Abs. 1 ZPO.

Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus §§ 708 Nr. 10, 711 ZPO.

Die Revision wird zugelassen, weil die Voraussetzungen des § 543 Abs. 2 Nr. 1 und 2 ZPO vorliegen. Die Frage der Auslegung von § 546a BGB, bzw. den Anforderungen an einen Nutzungswillen eines Vermieters hat über den Einzelfall hinaus grundsätzliche Bedeutung. Auch ist hier zur Fortbildung des Rechts eine Entscheidung des Revisionsgerichts erforderlich. Soweit ersichtlich existieren keine weitere ober- oder höchstrichterlichen Entscheidungen zur Frage, welche Voraussetzungen für ein festgestelltes Nutzungsinteresse eines Mieters an einer Wohnung bestehen und welche Schätzgrundlagen zur Beurteilung eines solchen greifen.

Die Streitwertfestsetzung hat ihre Grundlage in §§ 61 Abs. 2 Satz 1, Abs. 1 Satz 2 GKG.

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