Übersicht
- Das Wichtigste in Kürze
- Der Fall vor Gericht
- Die verzweifelte Suche nach einem Hausverwalter: Wenn sich in der Eigentümergemeinschaft niemand kümmert
- Der mühsame Weg zur Eigentümerversammlung: Vorgerichtliche Versuche scheitern
- Die Klage vor Gericht: Ein Ruf nach Unterstützung und ein teilweises Einlenken
- Die Versammlung findet statt, doch der Streit geht weiter
- Wer vertritt wen? Die Frage der Bevollmächtigung vor Gericht
- Das Kernproblem: Darf man eine Versammlung ohne konkreten Tagesordnungspunkt erzwingen?
- Die Entscheidung des Gerichts: Keine Ermächtigung ohne klaren Zweck
- Die endgültige Kostenverteilung: Eine Aufteilung nach Verantwortlichkeit
- Die Schlüsselerkenntnisse
- Häufig gestellte Fragen (FAQ)
- Was tun, wenn unsere Wohnungseigentümergemeinschaft keinen Verwalter hat?
- Wie kann ein neuer Verwalter bestellt werden, wenn sich die Eigentümer nicht einigen können?
- Darf ich als einzelner Eigentümer eine Eigentümerversammlung einberufen, wenn es keinen Verwalter gibt?
- Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit ein Gericht zur Einberufung einer Eigentümerversammlung ermächtigt?
- Wer trägt die Kosten, wenn wegen einer verwalterlosen WEG ein Gerichtsverfahren notwendig wird?
- Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
- Wichtige Rechtsgrundlagen
- Das vorliegende Urteil
Urteil Az.: 33 C 313/23 | Schlüsselerkenntnis | FAQ | Glossar | Kontakt
Zum vorliegendenDas Wichtigste in Kürze
- Gericht: AG Viersen
- Datum: 06.08.2024
- Aktenzeichen: 33 C 313/23
- Verfahrensart: Klageverfahren
- Rechtsbereiche: Wohnungseigentumsrecht (WEG), Zivilprozessrecht (ZPO)
Beteiligte Parteien:
- Kläger: Miteigentümer einer Wohnungseigentümergemeinschaft, die die Einberufung einer Eigentümerversammlung zur Verwalterwahl und allgemein zur Versammlungseinberufung beantragten.
- Beklagte: Die Wohnungseigentümergemeinschaft, anfänglich vertreten durch die Miteigentümerin Frau F***, die einem Teil der Klage zustimmte, aber den anderen Teil ablehnte und die Erledigungserklärung bestritt.
Worum ging es in dem Fall?
- Sachverhalt: Die Kläger begehrten die gerichtliche Ermächtigung zur Einberufung einer Eigentümerversammlung, da die WEG keinen Verwalter hatte und vorgerichtliche Einigungsversuche erfolglos blieben. Ein Teilanerkenntnisurteil ermächtigte sie zur Einberufung zwecks Verwalterwahl, woraufhin ein Verwalter bestellt wurde. Anschließend erklärten die Kläger die Klage für erledigt, was die Beklagte jedoch bestritt.
- Kern des Rechtsstreits: Es ging um die Frage, ob ein Gericht Miteigentümer zur Einberufung einer Eigentümerversammlung ohne Angabe eines konkreten Tagesordnungspunktes ermächtigen kann. Zudem war strittig, welche Partei die Kosten des Rechtsstreits nach einem Teilanerkenntnis und einer einseitigen Erledigungserklärung zu tragen hat.
Was wurde entschieden?
- Entscheidung: Das Gericht wies die Klage ab, soweit sie über die Ermächtigung zur Verwalterwahl hinausging. Es stellte fest, dass die Klage in diesem weitergehenden Teil von Anfang an unbegründet war. Die Kosten des Rechtsstreits wurden zwischen den Parteien aufgehoben.
- Begründung: Das Gericht bestätigte die ordnungsgemäße Vertretung beider Parteien. Es begründete die Abweisung des nicht anerkannten Teils der Klage damit, dass eine gerichtliche Ermächtigung zur Einberufung einer Eigentümerversammlung stets die Angabe konkreter Tagesordnungspunkte erfordert. Die Kosten wurden geteilt, weil die Beklagte durch ihr vorgerichtliches Verhalten Anlass für den anerkannten Teil der Klage gegeben hatte, der restliche Teil jedoch unbegründet war.
- Folgen: Das Urteil klärt die rechtliche Anforderung, dass Anträge auf gerichtliche Ermächtigung zur Einberufung einer Eigentümerversammlung stets konkrete Tagesordnungspunkte enthalten müssen. Die Kosten des Gerichtsverfahrens wurden zwischen den beteiligten Parteien aufgeteilt.
Der Fall vor Gericht
Die verzweifelte Suche nach einem Hausverwalter: Wenn sich in der Eigentümergemeinschaft niemand kümmert
Viele Menschen, die eine Wohnung in einem Mehrfamilienhaus besitzen, kennen das: Es gibt gemeinsame Angelegenheiten, die geregelt werden müssen, von der Reparatur des Daches bis zur Organisation der Müllabfuhr. Normalerweise kümmert sich darum ein bestellter Hausverwalter. Doch was passiert, wenn eine solche Verwaltung fehlt und die Eigentümer sich nicht einigen können? Genau um einen solchen Fall ging es vor dem Amtsgericht Viersen.

Zwei Miteigentümer einer kleinen Wohnungseigentümergemeinschaft (kurz WEG), das ist der Zusammenschluss aller Eigentümer von Wohnungen in einem Gebäude, sahen sich mit genau diesem Problem konfrontiert. Ihre WEG, bestehend aus nur drei Wohneinheiten, hatte weder einen Verwalter – also eine Person oder Firma, die sich um die laufenden Geschäfte und die Organisation von Eigentümerversammlungen kümmert – noch einen Beirat, ein Gremium aus Eigentümern, das den Verwalter unterstützt und kontrolliert. Die dritte Eigentümerin im Bunde, nennen wir sie Frau F###, war die Einzige, die nicht auf Seiten der Kläger stand.
Der mühsame Weg zur Eigentümerversammlung: Vorgerichtliche Versuche scheitern
Die Kläger wollten die unbefriedigende Situation beenden und einen Verwalter bestellen lassen. Bevor sie jedoch vor Gericht zogen, versuchten sie, eine Einigung mit Frau F### zu erzielen. Über ihre Anwälte kontaktierten sie den damaligen Anwalt von Frau F###. In einem Schreiben vom 6. November 2023 schlugen sie drei Termine für eine Eigentümerversammlung vor, also ein Treffen aller Wohnungseigentümer, um gemeinsame Entscheidungen zu treffen. Explizit nannten sie als „alleinigen Tagesordnungspunkt die Verwalterwahl“. Ein Tagesordnungspunkt ist ein Thema, über das in der Versammlung beraten und abgestimmt werden soll.
Doch die erhoffte schnelle Lösung blieb aus. Der Anwalt von Frau F### bat mehrfach um Fristverlängerungen und entschuldigte sich für Verzögerungen, bevor er schließlich sein Mandat niederlegte, also seine Tätigkeit als Anwalt für Frau F### beendete. Für die Kläger war klar: Ohne gerichtliche Hilfe kommen sie offenbar nicht weiter.
Die Klage vor Gericht: Ein Ruf nach Unterstützung und ein teilweises Einlenken
Angesichts der gescheiterten Versuche stellten die Kläger beim Amtsgericht Viersen einen Antrag. Sie wollten vom Gericht ermächtigt werden, selbst eine Eigentümerversammlung einzuberufen. Man kann sich das vorstellen wie eine Situation, in der man eine Party organisieren möchte, aber derjenige, der offiziell einladen müsste, es nicht tut. Die Kläger wollten also die „Erlaubnis“ des Gerichts, die Einladung selbst auszusprechen.
Überraschenderweise lenkte die beklagte WEG, vertreten durch Frau F###, teilweise ein. Mit einem Schreiben vom 12. Januar 2024 erkannte sie den Anspruch der Kläger insoweit an, als dass diese ermächtigt werden sollten, eine Eigentümerversammlung einzuberufen – allerdings mit einem klar definierten Zweck: „zwecks Wahl eines Verwalters und Abschluss eines Verwaltervertrages“. Daraufhin erließ das Gericht am 15. Februar 2024 ein sogenanntes Teilanerkenntnisurteil. Das bedeutet, das Gericht stellte in einem Urteil fest, dass ein Teil der Forderung der Kläger berechtigt ist, weil die Gegenseite diesen Teil freiwillig zugestanden hat. Die Kläger waren nun also offiziell berechtigt, eine Versammlung zur Wahl eines Verwalters einzuberufen.
Die Versammlung findet statt, doch der Streit geht weiter
Am 24. April 2024 war es dann soweit: Die von den Klägern einberufene Eigentümerversammlung fand statt. Einziger Tagesordnungspunkt, wie im Teilanerkenntnisurteil festgelegt: die Bestellung eines Verwalters. In dieser Versammlung wurde Herr W### zum neuen Verwalter der WEG gewählt, und ein entsprechender Vertrag wurde kurz darauf unterzeichnet.
Man könnte meinen, damit sei die Sache erledigt. Die Kläger sahen das auch so und erklärten mit Schreiben vom 28. Mai 2024 die Klage für erledigt. Eine solche Erledigungserklärung bedeutet, dass die Kläger dem Gericht mitteilen, dass sich das Problem, weswegen sie geklagt hatten, mittlerweile gelöst hat. Die beklagte WEG schloss sich dieser Erledigungserklärung jedoch nicht an. Sie war der Meinung, die Klage sei von Anfang an unnötig gewesen, zumindest was das Teilanerkenntnisurteil betraf, und forderte, dass die Kläger die gesamten Kosten des Verfahrens tragen sollten. Zudem gab es auf beiden Seiten Zweifel, ob die Anwälte der Gegenseite überhaupt ordnungsgemäß bevollmächtigt waren.
Wer vertritt wen? Die Frage der Bevollmächtigung vor Gericht
Bevor das Gericht sich mit der eigentlichen Streitsache – der Frage nach der Erledigung und den Kosten – befassen konnte, musste es klären, ob beide Seiten überhaupt wirksam durch ihre Anwälte vertreten wurden. Das ist wichtig, denn nur ein ordnungsgemäß vertretener Teilnehmer kann wirksam Erklärungen abgeben oder Anträge stellen.
Das Gericht stellte fest: Ja, sowohl die Kläger als auch die beklagte WEG waren korrekt vertreten. Die Kläger legten entsprechende Vollmachten vor. Interessanter war die Situation bei der beklagten WEG. Normalerweise wird eine WEG durch ihren Verwalter vertreten. Da es aber zu Beginn des Streits keinen Verwalter gab, wurde die WEG durch Frau F### vertreten. Das Gericht verwies hier auf eine Regelung im Wohnungseigentumsgesetz (WEG), nämlich § 9b. Diese Regelung besagt vereinfacht: Wenn alle anderen Eigentümer auf der Klägerseite stehen (wie hier die beiden anderen Miteigentümer), dann wird die Gemeinschaft durch den verbleibenden Wohnungseigentümer (hier Frau F###) vertreten. Frau F### hatte also das Recht, einen Anwalt für die WEG zu beauftragen. Diese Beauftragung blieb auch gültig, nachdem später Herr W### zum Verwalter bestellt wurde. Eine einmal erteilte Anwaltsvollmacht erlischt nicht automatisch, nur weil sich die Vertretungsverhältnisse der Partei ändern.
Das Kernproblem: Darf man eine Versammlung ohne konkreten Tagesordnungspunkt erzwingen?
Nun kam das Gericht zum eigentlichen Kern der Auseinandersetzung, soweit sie nicht schon durch das Teilanerkenntnisurteil entschieden war. Die Kläger hatten ja ursprünglich ganz allgemein beantragt, zur Einberufung einer Eigentümerversammlung ermächtigt zu werden, ohne einen spezifischen Grund oder Tagesordnungspunkt im Klageantrag zu nennen. Erst durch das Teilanerkenntnis der Beklagten wurde der Zweck auf die Verwalterwahl konkretisiert. War aber der ursprüngliche, allgemein gehaltene Antrag der Kläger berechtigt?
Das Gericht verneinte dies. Die Klage war, soweit sie über das hinausging, was die Beklagte anerkannt hatte, von Anfang an unbegründet. Die Kläger hatten keinen Anspruch darauf, vom Gericht zur Einberufung einer Versammlung ermächtigt zu werden, ohne einen konkreten Anlass dafür zu nennen.
Aber warum ist das so? Das Gericht erklärte dies mit der Systematik des Wohnungseigentumsgesetzes. Nach § 24 Abs. 3 WEG kann ein Wohnungseigentümer die Einberufung einer Versammlung verlangen oder – wenn sich niemand kümmert – vom Gericht dazu ermächtigt werden. Diese Regelung baut jedoch auf § 24 Abs. 2 WEG auf, der besagt, dass eine Versammlung vom Verwalter (oder eben durch gerichtliche Ermächtigung) nur einberufen werden muss, wenn dies unter „Angabe des Zweckes und der Gründe“ verlangt wird. Man kann also nicht einfach sagen: „Ich will eine Versammlung“, sondern muss auch erklären, warum und worüber gesprochen werden soll. Stellen Sie sich vor, Sie laden Freunde zu einer Party ein, sagen aber nicht, ob es ein Geburtstag, eine Grillparty oder ein Spieleabend werden soll – Ihre Freunde wüssten nicht, was sie erwartet.
Zudem schreibt § 23 Abs. 2 WEG vor, dass bei der Einladung zu einer Eigentümerversammlung der Gegenstand, über den ein Beschluss gefasst werden soll, genau bezeichnet werden muss. Nur dann sind die gefassten Beschlüsse gültig. Auch unter dem Gesichtspunkt einer ordnungsgemäßen Verwaltung (§ 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG) – also dem Grundrecht jedes Eigentümers, dass die Immobilie vernünftig verwaltet wird – ist eine Einberufung nur dann notwendig, wenn es tatsächlich etwas zu besprechen und zu entscheiden gibt.
Die Argumente der Kläger, dass man sich auch zur Einberufung einer „ordentlichen“ Jahresversammlung ermächtigen lassen könne oder dass Eigentümer auch die Behandlung weiterer Themen verlangen könnten, überzeugten das Gericht nicht. Denn auch für eine ordentliche Versammlung müssen die Tagesordnungspunkte vorher bekannt gegeben werden. Und wenn ein Eigentümer ein Thema behandelt haben möchte, muss er dies so rechtzeitig tun, dass es noch in die Einladung aufgenommen werden kann – was wiederum eine genaue Bezeichnung des Themas erfordert. Die Möglichkeit, weitere Themen auf die Tagesordnung zu setzen, befreit nicht davon, bei der ursprünglichen Beantragung einer gerichtlichen Ermächtigung einen konkreten Anlass nennen zu müssen.
Die Entscheidung des Gerichts: Keine Ermächtigung ohne klaren Zweck
Das Gericht fasste zusammen: Soweit nicht bereits durch das Teilanerkenntnisurteil über die Ermächtigung zur Einberufung einer Versammlung zur Verwalterwahl entschieden wurde, war die Klage von Anfang an unbegründet. Man kann nicht pauschal die Ermächtigung zur Einberufung einer Versammlung verlangen, ohne anzugeben, welche konkreten Punkte dort besprochen und beschlossen werden sollen.
Die endgültige Kostenverteilung: Eine Aufteilung nach Verantwortlichkeit
Eine der spannendsten Fragen in Zivilprozessen ist oft: Wer trägt die Kosten? Hierzu hat das Gericht eine differenzierte Entscheidung getroffen, basierend auf dem Prinzip, wer „gewonnen“ und wer „verloren“ hat bzw. wer Anlass zur Klage gegeben hat.
Hinsichtlich des Teils der Klage, den die beklagte WEG anerkannt hatte (also die Ermächtigung zur Versammlung zwecks Verwalterwahl), musste die Beklagte die Kosten tragen. Hier kam der Rechtsgedanke des § 93 der Zivilprozessordnung (ZPO) nicht zur Anwendung. Diese Vorschrift besagt vereinfacht: Wer sofort anerkennt, was von ihm gefordert wird, und vorher keinen Anlass zur Klage gegeben hat, muss die Kosten des Klägers nicht tragen. Das Gericht sah aber hier einen Anlass zur Klage gegeben. Die Kläger hatten Frau F### ja vorgerichtlich vergeblich aufgefordert, eine Versammlung zur Verwalterwahl abzuhalten. Ihr Schreiben vom 6. November 2023 enthielt ausdrücklich den Passus „Tagesordnungspunkt soll die Verwalterwahl sein“. Da Frau F### dem nicht nachkam, war die Klage insoweit aus Sicht der Kläger notwendig und berechtigt.
Hinsichtlich des Teils der Klage, der darüber hinausging und vom Gericht als unbegründet abgewiesen wurde (also der allgemeine Antrag auf Ermächtigung ohne konkreten Zweck), mussten die Kläger die Kosten tragen.
Im Ergebnis führte dies zu einer sogenannten Kostenaufhebung nach § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO. Das bedeutet in der Praxis oft, dass jede Seite ihre eigenen Anwaltskosten trägt und die Gerichtskosten geteilt werden. Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ist eine Standardregelung, die es den Parteien ermöglicht, die Kostenerstattungsansprüche bereits durchzusetzen, auch wenn das Urteil noch nicht endgültig rechtskräftig ist, wobei die Gegenseite dies durch Sicherheitsleistung abwenden kann. Der Streitwert, also der finanzielle Wert des Rechtsstreits, wurde auf 4.410,00 EUR festgesetzt, basierend auf den voraussichtlichen Verwalterkosten für 3,5 Jahre.
Die Schlüsselerkenntnisse
Das Urteil zeigt, dass Eigentümer einer Wohnungseigentümergemeinschaft nicht einfach pauschal eine Eigentümerversammlung erzwingen können – sie müssen dem Gericht konkret mitteilen, welche Themen besprochen werden sollen. Die Kläger hatten nur bei ihrem spezifischen Anliegen (Wahl eines Hausverwalters) Erfolg, weil dies ein klar definierter Zweck war, nicht aber bei ihrem allgemeinen Wunsch nach einer Versammlung ohne konkreten Tagesordnungspunkt. Das Gericht machte deutlich, dass vorgerichtliche Lösungsversuche wichtig sind – wer sich kooperativ zeigt und auf berechtigte Forderungen eingeht, kann Verfahrenskosten sparen. Für Wohnungseigentümer bedeutet dies: Sie haben durchaus Rechte, wenn wichtige Entscheidungen blockiert werden, müssen aber ihre Anträge präzise formulieren und sollten zunächst das direkte Gespräch suchen.
Befinden Sie sich in einer ähnlichen Situation? Fragen Sie unsere Ersteinschätzung an.
Häufig gestellte Fragen (FAQ)
Was tun, wenn unsere Wohnungseigentümergemeinschaft keinen Verwalter hat?
Wenn eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) keinen Verwalter hat, ist sie in ihrer Handlungsfähigkeit stark eingeschränkt. Die WEG bleibt zwar rechtlich bestehen, ihr fehlt jedoch die zentrale Person, die die alltäglichen Aufgaben, die Verwaltung der Finanzen und die Organisation von Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum übernimmt. Dies kann zu großen Herausforderungen führen, da niemand offiziell berechtigt ist, Rechnungen zu bezahlen, Verträge abzuschließen oder Reparaturen in Auftrag zu geben.
Die Konsequenzen der Verwalterlosigkeit
Ein fehlender Verwalter bedeutet, dass viele notwendige Prozesse ins Stocken geraten. Stellen Sie sich vor, es muss eine Heizungsreparatur beauftragt werden oder die Abrechnungen für die Nebenkosten erstellt werden – ohne Verwalter gibt es hierfür keinen festen Ansprechpartner oder Verantwortlichen. Auch die ordnungsgemäße Buchführung oder die Einziehung von Hausgeldern kann schwierig oder unmöglich werden. Für die Wohnungseigentümer bedeutet dies, dass wichtige Entscheidungen nicht getroffen und dringend benötigte Maßnahmen nicht umgesetzt werden können. Trotzdem bleiben die grundlegenden Pflichten der Eigentümer, wie die Erhaltung des Gemeinschaftseigentums, bestehen.
Die Wiederherstellung der Handlungsfähigkeit
Um die Handlungsfähigkeit der WEG wiederherzustellen, ist die Bestellung eines neuen Verwalters der entscheidende Schritt. Die wichtigste und oft auch schnellste Möglichkeit hierfür ist die Einberufung einer Eigentümerversammlung. Nach dem Wohnungseigentumsgesetz (WEG) kann jeder einzelne Wohnungseigentümer eine solche Versammlung einberufen, wenn kein Verwalter bestellt ist. Dafür reicht es aus, die anderen Eigentümer unter Angabe der Tagesordnung, des Datums, der Uhrzeit und des Ortes schriftlich zur Versammlung einzuladen. Auf dieser Versammlung kann dann ein neuer Verwalter durch Mehrheitsbeschluss gewählt werden. Es ist wichtig, dass alle Eigentümer über diesen Termin und die Wichtigkeit der Entscheidung informiert sind.
Handeln in dringenden Notfällen
In Ausnahmefällen, wenn dringende Maßnahmen am Gemeinschaftseigentum sofort ergriffen werden müssen und eine Eigentümerversammlung nicht abgewartet werden kann – etwa bei einem akuten Rohrbruch oder einer unmittelbaren Gefahr für die Bausubstanz – besteht die Möglichkeit der sogenannten Notgeschäftsführung. In solchen Situationen kann ein einzelner Wohnungseigentümer unaufschiebbare Maßnahmen auf eigene Faust einleiten. Dies geschieht jedoch auf eigenes Risiko, und die Kosten können nur von der Gemeinschaft zurückverlangt werden, wenn die Maßnahme tatsächlich notwendig und nicht aufschiebbar war. Dies ist jedoch die Ausnahme und keine dauerhafte Lösung für die Verwaltung.
Gerichtliche Unterstützung als letzte Option
Wenn die Eigentümer sich nicht auf einen neuen Verwalter einigen können oder die Einberufung einer Versammlung durch andere Gründe blockiert ist, bietet das Gesetz eine weitere Möglichkeit: Jeder Wohnungseigentümer kann beim zuständigen Gericht beantragen, dass ein Verwalter bestellt wird. Das Gericht wird dann einen Verwalter auswählen und einsetzen. Dieser gerichtliche Weg kann jedoch zeitaufwendiger sein als eine einvernehmliche Lösung unter den Eigentümern.
Wie kann ein neuer Verwalter bestellt werden, wenn sich die Eigentümer nicht einigen können?
Eine Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) benötigt einen Verwalter, um handlungsfähig zu sein. Er ist für die ordnungsgemäße Verwaltung des Gemeinschaftseigentums zuständig. Normalerweise wird ein neuer Verwalter durch einen Mehrheitsbeschluss der Eigentümer in einer Eigentümerversammlung bestellt. Stellen Sie sich vor, die Eigentümer können sich jedoch nicht auf eine Person oder Firma einigen, oder einzelne Eigentümer blockieren die Wahl. In einer solchen Pattsituation oder Blockade ist die WEG oft nicht mehr in der Lage, notwendige Entscheidungen zu treffen und ihre Angelegenheiten zu regeln.
In diesem Fall besteht die Möglichkeit einer gerichtlichen Bestellung des Verwalters. Dies ist der vorgesehene Weg, wenn die Wohnungseigentümer nicht in der Lage sind, selbst einen Verwalter zu wählen. Jeder einzelne Wohnungseigentümer ist berechtigt, einen Antrag auf gerichtliche Bestellung eines Verwalters beim zuständigen Gericht zu stellen. Das Gericht prüft dann, ob die Voraussetzungen für eine Bestellung vorliegen und wählt einen geeigneten Verwalter aus.
Das Gericht wählt den Verwalter nach pflichtgemäßem Ermessen aus. Dabei berücksichtigt es in der Regel die Interessen der gesamten Gemeinschaft und die Eignung der vorgeschlagenen Kandidaten. Wichtig ist hierbei, dass es dem Gericht nicht darum geht, den „besten“ Verwalter zu finden, sondern einen, der die Aufgaben zuverlässig erfüllen kann und das Vertrauen des Gerichts genießt. Die rechtliche Grundlage hierfür findet sich im Wohnungseigentumsgesetz (WEG), genauer in § 26 Absatz 3 WEG. Dieser Paragraf regelt, dass ein Wohnungseigentümer die gerichtliche Bestellung eines Verwalters beantragen kann, wenn die Bestellung eines Verwalters zwingend erforderlich ist und sich die Wohnungseigentümer nicht einigen können.
Durch die gerichtliche Bestellung wird die Handlungsfähigkeit der WEG wiederhergestellt. Dies ist entscheidend, damit die Gemeinschaft ihre laufenden Geschäfte, wie die Instandhaltung des Gebäudes, die Abrechnungen oder die Vorbereitung von Eigentümerversammlungen, weiterführen kann. Das gerichtliche Verfahren ist somit ein wichtiges Instrument, um Stillstände in der Verwaltung zu überwinden und die Funktionsfähigkeit der Wohnungseigentümergemeinschaft zu sichern, auch wenn keine Einigkeit unter den Eigentümern besteht.
Darf ich als einzelner Eigentümer eine Eigentümerversammlung einberufen, wenn es keinen Verwalter gibt?
Ja, unter bestimmten, klar definierten Umständen ist es einem einzelnen Wohnungseigentümer gestattet, eine Eigentümerversammlung einzuberufen, insbesondere wenn die Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) keinen Verwalter hat. Dies ist ein wichtiges Recht, da ohne einen Verwalter oft wesentliche Entscheidungen, wie die Wahl eines neuen Verwalters oder die Durchführung notwendiger Reparaturen, nicht getroffen werden könnten.
Wann ein einzelner Eigentümer eine Versammlung einberufen darf
Die Befugnis eines einzelnen Eigentümers zur Einberufung einer Eigentümerversammlung ist im Wohnungseigentumsgesetz (WEG) geregelt und greift vor allem in „Notfällen“ oder bei einer verwalterlosen WEG. Wenn die Gemeinschaft keinen Verwalter hat oder der bestellte Verwalter sein Amt nicht ausübt, ist jeder einzelne Eigentümer berechtigt, eine Versammlung einzuberufen. Dies wird oft als „Notkompetenz“ bezeichnet und dient dazu, die Handlungsfähigkeit der WEG sicherzustellen. Für Sie als Eigentümer bedeutet das, dass Sie aktiv werden können, wenn die Gemeinschaft führungslos ist und wichtige Entscheidungen anstehen, wie beispielsweise die Wahl eines neuen Verwalters.
Formale Anforderungen an die Einladung
Auch wenn ein Eigentümer die Versammlung einberuft, müssen bestimmte formale Regeln beachtet werden, damit die dort gefassten Beschlüsse später rechtlich wirksam sind. Die Einladung muss:
- In Textform erfolgen: Das bedeutet, sie muss schriftlich (z.B. per Brief oder E-Mail) zugestellt werden. Eine mündliche Einladung ist nicht ausreichend.
- Alle Eigentümer erreichen: Die Einladung muss an alle bekannten Wohnungseigentümer versandt werden, damit jeder die Möglichkeit hat, an der Versammlung teilzunehmen und seine Rechte wahrzunehmen.
- Fristgerecht zugestellt werden: Es gibt eine Ladungsfrist von grundsätzlich zwei Wochen, die zwischen dem Zugang der Einladung und dem Versammlungstermin liegen muss. So haben alle Eigentümer ausreichend Zeit, sich vorzubereiten.
- Eine klare Tagesordnung enthalten: Die Tagesordnungspunkte (TOPs) müssen konkret benannt werden. Nur über Themen, die in der Tagesordnung aufgeführt sind, können in der Versammlung gültige Beschlüsse gefasst werden. Dies ist entscheidend, um die Beschlussfähigkeit und Rechtssicherheit der Versammlung zu gewährleisten. Wenn zum Beispiel die Wahl eines neuen Verwalters das Ziel ist, muss dieser Punkt explizit in der Tagesordnung stehen.
Eine korrekt einberufene und durchgeführte Versammlung ist die Grundlage für rechtlich wirksame Beschlüsse. Werden diese Formalitäten nicht eingehalten, können die Beschlüsse angefochten und im schlimmsten Fall für ungültig erklärt werden.
Wann eine gerichtliche Ermächtigung notwendig oder sinnvoll ist
In manchen Fällen, selbst wenn ein Eigentümer grundsätzlich zur Einberufung berechtigt wäre, kann eine gerichtliche Ermächtigung sinnvoll oder sogar notwendig sein. Dies ist insbesondere der Fall, wenn:
- Unsicherheiten bestehen: Wenn unklar ist, ob die Voraussetzungen für die eigene Einberufung wirklich vorliegen oder wenn es Streitigkeiten darüber gibt.
- Kooperation verweigert wird: Wenn andere Eigentümer die von einem Einzelnen einberufene Versammlung ignorieren oder deren Rechtmäßigkeit anzweifeln.
- Dringlichkeit und Wichtigkeit besonders hoch sind: Bei sehr wichtigen oder eiligen Entscheidungen kann eine gerichtliche Ermächtigung eine zusätzliche Absicherung für die Gültigkeit der zu fassenden Beschlüsse bieten.
Durch einen Antrag beim zuständigen Amtsgericht kann ein einzelner Eigentümer ermächtigt werden, eine Versammlung einzuberufen. Das Gericht kann dann auch festlegen, wer die Versammlung leiten und wie die Einladung erfolgen soll. Dies schafft eine hohe Rechtssicherheit und verhindert, dass Beschlüsse später wegen formaler Mängel angefochten werden können. Es ist eine Option, um bei besonders schwierigen Konstellationen oder mangelnder Kooperationsbereitschaft innerhalb der Gemeinschaft die Handlungsfähigkeit wiederherzustellen.
Welche Voraussetzungen müssen erfüllt sein, damit ein Gericht zur Einberufung einer Eigentümerversammlung ermächtigt?
Wenn innerhalb einer Wohnungseigentümergemeinschaft Schwierigkeiten bei der Einberufung einer Eigentümerversammlung auftreten, kann unter bestimmten Voraussetzungen ein Gericht ermächtigt werden, diese Versammlung einzuberufen oder einen Eigentümer dazu zu ermächtigen. Dies ist ein wichtiger Weg, um die Handlungsfähigkeit der Gemeinschaft zu sichern, wenn die üblichen Abläufe stocken.
Wann das Gericht eingreifen kann
Ein gerichtlicher Eingriff zur Einberufung einer Eigentümerversammlung ist in der Regel dann notwendig, wenn der Hausverwalter seine Pflicht zur Einberufung nicht erfüllt oder kein Verwalter bestellt ist. Für Sie bedeutet das: Solange ein Verwalter ordnungsgemäß seine Aufgaben wahrnimmt und eine Einberufung der Versammlung möglich ist, ist der gerichtliche Weg nicht erforderlich. Das Gericht ist hier eine Art „Nothelfer“ für die Gemeinschaft.
Die Rolle des Verwalters und der Eigentümer
Damit ein Gericht tätig wird, müssen konkrete Bedingungen erfüllt sein. Im Kern geht es darum, dass die Gemeinschaft nicht selbst handlungsfähig ist, um eine Versammlung einzuberufen:
- Verwalter weigert sich oder ist nicht vorhanden: Entweder ist kein Hausverwalter bestellt, oder der bestehende Verwalter weigert sich ohne triftigen Grund, eine Eigentümerversammlung einzuberufen. Auch wenn der Verwalter aus anderen Gründen nicht in der Lage ist, die Versammlung einzuberufen, kann dies einen gerichtlichen Antrag rechtfertigen.
- Antrag von Eigentümern: Mehr als ein Viertel der Wohnungseigentümer muss die Einberufung der Versammlung vom Verwalter beantragt haben und dieser Antrag muss vom Verwalter ignoriert oder abgelehnt worden sein. Dies zeigt, dass ein erheblicher Teil der Gemeinschaft einen Gesprächs- und Entscheidungsbedarf sieht.
Die konkreten Anforderungen an den Antrag
Das Gericht wird eine Ermächtigung zur Einberufung einer Eigentümerversammlung nicht erteilen, wenn nur ein allgemeiner Wunsch nach einer Versammlung besteht. Stattdessen sind sehr genaue Angaben notwendig:
- Spezifischer Zweck: Sie müssen dem Gericht genau darlegen, warum die Versammlung einberufen werden soll. Ein vager Wunsch nach „Diskussion“ oder „Klärung“ ist nicht ausreichend. Es muss einen konkreten Anlass geben, der eine Entscheidung der Wohnungseigentümer erfordert.
- Konkrete Tagesordnungspunkte: Der Antragsteller muss detaillierte und spezifische Tagesordnungspunkte benennen, die in der geplanten Versammlung behandelt und beschlossen werden sollen. Stellen Sie sich vor, das Gericht möchte wissen, welche Beschlüsse gefasst werden sollen, um die Notwendigkeit der Versammlung zu beurteilen. Beispiele hierfür könnten sein: die Genehmigung eines bestimmten Wirtschaftsplans, die Entscheidung über eine konkrete Sanierungsmaßnahme, die Abberufung des Verwalters oder die Wahl eines neuen Beirats.
Diese Präzision ist wichtig, damit das Gericht den Antrag prüfen und sicherstellen kann, dass die beantragte Einberufung der Versammlung tatsächlich einem notwendigen Zweck dient und nicht unnötige Verfahren oder Kosten verursacht. Fehlen diese konkreten Angaben, wird der Antrag in der Regel abgewiesen.
Wer trägt die Kosten, wenn wegen einer verwalterlosen WEG ein Gerichtsverfahren notwendig wird?
Wenn ein Gerichtsverfahren wegen einer verwalterlosen Wohnungseigentümergemeinschaft (WEG) notwendig wird, richtet sich die Kostenverteilung grundsätzlich nach dem Ausgang des Verfahrens. Das bedeutet: Die Partei, die im Rechtsstreit verliert, muss in der Regel die Kosten des Gewinners tragen.
Welche Kosten fallen an?
Im Wesentlichen entstehen zwei Arten von Kosten:
- Gerichtskosten: Dies sind Gebühren, die das Gericht für die Bearbeitung des Falles erhebt. Ihre Höhe ist gesetzlich festgelegt und hängt vom sogenannten Streitwert ab. Der Streitwert ist der finanzielle Wert, um den es in dem Verfahren geht. Geht es beispielsweise um die Einforderung einer bestimmten Geldsumme, ist dies der Streitwert. Bei anderen Streitigkeiten, wie der Bestellung eines Verwalters, wird der Streitwert oft nach festen Regeln oder den potenziellen Auswirkungen des Falles bestimmt.
- Anwaltskosten: Das sind die Gebühren für den eigenen Rechtsanwalt. Gewinnt die eigene Partei, trägt die unterlegene Partei in der Regel auch die Anwaltskosten des Gewinners. Diese Kosten richten sich ebenfalls nach dem Streitwert.
Das Prinzip der Kostenverteilung im Detail
- Voller Erfolg: Wenn eine Partei das Verfahren vollständig gewinnt, muss die unterlegene Partei üblicherweise sowohl die gesamten Gerichtskosten als auch die angemessenen Anwaltskosten der siegreichen Partei bezahlen.
- Teilweiser Erfolg: Erzielt keine Partei einen vollständigen Sieg, sondern gewinnen oder verlieren beide Seiten zu einem bestimmten Teil, werden die Kosten oft im Verhältnis des Erfolgs und Misserfolgs aufgeteilt. Stellen Sie sich vor, Sie klagen auf 10.000 Euro, bekommen aber nur 5.000 Euro zugesprochen. Dann haben Sie zur Hälfte gewonnen und zur Hälfte verloren, und die Kosten werden entsprechend geteilt.
- Beteiligung der WEG-Kasse: Wenn das Gerichtsverfahren die gesamte WEG als Partei betrifft (zum Beispiel wenn es um die Bestellung eines Verwalters oder um Beschlüsse der Gemeinschaft geht) und die WEG die unterlegene Partei ist, werden die Kosten aus der gemeinschaftlichen Kasse der WEG bezahlt. Das bedeutet, dass letztlich alle Wohnungseigentümer – auch derjenige, der das Verfahren vielleicht angestrengt hat – über das Hausgeld zur Deckung dieser Kosten beitragen müssen.
Die Rolle von Einigungen und Teilanerkenntnissen
- Vergleich (Einigung): Es kommt häufig vor, dass sich die Parteien während eines Gerichtsverfahrens oder sogar schon davor auf einen sogenannten Vergleich einigen. In einem solchen Fall können die Parteien frei vereinbaren, wie die Gerichtskosten aufgeteilt und wer welche Anwaltskosten trägt. Oft wird dabei festgelegt, dass jede Partei die Kosten ihres eigenen Anwalts selbst trägt und die Gerichtskosten geteilt werden. Ein Vergleich bietet eine gute Möglichkeit, das finanzielle Risiko und die Unsicherheit eines langen Gerichtsverfahrens zu verringern.
- Teilanerkenntnis: Erkennt eine Partei einen Teil der Forderung der Gegenseite vor Gericht an, kann dies die Kostenverteilung für diesen Teil beeinflussen. Für den anerkannten Teil können die Kosten der anerkennenden Partei auferlegt werden, selbst wenn der restliche Prozess anders ausgeht. Dies kann dazu beitragen, dass Kosten für unstrittige Punkte frühzeitig geklärt werden.
- Vorgerichtliche Versuche zur Lösung: Wenn vor einem Gerichtsverfahren ernsthafte Bemühungen unternommen wurden, eine Einigung zu erzielen, können diese dazu führen, dass Gerichtskosten vollständig vermieden werden, falls eine Lösung gefunden wird. Sollte es dennoch zu einem Gerichtsverfahren kommen, können solche Bemühungen die Bereitschaft zu einem Vergleich fördern, was wiederum eine einvernehmliche Kostenverteilung ermöglicht.
Für Sie als Wohnungseigentümer bedeutet dies, dass das finanzielle Risiko eines Gerichtsverfahrens maßgeblich vom Ergebnis des Streits abhängt und durch gezielte Verhandlungen oder Einigungen positiv beeinflusst werden kann.
Hinweis: Bitte beachten Sie, dass die Beantwortung der FAQ Fragen keine individuelle Rechtsberatung darstellt und ersetzen kann. Alle Angaben im gesamten Artikel sind ohne Gewähr. Haben Sie einen ähnlichen Fall und konkrete Fragen oder Anliegen? Zögern Sie nicht, uns zu kontaktieren. Wir klären Ihre individuelle Situation und die aktuelle Rechtslage.
Glossar – Fachbegriffe kurz erklärt
Teilanerkenntnisurteil
Ein Teilanerkenntnisurteil ist ein gerichtliches Urteil, in dem die Gegenseite einen Teil der Forderung oder des Anspruchs der klagenden Partei freiwillig anerkennt. Das Gericht bestätigt diesen anerkannten Teil formell, so dass dieser Teil rechtsverbindlich geregelt ist, ohne dass darüber weiter gestritten wird. Für den übrigen, nicht anerkannten Teil des Rechtsstreits wird das Verfahren weitergeführt oder dieser wird abgewiesen. Ein Teilanerkenntnisurteil schafft somit Klarheit und verkürzt das Verfahren, indem unstreitige Punkte nicht mehr verhandelt werden müssen.
Beispiel: Wenn zwei Wohnungseigentümer streiten, ob sie allein eine Versammlung einberufen dürfen, erkennt die Gegenseite an, dass die Kläger dies für die Wahl eines Verwalters dürfen, bestreitet aber die allgemeine Ermächtigung ohne konkreten Zweck. Ein Teilanerkenntnisurteil regelt dann diesen ersten Punkt zugunsten der Kläger.
Ermächtigung zur Einberufung einer Eigentümerversammlung
Eine Ermächtigung zur Einberufung einer Eigentümerversammlung ist die gerichtliche Erlaubnis, die einem Wohnungseigentümer erteilt wird, um eine Versammlung einzuberufen, wenn die Gemeinschaft selbst oder der Verwalter dies nicht tut. Nach § 24 Abs. 3 WEG kann das Gericht einen Eigentümer ermächtigen, wenn ein Verwalter fehlt oder nicht handelt und eine Versammlung notwendig ist. Voraussetzung ist, dass der Zweck und die Gründe der Versammlung konkret angegeben werden; eine Ermächtigung erfolgt nicht ohne klaren Anlass. Die gerichtliche Erlaubnis stellt sicher, dass wichtige Entscheidungen trotz Konflikten möglich sind und die Gemeinschaft handlungsfähig bleibt.
Beispiel: Gibt es innerhalb einer Wohnanlage keine Verwaltung mehr und weigert sich ein Eigentümer, die Versammlung einzuberufen, so kann das Gericht einem anderen Eigentümer die Ermächtigung erteilen, die Einladung selbst zu verschicken und die Versammlung zu organisieren.
Bevollmächtigung (Vollmacht)
Bevollmächtigung bedeutet, dass eine Person (zum Beispiel ein Eigentümer) einem anderen (etwa einem Anwalt) das Recht gibt, sie rechtlich wirksam zu vertreten und für sie zu handeln. Im Prozess bedeutet dies, dass nur wer eine gültige Vollmacht hat, wirksam Erklärungen abgeben oder Anträge stellen darf. Bei Wohnungseigentümergemeinschaften wird die Gemeinschaft üblicherweise durch den Verwalter vertreten, fehlt dieser, kann ein einzelner Eigentümer die Vertretung übernehmen, wie hier durch Frau F### gemäß § 9b WEG. Eine erteilte Vollmacht bleibt gültig, bis sie ausdrücklich widerrufen wird, auch wenn sich die Vertretungsverhältnisse ändern.
Beispiel: Ein Eigentümer bevollmächtigt einen Rechtsanwalt, für ihn vor Gericht aufzutreten. Ohne diese Vollmacht könnte der Anwalt keine Anträge stellen oder an Verhandlungen teilnehmen.
Tagesordnungspunkt
Ein Tagesordnungspunkt ist ein einzelnes Thema oder Beschlusspunkt, der bei einer Eigentümerversammlung behandelt und beschlossen werden soll. Nach § 23 Abs. 2 WEG muss die Einladung zur Versammlung eine klare und genaue Bezeichnung aller Tagesordnungspunkte enthalten, damit alle Eigentümer wissen, welche Entscheidungen vorbereitet und getroffen werden. Nur Beschlüsse zu diesen angekündigten Punkten sind gültig. Unklare oder fehlende Tagesordnungspunkte können Beschlüsse unwirksam machen und zu Streit führen.
Beispiel: In einer Einladung steht als Tagesordnungspunkt: „Wahl eines neuen Verwalters“. Nur zu diesem Thema dürfen in der Versammlung gültige Entscheidungen getroffen werden.
Kostenaufhebung nach § 92 Abs. 1 Satz 1 ZPO
Die Kostenaufhebung nach § 92 Abs. 1 Satz 1 der Zivilprozessordnung (ZPO) bedeutet, dass jede Partei im Gerichtsverfahren ihre eigenen Anwaltskosten trägt und die Gerichtskosten zwischen den Parteien geteilt werden. Dies passiert oft, wenn keine Seite den Rechtsstreit vollständig gewinnt oder verliert, sondern beide Seiten teilweise Recht bekommen bzw. unterliegen. So wird eine gerechte Kostenverteilung erreicht, bei der keine Partei einen totalen finanziellen Nachteil hat, zum Beispiel wenn der Streit nur teilweise Erfolg hat oder unterschiedliche Anteile des Verfahrens erfolgreich waren.
Beispiel: In dem Fall trägt die beklagte Wohnungseigentümergemeinschaft die Kosten für den Teil, den sie anerkannt hat, die Kläger tragen die Kosten für den unbegründeten Teil, und die Gerichtskosten werden geteilt. Jede Seite bezahlt also ihr eigenes Anwaltshonorar.
Wichtige Rechtsgrundlagen
- § 24 Abs. 2 und Abs. 3 WEG: Diese Vorschriften regeln, dass Eigentümer die Einberufung einer Eigentümerversammlung verlangen können und bei Verweigerung vom Gericht ermächtigt werden können, eine solche Versammlung selbst einzuberufen. Dabei ist zwingend die Angabe von Zweck und Gründen für das Einberufungsbegehren erforderlich. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Kläger konnten nur deshalb eine gerichtliche Ermächtigung zur Einberufung der Versammlung erhalten, weil sie einen konkreten Tagesordnungspunkt (Verwalterwahl) angegeben hatten; ein allgemein gehaltener Antrag war nicht zulässig.
- § 23 Abs. 2 WEG: Diese Norm schreibt vor, dass die Einladung zur Eigentümerversammlung den Gegenstand der zu fassenden Beschlüsse klar bezeichnen muss, damit diese wirksam sind. Dadurch wird Transparenz und Rechtssicherheit für alle Eigentümer gewährleistet. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Versammlung, zu der die Kläger einluden, war nur wirksam, weil der Tagesordnungspunkt „Verwalterwahl“ klar genannt wurde; eine Versammlung ohne konkreten Tagesordnungspunkt ist nach dieser Vorschrift unwirksam.
- § 9b WEG: Diese Vorschrift regelt die Vertretung der Wohnungseigentümergemeinschaft, wenn kein Verwalter bestellt ist. In einem solchen Fall kann ein einzelner Miteigentümer die Gemeinschaft vertreten, insbesondere wenn die anderen Eigentümer auf der Gegenseite stehen. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Frau F### handelte rechtswirksam als Vertreterin der WEG vor Gericht, auch ohne Verwalterposition, was die Wirksamkeit ihrer anwaltlichen Vertretung sicherstellte.
- § 18 Abs. 2 Nr. 1 WEG: Dieser Paragraph verpflichtet zu einer ordnungsgemäßen Verwaltung der gemeinschaftlichen Immobilie, was unter anderem bedeutet, dass Maßnahmen und Versammlungen nur mit sachgerechtem Anlass stattfinden sollten. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Die Notwendigkeit eines konkreten Zweckes für die Versammlung dient dem Interesse an einer ordnungsgemäßen Verwaltung und unterstützt die gerichtliche Entscheidung, keine Ermächtigung ohne klaren Grund zu erteilen.
- § 92 Abs. 1 S. 1 ZPO: Diese Norm ermöglicht dem Gericht, bei teilweisen Erfolgen der Parteien die Kosten situativ gerecht aufzuteilen, etwa durch Kostenaufhebung, wenn keine Seite vollständig obsiegt. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Das Gericht verteilte die Verfahrenskosten auf Grundlage der Teilerfolge beider Parteien und begründete damit eine ausgewogene Kostenlast, die der komplexen Streitlage Rechnung trägt.
- § 93 ZPO: Hiernach muss eine Partei, die einen Anspruch sofort anerkennt, nicht die Kosten tragen, sofern kein Anlass zur Klage besteht. | Bedeutung im vorliegenden Fall: Da Frau F### erst nach vorausgegangener Aufforderung und Verweigerung den Anspruch auf Verwalterwahl anerkannte, war die Klagebegründetheit gegeben und die Kostenlast entsprechend differenziert.
Das vorliegende Urteil
AG Viersen – Az.: 33 C 313/23 – Urteil vom 06.08.2024
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